MADRUGADA - Glauchau

14.06.2023 | 10:47

09.06.2023, Gründelpark

Leider Merchandise-los, aber dafür umso emotionaler.

Als 2018 die Nachricht umging, dass sich die norwegische Band MADRUGADA wieder unter den Lebenden befindet, da war die Euphorie bei den Fans sehr groß. Die "Industrial Silence Tour" 2019 ist damals ziemlich schnell ausverkauft gewesen und war für die Anhänger wie Balsam für die geschundene MADRUGADA-Seele. Im Herbst 2022 erschien das Album "Chimes At Midnight", doch erst relativ spät danach gab es Nachrichten über neue Konzerte. Das alles zieht an diesem lauen Sommerabend eine bunte Schar an Besuchern in den Gründelpark nach Glauchau, gepaart mit einem sehr weiten Altersspektrum. Bei vielen kommt zudem noch die Nostalgie für das "Woodstage"-Festival dazu, welches ab Mitte der Neunziger Jahre an diesem Ort stattfand. Auch die Band hat 2002 bei diesem Festival schon einmal gespielt. Die Vorzeichen auf einen tollen Konzertabend stehen also mehr als gut.

NO KING. NO CROWN.Bei bestem Open-Air-Wetter geht es also nach Glauchau. Gegen 20:00 Uhr eröffnet die Dresdner Indie-Band NO KING. NO CROWN. den Konzertabend. Ein vorheriger Besuch am Merch-Stand bietet allerlei Dinge dieser Band und man kann dort drei Musiker auf dem Cover erkennen. Musiker René Ahlig steht jedoch alleine auf der Bühne. Das Geheimnis darüber wird im Laufe des Auftrittes gelüftet. Die Anfrage für den Auftritt kam erst am Donnerstag und die anderen beiden Mitstreiter haben es zeitlich einfach nicht mehr geschafft. So hat er einfach alles an Instrumenten eingepackt, was er so gedacht hat und sich kurz vor dem Gig überlegt, was er denn so aus seinem Repertoire zum Besten gibt. Trotz dieser Umstände liefert er ein gutes Programm ab, ohne dass es zu improvisiert wirkt. Im Gegenteil, er ist voll und ganz in seinem Element und kann nach und nach die Besucher vor der Bühne begeistern, die es ihm mit ordentlichem Applaus danken. Am Ende seines Auftrittes gibt er noch den Hinweis, dass die Norweger überhaupt keine Merchandise-Artikel dabei haben und er somit die gesamte Verkaufsfläche für sich allein in Beschlag nehmen kann. Dazu startet er glatt noch eine kleine Verkaufsshow und präsentiert dem Publikum seine Utensilien. Freude und Leid liegen an diesem Abend also nah beieinander.

MADRUGADAOb er damit Erfolg hat, das ist leider nicht bekannt, denn der Fokus liegt später auf MADRUGADA, deren Auftritt gegen 21:00 Uhr beginnt. Gestartet wird quasi mit einem Oldie. 'Salt' vom Debütalbum ist zwar ein starker, aber auch schwieriger Song. So hält sich die Euphorie am Ende beim Publikum in Grenzen. Doch davon lassen sich die Norweger nicht beirren und warten mit 'Belladonna' auf. Das ist genauso alt, aber ein wenig gefälliger. So langsam kommt damit das Publikum in Schwung und Tanzlaune. Auf der Bühne dauert es durchaus noch einen Moment, denn die Performance wirkt anfänglich noch ein wenig starr. Die Herrschaften müssen sich quasi erst noch richtig warm spielen. Das ist dann später nach ein paar Liedern erfolgreich geglückt und die MADRUGADA-Welt ist wieder völlig intakt. Routiniert und souverän wird sich durch das Set gezockt, was aber gar nicht negativ gemeint ist. Im Gegenteil: Jeder Musiker ist in seiner eigenen Welt versunken und liefert eine Glanzleistung ab. Sänger Sivert Høyem lebt jeden Song auf seine Weise. Zu 'Strange Colour Blue' wird es auf der Bühne dunkel und er holt einen großen, weißen Strahler heraus, um damit ins Publikum zu leuchten. Das ist davon ganz entzückt und feiert die Band. Ab und an greift Sivert Høyem zum Tamburin und unterstreicht damit das betreffende Lied mit einer besonderen Note. Im Anschluss erklingen die ersten beiden Songs vom aktuellen Album, die im Zuschauerraum sehr gut aufgenommen werden. Logischerweise ist die Stimmung bei 'Norwegian Hammerworks Corp.' wesentlich ausgelassener, schließlich schmeißt sich der Sänger in sein Glitzer-Jackett und strahlt wie eine Diskokugel. Das tat er übrigens auch schon 2019 in Leipzig.

MADRUGADASo langsam neigt sich das Konzert seinem Ende entgegen und als sich die Band nach 'Majesty' von den Fans verabschieden will, lassen diese sie selbstverständlich noch nicht gehen. Eine Zugabe ist natürlich noch drin, und schließlich werden auf der Bühne noch einmal die Mikrofonständer in Position gerückt. Unter großem Jubel kehren die Norweger auf die Bühne im Gründelpark zurück und servieren zwei weitere, neue Songs. 'Stabat Matar' aber auch 'Dreams At Midnight' verzücken die Besucher und passen sehr gut in das heutige Set. Bevor später 'A Deadend Mind' erklingt, erklärt der Sänger, dass die Band diesen Song seit rund 15 Jahren nicht mehr gespielt hat. Kurioserweise war er damals in Deutschland sehr erfolgreich, in der Heimat aber überhaupt nicht. Die Entscheidung diesen Track zu präsentieren ist wohl recht spontan getroffen worden, denn er wurde mit Hand zur Setlist hinzu gefügt. Die Begeisterung ist nun jedem buchstäblich ins Gesicht geschrieben. Die Idee, den Song kurzfristig noch in das heutige Set aufzunehmen, war eine sehr gute! Dementsprechend enthusiastisch ist die Menge, die noch einmal alles gibt, bevor zum finalen Rundumschlag in Form von 'Black Mambo' und 'Valley Of Deception' ausgeholt wird. Ausgelassen wird getanzt und gefeiert, ehe die letzten Töne verklingen.

MADRUGADAEine sichtlich zufriedene Band verabschiedet sich langsam von ihren Fans. Nachdem die Instrumente beiseitegelegt worden sind, verweilen die Musiker gemeinsam noch eine Weile auf der Bühne, um den Moment zu genießen. Das ist nach dem Auftritt auch legitim. MADRUGADA hat, wie bereits 2019 schon, eindrucksvoll bewiesen, dass die Livequalitäten der Band noch immer sehr gut überzeugen können. Die Gäste des heutigen Abends sehen das genauso und bedanken sich mit viel Applaus bei den Norwegern, die hoffentlich bald wieder Station in der Nähe machen.

Setliste: Salt; Belladonna; Vocal; Hands Up - I Love You; Electric; Strange Colour Blue; Help Yourself To Me; Nobody Loves You Like I Do; Look Away Lucifer; Norwegian Hammerworks Corp.; The Kids Are On High Street; Majesty
Zugabe: Stabat Matar; Dreams At Midnight; What`s On Your Mind?; A Deadend Mind; Black Mambo; Valley Of Deception

Redakteur:
Swen Reuter
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