Marilyn Manson - Dresden

21.06.2009 | 20:21

11.06.2009, Junge Garde

Vorhang auf für die Dope-Show: ein Künstler neben der Spur - und alle lachen mit.

Es gibt Tage, da kommst du auch als Megastar nicht vom Klo runter! Es wäre vielleicht besser gewesen, Herr Manson hätte so einen Tag gehabt. Aber der Reihe nach ...

Es ist noch gar nicht so lange her, da erschien mit "The High End Of Low" das achte Album des amerikanischen Schockrockers. Abwechslungsreicher als in der Vergangenheit stellte sich die Scheibe dar. Ein guter Grund also, um am 11. Juni in die Junge Garde nach Dresden zu pilgern. Leider entzog man den Fotografen zwei Tage vor der Show die Fotoerlaubnis. Warum, wusste zum damaligen Zeitpunkt noch keine Sau. Doch die Antwort folgt an diesem Abend. Die Junge Garde zeigt sich im schönsten Glanz. Mitten in einem Wald erstreckt sich dieses feine Amphitheater, welches in naher Zukunft wohl einige der größten Stars des Erdballs beheimaten wird.

Dreiviertel acht beginnen PAPA ROACH den Abend. Das Publikum erhebt sich von den Bänken und schunkelt gemütlich zu den Nu-Metal-Krachern der Boys. Ob 'Between Angels And Insects' oder 'I Wanne Be Loved', die Stimmung ist gut, wenn auch nicht ausgelassen. Das liegt nicht nur am hektischen "Gesang" von Singfritze Coby Dick, sondern auch an der Helligkeit. Konzerte leben einfach von der Dunkelheit. Aber so richtig finster sollte es erst beim Headliner werden.

Coby schimpft über Shitney Spears und Paris Hilton (gääääähn) und präsentiert uns seine Version der 'Hollywood Whore'. Im Jahre 2009 wirklich kreativ! Sei’s drum, die Leute haben ihren Spaß und gehen beim abschließenden 'Last Resort' endlich so richtig ab. Nette Aufwärmung, mehr nicht.

Dann ist Pause – Zeit für Bankrutschen. Doch so richtig klappt das nicht, also holen wir uns ein Bierchen und freuen uns auf MARILYN MANSON. Bei Rock am Ring soll er mächtig abgestunken und die ganze Zeit eine Glühbirne angestarrt haben. Was bringt er uns heute? Zunächst sehen wir einen Kabuki, der uns den Blick auf die Umbauarbeiten versperrt [was auch immer "Kabuki" hier bedeuten soll ... - d. Red.]

21.09 Uhr (man merke sich die Zeit) wird der Vorhang von drei Roadies heruntergezogen (wie peinlich). Da steht er: Marilyn Manson. Was folgt ist an Unterhaltung nicht zu überbieten. Vergessen wir in diesem Bericht einfach mal die Musik. Die ist eh grenzwertig gespielt und völlig nebensächlich. Denn das Hauptaugenmerk liegt auf dem völlig zugedröhnten Herrn Manson. Bereits beim Opener schmeißt er all seine Utensilien über die Bühne, was seine drei Roadies/Lakaien zur Tat ruft, die jeden Mist wieder an seinen vorgesehenen Platz zurückstellen. Das wirkt oberpeinlich. Zeitweise sind genauso viele Roadies wie Musiker auf der Bühne, um dieses Konzert irgendwie über die Bühne zu bekommen. Nach jedem Song (manchmal auch während eines Songs) wirft Manson sein Mikro in die Massen. Natürlich bekommt er nach zwei Sekunden sofort ein Neues. Obendrauf werden ihm regelmäßig Tabletten gereicht, die er sich genüsslich in den Kopf jagt. Doch das Krasseste kommt noch: Nach den ersten beiden Songs sehen wir mehrere Roadies an Mansons Gesicht herumfummeln. So richtig erkennen wir nicht, was da gespielt wird. Nach dem dritten Song hat offenbar auch der Lichtmann die Schnauze voll und zeigt uns das Elend in voller Pracht. Marilyn Manson bekommt nach jedem Song eine Sauerstoffmaske aufgesetzt und wird zeitgleich von zwei jungen Damen mit Handtüchern am ganzen Körper abgetrocknet.

Dieser Mann ist völlig am Ende und seine Beteuerungen, dass er von den Drogen weg ist, kann er sich in den Arsch stecken. Für jeden Fan ist dieser Auftritt eine Beleidigung. Zwar kann die Setlist mit einem schicken Best-of-Programm glänzen, doch wie viel hier Playback ist, möchte ich gar nicht wissen. Herr Manson schafft es nicht einmal, seine eigene Hose wieder zu schließen, nachdem er einem seiner Mitmusiker sein bestes Teil offenbart hat. Wieder muss eine junge Frau ran, um ihm die Hose anzuziehen, während er an der Sauerstoffmaske hängt.

Nach 60 (!) Minuten ist zunächst Feierabend. Man fragt sich, wie lange der kranke Typ dieses Leben noch übersteht. So richtig wollen keine "Zugabe!"-Rufe aufkommen. Dennoch kommen die vier Musiker (plus Mansons Babysitter), um abschließend (!) 'The Beautiful People' darzubieten. Manson ist völlig am Ende, sein Gesang scheint aus dem Arsch zu kommen. Da springt PAPA ROACH-Sänger Coby auf die Bühne und liefert sich mit Manson eine Prügeleinlage. Drei Minuten lang schubsen, suhlen und raufen die beiden. Ein großer Spaß zweier völlig abgewrackter Suffköppe. Nach nicht einmal 70 (!) Minuten ist das Ende gekommen.

Was für ein Konzert! Die Stimmung war köstlich, der Unterhaltungswert ebenfalls. Nur musikalisch kann ich mich an nichts Dauerhaftes erinnern. Herr Manson ist der einzige Star seiner Dope-Show. Auch wenn das Publikum seinen Spaß hatte und bei Songs wie 'Disposable Teens', 'Dope Show' oder 'Sweet Dreams' kochte: Vierzig Euro für nicht einmal zwei Stunden Musik sind einfach eine Frechheit. Und wenn Manson nicht bald aufwacht, klopft er bald an die Höllenpforte.

Redakteur:
Enrico Ahlig

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