Metal Cruise - Koblenz

23.04.2007 | 12:52

14.04.2007, MS Rheingold

Ein Schiffchen am Rhein, perfektes Wetter, drei hochkarätige Bands und 550 Metalheads sind Garantie für ein ganz besonderes Konzert unter dem Motto "Metal Cruise". Auf dem schönen Ausflugsschiff MS Rheingold lassen sich Mitte April Metalfans und Bands von Koblenz Richtung Lahnstein und wieder zurück schippern und bekommen auf drei Decks die Vollbedienung an Metal, Chillen, Saufen und Festivalfeeling.
[Caroline Traitler]

In Schweden ist die Metal Cruise schon längst ein fest platziertes Jahreshighlight im Konzert- und Festivalkalender eines jeden begeisterten Metalfans. Doch hierzulande war es bis dato nur eine wässrige Illusion, die immer wieder in den Köpfen einiger Veranstaltungswilliger herumgespukt ist, doch nie haben diese Illusionen letztendlich Gestalt angenommen. Dank der Veranstalter Petra, André und Max kommt dieses einmalige Konzerterlebnis nun endlich auch nach Deutschland!
[Tanja Nusser - metalroxx.com]

Nach einem langen Anreiseweg und einem kurzen Anchecken der Pre-Party in der kleinen, idyllischen Rockbar Florinsmarkt in der Koblenzer Altstadt begeben wir uns pünktlich um 19 Uhr zum Boarding. Das untere Deck ist für Merchandise und den Metalmarkt reserviert, das mittlere Deck beherbergt die kleine Bühne, die mit einem einmaligen Ausblick auf den Rhein punktet, dafür aber leider wegen der niedrigen Decke nicht besonders viel Sicht für die hinteren Fanreihen bietet und eine etwas eingeschränkte Bewegungsfreiheit für die Bands bedeutet. Bei dem Wetter versammeln sich vor der Abfahrt aber die meisten Passagiere am "Sonnendeck": Mit Bier in der Hand und einer Menge guter Laune lässt sich das einmalige Panorama einfach noch besser genießen.
[Caroline Traitler]

Über dem Rhein thront die Koblenzer Festung, alte Häuschen zieren das gesamte Ufer. Da möchte man einfach in seinen Gedanken und Träumen versinken! Wir schnappen uns jeweils einen Stuhl, genießen die Aussicht und chillen mit vielen Metalheads hier oben bis zum Start des Konzertes.

Den Reigen beginnt in dieser lauen Frühlingsnacht die Koblenzer Hammercombo METAL INQUISITOR. Gut, die Anwesenden Headbanger wissen um was für ein illustres Trüppchen es sich da auf der Bühne handelt, doch einigen dürfte diese kultige deutsche Undergroundband wenig sagen. Doch eines ist sicher - selbst wenn man im Voraus noch nie etwas von METAL INQUISITOR gehört hat, im Nachhinein wird man absolut begeistert das Feld verlassen. Sänger El Rojo, in sehr kultigem blau-weißen Ringelshirt, stellt sich als super Frontclown heraus, der nicht nur den ständigen Kontakt zum Publikum sucht, sondern auch den minutenlangen Mikroausfall beim Opener und Kultklassiker 'Doomsday For The Heretic' mit lustigen Posen überspielt. Das old-schoolige Publikum grölt die Hits wie 'Zombie Driver', das dynamisch-treibende 'Restricted Agony' oder das ältere 'Daze Of Avalon' Zeile für Zeile mit und die Band selber lässt in Sachen Stageacting nichts anbrennen. Der Mitsingfaktor spricht eindeutig für den Kultstatus, den die Band hierzulande genießt. Trotz der beengenden Zustände auf dem Schiff gibt's tolle Gitarrensoli, auch wenn sich meiner Meinung nach hier der ein oder andere Fehler eingeschlichen hat, und auch das Drumming kommt enorm energiegeladen aus den Boxen. So muss traditioneller Heavy Metal klingen - wer's verpasst hat, sollte sich schämen! Oder sich METAL INQUISITOR ganz schnell live ansehen um entweder in alten Zeiten zu schwelgen oder damit die jüngere Fanschar mal weiß, wie das damals geklungen hat. Die heilige, metallische Inquistion zieht sich schließlich mit 'Four To Four' zurück, um den Kollegen von DESASTER das Metalschlachtfeld zu überlassen.

Puh ... nach diesem True-Metal-Gewitter und den absoluten Höllentemperaturen an Deck laufen wir erstmal die Bar an, um mit einem erfrischenden Bier die Körpertemperatur wieder auf ein normales Maß zu bringen, bevor die thrashenden Lokalmatadoren und Hellbanger DESASTER weitere Scheite ins brennende Feuer werfen. Nach einer kurzen Umbaupause ist es dann auch so weit, und das aus vorwiegend Thrashern bestehende Publikum strömt zurück vor die Bühne, um ihren Helden Tribut zu zollen. Bereits bei den ersten Klängen von 'In The Ban Of Satan's Sorcery' vom "Hellfire's Dominion"-Album findet man keine freie Lücke mehr vor der Bühne, denn gut die Hälfte der heutigen Besatzung tummelt sich dort und bangt, als ob es kein Morgen mehr gäbe. Passend zur untergehenden Sonne machen DESASTER mit 'Into A Magical Night' weiter im Set. Wie immer sticht der mit Corpsepaint geschminkte Bassist Odin aus der illustren Truppe hervor und begeistert durch agiles und diabolisches Stageacting. Insbesondere seine Zungenakrobatik ist ein markantes Zeichen seiner Mimik. Im krassen Gegensatz hierzu steht Infernal an der Gitarre - hier lebt der klassische Thrash. Das Posen bei Thrash-Hits wie 'Witchcraft' oder 'Sacrilege' fließt dem Quartett einfach durch die Adern, und sie müssen es gnadenlos nach außen tragen. Der singende Muskelprotz Sataniac kann sich aus Platzmangel heute leider nicht ganz so wild austoben wie sonst, doch er nutzt wirklich jeden Zentimeter der kleinen, aber feinen Bühne, um Songs wie 'Divine Blasphemies' (Ein bisschen Blasphemie schadet eben nie!) vom 2002 erschienen, gleichnamigen Album oder auch 'As The Dead World Calls' mit einer irrwitzigen Spielfreude ins kuttenübersäte Publikum zu feuern. DESASTER ziehen am heutigen Abend wirklich alle Register, und das Publikum frisst ihnen sprichwörtlich aus der Hand, lässt ordentlich die Nackenmuskeln rotieren. Heute Nacht bleibt mit Sicherheit kein einziges Auge trocken. Damit das Feuer unter diesem Hexenkessel auch ja nicht ausgeht, schmeißt man als Schlusssong noch das Scheit mit dem allseits bekannten Namen 'Metalized Blood' in die Glut. Dieser Kulthit wird noch mal mit den letzten Kraftreserven des Publikums richtig abgefeiert, und somit wundert es mich auch nicht, dass man nach einer weiteren Granate verlangt, die mit dem neuen 'Nocturnal Witch' gewährt wird: Teutonen-Thrash at its best. Da bleibt eigentlich nur noch eines zu sagen: Dieser Auftritt scheint nicht von dieser Welt und wird noch lange in meinem Hirn haften! Thrash 'til death!
[Tanja Nusser - metalroxx.com]

PRIMORDIAL stehen für große Emotionen, Leidenschaft und epische Musik, und dass die Iren auch auf dem Schiff ordentlich rocken können, beweisen sie hier eindrucksvoll. Als letzte Band des Abends haben PRIMORDIAL zwar nicht mehr ganz so wildes Publikum, dafür versammeln sich vor der Bühne die wahren Genießer von düsteren Klängen und großen musikalischen Gefühlen. Auch wenn Alan Nemtheanga am Anfang ziemlich schlecht gelaunt auf die Bühne kommt und der Sound im Großen und Ganzen teilweise etwas matschig klingt (PRIMORDIAL sind einfach zu filigran für die Akustik auf Deck 2), so bleibt dieser Auftritt trotzdem unvergesslich. Denn Alan schafft mit seiner wilden Mimik, seinem dezenten Corpsepaint und nicht zuletzt dank seiner ausdrucksstarken Stimme, eine Gänsehaut nach der anderen zu zaubern und bringt die Anwesenden schnell in diese ganz eigene PRIMORDIAL-Trance, die so süchtig macht und einfach beweist, dass die Iren ihre Musik voll und ganz mit Leidenschaft leben. Vom doomigen 'The Gathering Wilderness' bis hin zum fast schon schwarzmetallischen 'To Enter Pagan' lässt die Setliste kaum Wünsche offen, und wenn, dann nur die, noch etwa eine Stunde mehr PRIMORDIAL zu hören mit mehr "Journey's End"-Songs. ;-)

Alan ist im Vergleich zu anderen Gigs eher ruhig, was die Ansagen betrifft, seine klassischen "Are you with us?"-Worte ans Publikum dürfen aber nicht fehlen, und auch die Geschichte zum grandiosen 'Coffin Ships' wird erläutert. Immerhin geht es hier um eine irische Tragödie von Auswanderern, die ihr Glück auf dem amerikanischen Kontinent gesucht haben und auf der Schifffahrt dort hin umgekommen sind. Da ist man dann fast froh, dass es auf dem Rhein keine großen Stürme gibt (auch wegen dem etwas headbangerfeindlichen Einfluss einer schaukelnden MS Rheingold). Als die Iren mit dem traditionellen Schlusssong 'Gods To The Godless' ihr Set beenden und schweißgebadet in den kleinen Backstagebereich zurückkehren, legt das Schiff gerade wieder an und entlässt die metallischen Matrosen ins Koblenzer Nachtleben.

Setlist:
The Golden Spiral
The Gathering Wilderness
Burning Season
Song Of The Tomb
To Enter Pagan
Coffin Ships
Sons Of The Morrigan
Gods To The Godless

Und mehr als einer ist begeistert von diesem einmaligen Abenteuer, das hier gerade stattgefunden hat, von dieser grandiosen Flussfahrt mit allem, was das Metallerherz begehrt und dem glücklichen Ausgang der ersten Metal Cruise: Alle Karten wurden verkauft, die Bands haben auf ganzer Linie gepunktet, und keiner ist in den Rhein gefallen - trotz hohen Alkoholkonsums. Ende Oktober ist man bereit für einen zweiten Teil der Heavy-Metal-Schifffahrt, und diesmal wird der Headliner eine Urlegende des Thrashs sein ... lasst euch überraschen und sichert euch schnell eure "Fahrkarte to Hell"!
[Caroline Traitler]

Redakteur:
Caroline Traitler

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