Judas Priest / Savatage - München

22.06.2001 | 14:37

21.06.2001, Colosseum

Ziemlich aufgeregt stand ich um 18.30 Uhr schon vor dem Colosseum im Münchner Kunstpark Ost. Hat man mir doch zugesichert, daß ich ein Interview mit JUDAS PRIEST bekäme. Um 19.00 Uhr war dann allgemeiner Einlaß und ich suchte nach dem Tourmanager. Die überaus freundliche und hilfsbereite Security fand dann heraus, daß der Tourmanager, Alain Morrison, noch gar nicht in der Halle ist. Also wartete ich auf dessen Eintreffen. Es war kurz vor 20.00 Uhr, als mich der Chef der Securitiy in den Backstagebereich mitnahm, wo mich Jon Oliva freundlich, aber wortlos begrüßte und umarmte. Erlebt man auch nicht alle Tage, daß man Wampe an Wampe (zum Glück haben wir beide lange Arme) von einem Rockstar begrüßt wird :-). Jedenfalls brachte mich Morrison dann hinter die Halle, während schon die ersten Töne von SAVATAGEs „Poets & Madman“ erklangen. Alain erklärte mir, ich solle hier warten, denn PRIEST wären gerade bei einem Fernsehinterview. Er telefonierte kurz und verschwand dann. Nun gut, ich wartete also wieder. Nervosität machte sich bei mir breit und ich paffte einen Glimmstengel nach dem anderen. Ich wußte ja auch nicht, wer von JUDAS PRIEST mit mir reden sollte; somit konnte ich wahrscheinlich meine zurechtgelegten Fragen vergessen. Mittlerweile hörte ich die ersten Klänge von „Dead Winter Dead“. Ich schaute erneut auf die Uhr, es war nun 20.20 Uhr. Kurz darauf kam das Fernsehteam aus einem Container heraus, aber die Tür ging wieder zu. Ich begann zu rechnen: Wenn SAVA eine Stunde spielen, dann bleibt den Jungs von PRIEST nicht mehr all zuviel Zeit über? Und ich wollte doch unbedingt, irgend jemanden von PRIEST vor mein Diktaphon haben! Mittlerweile hörte ich die letzten Klänge von „Gutter Ballet“, als die Containertür aufging und Tim „Ripper“ Owens mir mit einem „Hi, Alex“ die Hand reichte. Er entschuldigte sich kurz dafür, daß die Leute vom Fernsehen so lange gebraucht haben.
Hatte ich damit gerechnet, Tipton, Downing oder Hill vors Mikro zu kriegen, freute ich mich nun natürlich um so mehr. Nachlesen könnt ihr die Worte von Owens unter:
http://www.powermetal.de/interview/anzeigen.php?id=145

Nun zum Konzert:
Ich kam gerade in die Halle zurück, als SAVATAGE ihr letztes Stück „Hall Of The Mountian King“ anfingen. Schnell beschwatzte ich die Security, die mich trotz der Auflage ‚nur die ersten 3 Songs fotografieren‘ in den Fotograben ließen. Nochmals vielen Dank dafür! Nun kann ich leider keinen Bericht über SAVATAGE abliefern, aber dafür hab ich ein gutes Interview mit Ripper. Man muß auch Opfer bringen können.
Nach 50 Minuten Spielzeit verließen die Mannen um Jon Oliva die Bühne und der Umbau begann. Links und rechts des Schlagzeuges waren Podeste aufgebaut, im Hintergrund hing ein großes „Demoliton“-Transparent und 4 Laserbeamer zäumten die Ecken der Bühne. Das war’s auch dann schon mit dem Equipment von JUDAS PRIEST.
Dann wurde die Bühne dunkel und die PRIEST, PRIEST-Rufe der gut 1400 Anwesenden immer lauter. So ziemlich jeder erwartete nun die Klänge des allgemein bekanten PRIEST-Openers, doch schon nach dem ersten Riff wurde klar, daß ist „Metal Gods“. Es ist nun das 10.mal, daß ich seit „Screaming For Vengeance“ (1982), JUDAS PRIEST live sehe; und es ist das zweite mal, daß die NWOBHM Recken einen Set nicht mit „The Hellion/Electric Eye“ begannen. Das erste mal war es 1988 bei der TURBO-Tour, als PRIEST versuchten einen neuen Sound im Metalbereich zu kreieren. Nun, alles was ich bisher von der neuen Scheibe gehört habe, läßt erahnen, daß JUDAS PRIEST einen ähnlichen Weg bestreiten wollen, wie vor gut 13 Jahren, nur scheint es ihnen diesmal ernst damit zu sein. Song Nummer 2 war „Heading Out To The Highway“, gefolgt von “Touch Of Evil”. Danach die obligatorische Ansage: „The Priest is back!“ Weiter ging es mit „Blood Stained“ und dem göttlichen „Victim Of Changes“, dessen Schlußteil mal wieder eine Glanznummer von Ripper war.
Der Sound war ein wenig basslastig aber durchaus angenehm. Lediglich der Nachhall den man über Owens Mikro gelegt hatte, war ein wenig zuviel des Guten.
Tim Owens selbst war stimmlich in guter Form, allerdings sagte er mir vor dem Konzert, daß er krank wäre und kaum geschlafen habe (In der tat war Tim total verschnupft – der Verf.). Ian Hill bot seine gewohnt Bodenständige Ein-Mann-Show; Scott Travis drosch in gewohnter Perfektion auf seine Felle. Was mir allerdings auffiel war, daß das Gitarren-Duo Tipton / Downing nicht wie gewohnt zusammen bangten, sondern jeder schön brav auf seiner Seit blieb. Ganz genau zweimal zählte ich, daß sich die beiden Axeman zur Bühnenmitte begaben und für 5 Sekunden(!!!) die Köpfe miteinander zu schütteln. Um so herausragender war dafür die Show von Owens. Warf man ihm auf der „Jugulator“-Tour noch vor, wie sein Vorgänger zu agieren, so konnte man bei ihm diesmal ganz neue Elemente entdecken. Er verzichtete er darauf, Tipton und Downing zu „dirigieren“ und auch das roboterhafte Stageacting legte er ad acta. Bis auf einzelne Bewegungen, wie zum Beispiel Mikrohaltung oder das Kopfnicken (typisch Halford), bot der Ami eine gute Show, die auch das Publikum ansprach. Der Frontman hatte aber die Meute jederzeit im Griff. Absolutes Highlight, was die Sangeskunst von Ripper angeht, ist immer noch die langsame Version von „Diamonds & Rust“. Wurde der Song dem Europäischen Publikum auf der 97er Tour vorenthalten und lediglich auf CD gepreßt, so können sich diesmal alle Fans an seinem gewaltigen Stimmvolumen erfreuen. Bei mir zumindest zeigte sich 3 Minuten lang eine Gänsehaut vom allerfeinsten. Lediglich seine Ansagen blieben haargenau die gleichen („What’s my name?“, bei „The Ripper“ oder „Do we have any lawbreakers out here?“ bei „Breaking The Law“).
Vom neuen Album wurden lediglich zwei Songs gespielt („One For One“ und „Machine Man“), sowie auch vom Vorgänger „Jugulator“ („Blood Stained“ und „Burn In Hell“). Der Rest des Sets war mit PRIEST-Klassikern gespickt. Angefangen von „Victim Of Changes“ über „ Green Manalishi“ bis hin zu „United“. Letzteres wurde von mir bisher nur auf der 80er „British Steel“-Tour gehört. Die Stimmung in der Halle konnte kaum noch überboten werden. Mehr als nur einmal lobte Ripper das nicht gerade mit Heavy Metal verwöhnte Münchner Publikum. Jeder Song wurde frenetisch mitgegröhlt und bejubelt. Die Band genoß es sichtlich, daß zwischen jedem Song, die PRIEST, PRIEST-Rufe erschallten. Der letzte Song im offiziellen Set wurde mit dem ertönen der Harley eingeleitet, worauf natürlich nur „Painkiller“ folgen konnte. Nach knapp 2 Stunden Spielzeit und insgesamt 4 Zugaben verließen JUDAS PRIEST die Bühne.
Abschließend läßt sich also sagen: JUDAS PRIEST sind immer noch eine der besten Live-Bands im Heavy Metal. Tim „Ripper“Owens hat bewiesen, daß er weitaus mehr als nur ein Halford-Nachfolger ist. Lediglich das Gitarrenduo Tipton / Downing fiel mir negativ auf. Obwohl sie spielerisch über jeden Zweifel erhaben sind, scheint es mir, als ob sich die beiden nicht ganz koscher sind. Ich kann mich auch täuschen (hoffentlich), aber als „alter“ Priestfan macht man sich halt seine Gedanken.

Kleine Anekdote am Rande:
Während des Sets, ich sang gerade lauthals \"Green Manalishi\" mit, kam ein ca. 20 Jahre alter „Fan“ zu mir und sagte: „Das ist doch Scheiße hier! Hoffentlich hören die bald auf, damit wir nach Hause fahren können! Dieser Ripper ist doch ein Volltrottel. Da könnte ich mich auch auf die Bühne stellen und singen!“ Ich ließ den jungen Mann gewähren, warum auch sollte ich ihm seine Meinung streitig machen; außerdem war ich gerade am bangen. Doch dieser stichelte weiter: „So einen Dreck hab ich noch nie gehört!“ Mit ausgestreckten Mittelfinger rief er ein lautes „Fuck you, ich will Halford wieder haben“ in Richtung Bühne. Auf meine Frage hin, ob er denn jemals Halford live gesehen habe, verneinte er. Außerdem sagte er mir, daß dies sein erstes JUDAS PRIEST Konzert sei. Da ich aber sah, daß er ein 82er „Screaming For Vengeance“ Orginal-Tourshirt trug, fragte ich ihn, woher er das habe? Er antwortete mit: „Von meinem Dad.“ Worauf ich zu ihm sagte: „Dann läßt Du besser Deinen Daddy auf das nächste PRIEST Konzert, der scheint mir zumindest mehr vom Heavy Metal zu verstehen als Du!“ Mit einem freundlichen „Arschloch“ verdünnisierte sich der Typ.
Tja, auch solche „Metaller“ muß es geben :-).

SETLIST:
Metal Gods
Heading Out To The Highway
Touch Of Evil
Blood Stained
Victim Of Changes
One On One
The Ripper
Diamonds & Rust
Machine Man
Green Manalishi
Burn In Hell
Breaking The Law
You’ve Got Another Thing Comin’
Painkiller
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The Hellion / Electric Eye
United
Living After Midnight
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Hell Bent For Leather

Redakteur:
Alex Kragl

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