MONSTERS OF ROCK 1984 - Nürnberg

06.04.2020 | 19:32

02.09.1984, Zeppelinfeld

Corona-Pause in der Konzertwelt. Außer Wohnzimmergigs im Stream und bei Youtube hochgeladenen DVD-Aufnahmen gibt es aktuell gar nichts. Was machen wir da? Erinnern wir uns zurück an denkwürdige Auftritte und Konzerte. Heute schaue ich mal zurück auf das Monsters Of Rock 1984 in Nürnberg.

Das Monsters Of Rock kam ja ursprünglich aus dem britischen Castle Donington, wo das Festival erstmals 1980 über die Bühne ging, aber bereits 1983 gab es ein gleichnamiges Konzert in Deutschland. Ein Jahr später wurde diese Tour sogar ausgedehnt auf Schweden, Italien und die Schweiz, wobei sich die Billings manchmal leicht unterschieden.

Deutschland kam gleich am Anfang zum Zuge und 1984 gab es sogar zwei Konzerte auf deutschem Boden, nämlich in Karlsruhe und in Nürnberg. Auch für damalige Verhältnisse war das Billing sensationell, sodass die Nachricht darüber, die ich damals aus dem Metal Hammer zog, wenn ich mich nicht irre, bedeutete, dass ich mein erstes Festival besuchen würde!

1984 fuhr ich also nach Nürnberg zum Monsters Of Rock auf dem Zeppelinfeld. Damals mit einem organisierten Reisebus mit vier Dutzend Metalfans, die mitten in der Nacht vom Braunschweiger Hauptbahnhof starteten. Nach Stunden auf der A7, die uns mit verschiedenen Tapes und Bier nicht zu lang wurden, erreichten wir morgens Nürnberg.

Das beeindruckende Zeppelinfeld in strahlendem Sonnenschein und 50000 Musikliebhaber machten gleich einen großen Eindruck für mein Jungfern-Festival. Wer noch nie dort war, das Zeppelinfeld ist der Aufmarschplatz der NSDAP im Dritten Reich gewesen, heute steht dort ein Informationszentrum. Die Architektur ist selbst für ein so großes Areal geradezu erschlagend. Aber glücklicherweise fand das Konzert selbst dann doch im Fußballstadion statt, was immerhin ab und zu Sitzgelegenheiten bedeutete!

Aber wir waren ja nicht zur Geschichtsstunde dort, sondern für M-E-T-A-L! Das Billing des Tages ist ja auch heute noch Legende. Den Anfang machte MÖTLEY CRÜE, im Nachhinein für mich damals auf dem Höhepunkt ihres musikalischen Schaffens. Das aktuelle Album war "Shout At The Devil" und so wechselten sich Lieder der beiden eigenen Veröffentlichungen der Buben munter ab. Zu diesem Zeitpukt konnten Vince und seine Mannen sowieso fast nichts falsch machen, bei uns eh nicht, liefen die zwei Alben doch rauf und runter. Fast nichts. Natürlich waren die Soloeinlagen, in der Reihenfolge Basssolo, dann Schlagzeug und noch ein quietschiges Gitarrengenudel, völlig überflüssig, aber noch dämlicher waren Neils Ansagen, die etwa zur Hälfte aus dem Wort "fuck" bestanden. Das ging mir schon nach drei Liedern auf den Nerv und wir fanden uns nach einigen Songs auf der Tribüne ein und sahen uns das Spektakel im Sitzen an. So gut die Musik war, als MÖTLEY CRÜE endete, war es auch gut.

Als nächstes durfte ACCEPT auf die Bühne. Nach der "Balls To The Wall"-Scheibe waren auch die Burschen meiner Ansicht nach auf dem Zenit und diesmal war die Spielzeit viel zu kurz. Kein 'Breaker', kein 'Neon Nights'? Dafür allerdings 'Son Of A Bitch'. Na ja, wieder mal ein Beispiel dafür, dass Fanfavoriten und Bandauswahl nicht immer übereinstimmen müssen. Dafür gab es ein Gitarrensolo, gähn. Trotzdem absolut großartige 45 Minuten, die die Anreise allein schon wert gewesen wären. Doch es ging ja gerade erst los!

Denn nun folgte GARY MOORE. Endlich mal jemand, der auch gerne gitarrensolieren durfte. Seine aktuelle Scheibe war "Victims Of The Future", die ich absolut großartig fand. Meinen Lieblingssond brachte der Ire, der in einem auch in den Achtzigern gewöhnungsbedürftigen, roten Einteiler auftrat, auch schon früh im Set. 'Murder In The Skies' ist eines der wenigen Stücke, bei dem der Barde auch mal politisch wurde, beschäftigt sich das Lied doch mit einem Flugzeugabschuss einer koreanischen Linienmaschine durch die Sowjetunion. Kurz vor dem Ende kam dann auch ein ausgiebiges Gitarrensolo, von dem ich im Nachhinein aber eher mäßig überzeugt war. Das lag aber auch daran, dass uns langsam die Sonne auf den Pelz brannte, es war höllisch heiß und es gab kaum Schatten. Dabei würden wir unsere Kräfte noch brauchen.

Dann kam das absolute Highlight. Der Gesangsgott. Ronnie James DIO. Ja, genau, nach der "The Last In Line"-Scheibe. Die Songauswahl war egal, es gab ja keinen schwachen DIO-Song, und das Abrunden mit 'Heaven And Hell' und 'Man On The Silver Mountain' und 'Long Live Rock 'n' Roll' ist ja auch nicht von schlechten Eltern. Ronnie auf dem Höhepunkt seiner Fantasy-Phase mit lila Fransen und wilder Lockenmatte und einer Stimme, ja, diese Stimme! Hach. Einziger Kritikpunkt: ein Drumsolo. Wozu denn das? Da hätte man besser 'We Rock' spielen sollen. Aber DIO war natürlich dennoch ein Highlight, nur eben ohne Lichtshow, denn es war heller Tag. So langsam gingen mir auch die Soloeskapaden auf den Zeiger, das ist auch heute noch so, dass ich denke, lasst doch das Gehampel weg und spielt lieber einen Song mehr. Jetzt wisst ihr, woher das kommt.

Es folgte der zweitgrößte Gesangsheld, eben nach Ronnie, den wir uns vorstellen konnten: OZZY OSBOURNE. Mit dem starken "Bark At The Moon"-Album im Gepäck war es für uns ein absolutes Erlebnis, auch wenn wir natürlich grundsätzlich erstmal betrauerten, dass wir Ozzy nicht mit BLACK SABBATH hier sehen konnten. Aber eine Top-Songauswahl, bei der wir nur das Stück 'Diary Of A Madman' vermissten, wurde durch die Sahnehäubchen 'Over The Mountain' und 'Centre Of Eternity' verdedelt. Gitarrist Jake E. Lee und Ozzy waren permanent aktiv, aber so richtig viel Erinnerung an den Gig habe ich nicht mehr, denn wir waren so geflasht vom Madman und viel zu sehr damit beschäftigt, laut mitzugrölen.

Langsam wurden wir müde, aber jetzt kamen ja die Headliner. Dabei hatten wir Glück, denn der Co-Headliner war VAN HALEN auf der Tour zur "1984", die ja die letzte in diesem Line-Up sein sollte für die nächsten 23 Jahre. Nachdem der Auftritt in Karlsruhe ja eher schwach gewesen war, was uns aber in Zeiten vor dem Internet nicht bewusst war, wurde der Auftritt am Folgetag sehr kurzweilig. Bis auf die Tatsache, dass David Lee Roth zwischen den Liedern unbedingt irgendwelchen Blödsinn erzählen musste, von dem wir eine Hälfte nicht verstanden und die andere Hälfte sowieso nur Geschwafel war. Aber eine tolle Songauswahl und zwei Soli der beiden Van Halens, die diesmal beide ihre Berechtigung hatten, sorgten für Stimmung. Ja, das war toll, und als der Gig mit 'Happy Trails' zu Ende ging, waren wir bereits sehr glücklich.

Aber es gab noch einen Headliner. Heute weiß ich, dass die Show der Australier AC/DC quasi aus diversen Standards besteht, die man mehr oder weniger seit Jahrzehnten aneinander reiht, aber damals war das alles neu und ich kann sagen, dass die Show-Effekte wie Kanonen und die Riesen-'Hells Bells'-Glocke echt Eindruck machten. Und auch heute sollte man die Show wenigstens einmal gesehen haben. Zum Mitreden können. Zum Glück wurde kaum etwas von der schwachen "Flick Of The Switch" gespielt, statt dessen Klassiker, Klassiker, Klassiker. Der Bühnenaufbau, die Effekte, das Licht, ich war ziemlich geplättet. Ja, das waren echte Rockstars, die eine Vollbedienung abgeliefert hatten.

Der Rückweg mit dem Bus war dann erst laut, weil wir alle total aufgekratzt waren, und dann ganz leise, weil die meisten dann doch in einen Erschöpfungsschlaf fielen. Im Nachhinein war das sehr gut investiertes Geld gewesen, auch wenn es für einen Schüler durchaus eine ganze Menge gewesen war. Allein das Ticket hatte 40 Mark zuzüglich Vorverkauf gekostet!

Redakteur:
Frank Jaeger

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