METALFEST LORELEY 2013 - St. Goarshausen
22.08.2013 | 22:3420.06.2013, Amphitheater
Zum zweiten Mal öffnet das Metalfest Loreley seine Pforten.
Am vierten Juniwochenende hat sich die Metalgemeinde zum METALFEST 2013 auf der Loreley versammelt. Das Festival beginnt im Gegensatz zum vergangenen Jahr an einem Werktag, sodass der Anreisetag sich für die meisten etwas gemütlicher gestaltet. Abgesehen von der Übung, sich mittags um 12 Uhr aus der Umklammerung des Bürostuhles zu befreien, um rechtzeitig auf dem Rheinfelsen einzutreffen, verläuft der Eröffnungstag ziemlich entspannt. Die beim letzten Mal so mühsam zu bewältigende Bändchen-Ausgabe ist zum Glück besser organisiert worden, sodass man sich flott ein Plätzchen auf dem Festivalgelände sichern kann.
Auch der Umstand, dass das METALFEST 2013 auf eine Zeltbühne verzichtet hat, erweist sich nicht als Nachteil. So bleibt die Entscheidungsfindung, welche von zwei konkurrierenden Bands man sich anschaut, erspart. Einzig die Umbaupausen, mit zum Teil sich unerquicklich in die Länge ziehendem Soundcheck, sollen sich später noch zum Ärgernis entwickeln. Die POWERMETAL.de-Redaktion ist mit fünf Headbangern vertreten, die die folgenden Eindrücke vom METALFEST mitgenommen haben.
Nach einer etwas verkorksten Anfahrt, der Parkplatzsuche und dem Zeltaufbau kommt man gerade noch rechtzeitig, um die zweite Hälfte des Gigs der jungen Schwaben von KISSIN DYNAMITE anzuschauen. Der ungünstige Slot, am Donnerstag den Opener zu geben, sowie das miese Wetter sorgen zwar dafür, dass das Amphitheater nicht allzu sehr gefüllt ist. Aber die Anwesenden haben durchaus Spaß mit dem Mix aus Sleaze, Glam und Heavy Metal, den die Jungspunde gekonnt und auch schon etwas routiniert darbieten. Getrübt wird die Stimmung zwar etwas durch sich wiederholende Ausfälle im Sound, aber der durch 'Money, Sex & Power' abgeschlossene Auftritt ist ein stimmungsvoller Auftakt für das Metalfest 2013.
Was dann als nächstes folgt, ist allerdings eine bodenlose Frechheit. Die Mittelalter-Barden von FEUERSCHWANZ treten auf die Bühne, das Wetter wird besser, aber die Musik ist nur zum Fremdschämen zu gebrauchen. Die Band bietet eine Mischung aus mittelaltererlicher Folklore, Schlager und hochnotpeinlichen Texten, dass man nur darauf wartet, dass Markus Becker aus einer Torte springt und man zusammen das rote Pferd zum besten gibt. So bekommt man einen Auftritt zu sehen, den man eher auf Mallorca erwartet. Nach nur schwer auszuhaltenden vier Songs begibt sich der Redakteur dann auch alsbald in den Biergarten, in der Hoffnung auf baldige Besserung. Kaum nachvollziehen, dass derartiges so gut beim Publikum ankommt.
Der sich daran anschliessende Auftritt von WITCHCRAFT kann mich allerdings recht schnell mit dem Billing versöhnen. Die Band bedient sich in Sound, Riffs und Gesang zwar häufig bei BLACK SABBATH, aber im Gegensatz zu den Kollegen von ORCHID geht die Band doch mit einer gehörigen Portion Eigenständigkeit zu Werke, sodass es zu keiner Sekunde zu bloßem Kopismus verkommt. Bei mittlerweile richtig gutem Wetter kann man somit auch endlich mal die tolle Location des Amphitheaters genießen und entspannt auf den Stufen sitzend der Musik lauschen. Die Band profitiert auch vom bisher besten Sound des Tages, alle Instrumente kommen klar und deutlich zur Geltung, warm und organisch passend zum Stil der Band. So vergeht die Dreiviertelstunde Spielzeit der Band dann auch wie im Fluge und man kann sich über das erste richtige Highlight des Tages freuen.
[Florian Reuter]
Man kann sagen was man will über EQUILIBRIUM, aber live zieht die Band die Massen in ihren Bann. Obwohl sie bereits als Vierte relativ früh auf die Bühne muss, zieht sie haufenweise Zuschauer in das Amphitheater und füllt bei inzwischen gutem Wetter die Ränge. Sänger Robse heizt das Publikum zusätzlich an und zeigt, wieviel Power in seinem Organ steckt. Soundtechnisch ist der epische Metal der Bayern immer so eine Sache. Denn live ist das Keyboard beziehungsweise die vom Band eingespielten Parts entweder kaum zu hören oder schlichtweg zu laut. Heute ist letzteres der Fall. Gitarre und Bass schaffen es kaum, sich durchzusetzen, und man hat das Gefühl, dass Songs wie 'Der Ewige Sieg' nur aus Schlagzeug, Gesang und eben viel Synthetik bestehen. Die Saitenfraktion sieht da nur aus wie ein Haufen Luftgitarristen. Der Stimmung schadet das aber kaum, vielleicht auch weil es einfach die Keyboard-Parts sind, die den Songs ihren Charakter und Wiedererkennungswert verleihen. Lieder wie 'Mana', 'Unter Der Eiche' und vor allem der Hit 'Met' vom Debüt-Album werden überschwänglich zelebriert, bevor mit 'Unbesiegt' das Set beschlossen wird und viele abgekämpfte Wikinger erst einmal ein Bier zwecks Erfrischung einfahren. Übrigens, wer sich gewundert haben sollte, welchen fremden Song die Viking-Metaller da angestimmt haben, der keine Eigenkomposition war: Das war die Eröffnungshymne aus dem Erfolgs-Game Skyrim.
Danach wird es eine Spur härter. Chris Barnes und seine Kult-Truppe SIX FEET UNDER kommen auf die Bühne und spielen einen in meinen Augen erschreckend kraftlosen Gig runter, der ein Set umfasst, das zwar bei den Die-Hard-Fans keine Wünsche offen lässt, aber mich außer bei 'Revenge Of The Zombie' oder 'The Day The Dead Walked' eher kalt lässt. Ich betone hier besonders nachdrücklich, dass es sich nur um meine Meinung handelt. Denn die Stimmung ist super und die Birnen fliegen nur so umher und das, obwohl auf der Bühne recht wenig Bewegung stattfindet. Der wandelnde Haarschopf wirkt heute etwas müde und versucht sich zwar auch am Headbangen, aber hält sich vornehmlich an seinem Mikrofon fest. Auch der Rest der Truppe wirkt eher statisch und konzentriert sich vor allem aufs musizieren (was ja nicht immer das Schlechteste sein muss), was übrigens reibungslos und fehlerfrei funktioniert. Ebenso sitzen auch die Growls von Barnes, auch wenn sie heutzutage eher solide routiniert klingen und nicht mehr die fiese, dreckige Energie versprühen, die der Ami in jüngeren Jahren noch inne hatte. Immerhin das Corpse-Cover 'Hammer Smashed Face' versöhnt mich am Ende wieder mit dem Auftritt, der mich ehrlich gesagt großteils äußerst gelangweilt hat. Aber gerade weil ich der einzige zu sein scheine, der etwas enttäuscht ist von der Todesblei-Legende, muss ich dennoch zugeben, dass zumindest die Loreley im Sturm genommen wurde.
Ebenfalls als wenig überzeugend empfinde ich die Darbietung der Engländer von PARADISE LOST. Deren Auftritt ist nämlich einschläfernd und wenig mitreißend. Nicht nur, dass Fronter Nick Holmes mal wieder beim Frisör war, auch seine Stimme ist heute auf der Bühne keine Offenbarung. Ebenfalls wenig atemberaubend ist die Setlist der Briten. Obwohl die sich über mehr als zwei Dekaden erstreckende Bandgeschichte so viele starke und begeisternde Titel hervorgebracht hat, wird eine Schlaftablette nach der anderen angestimmt. Ich weiß natürlich, dass PARADISE LOST keinen Speed Metal spielt, aber im Vergleich zur letzten DVD, auf der man einen Auftritt serviert bekommt, bei dem das Feuer und die Spielfreude lebendig sind, passiert hier heute nichts Weltbewegendes. 'As I Die', 'Honesty In Death' oder 'Faith Divides Us - Death Unites Us' sind eigentlich keine schlechten Lieder, aber so geballt auf einer Open Air Bühne bei Tageslicht wirken sie etwas deplatziert und machen den Gig ziemlich eintönig. Ich erwarte ja gar nicht, dass die alten Todesstahl-Tracks der Anfangstage ausgepackt werden (obwohl das natürlich ein Traum wäre), aber ein paar schnellere Nummern, die ja auch auf den letzten Alben immer mal wieder auftauchen ('Rise Of Denial' um nur einen zu nennen), wären sicherlich nicht verkehrt gewesen. Bei einem nächtlichen Auftritt in einem intimen Club wäre die heutige Songauswahl sicher anders zu bewerten gewesen, aber selbst dann hätte immer noch die etwas lustlose Darbietung der alten Herren aus dem Vereinigten Königreich einen faden Beigeschmack gehabt. Das hätte man in jedem Fall besser machen können.
Zum Glück gibt es nach zwei Vorstellungen, die mich doch etwas enttäuscht haben, noch Licht am Ende des Tunnels. Denn auf ICED EARTH kann man sich verlassen. Auf diese Gruppe kann sich vom Power-Metaller bis zum Schwarzheimer fast jeder einigen. Dass der Posten am Mikro inzwischen nicht mehr von Matt Barlow übernommen wird, sondern mit Stu Block besetzt wurde, sollte inzwischen auch niemanden mehr stören. Denn der relativ junge Vokalist füllt die Rolle des Frontmanns exzellent aus und ist sowohl von der Bühnenpräsenz (die Fans fressen ihm nur so aus der Hand) und der Gesangsleistung her ein gleichwertiges Mitglied dieser Schwermetall-Legende. Das sehen auch fast alle Anwesenden so und zeigen mit hochgestemmten Fäusten und grölenden Kehlen, wie viel Spaß sie heute haben. Fast erinnert das Ganze an BLIND GUARDIAN und den Auftritt ein Jahr zuvor an der Loreley, als das Publikum mit der Band zusammen steil ging. Bei Jon Schaffers Kapelle muss man aber auch einfach gut drauf sein, wenn so unsterbliche Melodien wie die der Opener 'Dystopia', des Klassikers 'I Died For You' oder der Abrissbirne 'Burning Times' erklingen. So etwas findet man eben nicht an jeder Ecke und an selbiger spielt ICED EARTH ja auch nicht. Menschlich mag man von Schaffer halten was man will, aber als Band-Mastermind ist er über alle Zweifel erhaben. Wenn eine emotionale Power-Ballade wie 'Watching Over Me' angestimmt wird, kann man einfach nicht anders als mit allem was die Lunge hergibt mitzusingen. Wer noch weitere Fragen hat, sei an die Bandhymne 'Iced Earth' verwiesen, die endgültig klar gemacht haben dürfte, wer heute der eigentliche musikalische Höhepunkt der Besucher ist und das, obwohl die Sonne noch nicht mal untergangen ist. Dieser Gig hat einfach nur Spaß gemacht und die Amerikaner hätten mindestens die Co-Headliner-Position verdient. Sei's drum, diese Band kann auch um elf Uhr morgens auftreten und würde trotzdem alles an die Wand spielen.
Auch die unverwüstliche DORO darf auf dem METALFEST 2013 nicht fehlen. Jüngst erst wurde die Rocklady in London mit dem "Metal Hammer Golden Award" in den Stand einer lebenden Legende erhoben. Und nun steht diese auf der Freilichtbühne der Loreley und freut sich wie immer, mit ihren tollen Fans abzufeiern. Die Bühne ist mit einem Banner geschmückt, dass DOROs Antlitz in jungen Jahren mit weichgezeichneten Gesichtszügen zeigt. Ganz so sieht die Lady heute nicht mehr aus, aber der Opener 'I Rule The Ruins' knallt noch wie eh und je.
DORO bietet eine bunte Auswahl Songs aus ihrer langen Karriere. Mit 'Burning The Witches' und 'Metal Racer' knüpft sie an alte WARLOCK-Tage an, präsentiert aber mit 'Raise Your Fist In the Air' und 'Rock Till Death' auch Hits von ihrer aktuellen Scheibe. Und dass DORO bis zum bitteren Ende rocken will, das nimmt man ihr wohl auch an diesem wunderschönen Abend auf der Loreley ab: "Habt Ihr Spaß?" fragt sie und versichert, dass sie immer weitermachen will und keine Abschiedstourneen plant. Dafür wäre es ja auch tatsächlich noch ein bisschen früh. Nie zu früh ist es hingegen für DOROs pathetische Vorlieben. Mit 'Für Immer' und 'All We Are' animiert sie die Fans erneut zum Mitsingen der eingängigen Refrains. Das funktioniert gut, wenn die schwülstigen Texte mich auch zuweilen erschauern lassen. Nach 35 Minuten scheint die Show mit diesem emotionalen Höhepunkt überraschenderweise schon vorbei zu sein. Das knappe Zeitbudget ist – nicht allein bei DORO – den Soundcheck-bedingten Verzögerungen des Festivals zu verdanken. Aber die Legende kommt noch einmal zurück und bringt die Fans mit dem 'Earthshaker Rock' erneut in Wallung, bevor sie sich sodann mit einer Reminiszenz an JUDAS PRIEST und dem Klassiker 'Breaking The Law' endgültig verabschiedet.
Für viele Besucher, vor allem die älteren Semesters, aber auch für mich, sind nicht CHILDREN OF BODOM der Headliner des Freitags, sondern die US-amerikanischen Thrash-Metal-Legende TESTAMENT. Der Auftritt beginnt aber direkt mit einem großen Ärgernis, nämlich einem absolut übertrieben und unnötig langen Soundcheck, der zu einigem Unmut in der Menge führte. Als es dann aber endlich losgeht, ist der schnell wieder verflogen, denn TESTAMENT legt einen wirklich starken Auftritt hin. Und zumindest führt der lange Soundcheck auch zu wirklich gutem Sound. An der Setlist gibt es es wenig auszusetzen, neue Granaten wie 'True American Hate' stehen gleichberechtigt neben Klassikern wie 'Practice What You Preach' oder 'Into The Pit', und so ergibt sich trotz mangelnden Platzes fast so etwas wie ein Moshpit. Leider setzt mit zunehmender Spieldauer auch wieder der altbekannte Regen ein, sodass sich in der letzten halben Stunde des Auftritts das Amphitheater merklich leert - zu einer Zeit, als TESTAMENT allerdings schon fertig sein sollte, man denke nochmal an den Soundcheck. Alles in allem aber ein mehr als gelungener Auftritt der alten Recken, mit einem toll gelaunten Chuck Billy und einer grandios aufgelegten Band, lediglich den einen oder anderen "Legacy"-Song hätte man sich noch gewünscht, aber das ist Meckern auf wirklich hohem Niveau.
[Florian Reuter]
Die finnische Hatecrew von CHILDREN OF BODOM können wir an diesem Abend zuerst um 19 Uhr am Autogrammstand betrachten. Sänger Alexi wirkt etwas blass im Gesicht, bepinselt den Fans aber brav T-Shirts und Unterarme mit seinem Autogramm. Zwischen diese Stunde und den Beginn der BODOM-Show schiebt sich noch ein langwieriger TESTAMENT-Auftritt. Deren unverschämt langer Soundcheck wird CHILDREN OF BODOM später ihre Spielzeit stehlen. Die BODOM-Finnen schaffen es letztlich erst um halb zwölf nachts auf die Bühne und müssen nach 50 Minuten schon wieder weichen, weil das Limit – Ende der Veranstaltungen ist auf 0 Uhr gesetzt – bereits überschritten ist. Schade, denn die Hatecrew zeigt sich auf der Loreley endlich einmal wieder voller Spielfreude. Mit 'Transference' und 'Needled 24/7' gibt es gleich einen fetten Einstieg und es scheint so, als wolle Alexi nicht viel Zeit mit Gequatsche verplempern, sondern einen Rundumschlag der vergangenen BODOM-Alben durch die kurze Spielzeit peitschen. Trotzdem bleibt ihm Zeit, die deutschen Fans als "German Hatecrew" zu preisen und für deren Support zu danken. Vom aktuellen Album "Halo Of Blood" darf die German Hatecrew den Titeltrack genießen, der beinahe mit einer Black-Metal-Attitüde daherkommt und sich live damit ziemlich gut macht. Mit 'Bodom After Midnight' und 'Hate Me' gibt es dann einen Sprung in die früheren Jahre des "Follow The Reaper"-Albums, bevor mit 'In Your Face' und 'Blooddrunk' die beiden Alben aus der Karrieremitte der Finnen gestreift werden. Leider trifft es Keyboarder Janne mit seinem Kommentar dann auf den Kopf: "Did you enjoy the full-lenght TESTAMENT-Soundcheck?" Das Intro von 'Downfall' erklingt und wir wissen, dass die Show damit schon dem Ende zu geht. Ärgerlich, denn die BODOM-Kinder haben sich an diesem Abend schwungvoll von ihrer besten Seite gezeigt. Da hätte man gut noch den einen oder anderen Song mehr vertragen können.
- Redakteur:
- Hang Mai Le