JEX THOTH - München
29.05.2013 | 20:3527.05.2013, Oranghouse (Feierwerk)
Magischer Musikabend bei dunklen Klängen
Das ging grad alles ziemlich schnell. Vor ein paar Tagen erst habe ich JEX THOTH für mich entdeckt und bin bezaubert von ihrer neuen Scheibe "Blood Moon Rise". Dann spielen sie auch grad noch live dahoam, also nix wie aufs Fahrrad geschwungen und hin.
Eine Retrorock-Band, PATH OF SAMSARA, spielt zum Auftakt ganz ordentlich, aber nicht gut genug, um aus dem Wust an ähnlichen Bands herauszuragen. Gerade im Lead-Gitarrenbereich und beim Gesang präsentiert man sich ab und an recht unsicher und der Gig ist gefühlt zwei Songs zu lang. Genauso wie die Umbaupause.
Was dann geschieht, ist Magie.
Meterhoch türmt sich der Sound auf, der Klang der Instrumente ist perfekt aufeinander abgestimmt und man fühlt sich in einem Meer an tiefen, langsam wirbelnden Tönen ertrinken. Jessica (Jex) Toth (Thoth) schleicht mit langsamen, andächtigen Bewegungen über die Bühne, das Gesicht ist durch die Haare verdeckt, sie scheint mit ihren Gedanken weit, weit weg zu sein. Aber sie ist hier auf der Bühne, und sie singt. Und wie. Mir gefällt ihre Stimme schon auf CD ziemlich gut, aber live hat sie nochmal deutlich gesteigerte Ausdruckskraft. Nach dem "Blood Moon Rise"-Opener 'To Bury/The Places To Walk' ist das Publikum merklich beeindruckt. Zwischen den Songs herrscht zumeist Stille, Jex schleicht zu ihrer Wasserflasche, dann nimmt sie feierlich das Mikro in die Hand und initiiert das nächste Psychedelic-Doom-Epos. Die nächsten anderthalb Stunden höre ich eine Band, die sich zu keiner Sekunde eine Blöße gibt, die ganz deutlich ihren Sound gefunden und einen exquisiten Nischenplatz im großen Veröffentlichungsdschungel eingenommen hat.
Neben Jex' Stimme ist es vor allem die feinfühlige Leadgitarrenarbeit und der phänomenale Sound (Gibson SG und Orange Amp ist eben eine Killerkombination), der hervorsticht. Ist es vermessen, von einer Doomausgabe von Steve Rothery (MARILLION) zu reden? A propos Doom: Dunkel, langsam und schwer sind die Klänge von JEX THOTH, der Band. Und dennoch haben sie ein schwebendes, entrücktes, fast feierliches Element, das ich so von keiner anderen Combo kenne. Bisweilen beiß ich mir ins Hinterteil, dass ich nicht mehr Musik der Truppe kenne, denn diese famosen Melodien von Jex möchte ich gerne aus voller Kehle mitsingen. Aber warum mitsingen, wenn jemand dies so viel besser kann: Jex agiert wie eine Göttin (THOTH ist ja sogar eine ägyptische Gottheit): Die Augen der Zuschauer sind permanent auf ihre entrückte Performance gerichtet, sie versinkt während der langen Instrumentalpassagen wie eine Hexe auf Drogen voll im Klang ihrer Kollegen und zeigt, zum Leidwesen einiger männlicher Konzertbesucher, dabei nur wenig von sich. Nur ein Erstreihensteher bemerkt, dass sie doch manchmal für kurze Momente mit einem Hauch von Neugierde ins Publikum schaut (wie bei dem glücklichen Shot oben zu sehen). Bei den Zugaben ergreift sie dann tatsächlich die Hände zweier Fans und lässt sie nur ganz langsam wieder los. Sie die beiden die Auserwählten?
Am Ende ist aber das gesamte Publikum der Gewinner, welches ein mehr als außergewöhnliches Konzert erlebt hat. Nur ein klitzekleines Wörtchen hätte sie uns Publikum doch gönnen können. Liebe Jex, das nächste Mal viellicht? Ich werde da sein!
Setlist: To Bury, The Places You Walk, Stone Evil, Ehjä, Separated At Birth, The Divide, Tauti, Keep You Weeds, The Four Of Us Are Dying, Son Of Jule, Raven Nor The Spirit
- Redakteur:
- Thomas Becker