MÖTLEY CRÜE, DEF LEPPARD - Mönchengladbach

09.06.2023 | 08:28

25.05.2023, Sparkassenpark

Laut und dreckig

Das ist eine Super-Woche! Während mir gestern, an meinem Geburtstag, noch die Jurassic World in Köln ermöglicht wurde und es morgen zum wunderbaren "Rock Hard"-Festival nach Gelsenkirchen geht, könnte man zwischen diesen beiden Top-Events doch eigentlich eine Pause machen, oder? Könnte man, wenn nicht dieses unschlagbare Paket im Mönchengladbacher Sparkassenpark sein Unwesen treiben würde. Bei wunderbarstem sonnendurchfluteten Wetterchen – Mist, Sonnenbrille vergessen – haben sich mit DEF LEPPARD und MÖTLEY CRÜE zwei absolute Schwergewichte des Rock-Zirkusses angemeldet, um dem Niederrhein die Leviten zu lesen. Das kann ja was werden.

Nun, von Grevenbroich nach Mönchengladbach ist es wahrlich nur ein halbstündiger Katzensprung und ein Parkplatz wurde vor dem Sparkassenpark – direkt neben dem Borussiapark der Fohlenelf – auch gefunden. Doch die exorbitant hohen Parkplatzkosten von 7€ lassen schon erahnen, welch teurer Spaß der heutige Tag wird. MÖTLEY CRÜE und DEF LEPPARD hin oder her, aber 130€ für ein Ticket, dazu nahezu unverschämt hohe Merchandise-Kosten – danach wirkt ein auch sehr teurer Besuch bei Kentucky Fried Chicken im Nachgang wie ein Spaziergang im Billig-Discounter. Lustigerweise habe ich das DEF LEPPARD-Shirt, mit dem ich mich heute bekleide, einst bei ALDI für'n Zehner gekauft. Ironie des Schicksals.

Im vergangenen Jahr konnte man schon einen neidischen Blick über den Teich riskieren, als die zwei Rocklegenden mit einer riesigen Stadiontour unterwegs waren. Nun sind sie auch in Europa, quasi vor meiner Haustür angekommen und wenn MÖTLEY CRÜE in bester THE ROLLING STONES- und SCORPIONS-Manier die letzte Tour schon vor Jahren zum Ende gebracht hat und man einen Rücktritt vom Rücktritt auch ob der etwas unschönen Rechtsgeschichte mit Mick Mars nun zwiespältig betrachten kann, so führt an diesem 25. Mai kein Weg an Mönchengladbach vorbei. Hohe Preise hin oder her.

Geschichtsträchtige Doppel-Headlinershows wie die heutige sieht man nicht häufig und so nehmen wir bei feinstem Wetter und noch feinerer Sicht auf die Dinge Platz auf der Tribüne, grüßen bekannte Gesichter aus Grevenbroich und vom "Rock Hard"-Magazin und merken auch mit zunehmender Dauer, wie die Vorfreude ob der baldigen Rock-Giganten-Ereignisse größer und größer wird. Dafür sorgt auch ein Countdown an den beiden Videoleinwänden rechts und links von der Bühne, der dazu beiträgt, dass es im doch sehr gefüllten Sparkassenpark vor allem im Innenfeld noch lauter und aufgeregter wird.

Drei, zwei, eins – 18:30 Uhr! Unter großem Jubel entert DEF LEPPARD in gemütlichem Schritt passend zum Wetter die Bühne des Parks und verbreitet von der ersten Sekunde an eine wunderbare, lebensfrohe Stimmung. Gleich zu Beginn legen ein bestens aufgelegter Joe Elliott und seine Mannen mit 'Take What You Want' und 'Let's Get Rocked' standesgemäß los und schon früh spürt man den durch und durch positiven Vibe dieser Band: Die vordersten Reihen rocken fröhlich hin und her, die Videoleinwände zeigen die Protagonisten auch für die Tribüne gut sichtbar und ein trotz dieser Temperaturen doch üppig bekleideter Phil Collen setzt zu 'Animal' und 'Foolin'' an.

Gemeinsam mit dem Wetter, einem sehr guten, transparenten Klang, dieser spielfreudigen und mit sich und der Welt zufriedenen Band sowie Songs wie 'Armageddon It' und 'Promises' macht sich auch bei mir ein absolutes Hochgefühl breit. Dieses wird dank des balladesken 'Love Bites' sowie der semiakustischen, aktuellen Nummer 'This Guitar' immer deutlicher. Auch mit Blick auf die Setliste hätte der Abend nicht toller beginnen können: Natürlich weiß DEF LEPPARD nach über 45 Jahren im Showbusiness, dass die Fans hauptsächlich für die "Hysteria"- und "Pyromania"-Phase nach Mönchengladbach gekommen sind. Doch in Kombination mit so manch neuer Nummer wie eben 'This Guitar', der 1995er Powerballade 'When Love & Hate Collide' oder dem tollen 'Kick' machen all die Klassiker noch einen taufrischeren, vitaleren Eindruck. Und sind wir einmal ehrlich: 'Rocket', 'Bringin' On The Heartbreak' und 'Rock Of Ages' sind heute einfach eine Wonne.

Dabei kommen auch Bassist Rick Savage und Rhythmusklampfer Vivian Campbell aus dem Grinsen kaum heraus. Das größte und breiteste Lächeln aber hat heute Schlagzeuger Rick Allen auf den Lippen, der sich nach dem Drumsolo von 'Switch 625' einen lautstarken Applaus des Mönchengladbacher Publikums abholen darf. Das hat mich tief beeindruckt. Am Ende darf natürlich das lautstark mitgegrölte 'Pour Some Sugar On Me' genauso wenig fehlen wie der Titeltrack der 1987er Klassikerscheibe und dieses wunderbare 'Photograph', nach dem sich DEF LEPPARD auch in den wohlverdienten Feierabend verabschiedet. Mein Herz geht auf ob der dargebotenen Show, da in allen Belangen die verschiedensten Faktoren eine homogene Masse gebildet und mein Rockherz erwärmt haben. Mein Gott, ist das schnulzig!

Setliste: Take What You Want; Let's Get Rocked; Animal; Foolin'; Armageddon It; Kick; Love Bites; Promises; This Guitar; When Love And Hate Collide; Rocket; Bringin' On The Heartbreak; Switch 625; Hysteria; Pour Some Sugar On Me, Rock Of Ages, Photograph

Mit etlichen Ohrwürmern summend geht es zur Bierbude, werden alte Bekannte gedrückt und geknuddelt, ehe sich der zweite Headliner hinter der Bühne des Sparkassenparks langsam auf seinen Auftritt vorbereitet. Zugegeben, das Knistern in der Luft ist bisweilen höher als vor DEF LEPPARD, doch MÖTLEY CRÜE muss sich trotz eines genauso prallgefüllten Backkatalogs an Klassikern enorm strecken, um die vergangenen anderthalb Stunden auch gleichermaßen zu Ende zu bringen.

Um 20:30 Uhr ist es dann soweit und Vince Neil, Nikki Sixx und Tommy Lee betreten unter lautem Applaus und heller Vorfreude die Bühne. Mit von der Partie sind von Beginn an auch zwei leicht bekleidete Background-Sängerinnen bzw. -Tänzerinnen und ein gewisser John 5, der für den nicht mehr für MÖTLEY CRÜE auftretenden Mick Mars mit hinzugekommen ist und im weiteren Verlauf auch schon fest im Bandlogo – auf die Leinwände projiziert – mit integriert ist. Als großer Mars-Anhänger hat dies für mich natürlich einen faden Beigeschmack, da DIE Klampfe von MÖTLEY CRÜE mit keiner Silbe erwähnt werden wird.

Doch kommen wir zu den musikalischen Dingen und die haben es heute mit Blick auf die Setliste in sich: Der Startschuss fällt lautstark mit 'Wild Side', 'Shout At The Devil' und 'Too Fast For Love' sehr verheißungsvoll und vor allem laut. Tatsächlich wird es von Minute zu Minute lauter, was letztendlich zu einem recht schwammigen, matschigen Sound führt. So erkennt man meist erst beim Refrain, dass es sich im Weiteren um 'Saints Of Los Angeles', 'Live Wire' und 'Looks That Kill' handelt. Alle Songs werden mit entsprechenden Visualisierungen und Großaufnahmen auf den Leinwänden in Szene gesetzt, die Tänzerinnen verzaubern mit ihrer grazilen Art den Mönchengladbacher Sparkassenpark und Lee und Sixx rocken ihr Ding gewohnt souverän und voller Elan runter. Neils Stimme scheint über all die Jahre nicht wirklich besser geworden zu sein, doch weiß er als Frontmann und Entertainer zu überzeugen und heizt die Menge an. Und unser Neuzugang an der Gitarre? Nun, er drückt den CRÜE-Songs seinen eigenen Stempel auf, weiß aber an diese gewisse Magie eines Mick Mars einfach nicht heranzukommen, bekommt aber nach dem sehr toll vorgetragenen und stimmungsvollen 'The Dirt', bei dem auch diverse Filmausschnitte auf die Leinwände geklatscht werden, sein eigenes Solo und wird vom Publikum gefeiert.

Nach diesem kurzen Ausflug und Sixx' Schwenker mit der Deutschlandflagge stimmt Neil zum Medley an, von dem vor allem das 'Anarchy In The U.K.'/'Blitzkrieg Bob'-Doppelpack wahrlich Wunder bewirkt und nahezu den gesamten Niederrhein zum Mitgrölen animiert. Danach fällt unserem Chorknaben Tommy auf, dass bisher erstaunlich wenig Brüste zu sehen waren, was das eine oder andere Mädel dazu animiert, blank zu ziehen. So sind sie eben, die MÖTLEY CRÜE-Shows, ehe sich Tommy selbst ans Klavier setzt und gemeinsam mit seinen drei Mitstreitern zum besinnlichen 'Home Sweet Home' ansetzt.

Dass anschließend auch 'Dr. Feelgood' ebenso wenig fehlen darf wie dieser durch und durch penetrante 'Girls, Girls, Girls'-Ohrwurm und 'Same Ol' Situation (S.O.S.)' ist genauso klar wie der grundsätzlich laute und dreckige Vibe des CRÜE-Auftritts, bei dem Sex ebenso wenig fehlen darf wie Bier und Rock'n'Roll. Das wird auch mit einem deutlich schlechteren Sound als bei DEF LEPPARD klar und deutlich. Schließlich liebt die Band Deutschland vor allem für das Essen, die Architektur und das weibliche Geschlecht. 'Girls, Girls, Girls' eben. Zum krönenden Abschluss kredenzt sich 'Primal Scream' noch einmal in den Vordergrund ehe sich MÖTLEY CRÜE mit einem lauten Knall und 'Kickstart My Heart' unter tosendem Geschrei, den einen oder anderen Sprechchören und sehr viel Applaus vom Mönchengladbacher Publikum verabschiedet.

Setliste: Wild Side; Shout At The Devil, Too Fast For Love; Don't Go Away Mad (Just Go Away); Saints Of Los Angeles; Live Wire; Looks That Kill; The Dirt, Gitarrensolo; Medley: Rock And Roll, Part 2/Smokin' In The Boys Room/Helter Skelter/Anarchy In The U.K./Blitzkrieg Bob; Home Sweet Home; Dr. Feelgood; Same Ol' Situation (S.O.S.); Girls, Girls, Girls, Primal Scream; Kickstart My Heart

Laut endet also der heutige, wahrlich besondere Abend. Auch oder gerade weil MÖTLEY CRÜE dem "laut und dreckig"-Ruf gefolgt ist und mir wie schon nach DEF LEPPARD die Ohrwürmer brav in Reih und Glied im Kopf umhertanzen, werde ich diesen Abend des 25. Mais in sehr wohliger Erinnerung behalten. Ein teurer, aber sehr schöner Abend, der mit dem erwähnten Besuch bei Kentucky Fried Chicken endet, um halbwegs gestärkt am darauffolgenden Tag zum Gelsenkirchen-Trip aufzubrechen. "Rock Hard"-Festival, wir kommen, MÖTLEY CRÜE, DEF LEPPARD, es war mir eine Ehre!

Redakteur:
Marcel Rapp

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