Keep It True VII - Dittigheim
28.11.2006 | 08:1404.11.2006, Sporthalle
Keep It True
Nach fünf mehr als erfolgreichen KEEP IT TRUE-Veranstaltungen, die immerhin zweimal pro Jahr über die Bühne gingen, haben die beiden Organisatoren Oliver und Tarek beschlossen, einen Gang zurückzuschalten. Die April-Festivals sollen dabei in gewohnter Weise mit allem Drum und Dran stattfinden, also mit Warm-up-Show am Freitag und ganztägiger Metal-Vollbedienung am Samstag. Doch die November-Festivals sollen nur noch im kleineren Rahmen stattfinden - zum einen mit weniger Bands, und zum anderen mit weniger Fans, da man von der Tauben-Franken-Halle in Lauda-Königshofen in die kleinere Sporthalle in Dittigheim ausweicht.
Am 4. November sollte zum ersten Mal so ein "kleines" KEEP IT TRUE stattfinden, und die Nachfrage war nach der Bekanntgabe des Billings beim letzten Festival so enorm, dass die Karten innerhalb von drei Tagen komplett vergriffen waren. Entsprechend gut gefüllt ist die Sporthalle in Dittigheim dann auch, und wie gewohnt lassen auch Rüdiger und ich uns dieses Spektakel nicht entgehen. Ganz frei nach dem 1860er-Motto: Einmal KIT, immer KIT! ;-)
[Martin Schaich]
MESSENGER:
Den bunten wahrmetallischen Reigen eröffnen die Saarländer von MESSENGER, die das Festival-Motto fast ein bisschen zu sehr verinnerlicht haben. Ihr flotter und eingängiger Metal mit seinen oft zweistimmigen Gitarren von Frank Kettenhofen und Patrik Deckarm kommt zur frühen Stunde schon sehr gut an, und auch Frontmann Siggi Schüßler kann mit seinem hohen Gesang beim Publikum punkten. Stilistisch geht die Mucke natürlich stark in die True-Metal-Ecke, man denkt oft an MANOWAR, mal auch an MAIDEN oder andere große Helden der Achtziger, und kompositorisch ist die Bandbreite auch in Ordnung: mal flotter (z.B. 'Intruders' und 'Under The Sign'), mal etwas ruhiger und epischer ('Pharaoh') oder mal einfach stampfend und simpel rockend wie bei 'Kill The DJ'. Dazu ein ausgiebiges Bad in der Menge während 'Make It Right' (ich hoffe der Songtitel stimmt). Musikalisch und in Sachen Stimmung ist für einen Opener also alles im grünen Bereich, wenn der MESSENGER-Sound auch sicher nicht so eigenständig und einzigartig ist, wie es der KIT-Gänger in der Regel am liebsten hat. Dass ich persönlich das Baden in Klischees fast noch überzogener und peinlicher finde, als dies bei Uns Joey der Fall ist, steht auf einem anderen Blatt. Wenn ich mich während eines 40-Minuten-Gigs öchtzig mal fragen lasse, wie sehr ich für den Metal einstehe und mich dazu noch über den Unterschied zwischen "echtem Metal" und "Trendkacke" informieren lassen muss, dann find ich das irgendwie ein bisschen, na ja, äh, ich weiß nicht ... wenigstens weiß ich jetzt, dass es nicht Metal ist, ein Gitarrenduell nicht gut zu finden. Hätt ich aber auch ohne diese essentielle Information in Ordnung gefunden. Also, im Fazit war die Musik richtig in Ordnung, wenn auch nicht gerade wegweisend, der Klischee-Overkill dafür eher überflüssig, aber das ist ja nicht so wichtig und auch völlig subjektiv.
[Rüdiger Stehle]
ARCTIC FLAME:
Nachdem bei MESSENGER - Kollege Rüdiger hat es ja bereits angesprochen - eher die Metal-Klischees im Vordergrund standen, geht es anschließend bei ARCTIC FLAME ausnahmslos um die Musik. Leider kann die Band aus New Jersey nicht komplett antreten, da es bei Gitarrist Rod Mariani wohl Probleme mit der Ausreise gab, und auch der extrem jung ausschauende Bassist ist normalerweise nicht in der Startformation. Dem Auftritt tut dies aber keinen Abbruch, denn die vier US-Amerikaner bieten eine mehr als gelungene Vorstellung. Sicherlich hätte eine zweite Gitarre nicht geschadet, aber Don Dioro schlägt sich auch so wacker, und so kommen die KEEP IT TRUE-Besucher sehr wohl auf ihre Kosten. Los geht es gleich mit 'Steel Angels', dem Opener des Debütalbums "Primeval Aggressor", gefolgt von 'Misery's Mistery' vom selben Output. Der sehr traditionelle Metal von ARCTIC FLAME, mit epischen Elementen versetzt, kommt beim Publikum sogleich hervorragend an, und auch Sänger Dave Lowe leistet seinen Beitrag mit unterhaltsamen Ansagen, so dass die Stimmung während des gesamten Auftritts bestens ist. Die Fans klatschen dann beispielsweise bei dem rhythmuslastigen Beginn des folgenden 'Spark Of Ire' begeistert mit, und die Band dankt es ihnen mit enormer Spielfreude. Man merkt sehr deutlich, dass nicht nur die Leute vor der Bühne, sondern auch die vier Männer auf der Bühne viel Spaß an diesem Gig haben. Sie spielen noch zwei weitere Songs von ihrem Album "Primeval Aggressor", nämlich 'The Leveller's Wish' und 'Green Lady Of The Hill', bevor sie mit 'Relentless' - ich hoffe, ich habe diesen Songtitel richtig verstanden - sogar einen ganz neuen Song zum Besten geben. Zum Abschluss gibt es aber noch einen - zumindest für einen Teil des Publikums - bekannten Song zu hören, denn wie schon ihr Album, so beenden ARCTIC FLAME auch ihren etwa dreiviertelstündigen Auftritt mit 'Battle Of Heaven And Hell'. Insgesamt ein sehr gelungener Auftritt einer noch jungen, aber vielversprechenden Band. Ich denke mal, dass wir dem Namen ARCTIC FLAME auch in Zukunft noch öfters begegnen werden ...
[Martin Schaich]
Setlist:
Steel Angels
Misery's Mistery
Spark Of Ire
The Leveller's Wish
Green Lady Of The Hill
Relentless
Battle Of Heaven And Hell
WARHAMMER:
Die Geisterscheider des Tages. WARHAMMER ist stumpf, brutal, primitiv und nicht wirklich tight. Stört das irgendjemanden? Ja. Tut es. Die melodischer orientierten Wahrhaftigen im Publikum sind nicht unbedingt erquickt, und die Leute, die meinen, auf einen gehobenen technischen Anspruch pochen zu müssen, sind noch weniger begeistert. Manche halten die Dampfwalze aus Doom, Death und Thrash sogar für die schlechteste KIT-Band aller Zeiten. Nun, Cicero würde sagen "suum cuique", und ich halt's mit dem alten Römer und erlaube mir, die Kriegshämmer aus dem Kohlenpott richtig gut zu finden. Eigentlich. Klar, tightes Drumming ist was anderes, aber ich verehre auch Poltergeister wie Abaddon und Fenriz, also stört mich das nicht im Geringsten. Was mir dafür sogar richtig gut gefällt, ist der ultra-tiefe, verzerrte Schrammelsound der Klampfen, der das Beste aus dem Band-Vorbild HELLHAMMER mit dem Essentiellen der ganz frühen SODOM vereinigt. Die Songs sind allesamt recht eingängig, bieten den einen oder anderen Mitgröl-Refrain, geben sich mal ur-thrashig wie etwa 'The Realm Of Torment', endzeit-doomig wie 'Hell Is Open' oder höllenhämmerig wie 'The Shape Of The Enemy'. 'Masters Of Fatalism' zaubert einen fetten Moshpit vor die Bühne, und die zwei Coverversionen am Ende sorgen wahlweise für eine ergriffene Träne im Knopfloch (das Quorthon gewidmete BATHORY-Remake 'The Return ...') oder für ein paar verschobene Nackenwirbel (SODOMs Überklassiker 'Outbreak Of Evil'). WARHAMMERs Stil ist eine Baustelle, bei der mich ein gewisses handwerkliches Defizit nicht im Geringsten stört, denn das ist Musik, die mir persönlich voll ins Blut geht. Jederzeit gerne wieder!
[Rüdiger Stehle]
Setlist:
Intro
Imposters For All Times
Hell Is Open
Infernal Tempest
Masters Of Fatalism
The Shape Of The Enemy
Inmates Of The Fire
The Cruel Transcendency
The Realm Of Torment
Shadow Of The Decapitator
The Return Of Darkness & Evil (BATHORY)
Outbreak Of Evil (SODOM)
WOLF:
Nachdem WARHAMMER für KEEP IT TRUE-Verhältnisse vielleicht eine eher etwas ungewöhnliche Band waren, kommt mit WOLF eine Combo, die zu diesem Festival passt wie der sprichwörtliche Arsch auf den Eimer. Diese Truppe hatte zwar jahrelang mit dem Ruf eines IRON MAIDEN-Klons zu kämpfen, aber zumindest in meinen Augen und vor allem Ohren konnten sie sich davon inzwischen befreien und weiß nun mit ihrem eigenen Stil zu gefallen. Natürlich sind die Einflüsse auch auf dem neuesten Werk "The Black Flame" nicht zu überhören, aber das war auch gar nicht anders zu erwarten. WOLF stehen für absolut traditionellen Metal, und diesen bieten sie auch an diesem frühen Abend. Mit "We are WOLF - let the madness begin ..." begrüßt Sänger und Gitarrist Niklas Olsson das Publikum, und mit 'Steelwinged Savage Reaper' vom bereits erwähnten aktuellen Album "The Black Flame" steigen WOLF dann in ihr Set ein. Sie lassen mit 'The Bite' gleich auch noch einen weiteren neuen Song folgen, und das Publikum ist von Beginn an begeistert. Die Leute vor der Bühne feiern die Schweden, die ja eigentlich schon beim KEEP IT TRUE V dabei sein sollten, ordentlich ab, und WOLF haben ebenfalls sichtlich Spaß. Allen voran Niklas Olsson, der immer wieder den Kontakt zum Publikum sucht - sei es während der Songs oder auch bei seinen Ansagen. Mit 'Electric Raga' folgt ein Stück vom selbstbetitelten Debütalbum, bevor mit dem "The Black Flame"-Opener 'I Will Kill Again' so richtig die Post abgeht. Danach gibt es mit 'Venom' einen etwas älteren Song (vom "Black Wings"-Album), der aber nicht weniger zum Headbangen einlädt, und dieser Einladung kommen die meisten KEEP IT TRUE-Besucher nur zu gerne nach. Mit 'Children Of The Black Flame' geben WOLF auch den Quasi-Titeltrack des aktuellen Albums zum Besten, bevor sie zum Abschluss ihres Auftritts noch drei ältere Songs spielen. So gibt es zum einen 'Black Wing Rider' vom Drittlingswerk "Evil Star" zu hören und zum anderen mit 'Genocide' noch einen weiteren "Black Wings"-Song, der dann direkt in 'Evil Star' übergeht. Damit sind die 45 Minuten, die WOLF zugestanden wurden, aber auch schon um, und die Schweden müssen die Bühne räumen. Schade, denn von WOLF in dieser Form hätte man sich schon noch den einen oder anderen Song gefallen lassen können - wirklich toller Auftritt, der Lust auf ein baldiges Wiedersehen macht!
[Martin Schaich]
Setlist:
Steelwinged Savage Reaper
The Bite
Electric Raga
I Will Kill Again
Venom
Children Of The Black Flame
Black Wing Rider
Genocide
Evil Star
ONSLAUGHT:
Die Thrasher aus Britannien waren für mich immer irgendwie sträflich unterbewertet. Von der Symbolik und der Klasse ihrer ersten beiden Scheiben her hätten sie gut und gerne so einflussreich werden können wie VENOM, BATHORY oder SLAYER. Doch nix war's. Ein Schicksal, das sie mit vielen Bands teilen. Trotzdem wagen die Veteranen noch einen Comeback-Versuch, in dessen Verlauf sie neben einigen Gigs als Support für VENOM auch das eine oder andere Kultfestival heimsuchen durften. Das Line-up hat einiges mit goldenen "The Force"-Zeiten gemeinsam, und so treffen wir auf den fränkischen Brettern heute neben Steve Grice und Nige Rocket eben auch Frontsirene Sy Keeler wieder. Komplettiert wird die Truppe von Basser James Hinder (der ab 1987 mit dabei war) und Neuzugang Alan Jordan an der zweiten Klampfe. Die Band präsentiert sich tight und gut gelaunt, reißt die Songs ziemlich eindrucksvoll runter, und auch der Sänger gibt sich keine Blöße, wenn er auch die schrillen Screams nicht mehr ganz so genial rüberbringt wie noch auf dem Kultalbum von 1986. Die Setlist ist sehr schön durchmischt. Das Debüt "Power From Hell" ist mit zwei Stücken vertreten, die Keeler-Scheibe "The Force" mit deren drei, und sogar die vielgeschmähte Grimmett-Phase kommt mit einer starken Version von 'Shellshock' zum Zuge. Besser oder schlechter als mit Steve? Wer kann das schon sagen. Jedenfalls mehr ONSLAUGHT im klassischen Sinne. Zu dem Klassiker-Sammelsurium gesellen sich drei neue Stücke, unter anderem der starke Titeltrack der bald über Candlelight erscheinenden neuen Scheibe "Killing Peace". Die fügen sich gut ein, können aber nach einmaligem Hören (natürlich) noch nicht mit den alten Hits mithalten, denen 'Metal Forces' und der finale Überflieger 'Onslaught (Power From Hell)' die Krone aufsetzen. Das Publikum nimmt's ziemlich euphorisch auf, so dass es kaum verwundert, dass es etliche Stagediver gibt. Auch die Band scheint es zu genießen, was Trommelmeister Steve Grice mit einigen T-Shirts dokumentiert, die er ans Publikum verteilt. Kurz, in dieser Form kann es für ONSLAUGHT nur heißen: Willkommen zurück!
[Rüdiger Stehle]
Setlist:
Damnation (Intro)
Let There Be Death
Angels Of Death
Destroyer Of The World
Metal Forces
Shellshock
Blowin'
Demoniac
Killing Peace
Onslaught (Power From Hell)
ROSS THE BOSS:
Zum zweiten Mal ROSS THE BOSS in Folge beim KIT. Der Gute ist für die verhinderten FLOTSAM & JETSAM eingesprungen und hat dafür einen eigenen Gig sausen lassen. Dass der Mann für den traditionellen Metal ein Gitarrengott wie kaum ein Zweiter ist, steht nicht zur Debatte, und dass die Songs in seinem Gepäck für den Großteil der Anwesenden zu den wichtigsten Hymnen ihrer Metallerlaufbahn gehören, ebenso wenig. So reiht die Band des ehemaligen MANOWAR-Klampfers auch dieses Mal einen Klassiker an den anderen und hat gegenüber dem letzten Auftritt die Setlist sogar auf sechs Positionen verändert. Neu im Programm sind dabei 'Metal Daze' und 'Fast Taker' am Anfang des Sets, 'Kings Of Metal' (umgetextet in "R.T.B. kills!", das Ross selbst in seiner MANOWAR-Zeit niemals live gespielt hatte, die Überhymne 'Blood Of My Enemies', das endlos geniale 'March For Revenge' mit seinem epischen Gänsehaut-Einschub und zu guter Letzt noch 'Blood Of The Kings' ("grandfather won't tell you a story tonight"), bevor das bekannte Rausschmiss-Doppel mit 'Hail And Kill' (mit MAJESTYs Tarek am Mikro) und 'Battle Hymn' als Zugabe den Gig abrundet. Da aber insgesamt neun Songs schon vor einem halben Jahr gespielt wurden, vermisse ich Sachen wie 'Guyana' oder 'Gates Of Valhalla' dann doch ein bisschen. Ein wenig mehr variieren könnten die Jungs ruhig noch. Nett ist aus meiner Sicht aber der Gastauftritt von Gerrit Mutz (SACRED STEEL) bei 'Secret Of Steel', samt Kniefall vor Ross, auch wenn manche meinten, dass der gute Gerrit etwas zu sehr angebiedert habe. Egal, dem darf man den Kniefall und die Euphorie gerne abnehmen. Zum Auftritt bleibt sonst noch zu sagen, dass Ross wirklich das MANOWAR-Feeling schlechthin verkörpert. So gefühlvoll spielt diese Songs keiner seiner Nachfolger. Die Begleitband präsentiert sich auch topfit, so dass musikalisch kein Makel an der RTB-Band hängen bleibt. Gesanglich sehe ich das allerdings etwas kritischer. Patrick Fuchs macht seine Sache ordentlich und ist definitiv ein guter Sänger, aber dieser Abend beweist aufs Neue, was für ein Ausnahmesänger Eric Adams eben noch immer ist. Selbst Patrick, Gerrit und Tarek zusammen schaffen es kaum, alle Facetten und Tonlagen Erics überzeugend rüber zu bringen, und das ist dann für mich im Endeffekt auch die Euphoriebremse. So lange nicht Eric Adams bei der RTB-Band singt, werde ich mich nicht dazu versteigen, diese Truppe als die besseren MANOWAR abzufeiern, was manche KIT-Gänger durchaus tun. "MANOWAR ohne Gelaber", wie es die Band selbst nennt, mag da schon eher angehen. Wie gesagt, das geht nicht gegen Patricks Fähigkeiten als Sänger, aber Eric Adams ist eben Eric Adams. Sei es, wie es wolle: Der Gig hat trotzdem riesig Spaß gemacht und ich freu mich jetzt schon aufs nächste Mal an Pfingsten in Gelsenkirchen. Dann aber bitte mit 'Guyana', sonst heul ich. ;-)
[Rüdiger Stehle]
Setlist:
Manowar
Metal Daze
Fast Taker
Gloves Of Metal
Secret Of Steel
Thor (The Powerhead)
Mountains
Kings Of Metal
Blood Of My Enemies
Kill With Power
Hail To England
March For Revenge
Blood Of The Kings
Hail And Kill
Battle Hymn
HEIR APPARENT:
Als ich gelesen habe, wer der Headliner für dieses KEEP IT TRUE sein sollte - HEIR APPARENT -, hatte ich eigentlich nur zwei Gedanken im Kopf: Zum einen "Ach, die gibt's auch noch/wieder?!", und zum anderen "Goil!". Diese Band um Gitarrist Terry Gorle hat zwar in der inzwischen über zwanzigjährigen Geschichte - die Bandgründung war bereits 1983 - nicht wirklich viele Alben veröffentlicht, aber mit dem 1986er-Output "Graceful Inheritance" immerhin Metal-Geschichte geschrieben. Diese Scheibe wurde damals überall sehr euphorisch abgefeiert, und das ganz zu recht, wie ich finde. Es folgten mit dem Zweitwerk "One Small Voice" (1989) und der Quasi-Compilation - ein paar neue Songs waren auch noch vertreten - "Triad" (1999) zwei weitere Alben, die aber, wie die meisten Scheiben der Konkurrenz auch, das hohe Niveau von "Graceful Inheritance" nicht halten konnten.
Im Jahr 2000 haben sich Terry & Co. zum letzten Mal in Deutschland blicken lassen, als sie beim Wacken Open Air aufgetreten sind, und das war auch so ziemlich das letzte Lebenszeichen der Band überhaupt. Und umso überraschender und erfreulicher war eben die Nachricht, dass sie das KEEP IT TRUE headlinen sollten. Da aber außer dem bereits angesprochenen Gitarristen Terry kein einziger Musiker vom legendären "Graceful Inheritance" mehr übrig war, durfte man schon gespannt sein, wie sich denn HEIR APPARENT im Jahr 2006 präsentieren würden. Und ich darf es vorwegnehmen: ... in absoluter Top-Form!
Nach dem obligatorischen Intro vom Band legen HEIR APPARENT mit 'The Servant' von "Graceful Inheritance" los und lassen sogleich noch einen weiteren Song von diesem Album folgen, nämlich 'Hands Of Destiny'. Mit der anschließenden Ansage begrüßt Sänger Peter Orullian (Ex-INNER RESONNANCE) zunächst das bereits weithin begeisterte Publikum und weist außerdem darauf hin, dass sie an diesem Abend Stücke von allen drei Alben spielen würden. Gesagt, getan, denn weiter geht es mit den beiden "One Small Voice"-Nummern 'Just Imagine' und 'Crossing The Border'. Die Fans vor der Bühne - zumindest jene, die mit dem Material von HEIR APPARENT vertraut sind - nehmen auch diese Stücke äußerst wohlwollend auf, und so ist Peters Frage, ob sie denn Lust zum Mitsingen hätten, nur rhetorischer Natur. Beim folgenden 'Tear Down The Wall' singt das Publikum dann recht lautstark mit, und das gefällt natürlich auch den Musikern auf der Bühne. Vor allem Terry sieht man die Freude deutlich an, aber auch Peter hat sichtlich Spaß an diesem Auftritt. Die anderen drei Mitstreiter halten sich allgemein eher im Hintergrund, können musikalisch aber sehr wohl überzeugen. Überhaupt bin ich von der Vorstellung der Band mehr als angetan, und insbesondere Peters Leistung an diesem Abend gefällt mir hervorragend - sowohl vom Gesang als auch vom Kontakt zum Publikum her, den er immer wieder sucht. (Ja, ich weiß, liebe Obernörgler, er hat nicht "Graceful Inheritance" eingesungen, aber es war trotzdem gut! ;-)) Weiter im Programm geht es dann mit 'The Haunting' und 'Questions', beide vom 1999er-Werk "Triad", bevor Peter ein kleines Quiz veranstaltet. Er möchte nämlich wissen, welches denn die einzige Cover-Version wäre, die es von HEIR APPARENT gäbe, und die Antwort ist auch ziemlich schnell gefunden. Eben diesen Song, 'The Sound Of Silence', gibt es anschließend zu hören, gefolgt von 'Young Forever' und dem Instrumental 'R.I.P.'. Danach müssen sich die Musiker erst einmal beratschlagen - zumindest erwecken sie diesen Eindruck -, ehe es mit 'Cry For Rome' und dem großartigen 'Another Candle' weitergeht. Danach lässt sich Peter ein wenig über die Klischees aus, die es in den USA über die Deutschen gibt, insbesondere darüber, dass die Deutschen ja sooo viel Bier trinken würden (Ach?). Dieses Thema ist aber relativ schnell wieder abgehakt, und so kann es wieder um das wirklich Wichtige gehen, nämlich die Musik. HEIR APPARENT geben den Titelsong ihres zweiten Albums zum Besten, 'One Small Voice' und kommen anschließend mit 'Dragon's Lair' auch schon zum Ende ihres Auftritts. Dass es das aber natürlich noch nicht ganz gewesen sein kann, ist der Band sicherlich genauso klar wie dem Publikum, und so kommen Peter, Terry & Co. noch einmal zurück auf die Bühne. Mit 'Keeper Of The Reign', das auch diesem KEEP IT TRUE das Motto gegeben hat, spielen sie meinen absoluten HEIR APPARENT-Lieblingssong und lassen dann auch noch 'Decorated' sowie das grandiose 'The Fifth Season' folgen. Dass war es dann aber endgültig, und zumindest für mich geht ein absolut überragender Auftritt zu Ende - neben MANILLA ROAD, TYRANT'S REIGN und DEADLY BLESSING vielleicht sogar die beeindruckendste Darbietung bei einem KEEP IT TRUE. Ganz große Klasse.
[Martin Schaich]
Setlist:
The Servant
Hands Of Destiny
Just Imagine
Crossing The Border
Tear Down The Walls
The Haunting
Questions
The Sound Of Silence
Young Forever
R.I.P.
Cry For Rome
Another Candle
One Small Voice
Dragon's Lair
---
Keeper Of The Reign
Decorated
The Fifth Season
- Redakteur:
- Martin Schaich