Judas Priest - Berlin
03.09.2011 | 21:1909.08.2011, O2 World
The Priest is back! Eine Metalinstitution dreht eine letzte Ehrenrunde, bevor es in Rente geht.
Wir schreiben das Jahr 1987, als der Verfasser dieser Zeilen das erste Mal im zarten Alter von 16 Jahren das Quintett aus Birmingham im Rahmen ihrer "Mercenaries Of Metal"-Tour livehaftig erleben durfte. Seitdem hat sich viel getan: Der klassische Metalfan war in den Spätachtzigern mit Vokuhila-Frisur und Kutte oder zumindest mit einer Motorradlederjacke ausgestattet. Heuer sieht man diese Reliquien eher selten, doch Metal ist scheinbar auch in der Hauptstadt noch trendy und so ist das Publikum am heutigen Abend bunt gemischt. 5.500 Jünger haben den Weg in die O2-World gefunden, um der heiligen Messe zu lauschen und eine Legende nach über vierzig Jahren in den wohlverdienten Ruhestand zu verabschieden, denn JUDAS PRIEST haben Anfang des Jahres verlauten lassen, dass die laufende "Epitaph"-Tour wohl die letzte sein wird und man zukünftig nur noch Alben aufnehmen möchte. Nachdem sich mittlerweile auch Gitarrist K.K. Downing verabschiedet hat, ist das Ende so nah wie noch nie.
Doch bevor Oberpriester Rob Halford seine Arbeit verrichten darf, werden SABATON um 19 Uhr als Odeuvre gereicht. Wer den Openerslot am heutigen Abend belegen sollte, war bis kurz vor Showbeginn eines der best gehütesten Geheimnisse. Viele der Anwesenden hatten auf WHITESNAKE gehofft, die ja bereits bei der Show im Juni in München als Supportact dabei waren. Doch David Coverdale und Co. sind wieder zurück in den USA und befinden sich dort auf Rundreise. Stilistisch passen SABATON eh besser ins Programm. Die Schweden haben Dank des zu erwartenden Fluglotsenstreiks in Deutschland die weite Reise aus Falun per Bus angetreten. Die gut fünfzehnstündige Fahrt haben die Power-Metaller gut weggesteckt und präsentieren sich taufrisch der Menge. Sänger Joachim Broden und seine Mitspieler nutzen nahezu jeden Zentimeter der großen Bühne und feuern zahlreiche Hitgranaten in die Menge. Außer den üblichen Verdächtigen aus den mittlerweile sechs Veröffentlichungen liegt der Schwerpunkt auf dem aktuellen Output "Coat Of Arms". SABATON haben das Publikum ordentlich aufgewärmt und werden überschwänglich in den Feierabend verabschiedet.
Nach einer kurzweiligen Umbaupause, fällt um 20.20 Uhr der Vorhang und JUDAS PRIEST brennen mit 'Rapid Fire' ein Feuerwerk ab, das seines Gleichen suchen wird. Rob Halford schreitet wie gewohnt in Robotermanier im langen, schwarzen, mit nietenbesetztem Ledermantel und dunkler Sonnenbrille über die Bühne und lässt sich von der Menge mit "Priest, Priest, Priest"-Rufen abfeiern, während Glenn Tipton, Ian Hill und Scott Travis den gewaltigen Klangteppich ausrollen. Neuzugang Richie Falkner schließt professionell die Lücke, die K.K. Downing hinterlassen hat. Der junge Mann gehört zu den Meistern der Selbstdarstellung: Breitbeinig bearbeitet er in allen Lagen seine Paula und verleiht dem alten Schlachtschiff einen neuen Anstrich. Eher unangenehm fällt auf, dass der Mann am Mischpult wohl einen gebrauchten Tag erwischt hat. Der Gesang von Rob Halford gilt heuer eh nicht mehr als allzu stabil, doch gegen die übermächtigen Klangwände aus Bassdrum und Gitarren könnte selbst ein Rob Halford in Bestform nicht ansingen. Weniger ist manchmal mehr! Vielleicht wähnt sich der Knöpfchenverdreher noch auf dem Wacken Open Air, bei dem JUDAS PRIEST am Sonntag noch als Headliner fungierten.
Doch selbst dieser Umstand trübt die Freude an den folgenden zwei Stunden Heavy-Metal-Geschichte nur minimal. Die Setlist lässt keine Wünsche offen und nahezu alle Songs werden mit den jeweiligen Coverbackdrops untermalt. Rob Halford zeigt sich zudem recht bewegungsfreudig und nutzt wie früher die gesamte Breite der Bühne. Abstriche sind gesanglich nur bei den hohen Passagen zu machen, diese sind aber nach all den Jahren an vorderster Front zu verzeihen.
Ansonsten bleibt alles beim Alten, natürlich darf hier auch nicht die obligatorische Harley Davidson zu 'Hell Bent For Leather' fehlen und wird vom Meister im Zugabeteil persönlich auf die Bühne gefahren. 'Nach gut zwei Stunden findet der Abend mit dem Rausschmeißer 'Living After Midnight' sein Ende. Alles in allem eine runde Sache. Mir würden JUDAS PRIEST fehlen, wenn sie sich endgültig zur Ruhe setzen würden. Hoffen wir einmal, dass es auch in den nächsten Jahren wieder heißt: "The Priest Is Back!".
Setlist:
Rapid Fire
Metal Gods
Heading Out To The Highway
Judas Rising
Starbreaker
Victim Of Changes
Never Satisfied
Diamond & Rust
Dawn Of Creation
Prophecy
Night Crawler
Turbo Lover
Beyond The Realms Of Death
The Sentinel
Blood Red Skies
The Green Manalishi
Breaking The Law
Drum Solo
Painkiller
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The Hellion
Electric Eye
Hell Bent For Leather
You've Got Another Thing Comin'
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Living After Midnight
- Redakteur:
- Frank Hameister