Kill-Town Death Fest 2013 - Kopenhagen (DK)

20.11.2013 | 20:39

29.08.2013, Ungdomshuset

Ein viertägiges Underground-Festival für Death Metal in Kopenhagen mit Acts wie EXHUMED, DEATH STRIKE oder auch den ENTRAILS ist eine Reise in das Land der Wikinger durchaus wert.

Den Opener am dritten Tag geben die deutschen Todesmetaller OBSCURE INFINITY, die bereits im Vorfeld angekündigt hatten, dass dieser Gig ihr vorerst letzter Auftritt sein wird. Ein Grund mehr sich die Westerwälder anzuschauen und viele Zuschauer bevölkern bereits zu Beginn der Darbietung den Konzertsaal. Sichtlich gut gelaunt beginnt die teutonische Truppe und wie immer huscht der agile Fronter mit dem Bart aufgedreht über die Bühne. Aber auch die übrigen Mitglieder bangen und zeigen deutlich wie gut sie heute aufgelegt sind.

Das Songmaterial der Setlist wurde diesmal um ein paar neue Songs wie  'Joyless Flesh' oder dem Single-Beitrag von der anstehenden Split mit WOUND ('Perdition Destiny') ergänzt. Nichtsdestotrotz sind auch ältere Songs wie 'The Morbid Ways Of God' oder 'Sacrifical Ritual' immer wieder ein guter Grund, um die Birne kreisen zu lassen. Mein persönliches Highlight ist aber wie so oft das wunderschöne 'Sign Of The Nightsky' von der gemeinsamen Split-EP mit PROFANAL. Dieser Titel ist ein Höhepunkt, vor allem weil Gitarrist Stefan hier eines der besten Soli abfeuert, das der Death Metal insgesamt zu bieten hat. Dieser Part reißt Sänger Jules sogar dazu hin, sich in den Publikumsraum zu begeben und selbst mit den Zuschauern steil zu gehen. Leider findet der Gig wie immer mit 'Maniac Destroyer' ein viel zu frühes Ende und macht den einen oder anderen etwas wehmütig in Anbetracht der Tatsache, dass man die Rheinland-Pfälzer so schnell nicht mehr live erleben wird. Das macht diesen Gig allerdings umso denkwürdiger.

KATECHON sind als nächstes dran und geben ab Sekunde eins Vollgas. Die Frontglatze ist da besonders hervorzuheben, da der hyperaktive Sänger den Schädel schwingt und herumwirbelt, als gebe es kein Morgen mehr. Da ist es kein Wunder, dass er bereits innerhalb der ersten paar Songs sein Shirt fallen lässt und oberkörperfrei weiterkeift. Musikalisch bewegt sich das Ganze in einem Spannungsfeld aus Death und Black Metal, wobei der Fokus leicht auf letzterem Genre liegt. Authentizität scheint der Gruppe im Übrigen auch sehr wichtig zu sein. Denn ihre 'Liquid Decadence' wird durch den exzessiven Verbrauch von Schnapps und Wein auf der Bühne auffallend bestätigt. Gut runter gehen bisweilen auch die rockigen Einschläge, die für meinen Geschmack häufiger vorkommen dürften. Denn es schleichen sich zu häufig Längen ein, die den Hörgenuss etwas dämpfen. Dennoch haben sie mit 'Man, God, Giant' und dem abschließenden 'Beautiful Desolation' ein paar gute Songs im Repertoire, die den Auftritt dennoch rund werden lassen, auch wenn der entscheidende Punch gefehlt hat.

Eine türkische Death-Metal-Band sieht man auch nicht alle Tage, auch wenn die Metal-Szene in Vorderasien inzwischen ziemlich aktiv ist. Bisher kannte ich im Todesblei-Sektor aus dem Land des  Halbmondes nur die inzwischen aufgelösten BURIAL INVOCATION. Und wie es der Zufall will, besteht die Band, die nun kommt, aus zwei Ex-Mitgliedern der zu Grabe getragenen Truppe. ENGULFED spielt wie auch bereits BURIAL INVOCATION einen ultra-schweren Death Metal. Teilweise hat ihr Schwedentod Anleihen aus Black Metal und teilweise tendiert er ganz stark in die Richtung Doom Metal. Das ist eigentlich auch gar keine schlechte Mischung und das Material von der bisher einzigen EP "Through The Eternal Damnation" weist ein gewisses Potenzial auf (vor allem die Gitarrensoli lassen teilweise aufhorchen). Dennoch kann ich mir auf Dauer nicht helfen, das Trio reißt insgesamt einfach nicht mit. Zu statisch, zu monoton ist die Darbietung der drei Männer aus Istanbul. Es mag zwar zur atmosphärischen Darbietung gehören, eine gewisse Mystik um die eigene Band aufzubauen. Allerdings reicht es nicht einfach wie angewurzelt rumzustehen, die Klappe zu halten und sein Set unter viel Nebel-Einsatz herunter zu zocken. Damit lockt man heute niemanden mehr hinter dem Ofen hervor.
[Adrian Wagner]

Einen echten Newcomer gibt es aus Finnland zu vermelden. LANTERN haben nämlich dieses Jahr über das renommierte amerikanische Label Dark Descent Records mit "Below" ihr erstes vollwertiges Album abgeliefert und dafür zurecht eine Menge Anerkennung erfahren. Der von der Geschwindigkeit her eher gemäßigte, stampfende Death Metal erinnert in der Melodieführung und Gitarren immer wieder an finnische Klassiker wie MORDICUS, DEMIGOD und AMORPHIS, hat aber durch das runtergeschraubte Tempo stets eine völlig eigene Note. Am Auftritt an sich gibt es wenig auszusetzen, zwar sind LANTERN eine der statischeren Bands des Festivals, aber das macht bei der dargebrachten Musik nicht sonderlich viel aus, und da man für die Auftritte auf Live-Musiker zurückgreift, ist es auch nicht unverständlich, dass man stellenweise ein wenig aneinander vorbeispielt. Insgesamt aber ein durchaus guter Auftritt, von dem ich mir zwar etwas mehr erhofft habe, aber auch wenig dran auszusetzen habe (ja was denn nun? FJ). Eine kleine Tour in Deutschland wäre aber mehr als angebracht.

Den vielleicht energiegeladensten Auftritt des Wochenendes liefern ausgerechnet die alten Recken von PENTACLE ab. Die Niederländer, die nun auch schon seit Anfang der Neunziger ihr Unwesen treiben, entpuppen sich dabei auch als ausgemachte Publikumslieblinge, da bei eigentlich keiner anderen Band die Reaktionen so euphorisch sind wie bei den sympathischen Holländern, die sich sogar verletzt aufraffen, um ihre Fans nicht zu enttäuschen. Man hat dieses Jahr auch zum ersten Mal seit acht Jahren wieder neues Material am Start, das muss natürlich auch präsentiert werden. So werfen die Herren alles in die Waagschale und entfachen mit ihrem beachtlichen Repertoire an Hits ein echtes Feuerwerk. Auch ist kaum einer anderen Band die Spielfreude derart anzumerken wie den schon etwas in die Jahre gekommenen Holländern, was wohl im Endeffekt auch das Herausragendste ihres Auftritts ist. Sicherlich ist das Songmaterial gut bis sehr gut, aber im Vergleich zur enorm starken Konkurrenz kann man sich damit nicht wirklich abheben - was eher für das Billing als gegen die Band spricht. Alles in allem liefern PENTACLE einen richtig guten Gig ab.

Mit BLASPHERIAN aus den Staaten gibt es nun satanischen Death Metal und auch eines der optischen Highlights des Wochenendes, ähnlich viele Nieten trauen sich sonst nur NIFELHEIM anzuziehen. Aber auch musikalisch ist der Auftritt nicht von schlechten Eltern, finsterer Death Metal amerikanischer Prägung sorgt zusammen mit dem Auftritt und der Beleuchtung für einen der finstersten und bedrückensten Auftritte des ganzen Festivals und eine Atmosphäre wird erschaffen, die auch hervorragend auf den Gloomy Sunday gepasst hätte, den Festivalabschluss im Zeichen des Doom. Am meisten dazu bei trägt sicherlich der bestialisch tiefe und gurgelnde Gesang, der zwar alles in allem nicht ganz so mein Fall, aber nichtsdestotrotz mehr als gut gemacht ist. Leider hat die Band meines Erachtens nach eine der schlechtesten Abmischungen des Festivals kassiert, da die Gitarren stellenweise sehr dumpf und zu leise klingen. Schade, ist der Sound doch sonst meist mehr als gelungen. Auf jeden Fall ist der Auftritt für einige eines der Highlights des Festivals, da sich in den Gesprächen im Laufe des Tages stellenweise vor Lob überschlagen wurde. Dem kann ich mich nicht ganz anschließen, was aber wohl mehr an persönlichen Präferenzen denn an der Qualität des Auftritts liegt, denn der war von leichten Soundprobleme abgesehen in der Tat sehr stark.

Nach BLASPHERIAN nun wieder ein kompletter Umschwung, nicht nur klamottentechnisch. TRIBULATION aus Schweden haben dieses Jahr mit ihrem neuen Album nämlich für eine kleine Überraschung gesorgt. War das Debüt "The Horror" noch relativ straighter Deaththrash mit leichten Black Metal-Einflüssen, geht man auf "The Formulas Of Death" einen deutlich anderen Weg. Man bewegt sich sehr deutlich in Richtung 70er-Rock, gibt sich viel progressiver und verspielter und kann damit auf ganzer Linie  überzeugen. Dementsprechend gespannt bin ich dann auch, die Herren zum ersten Mal live zu sehen, habe ich doch auch über ihre Live-Qualitäten bisher nur Gutes gehört. Was dann allerdings folgt, kann wohl guten Gewissens als die größte Enttäuschung des Festivals bezeichnet werden. Über das eher langweilige und ein bisschen depperte Outfit kann man ja noch problemlos hinwegsehen, über die viel zu übertriebende Benutzung von Rauch und Nebel allerdings schon nicht mehr, die ersten Reihen waren kaum noch bewohnbar, wenn man etwas sehen oder nicht die ganze Zeit husten wollte. Aber auch von oben ist die Show nicht viel interessanter, gelangweiltes Stageacting, durchschnittliche Bühnenperformance, alles deutlich schwächer als ich es mir erhofft habe. Die Menge scheint es aber nicht zu stören, schließlich ist es ziemlich voll, wenngleich auch einige andere eher enttäuscht reagieren angesichts der lahmen Show der Schweden. Zwar hat die Songauswahl durchaus gestimmt mit einem vernünftigen Mix aus alten und neuen Sachen, aber auch das kann über den schwachen Auftritt nicht hinwegtrösten. Schade.
[Florian Reuter]

Mit EXHUMED kommt der Krieg in die Halle, denn kaum legen die Amis los, bricht die Mosh-Hölle los. Das erste Drittel der Spielstätte ist kein guter Ort für jeden, der die Band lediglich anschauen will. Man wird von Crowdsurfern mitgeschleift oder fängt sich gleich eine (wie der Autor dieser Zeilen zum Beispiel). Zugegeben die Kalifornier sind eine Hausnummer und nehmen zu Recht den besten Slots des Festivals ein. Besonders der noch junge Basser Bob entpuppt sich als wahres Energiebündel und als wahrer Sympathieträger (jeden, den er auf den Festival trifft, grüßt er und trägt stets ein Dauergrinsen spazieren). Allerdings ist die gesamte Truppe sehr agil und sorgt mit so genialen Liedern wie 'Necromaniac ', 'Forged In Fire' oder 'Slaughtercult' für eine beeindruckende Stimmung. Scheinbar ist fast jeder auf diesem Festival in erster Linie wegen der Death und Grind Institution nach Kopenhagen gereist. Das bemerken auch die Amerikaner und loben tüchtig die Atmosphäre und das Festival an sich. Da versteht es sich natürlich von selbst, dass das Publikum der Forderung nach einer Wall Of Death nachkommt, und es wird danach mit dem Klassiker 'The Matter Of Splatter ' belohnt, den so ziemlich jeder Death-Metaller feiert. Man ist hier echt versucht von einem Headliner zu sprechen, auch wenn es offiziell so etwas auf dem Kill Town gar nicht gibt. Trotzdem ist wohl für die Mehrheit der Besucher dieser Auftritt das alles überstrahlende Highlight bei dieser Veranstaltung. So viel Begeisterung aus einem bisher eher statischen Auditorium herauszuholen, spricht für die Klasse von EXHUMED und trennt eindeutig die Spreu vom Weizen.
[Adrian Wagner]

Redakteur:
Adrian Wagner

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