Jon Oliva - Weert (NL)

28.05.2005 | 11:35

11.05.2005, De Bosuil

Was habe ich auf diesen Abend gewartet. Sobald bekannt wurde, dass Jon Oliva sich zwischen den beiden Festivalauftritten beim Dynamo in Hellendoorn und beim Rock Hard Festival in Gelsenkirchen Zeit für ein paar Solo-Shows nehmen würde, war für mich klar, das ich dort mindestens einmal hinmusste. Daher reservierte ich erst einmal panisch genügend Tickets, damit all meine Freunde auch was davon haben können. Denn das Konzert in Weert muss ja ausverkauft sein, wenn die SAVATAGE-Legende dort vorstellig wird.
Naja, so kann man sich täuschen. An diesem Mittwochabend waren maximal 100 zahlende Gäste im Jugendzentrum De Bosuil anwesend, dazu noch so ca. 20 Angestellte und 15 Pressevertreter. Woran es gelegen hat, ist aber nach einem Blick auf die Rahmenbedingungen klar. 26€ Eintritt sind nun mal eine ziemliche Sauerei, vor allem wenn man bedenkt, dass Jon nicht einmal eine Vorband mitbrachte. Und wer wird sich diesen Extraluxus schon leisten wollen, wenn er den guten Mann auch als Headliner auf den oben angeführten Festivals sehen kann?
Gut, gut, der Stimmung an diesem Abend tat es dennoch keinen Abbruch, und als Jon dann gegen 21.20 mit leichter Verspätung die Bühne enterte, erntete er lautstarken Applaus aus dem abgetrennten Auditorium. Es folgte direkt ’Gutter Ballet’, begleitend von einem breiten Grinsen auf Jons Gesicht und einer hochkonzentriert und trotz geringer Zuschauerzahl sehr motivierten Band. Die Hände waren direkt oben, gut die Hälfte der Leute sang den Text mit und am Ende des Songs hatte man alle Anwesenden schon auf seiner Seite. Denn, und das konnte man keinesfalls abstreiten, Jon war trotz offensichtlichen Kippen- und Alkoholkonsums so gut bei Stimme wie schon sehr lange nicht mehr. Das zeigte er auch beim anschließenden neuen Song ’Time’ von seinem neuen Projekt JON OLIVA’S PAIN, welcher aber eher verhalten aufgenommen wurde.
Klar, die Leute wollten die SAVATAGE-Klassiker hören, und sie sollten sie auch bekommen. Das von allen begleitete ’Jesus Saves’ sowie das schon ewig nicht mehr gespielte ’Hounds’ waren weitere rechtschaffene Entlohnungen für den erhöhten Eintrittspreis, wobei das nächste Stück von Jon mit einigen Sätzen zum “Streets“-Album eingeleitet wurde: ’Tonight He Grins Again’! Spätestens jetzt konnte man Vergleiche zur letzten SAVATAGE-Tour ziehen, wo Jon besonders diesen Song nicht mehr so gut hinbekam. Heute saßen sämtliche Töne, und Jon ließ sich auch nicht nehmen, beim Refrain wie ein Affe über seinen Bauch und Kopf zu streichen bzw. immer wieder verschmitzt zu grinsen. Dieser Mann ist nicht nur ein grandioser Songwriter und Sänger, sondern auch ein verdammt gewitzter Entertainer, der sich in seinen Shows nicht mehr so richtig ernst nimmt. Nach dem nächsten neuen Stück ’The Dark’ folgte dennoch ein kurzer ernster Moment. Jon redete über seinen verstorbenen Bruder Cristopher und widmete ihm ’Ghost In The Ruins’, zu dem die beiden Gitarristen ein ellenlanges Solo zusteuern durften. Währenddessen holte sich Jon Backstage einige Zigaretten und einen Whiskey, was im Zuge der gerade ziemlich emotional werdenden Show nicht gerade ins Bild passte. Aber lassen wir das, solange man dem schwergewichtigen Sänger heute nicht anmerkte, wie sehr ihn die Nebeneffekte des Business gezeichnet haben, war das schon okay.
’Thorazine Shuffle’ war dann der einzige SAVATAGE-Song, auf den man auch gut hätte verzichten können. Zwar wurde man beim oh-oh-Part unterstützt, aber nach dem längeren Solo wäre jetzt eine schnelle Nummer wieder angebacht gewesen. Alles vergessen, als Jon ’Believe’ anstimmte. Ich liebe diesen Song, ich liebe die Melodien, die Texte, einfach alles, und ich hätte in Tränen ausbrechen können, als Jon diese Nummer so gut wie noch auf keinem von mir besuchten SAVATAGE-Konzert sang. Und ich übertreibe nicht! Ich habe selten, wenn überhaupt, so eine gewaltige Gänsehaut bei einem Konzert gehabt. Danke, Jon!
Mit einem Medley aus den alten Klassikern ’City Beneath The Surface’, ’The Dungeons Are Calling’ und ’Sirens’ steuerte der Gute dann aber leider auch schon wieder aufs Ende zu, welches nach minutenlangen Zugaberufen dann mit ’Power Of The Night’ und ’Hall Of The Mountain King’, der Oliva-Nummer schlechthin, beendet wurde.
Egal was für einen Eindruck Jon auf den Festivals hinterlassen hat; an diesem Abend und in diesem kleinen Club war der SAVATAGE-Sänger eine absolute Macht. Er hatte Spaß, er machte Spaß, er witzelte und turnte die ganze Zeit herum, spielt seinen Mitmusikern Streiche, und ließ seine Performance zu keiner Sekunde an diesen Spielereien leiden. Und noch einmal ’Believe’ in einer so geilen Version zu hören, wäre mir jetzt weitere 25 Kröten wert. Der Ausnahmemusiker Oliva hat es am Ende wieder allen gezeigt, den Kritikern, aber auch den Hardlinern, die seit eh und je hinter ihm stehen. Schwer beeindruckt verließ ich nach einer 100-minütigen Show und dann auch endlich mit einem riesigen Grinsen das Jugendzentrum De Bosuil. Leute, nächstes Jahr möchte ich hier dann SAVATAGE sehen, okay?

Setlist:

Gutter Ballet
Time
Jesus Saves
Hounds
Tonight He Grins Again
Guardian Of Forever
Father, Son, Holy Ghost
The Dark
Ghost In The Ruins
Thorazine Shuffle
Believe
City Beneath The Surface
Dungeons Are Calling
Sirens
---
Power Of The Night
Hall Of The Mountain King

Redakteur:
Björn Backes

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