KEEP IT TRUE-RISING III - Würzburg

25.10.2023 | 13:26

06.10.2023, Posthalle

Das Festival etabliert sich mit einem abwechslungsreichen Billing.

Die Band TAILGUNNER spielt bereits, als ich nach einem gemächlich gestarteten Samstagvormittag mit ausgedehntem Frühstück, einigen Besorgungen im Supermarkt sowie einem kurzen Trinkstop am Auto die Posthalle betrete. Die junge britische Band rockt mit ihrem explosiven AOR-Powermetal-Gemisch geradezu erfrischend drauflos. Ich bekomme im hinteren zeitlichen Drittel des Gigs sinngemäß eine kernige Ansage des Sängers darüber mit, dass TAILGUNNER und somit die Fans in der Posthalle just im Moment dazu beitragen, Großbritannien wieder auf der Landkarte des Heavy Metal erscheinen zu lassen. Mich persönlich erinnert die Musik der Youngster in der Tat an das Album "No Prayer For The Dying" von ihr-wisst-schon-wem, auf dem sich der Song 'Tailgunner' befindet.  Die Jungs treffen den Sound der eisernen Jungfrauen in jener Phase teilweise mit den vorhandenen Anklängen schon ziemlich gut. Jedenfalls stehen um 12:30 Uhr bereits wieder Hunderte von Menschen in der Posthalle. Somit kann die britische Band, wie so ziemlich jede andere früh auftretende Formation beim "KIT-Rising-III", vor einem ordentlichen Publikum spielen und wird anständig gewürdigt. So muss das doch sein! Die letzte Nummer, ein Cover von 'Exciter' der anderen britischen Metal-Ikone JUDAS PRIEST, bringt die anwesenden Fans noch ein wenig mehr in Richtung Betriebstemperatur.

Setliste TAILGUNNER: Guns For Hire; White Death, Beast In The Night (RANDY-Cover); Warhead; Guitar Solo; In The Hall Of The Mountain King (EDVARD GRIEG-Cover); Future Lost; New Horizons; Crashdive; Exciter (JUDAS PRIEST-Cover)


20 Minuten später stehen die Fantasy-Freaks von CLAYMOREAN aus Serbien auf der Bühne, die ihre Songinhalte auch gerne mal den Werken von Robert E. Howard ("Conan") oder Michael Moorcocks Multiversum entnehmen, was einem Songtitel wie 'Cimmeria' oder 'Arioch, Knight Of The Swords' verraten können. Das serbische Quintett spielt epischen Power Metal oder wahlweise sehr kraftstrotzenden Epic Metal, der mir, trotz erst allmählich in Fahrt kommenden Stageactings der mit viel röhrendem Biss in der Stimme singenden Frontfrau Dejana Betsa Garcevic, sofort mundet. Diese bewegt sich im Verlauf des Gigs zunehmend mehr und lässt immer mal wieder ihre schönen, sehr langen Haare bangend gleichmäßig durch die Luft fliegen, vor allem wenn Bandleader Vlad Invictus (So nennt sich der Herr, sagt jedenfalls Metal-Archives...) gerade singt, growlt oder sonstwie vocal unterwegs ist. Die Lieder sind packend, abwechslungsreich und zwischen den ganzen Party-Kapellen beim "KIT-Rising" mal eher etwas zum Zuhören, wie ich inzwischen verstärkt festgestellt habe: Seit ein paar Tagen nimmt die Anzahl der Streaming-Durchgänge von CLAYMOREAN-Songs bei mir ständig zu, und ich bereue bereits sehr, keinen Tonträger mitgenommen zu haben. Das VIRGIN STEELE-Cover 'The Burning Of Rome' kommt bei vielen der Zuschauer überaus gut an. Die serbische Band schafft es im Laufe ihrer 45 Minuten, das Publikum überwiegend durch ihre Musik in Begeisterung zu versetzen, was sich wie angedeutet im Umkehrschluss auf den Bewegungsradius der Musiker auswirkt, die gegen Ende des Gigs regelrecht abräumen und weit mehr als Höflichkeitsapplaus von den zu dieser immer noch frühen Uhrzeit bereits anwesenden KIT-Höflingen erhalten. Pommesgabeln hoch für CLAYMOREAN!

Setliste CLAYMOREAN: Gods Of Chaos; Battle In The Sky; Cimmeria; Arioch; Knight Of The Sword; The Burning Of Rome (VIRGIN STEELE-Cover); Old Mountain; Spirit Of Merciless Time; Hunter Of The Damned; We Fight Like Lions

 

Eine der obskureren Ausgrabungen von Veranstalter Oli W. findet im direkten Anschluss an die serbischen "Conan"-Huldiger ihren Weg auf die geräumige Bühne der Posthalle: WIZZARD aus Schweden, nicht zu verwechseln mit diversen anderen musizierenden WIZARDS oder WIZZARDS! Die männlich schick angegrauten, weil im besten Alter befindlichen Musiker tragen allesamt ein Geheimnis (Nein, kein schmutziges, ihr Ferkel!), eigentlich deren zwei, in sich: Zum einen sind sie in Schweden als Band relativ bekannt, und zum anderen waren sie in den güldenen 80ern... eine Kinderrockband! Zwei Musiklehrer einer kleinen Musikschule kamen 1981 auf die Idee, einigen ihrer Schüler im Kindesalter zu ermöglichen, als Rockband zusammen zu musizieren. 1984 hatte sich ein stabiles Line-up entwickelt und nach intensiver Arbeit erschien 1986 die erste Scheibe "Ninya Warrior". Es folgten einige Auftritte mit allem Drum und Dran (Show, Pyros, Bühnenkleidung etc.) und Auftritte im schwedischen Fernsehen. Leider änderten die Jungs dann 1987 vor den nächsten Plattenaufnahmen ihren Bandnamen in CHARITY, verloren sich in endlosen Diskussionen über alles, aber nicht die Musik, und das Projekt versank irgendwann mit dem allmählichen Erwachsenwerden der Mitglieder 1988 im Sande...

...bis zum 07. Oktober 2023 in der Posthalle zu Würzburg! Unter dem setlist.fm-Eintrag steht furztrocken: "First show since 1987". Ich muss gestehen, dass ich die tolle Story der Band erst nach dem Gig erfuhr, hatte aber mal reingehört und mir fest vorgenommen WIZZARD anzuschauen. Gesagt, getan, zunächst setze ich mich jedoch auf eine Bierbank im abgegrenzten "Ruhebereich" und bleibe dort auch sitzen, als WIZZARD anfängt. Was durch die abschirmenden Plastikcontainer zu mir durchdringt, klingt nach keyboardlastigem AOR-Heavyrock, so wie ich ihn auch aus meiner Playlist in Erinnerung habe. Während ich einige Müsliriegel mampfe, nehme ich jedoch wahr, dass vor der Bühne tüchtig Stimmung herrscht und die Musik zunehmend rockiger, gar metallischer zu werden scheint. Also zwinge ich meine müden Knochen innerlich und von Neugier getrieben, die 30 Meter um die Trennwand herum nach vorne in Richtung Mischpult zu gehen. Dort sehe ich eine bestens aufgelegte Band, die keine Schwierigkeiten hat, ihr reichlich vorhandenes Publikum mühelos mit schmissiger, melodiebetonter, wenn auch leicht cheesiger Rock'n'Metal-Mucke um den Finger zu wickeln. Vor allem der Keyboarder in seiner roten Kunstlederjacke brennt sich in meine Netzhaut ein. In der Tat finde ich auch bewusst zuhörend die meisten Lieder ziemlich keyboardlastig, was wohl nicht nur an der Abmischung vor Ort in der Halle liegt. Zudem sind alle Songs sehr eingängig und laden zum Mitsingen und Mitmachen ein. Der letzte Song und gleichzeitig der große "Hit" von WIZZARD namens 'Ninya Warrior' bringt die Metaller vor der erwachsenen "Kinderband" regelrecht in Schluss-Ekstase. Die auf und vor der Bühne herrschende gute Laune ist ansteckend, und so bin ich fast ein bissel enttäuscht, als der Gig für mich doch etwas abrupt endet.

Setliste WIZZARD: Killer On The Loose; In My Dreams; Let The Demon Fly; Head Over Heels; Runaway; Stormchild; Go Down In Flames; Ninya Warrior

[Timo Reiser]

 

Der erste Live-Auftritt des zunächst als Projekt geplanten und mittlerweile zur Band mutierten Melodienwunders PHANTOM SPELL! Als großer Fan von Kyle McNeills Hauptband SEVEN SISTERS bin ich gespannt, aber auch etwas zweifelnd, ob der proglastige Sound der Londoner auch live funktionieren mag. Ganz offensichtlich: ja! Zu sphärischen Klängen versammeln sich die Musiker auf der Bühne, Kyle begrüßt noch mal jeden seiner Mitstreiter per Faust und dann beginnt eine dreiviertel Stunde Magie. Möglicherweise vorhandene Unsicherheiten schwinden und Tonprobleme an der zweiten Gitarre verkommen angesichts der wunderbar positiven Performance zur Nebensache. Die irgendwo zwischen SEVEN SISTERS, WYTCH HAZEL und dem Progrock der 70er Jahre angesiedelten Kompositionen überzeugen - meisterhaft dargeboten - auf ganzer Linie.

Setliste PHANTOM SPELL: Dawn Of Mind; Seven Sided Mirror; The Phantom's Spell; Up The Tower; Keep On Running; Black Spire Curse; Blood Becomes Sand

[Jakob Schnapp]



AMBUSH aus Schweden ist eine der Bands, auf die ich mich am meisten gefreut habe. Die drei Alben sind zwar alle keine absoluten Meisterwerke, aber schon durch den Auftritt vor einigen Jahren am "Trveheim"-Festival war mir klar, dass es sich um eine phänomenale Live-Band im ENFORCER-Fahrwasser handelt. Und, das sei mal klar gesagt: Den bekannteren Schweden stiehlt AMBUSH heute klar die Show. Was für eine Energie, was für eine Power, was für ein Auftritt! Und dazu großartiger Gesang, feine Gitarrensoli und starke Songs. Bitte neues Material, und bitte mehr Gigs in Deutschland!

Setliste AMBUSH: Firestorm; Possessed By Evil; Desecrator; Ambush; Hellbound; Iron Helm Of War; Hellbiter; Natural Born Killers; Don't Shoot (Let 'Em Burn)

[Jonathan Walzer]


Schon seit langem und des Öfteren habe ich von METALUCIFER und den spaßigen Konzerten gehört, nur ergab sich seither keine Gelegenheit, die Band einmal live in Augenschein zu nehmen. Das ändert sich heute: Gezol, seines Zeichens Mastermind der japanischen SABBAT und eben auch Rädelsführer von METALUCIFER, tapst bereits Minuten vor dem Auftritt mit dem einen oder anderen Bandmitglied auf der Bühne herum und überzeugt sich davon, dass technisch alles stimmt. Irgendwann tut es das wohl und es geht los! Da die deutsche Formation, es gibt auch eine japanische, mit jeweils deutschem Bassisten und zweitem Gitarristen antritt, staksen zwei baumlange Kerls um die beiden vergleichsweise kleinen Japaner Gezolucifer und Elizabagore herum. Den Anfang macht man mit 'Heavy Metal Drill'. Bis auf Elizabagore sind alle Musiker in Kutten gekleidet, Gezol trägt zudem eine verspiegelte Sonnenbrille. Es soll halt so metal-stylish wie möglich sein, daher legt man auch gleich mit dem wohl bekanntesten Song der Band nach: 'Heavy Metal Chainsaw'. Ich stehe im vorderen Drittel des Publikums vor der rechten Seite der Bühne und erlebe, wie schnell die Band ihre Fans in Fahrt bringt. Bandtypisch beginnen die meisten Songtitel mit den Wörtern "Heavy Metal...".

Im Laufe des Gigs kristallisiert sich heraus, dass heute ausschließlich Titel mit diesem Begriff gespielt werden. Next Stop: 'Heavy Metal Bulldozer'. Die Songs bestehen aus herrlich fetzigen, eingängigen Riffs und gehen mit einer gewissen Melodiosität versehen runter wie Butter. Dazu post Gezol, in Nietengürtel und lederne Gamaschen drapiert, als bekäme er eine Titelstory im Metal-H***er, und die "langen Kerls", um mal einen Begriff aus der deutschen Kaiserzeit zu verwenden, stolpern dabei einige Male fast über ihn, wenn er gerade wieder mal den "Big Boss" mimt, und auf den Monitor-Boxen den "Eastern-Schwarzenegger" gibt. Elizabagore fiedelt dazu wunderbare Leads, alle vier stehenden Musiker stellen sich immer mal wieder zusammen und machen jeden professionellen und unprofessionellen Fotografen in der Halle glücklich, somit auch mich. Zum Glück passiert kein Unfall, als Gezol mit dem Samuraischwert herumfuchtelt! Zwischendurch werden zudem allerhand lustige, "political incorrectness" atmende Kurzauftritte von Statisten aus dem Umfeld der Band geboten, z. B. der Metalhead mit Motorsäge, der andeutungsweise am Drumkit herumsägt. Oder derjenige, der sich mit einem LINKIN PARK-Shirtträger streitet, ihn zusammenschlägt, sich mit ihm versöhnt und ihm dann eine Kutte anzieht. Abendfüllende Heavy-Metal-Dramatik pur!

Dabei sind die Ansagen zwar witzig, verstehen kann ich den stets große metallische Gesten verwendenden Gezol jedoch kaum. Die Lieder an sich werden übrigens in keinster Weise langweilig. Für mich ist es sogar einer der unterhaltsamsten Gigs der diesjährigen Ausgabe des "KIT-Rising", gerade auch wegen der packenden und gut gespielten Songs. Es folgen also noch fünf metallisch-musikalische Umschreibungen des Begriffs "Heavy Metal", danach werden Gezolucifer, Elizabagore, Elizablumi und Mamonohunter unter lauten Zugaberufen abgefeiert. Weil am Drumkit ebenfalls ein Asiate sitzt, vermute ich, dass Elizaveat mitgereist ist.

Setliste METALLUCIFER: Heavy Metal Drill; Heavy Metal Chainsaw; Heavy Metal Bulldozer; Heavy Metal Tank; Heavy Metal Ninja; Heavy Metal Samurai; Heavy Metal Hunter; Heavy Metal Is My Way

[Timo Reiser]

 

Bei ENFORCER handelt es sich ja mittlerweile um eine wirklich routinierte Live-Band, dementsprechend hoch sind meine Erwartungen. Auch dahingehend, ob die Schweden es schaffen, im Fahrwasser weiterhin vor ihren Landsleuten AMBUSH zu segeln, wie Jhonny meinte. Und hier lautet die Antwort für den heutigen Tag: nicht ganz. Zwar wird ordentlich abgeliefert, doch weder Songsauswahl noch Energie toppen für mich persönlich die Epigonenband. Oder, wie es ein guter Freund mit dem Hang zu Bonmots ausdrücken würde: "AMBUSH sind die besseren ENFORCER als ENFORCER." Das adelt einerseits Bands, die ihren großen Vorbildern nacheifern, soll andererseits die Leistungen von ENFORCER hier gar nicht schmälern, denn ein großartiger Auftritt ist es dennoch. Und vermutlich bin ich nur etwas enttäuscht darüber, dass man 'Below The Slumber' nicht gespielt hat, was ich der Band natürlich persönlich übel nehme. 

Setliste ENFORCER:
Destroyer; Undying Evil; From Beyond; Coming Alive; Zenith Of The Black Sun; Nostalgia; Mesmerized By Fire; Running In Menace; Take Me Out Of This Nightmare

 

So, die leichte Enttäuschung war gerade wieder entschwunden und der Frage gewichen, die sich mir bereits bei PHANTOM SPELL stellte: Wie funktioniert der ambitionierte Prog Metal von WATCHTOWER live? Zeitzeugen wissen, wie hier die Antwort lautet. Der Auftritt des Quartetts spottet im Grunde jeder Beschreibung. Man muss dabei gewesen sein. Wie Bassist Doug Keyser mit seinen fast 60 Jahren über die Bühne wirbelt, die schneidenden Riffs der Gitarre, das hypnotisch und ständig rhythmuswechselnde Schlagzeugspiel und dazu die Gesangslinien, die niemals wirklich eingängig, aber immer nachvollziehbar sind. Ein Fest! Wenn man nach fast einer Stunde Spieldauer das Gefühl hat, die Band habe doch gerade erst begonnen und dürfe jetzt gerne noch drei bis vier Songs spielen... besser geht es eigentlich nicht.

Setliste WATCHTOWER: Asylum; The Eldritch; Intruments Of Random Murder; Argonne Forest; Energetic Disassembley; Control And Resistance; Social Fears; The Fall Of Reason; Tyrants In Distress; Meltdown

[Jakob Schnapp]

 

METAL CHURCH sehe ich heute das dritte Mal live. Eine großartige Erinnerung habe ich an einen "Keep It True"-Headliner-Auftritt vor einigen Jahren mit Ronny Munroe, dazu durfte ich die Jungs in München im völlig überhitzten Backstage mal erleben, mit dem leider verstorbenen Mike Howe. Hier gibt es einen Auftritt, den ich eher als "routiniert" bezeichnen würde - und WATCHTOWER sowie DORO PLAYS WARLOCK haben am Wochenende gezeigt, dass das bei Bands älteren Jahrgangs nicht zwingend sein muss. Jetzt gibt es mit Marc Lopes den dritten Sänger bei meinem dritten Gig mit der Band, ich kenne ihn bisher am ehesten von ROSS THE BOSS-Alben. Er macht seine Sache völlig in Ordnung. Mit 'Pick A God And Prey' gibt es immerhin einen Track vom aktuellen Studioalbum "Congregation Of Annihilation", aber warum eine Hammerscheibe wie "XI" oder auch "Hanging In The Balance" ignoriert wird, erschließt sich mir einfach nicht. Stattdessen gibt es fast nur Songs der ersten beiden Alben sowie 'Badlands' von der "Blessing In Disguise". Ja, die Songs sind klasse, aber werden halt auch sehr routiniert gespielt. Etwas mehr Mut und Abwechslung hätte dem Gig sehr gut getan.

Setliste METAL CHURCH: Ton Of Bricks; Start The Fire; Battalions; Gods Of Wrath; Pick A God And Prey; Watch The Children Pray; Burial At Sea; Psycho; Badlands; Hitman; Beyond The Black; Metal Church

[Jonathan Walzer]


Es gibt HELEN SCHNEIDER, 00 Schneider und DIRK SCHNEIDER. Dirk steht heute Abend mal wieder mit seinem ACCEPT-Programm auf der Bühne. Um das bescheuerte Gewitzel um den Namen jetzt mal zu beenden: Bei meinem "DIRK" handelt es sich natürlich um niemand geringeren als Udo DIRKSCHNEIDER, der in gehobenem Alter trotz all seiner Veröffentlichungs- und sonstigen Live-Aktivitäten noch Zeit gefunden hat, das "Keep-It-True-Rising-III"-Festival mit seinem Headlinerauftritt zu einem tollen Ende zu bringen. Dabei ist der Sound leider nicht so dolle wie bei Auftritten in vergangenen Jahren, da das Schlagzeug zu voluminös und hallig im Vordergrund vor sich hin ballert. Dieser klangliche Umstand war bereits beim "Rock Of Ages"-Festival aufgefallen. Da scheint Sohnemann Sven Dirkschneider sich mit seinen Soundvorstellungen durchzusetzen (Ein Schelm, wer da an den jungen Lars Ulrich denken muss). Aber auch ansonsten entbehrt der Gesamtklang der Band einer gewissen wuchtigen Einheit und wirkt manchmal leicht matschig und unrund. Das finde ich jetzt nicht übermäßig tragisch, merke jedoch an, dass es schon ganz anders, nämlich großartig, war. Oft genug habe ich U.D.O. und DIRKSCHNEIDER in den letzten beiden Jahrzehnten gewiss gesehen, um mir das erlauben zu dürfen. Es soll sogar redaktionsintern Metalheads geben, die deshalb vorzeitig die Halle verlassen...

Doch genug davon: Ansonsten pflügen Udo und Sven zusammen mit Peter Baltes am Bass sowie Andrey Smirnov und Dee Dammers an den Gitarren die Posthalle mit ihrer ACCEPT-Top-16 Hitliste durch, dass es mir und vielen anderen nach wie vor eine riesige Freude ist! Zwischendurch begrüßt der ACCEPT-Flüchtling, man möchte fast sagen "-Heimkehrer", Peter Baltes das Publikum: "Das ist ja wie 1986 hier!", und erntet sofort "Peter, Peter"-Sprechchöre, die er sehr authentisch geradezu erschrocken abwinkt und beendet: "Udo is the man!" Jener singt mit seiner raspelig-schrillen Reibeisenstimme so großartig wie eh und je. Was Udos äußerliche Erscheinung angeht: Früher hatte er über den großen Teichen doch einmal den Spitznamen "German Tank", nicht? Hm, der würde so allmählich jetzt dann passen, trägt er doch, wie viele seiner Fans im Publikum in der Posthalle übrigens auch, mittlerweile ein in seiner Altersklasse weit verbreitetes "Wohlstandskesselchen" vor sich her. Dennoch zeigt sich Udo stetig an allen Ecken der Bühne und ist für einen Einundsiebzigjährigen sehr agil unterwegs. Wie bei vielen anderen Bands im übrigen auch, geizt der Veranstalter nicht mit Funken-Fontainen, um etwas Atmosphäre schaffende Pyrotechnik aufzubieten. Nach, wie bereits angemerkt, 16 Liedern wird die Band dann frenetisch vom KIT-Publikum verabschiedet. Immerhin sind, so schätze ich, gut zwei Drittel der an diesem Tag anwesenden Hallengäste bis zum Schluss geblieben. Jetzt beginnt bei noch eingeschaltetem Hallenlicht bereits die berüchtigte Aftershow-Party. Ich suche dieses Jahr jedoch lieber mein Bettchen auf.

Setliste DIRKSCHNEIDER: Starlight; Living For Tonite; Midnight Mover; Breaker; London Leatherboys; Neon Nights; Princess Of The Dawn; Restless And Wild; Son Of A Bitch; Midnight Highway; Screaming For A Love-Bite; Up To The Limit; I'm A Rebel; Metal Heart; Fast As A Shark; Balls To The Wall


Das diesjährige "KIT-Rising-III"-Festival war für mich erneut ein in allen Belangen tolles Festival. Nach der letzjährigen geballten Ladung an NWoBHM-Bands konnte man sich dieses Jahr wieder an der vom klassischen KIT eher gewohnten Mischung aus Newcomern, Obskuritäten, Szenelieblingen und Live-Seltenheiten ergötzen, gekrönt von etwas "mainstreamigeren" Headlinern, wie es zum Markenzeichen der Veranstaltung zu werden scheint. Diese konnte sich in meiner Betrachtung mit der diesjährigen Ausgabe endgültig etablieren. So wird die offiziell bis 2026 bestehende Posthalle wohl hoffentlich bis 2025 für das "KIT-Rising" genutzt werden, jedenfalls ist die Veranstaltung 2024 bereits für den 4. und 5. Oktober angekündigt und wird beworben, unter anderem mit den bereits bestätigten Bands MARTA GABRIEL (Warm-up, 03.10.24), LEGENDRY (US), FASTKILL (JP), TRAVELER (US), STRESS METAL LADY (HU), SAVAGE MASTER (US) und CRYSTAL VIPER (PL). Man darf gespannt sein, was da noch dazukommt. Mit seinem Metalmarkt, vielen Autogrammstunden, der toll genutzten Location, sowie der insgesamt sehr guten städtischen Anbindung und Infrastruktur (nahe, gut erreichbare Hostels und Hotels; einige Verpflegungsmöglichkeiten in Laufnähe) ist das Festival neben seiner musikalischen, völlig außer Frage stehenden großen Relevanz jedem Metalhead wärmstens ans Herz zu legen.

[Timo Reiser]

 

Servus von uns Dreien und vielen Dank fürs Lesen! Bis allerspätestens nächstes Jahr in der Posthalle beim "Keep-It-True-Rising-IV"!

Redakteur:
Timo Reiser

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