Metal Bash Festival 2014 - Neu Wulmstorf
19.06.2014 | 00:1703.05.2014, Schießsportanlage
Neu-Wulmstorf im Metal Bash Taumel, das trotz Headlinerabsage im Vorfeld überzeugte.
Das erste Mai-Wochenende! Der Raps blüht, Angrillen ist angesagt und endlich beginnt die Open Air Festival-Saison! Folgerichtig macht sich die erprobte Two Men-Powermetal-Army auf den Weg nach Neu Wulmstorf vor den Toren Hamburgs, um vom METAL BASH FESTIVAL zu berichten. Den Morgenstarter darf dieses Jahr MIRRORS OF TIME machen. Die junge Band präsentiert einen recht ambitionierten Sound, der Elemente von Death Metal bis Progressive Rock vereint. Technisch auf hohem Niveau hinterlassen die fünf einen guten Eindruck, vor allem wenn man bedenkt, dass die Position im Billing natürlich alles andere als dankbar ist.
Nummer Zwei des Tages ist SCARLET ANGER. Die Truppe heizt erstmal mit einer ordentlichen Thrash-Keule ein, um das Publikum in Wallung zu bringen. Das gelingt ihnen gut und so ist die Meute prima angewärmt für das erste Highlight des Tages in der direkten Folge.
Zur vorgerückten Mittagstunde entern die Bremer von DYSTOPOLIS (Foto) die Bühne. Seit 2008 kultiviert der im Wesentlichen aus der Vorgänger-Formation NEXUS hervorgegangene Fünfer "End-Time-Heavy-Metal" oder auch "Postapocalyptic Powermetal". Thematisch bewegt man sich in der Welt des post-nuklearen Weltuntergangs, den wir etwa aus der Mad Max-Filmtrilogie oder "Waterworld" etc. kennen. Gleichzeitig pflegen Sie klassische Szenarien düsterer Großstadt-Science Fiction, wie sie uns schon in Fritz Langs "Metropolis" vorgeführt wurde. Musikalisch kommen die Norddeutschen entsprechend doomy, heavy, immer mit einem gutem Pfund düsterer Melodiebögen und teutonischem Powermetal-Druck daher, der nichts zu wünschen übrig lässt. Nicht nur beim grandiosen 'The Corporation' könnte man diese Band auch "die dunkle Seite von SABATON" nennen, zumal Frontmann Andreas Müller über eine ähnlich kraftvolle wie martialische Stimme verfügt wie Joakim Brodén. Die gesamte Mannschaft spielt dazu tight und enorm druckvoll auf. Schade, schade, dass diese sehr starke Truppe heute nur eine gute halbe Stunde zur Verfügung hat!
Setlist DYSTOPOLIS: Faces in Ashes, Metro, Dining with gods, The Corporation, Lords of Sand
DIE VORBOTEN aus Wismar sind am heutigen Tage die einzigen Vertreter der sogenannten Neuen Deutschen Härte. Im Sound irgendwo zwischen "leichteren" RAMMSTEIN und HÄMATOM angesiedelt, vertreten Sie Ihre Zunft recht gut. Thematisch schlägt man den großen Bogen. Auf 'Freibeuter' zum Beispiel huldigt man verklärt dem Heldentum des Klaus Störtebeker und dessen Kameradschaft bis über den Tod hinaus. 'Massenmedien' hingegen nimmt sich ebendiese hart und kritisch vor. Mit der klasse Hymne 'Schmiede, Schmiede' geht ein Auftritt zu Ende, der sehr professionell und engagiert dargeboten war – mit Sicherheit einer der besseren des Tages.
Offensichtlich hatte der Veranstalter bei der Erstellung der Running Order Angst, dass wir ab 14 Uhr ins Suppenkoma fallen. Anders lässt sich kaum erklären, dass es jetzt erstmal ein volles Brett derbsten Death Metals von gleich drei Bands nacheinander gibt. AUSTIN DEATHTRIP macht mit einem sehr brutalen Sound den Auftakt, ABROGATION fällt mehr in die Kategorie "Melodic Death" und BUT WE TRY IT neigt, auch optisch, mitunter zum Hardcore, ohne aber die grundsätzliche Linie stärker zu verlassen. Abwechslung, insgesamt betrachtet, sieht anders aus...
Die bekommen wir dann aber von AIRBORN! Auf den Auftritt der Italienischen Power-Metaller (Foto) habe nicht nur ich schon den ganzen Tag gewartet. Seit zwanzig Jahren sind die Jungs aus Turin in Sachen Melodie und Härte unterwegs. Und so können Sie heute für Ihre Setlist aus dem Vollen schöpfen. Gleich der Starter 'The Hero' vom Debut-Album "Against The World" könnte nicht besser gewählt sein: Er ist ein druckvoll treibender Stampfer mit grandiosem, pathosgeladenem Mitsing-Refrain, wie es sich für dieses Genre gehört. Dem folgt mit 'Heavy Metal Wars' auch schon das inoffizielle Motto des Tages. Songs wie 'Terrifying Manhunt', 'Sword Of Justice' oder 'They Arise' - der hammerharte Opener des aktuellen Rundlings "Dark Future Rising" - klingen erfreulich wenig nach Genre-Kollegen aus der Heimat Marke RHAPSODY & Co., sondern gehen vielmehr Richtung teutonischer Spielart vom Schlage IRON SAVIOR. Unglaublich, wie unverkrampft und sympathisch der Vierer das alles rüberbringt und das Publikum für sich einnimmt, ohne große Gesten oder SABATON-haftigen Habitus zelebrieren zu müssen. Hier haben wir auf jeden Fall eine der absoluten Sternstunden des Festivals erlebt!
Setlist AIRBORN: The Hero, Heavy Metal Wars, They Arise, Terrifying Manhunt, Reign Of The Human Race, King Of Fear, Sword Of Justice, Metal Nation, Return To The Sky
Immer eine sichere Bank in Sachen Stimmung sind die V8 WIXXXER. Urprünglich hatte Sänger und Kopf der Band Lutz Vegas die Truppe als deutsches alter ego der V8 WANKERS aus der Taufe gehoben. Doch mittlerweile haben sich die V8 WIXXXER verselbständigt. Das gilt sowohl für das Band-Lineup, in dem nur noch Lutz das Bindeglied ist, als auch für das neue, mittlerweile dritte Album der Offenbacher. "Nur für dich" enthält keine ins Deutsche übersetzte Songs der V8 WANKERS mehr, sondern ausschließlich eigene Songs. Live allerdings ist das vollkommen egal, denn es bleibt beim bekannten rotzigen Highspeed-Rock 'n' Roll mit PETER PAN SPEEDROCK-, ROSE TATTOO- und MOTÖRHED-Einschlag. So fügen sich (heute zum ersten mal vor Publikum präsentierte) Knaller wie 'Scheiss auf die Weiber, V8 fahr'n ist geiler' oder 'Durchbruch nach unten' optimal zwischen Vankers-Klassikern wie 'Eier aus Stahl', 'Licht aus!' oder 'Rock 'n' Roll Diktator' ein. Weil es heute die offizielle CD-Release-Party ist, haben die Rotzlöffel noch eine besondere Überraschung mitgebracht: Auf 'Texas Patti, Texas Party' huldigen die Fünf dem neuen VIDEORAMA-Erotik-Star Texas Patty. Und just erfreut uns die Dame heute während dieses Titels stilecht knapp gewandet mit Ihrer Tanzkunst. Schöner Gag, super Stimmung und die V8 WIXXXER (Foto unten) gehen klar als Tagessieger von der Bühne – so muss Rock 'n' Roll sein!
Wie in Odins Namen eine Band wie SYNDEMIC auf eine so hohe Position im Billing eines solchen Festivals landen kann, stellt sich nicht nur mir als Frage. Die blutjunge Truppe hat gerade auf dem hauseigenen Label des Veranstalters Ihren Erstling veröffentlichen können, wie mehrfach durch den Death Metal-Nachwuchs dankbar bekundet wird. Aber rechtfertigt das allein diese prädestinierte Position? Der Set ist okay, hätte überall anders aber am frühen Vormittag stattgefunden, vor allem wenn man vorher schon bärenstarke Acts wie DYSTOPOLIS, AIRBORN oder die V8 WIXXXER im Billing hatte.
Die DRUNKEN SWALLOWS aus dem ostholsteinischen Oldenburg supporten zurzeit hauptsächlich die KNEIPENTERRORISTEN, wie zuletzt auf deren Böhse Ostern-Tour. Heute ist es ähnlich. Doch zuvor legen die Jungspunde von der Ostsee erstmal eigenständig und selbstbewusst los. Die Ansage "Von uns kriegt ihr keinen Heavy Metal, sondern Punkrock!" fasst eigentlich schon alles zusammen. Deutschpunk mit Trinklieder-Mitgrölsound ist angesagt. Die Jungs toben dabei 'Im Sturzflug durch die Republik' und haben dabei niemals 'Angst vor der Wahrheit'. Die Stimmung ist klasse beim bierseeligen Teil des Publikums und nicht erst beim RAMONES-Medley gibt es den ersten kleinen Moshpit und Pogo vor der Bühne. Den Schluss des ersten Teils Ihres Sets macht die Hymne an die Urangst aller Rock 'n' Roller: 'Das Schlimmste ist, wenn das Bier alle ist'!
Schon mehrfach als Überraschung des Tages angekündigt entern nun Jörn, Martin und Goofy von den KNEIPENTERRORISTEN die Bühne, um mit einem Teil der Schwalben als DRUNKEN TERRORISTS (Foto oben) noch einige brandneue Songs vom just erschienenen neuen Album "Lebenslang" der ONKELZ-Epigonen zu zelebrieren. Den Fans gefällt es mal wieder bombig, und so soll es ja auch sein.
Nach einer etwas längeren Umbaupause entert der eigentliche Headliner des Tages die Bühne. TORMENT hat den Auftritt schon im Vorfeld als 30-Years-Anniversary-Show angekündigt. Und so bekommen wir in den folgenden 60 Minuten auch, was zu diesem Anlass pflichtgemäß dazu gehört: Von der Debut-Single 'Bestial Sex' über Klassiker wie 'PC Porn Casting' und 'Tormentation' bis zum immer noch aktuellen 'Stalker' wird ein Best-Of-Programm gespielt, das keine Wünsche offen lässt. Die Show muss sich an der zum 20-jährigen Jubiläum am selben Ort messen lassen. Da schwächelt es dann auch minimal. Frontröhre Jörn Rüter hat den Bass mittlerweile weitergereicht, sodass das ehemalige Trio nun zu viert auftritt. Und auch die heißen GoGo-Girls fehlen heute. Der Rest des Programms wärmt aber weiterhin das Fanherz. Die Lightshow toppt alle anderen des heutigen Tages, nur WATAIN haben wahrscheinlich mehr Feuer auf der Bühne (siehe Foto oben) und dann folgt die unvermeidbare Exekution der Leadgitarre mit der gierig kreischenden Kettensäge. Als Zugabe gibt es eine Hammerversion des alten THE EXPLOITED-Hits 'Beat The Bastards'. Das ist ja eigentlich Punk, aber bei TORMENT klingt das so räudig und trashig, als wäre es ein Eigengewächs der Hamburger Oldschool-Thrasher. Schöne Unterhaltung, und die Stimmung ist noch mal richtig gut zur späten Stunde!
Setlist TORMENT: New World Order, Tormentation, Tribute to Staci, Wind Of Change, Traitor's Fate, Politically Incorrect, In The Name, Stalker, Bestial Sex, PC Porn Casting, Tormetizer, State Of War, Heavy Metal Hooligans, Beat The Bastards
DARK AGE (Foto) hat auf der Schlussposition dieses langen Festivaltags keinen leichten Stand. Erst durch die Absage des ursprünglichen Headliners VARG waren unsre Landsmänner relativ kurzfristig ins Billing gerutscht. Die Hamburger sind den meisten Anwesenden mehr als hinlänglich bekannt und haben daher keine besonders hohe Anziehungskraft. Hinzu kommt, dass es mittlerweile lausig kalt geworden ist, was Frontmann Eike Freese mit der wiederholt launigen Frage, ob es denn gleich anfange zu schneien, quittiert. Der anhaltenden Abwanderungstendenz kann er aber nichts entgegensetzen. Schade eigentlich, denn die Band an sich spielt einen sehr sauberen, mit vielen Highlights ihrer Karriere, aber auch selten dargebotenen Nummern gespickten Set. Die Höhepunkte des Festivals allerdings waren definitiv schon vorher.
Setlist DARK AGE: Out Of Time, Neon Gardens, Kingdom Never Come, Fight, Dying Art Of Recreation, Zero, Outside The Inside, Surprise Medley, Trial By Fire, Dare To Collapse, Afterlife, My Saviour, Dark Age, Minus Exitus, Seven, Suicide Crew
(Die Super-Fotos in diesem Jahr kommen mal wieder von "uns Foto-Wolle". Never change a winning team, Wolle!)
- Redakteur:
- Martin Rudolph