KISSIN' DYNAMITE - Shibuya, Tokyo
24.11.2024 | 21:5718.11.2024, WWW-Club
Ein Japan-Kurztrip für die Geschichtsbücher.
Mit einem mächtigen Charterfolg im Rücken und einer extrem erfolgreichen Europatour als Faustpfand, lässt es sich ein wenig beschwingter angehen. Die Jungs von KISSIN' DYNAMITE blicken bis hierhin auf ein erfolgreiches und ihr vielleicht wichtigstes gemeinsames Jahr zurück und wollen nicht nur die hiesigen Fans daran teilhaben lassen. Bereits im Frühjahr kündigte die Band an, auch wieder in Regionen zu spielen, die man zuletzt sträflich vernachlässigt hatte. Dennoch ist der logistische Aufwand eines Japan-Kurztrips, der gerade einmal zwei Shows umfasst, nicht zu verachten. Doch wie der heutige Konzertabend in wirklich jeglicher Hinsicht klarstellt, ist keine Mühe zu groß, um einen solchen Siegeszug hinzulegen, wie ihn das Quintett bei ihren Dates in Osaka und heute in Tokyo demonstriert.
Gigs im Land der aufgehenden Sonne sind in vielerlei Hinsicht nicht mit denen zu vergleichen, die man bei uns in Europa kennt. Das Publikum gilt meist reservierter, die Spielzeiten sind in der Regel kein klassisches Abendprogramm, und wer sich heutzutage über die extrem stark gestiegenen Eintrittspriese auslässt, kann gerne mal den Vergleich ziehen. Stolze 75€ verlangt der Veranstalter heuer, um einen Act wie KISSIN' DYNAMITE in Japan anzuschauen, dazu die Verpflichtung ein Getränk abzunehmen und außerdem jeglicher Verzicht auf eine Vorgruppe. Mit einer solchen Hypothek gilt es also, in einer Art und Weise abzuliefern, die man definitiv als denkwürdig bezeichnen sollte - und hier bleibt die süddeutsche Kapelle absolut nichts schuldig.
Als KISSIN' DYNAMITE, begleitet von einem pompösen Intro, pünktlich um 19:00 Uhr auf die Bühne stürmt, blickt die Truppe in ein arg gemischtes Publikum. Damen in betagterem Alter mit wärmendem Strickpullunder, Herren im Trenchcoat, dazu junge Fans, die ihren maßgeschneiderten Anzug von der Arbeit direkt in den Konzertsaal tragen. All das offenbart sich dem Auge im mit rund 500 Zuschauern prall gefüllten WWW-Club in Shibuya. Nur unweit der berüchtigten Straßenkreuzung startet die Band dann auch fulminant mit dem Titelsong des jüngsten Erfolgsalbums "Back With A Bang" und hat das Publikum sofort auf ihrer Seite.
Es ist schier unfassbar, wie eine so unterschiedlich anmutende Menge jeden einzelnen Ton mitsingt, die Fäuste in die Luft reckt und lautstark mitklatscht. Spätestens mit dem zweiten Song im Bunde hat die Band ihre Anhängerschaft dann auch endgültig gepackt. 'DNA' erklingt aus hunderten Kehlen als zauberhafter Ohrwurm und entpuppt sich schon sehr früh als eines von vielen Highlights am heutigen Abend. Frontmann Hannes gibt sich derweil nicht nur extrem agil, sondern präsentiert sich auch als fabelhafter Entertainer, der in den Zwischensequenzen die richtigen Worte findet, um seine Fans zu begeistern. Immerhin elf Jahre war KISSIN' DYNAMITE nicht mehr in Japan, und man kann die Aussagen des Sängers sicherlich für bare Münze nehmen, dass eine solch lange Auszeit dieser Fernreisen nicht ein zweites Mal geschehen wird.
In der Zwischenzeit stellt man einen Ohrschmeichler an den nächsten, hält die Stimmung durchweg am Siedepunkt und gönnt dem Publikum in Fernost auch etwas Exklusives. 'Yoko Ono', bei den Europagigs nicht im Programm, wird den japanischen Fans gewidmet und bekommt verdientermaßen tosenden Applaus. Nach acht Alben steht die Truppe inzwischen vor dem Problem, die Setliste so zu füllen, dass möglichst alle wichtigen Phasen abgedeckt und bestenfalls alle Wünsche erfüllt werden. Doch KISSIN' DYNAMITE könnte heute auch den Musikantenstadl aufführen, und trotzdem wäre die Begeisterung riesig.
Dies liegt einerseits daran, dass die fünf Musiker als Live-Act enorm gewachsen sind und man auch jederzeit spürt, dass hier fünf Freunde auf der Bühne stehen. Es ist andererseits aber auch dem Umstand geschuldet, dass man über die Jahre so viele starke Songs angehäuft hat, dass man gar nicht anders kann, als der Band bedingungslos aus der Hand zu fressen. Das dreckige 'The Devil Is A Woman', die oft gescholtene Ballade 'Six Feet Under' und das melodische 'Not The End Of The Road' bringen den Saal dann auch erwartungsgemäß zum Kochen und beenden den regulären Teil des Sets. Natürlich lassen sich die Jungs die Gelegenheit nicht nehmen, noch einmal für eine Zugabe zurückzukehren, die aufgrund der Curfew-Vorgaben aber etwas kürzer ausfällt. Mit 'You're Not Alone' und 'Raise Your Glass' kann man aber absolut nichts verkehrt machen und entlässt eine freudenstrahlende Menge nach 90 eindrucksvollen Minute in den asiatischen Abendhimmel.
Was bleibt, sind definitiv viele sehr gewinnbringende Erkenntnisse. Zum einen ist es die Gewissheit, dass KISSIN' DYNAMITE völlig zu Recht auf einer nicht mehr abebbenden Erfolgswelle surft und sich diesen Erfolg auch hart erarbeitet hat. Zum anderen muss man einfach sagen, dass diese durch und durch sympathischen Musiker auf der Bühne richtig tolles Hardrock-Entertainment abliefern, bei dem gute Laune einfach die logische Konsequenz sein muss. Ich freue mich bereits auf die Dezember-Shows als Co-Headliner von BLIND GUARDIAN und bedanke mich herzlich, die Gelegenheit gehabt haben zu dürfen, ein Teil des Japanausflugs dieser tollen Band gewesen zu sein. KISSIN' DYNAMITE und Tokyo - das hat einfach prächtig funktioniert!
Setliste: Back With A Bang; DNA; No One Dies A Virgin; I've Got The Fire; My Monster; I Will Be King; Yoko Ono; Queen Of The Night; The Devil Is A Woman; Love Me Hate Me, Only The Dead; Six Feet Under; The Best Is Yet To Come; Not The End Of The Road; Zugaben: You're Not Alone; Raise Your Glass
- Redakteur:
- Björn Backes