Metal Female Voices Festival - Wieze (BE)
31.10.2007 | 07:5620.10.2007, Oktoberhallen
Wer bei einem Namen wie "Metal Female Voices" gleich an ein reines Gothic-Metal-Event denkt, der hat nur bedingt recht, denn die Veranstalter des mittlerweile gut etablierten Festivals rund um Metal mit Frontfrau verschreiben sich jedes Jahr einer interessanten stilistischen Vielfalt. Der Schwerpunkt liegt zwar auf gutem alten Gothic Metal, doch hat man mit dem Warm-Up am Freitag gleich mal Bands wie DORO, BENEDICTUM und HOLY MOSES verpflichtet, die nun Soundtechnisch wirklich etwas ganz anderes machen - und auch sonst zeigt das Metal Female Voices Festival, dass es in Sachen Metal mit Sängerin mehr Abwechslung gibt, als man vielleicht vermuten mag.
DISTORTED
Nach einem frühen Flug und einer etwas chaotischen Reise zum Hotel und zur Halle komme ich gerade rechtzeitig, um DISTORTED aus Israel sehen zu können. Die talentierte Band rund um Frontschönheit Miri kämpft am Anfang zwar mit technischen Problemen (die Stimme ist viel zu leise und wirkt daher zuerst noch etwas unsicher), doch nach einigen Songs rocken DISTORTED einfach nur mächtig ab. Der interessante Mix aus extrem coolen Riffs (die öfters mal nach Göteborg schielen), einer kräftigen weiblichen Stimme und einem angenehmen progressiven Einschlag macht DISTORTED zu einer der spannendsten Entdeckungen des Tages!
DRACONIAN
Eine ganz andere Richtung schlagen da schon DRACONIAN ein, die das Tempo eindeutig zurückschrauben und uns in ihre wunderschöne Doom-Melancholie hüllen. Dabei haben die Schweden, seitdem ich sie das letzte mal am Summer Breeze 2005 sehen konnte, einen eindeutigen Schritt nach vorne gemacht, und vor allem die Stimme von Lisa Johansson hat sich mächtig verbessert. Sänger Anders Jacobsson ist zwar mit seinem traurigen Gesang immer noch der düstere Mittelpunkt im Sängerduett, doch Lisa hat den Part als Engelsstimme mittlerweile ganz gut im Griff - und auch wenn es Kolleginen gibt, die sicher mehr Stimmvolumen aufweisen können, so passen ihre Vocals einfach perfekt zu DRACONIAN. Eine perfekte Abwechslung und ein toller Abestecher in doomige Sphären!
BATTLELORE
Vielfalt, ja das ist heute wirklich das Motto des Tages, denn BATTLELORE sind ebenfalls in einem ganz anderen Fahrwasser unterwegs als die vorangegangenen Kollegen. Die Finnen mit dem Tolkien-Faible sind immer wieder gute Entertainer und mit ihren Kostümen, ihrer bezaubernden elfenhaften Sängerin Kaisa Jouhki und dem kriegerisch aussehnden Tomi Mykkänen als Grunzer und Schwertträger sind BATTLELORE Garanten für kurzweilige Unterhaltung. Und bei Ohrwürmern wie 'Ocean's Elysium', 'Buccaneers Inn' oder dem Hit 'Sons Of Riddermark' kann eigentlich nicht viel schief gehen.
Setlist:
Ghan Of The Woods
Ocean's Elysium
Into The New World
Buccaneers Inn
We Are The Legions
House Of Heroes
Beneath The Waves
Summon The Woods
Sons Of Riddermark
Pallando
SERAPHIM
SERAPHIM aus Taiwan haben mit Quinn Weng eine süße und talentierte Sängerin, machen ihre Sache wirklich nicht schlecht und präsentieren uns Power Metal mit Operngesang, was an sich nicht so uninteressant klingt. Doch die Mucke der Asiaten zündet irgendwie nicht richtig, wirkt wie auf dem Reißbrett zusammengeschustert und in Folge dessen auch ziemlich gekünstelt. Mag sein, dass das Ganze auf dem asiatischen Markt einen Riesenerfolg feiert, in Europa treffen SERAPHIM allerdings auf ein kulturell anderes Publikum, das sich nur bedingt mit dem Sound der Truppe anfreunden kann.
DELAIN
DELAIN sind die Shootingstars aus Holland: Die Band rund um Ex-WITHIN TEMPTATION-Keyboarder Martijn Westerholt zelebriert typisch Niederländischen Gothic Metal, hat mit Sängerin Charlotte Wessels allerdings eine extrem angenehme und markante Stimme mit an Bord, die sich kaum den gängigen Trällerelsen-Klischees zuordnen lässt. Denn erstens rockt die Dame einfach nur, kommt im einfachen Outfit auf die Bühne und überzeugt mit einer kräftigen Stimme, die perfekt zu den teilweise sehr poppigen und nicht überladen kitschigen Nummern passt. Dass die Band mit dem Ohrwurm 'Frozen' in ihrer Heimat einen Hit gelandet hat, verwundert nicht, denn der Song bleibt unweigerlich im Ohr kleben, und auch Songs wie 'The Gathering' (welches auf dem Album zusammen mit Marco Hietala von NIGHTWISH gesungen wurde) kommen super an. Das Publikum feiert jede Nummer mit Begeisterung und DELAIN hinterlassen nicht nur bei mir einen Wow-Effekt und eine Menge Ohrwürmer inklusive Gänsehaut-Songs. So eine Energie erlebt man nicht alle Tage!
Setlist:
Silhouette Of A Dancer
Shattered
Frozen
No Compliance
Day For Ghosts
Shadow See Me In
The Gathering
Seven
Sleepwalker Dream
Pristine
ELIS
Eigentlich sollten die Liechtensteiner schon letztes Jahr auf dem Metal Female Voices Festival spielen, doch der tragische Tod von Sängerin Sabine Dünser zwang die Band dazu, den Gig zu canceln. Mit neuer Energie und Sandra Schleret als neue Frontdame steigen ELIS allerdings zum emotionalen Highlight des Abends auf und legen eine überzeugende Performance mit sämtlichen Bandhits hin. Vor allem als Sandra den Song 'Show Me The Way' der verstorbenen Sabine widmet, steckt so manchen ein Kloß im Hals und die nette Geste wird natürlich mit Applaus und fleißigem Mitsingen gehuldigt. ELIS zeigen, dass sie trotz des tragischen Schicksalsschlags weiterhin ihren Weg gehen, haben mit Sandra eine wirklich gute Nachfolgerin gefunden und werden dabei von ihren Fans lautstark unterstützt. Ein Emotionaler Auftritt, der so schnell nicht in Vergessenheit gerät!
FLOWING TEARS
Endlich wieder FLOWING TEARS live auf einer Bühne! Lange, sehr lange ist es her, seitdem ich die talentierte Truppe das letzte mal live in Action sehen konnte, und so freue ich mich umso mehr auf mein persönliches musikalisches Highlight des Abends. Und werde nicht enttäuscht, denn vor allem Sängerin Helen ist so "Bühnengeil", dass sie bei diesem Auftritt einfach alles gibt und sämtliche Energie in die Show steckt. Hier stimmt einfach alles: Der Gesang, das Charisma, die Interaktion mit den Fans. FLOWING TEARS sind einfach eine dieser Bands, die mir von Anfang bis Ende ein Dauergrinsen ins Gesicht zaubern und Gänsehaut ohne Ende heraufbeschwören, vor allem weil Helen mit ihrer Stimme wahre Wunder vollbringt und sich angenehm vom Trällerelsen-Klischee distanziert (was auch einige dezent eingebrachte und wirklich geniale Growls beweisen). Mit Songs wie 'Razorbliss', 'Swallow' oder dem wunderschönen 'Merlin' kann man aber auch nicht viel falsch machen - und so bleibt am Ende dieser energiegeladenen Show eigentlich nur ein Wunsch offen: Wir wollen ein neues Album, wir wollen weitere Auftritte!
Setlist:
Razorbliss
Serpentine
Swallow
Unspoken
Undying
Starfish Ride
Merlin
Virago
SIRENIA
Morten Veland ist zweifellos ein talentierter Musiker und Songwriter, und hat seit dem Beginn von TRISTANIA die Musikwelt mit unvergesslichen Melodien beschenkt. Und auch mit SIRENIA setzt er diesen Weg konsequent fort, doch heute mag das Ganze nicht so recht zünden, die Band wirkt unkonzentriert und - was noch viel schlimmer ist - relativ lustlos. Klar, Monika Pedersen ist eine gute Sängerin und hat auch schon am Summer Breeze bewiesen, dass ihre Stimme einfach gut zum Sound der Norweger passt, doch heute verliert sie ob der großartigen Konkurrenz ein wenig an Glanz und SIRENIA werden spätestens nach drei Songs einfach nur langweilig. Schade, denn von der Truppe rund um Morten Veland war ich eigentlich mehr gewöhnt. War wohl ein schlechter Tag ...
EPICA
Als ich EPICA das erste mal sah, spielten Sie vor gerade mal 40 Nasen im Hafen in Innsbruck und wirkten angesichts der etwas verhaltenen Publikumsreaktion ziemlich verloren. Klar, die Show war schon damals einfach gut, doch was EPICA einige Jahre später zaubern, das bedarf an manchen Stellen der Erfindung neuer Superlative! Denn Simone Simmons ist nicht nur eine wunderhübsche Frau, nein, sie hat sich auch stimmlich mächtig verbessert und ist ein Naturtalent, was Stageacting und Charisma angeht. Simone strahlt, bewegt sich elegant, präsentiert ein stilsicheres Outfit, schenkt den Fans ein ansteckendes Lächeln und wirkt einfach nur extrem sympathisch mit ihren netten Ansagen und ihrem natürlichen Verhalten. "EPICA spielen jetzt circa schon zum zehnten Mal hier und ihr mögt uns immer noch!" kommentiert Simone die Tatsache, dass die Band tatsächlich als Stammgast auf dem Metal Female Voices Fest auftritt. Doch die Fans stört es kaum, was man an den zahlreichen EPICA-Rufen merkt, die schon vor dem Auftritt der Band die Halle füllen. Mit neuen und alten Songs und einer Menge Pyro-Effekte spielt sich die Band durch ein perfektes Set, welches mit 'Cry For The Moon' auch noch den absoluten Band-Klassiker präsentiert. EPICA sind live einfach eine Macht, egal ob man sie auf CD nun mag oder nicht, aber was die Holländer live rüberbringen, ist höchste Gothic-Metal-Liga!
Setlist:
Indigo
The Obsessive Devotion
Menace Of Vanity
Chasing The Dragon
Quietus
Never Enough
Cry For The Moon
Fools Of Damnation
Sancta Terra
Consign To Oblivion
LEAVES' EYES
Heute ist der große Tag von LEAVES' EYES, denn die Show wird mitgefilmt und nächstes Jahr als DVD auf den Markt gebracht. Für dieses besondere Event hat sich die Band natürlich alle möglichen Extras ausgedacht, so ziert ein riesiges Wikingerschiff die Bühne und zahlreiche Lichteffekte, Pyros und Projektionen auf einer Videoleinwand, die gleichzeitig auch das Segel des Schiffs ist, geben dem Auftritt den nötigen Bombast und optischen Feinschliff. Mit 'Farewell Proud Men' eröffnen Liv und ihre Jungs einen Auftritt voller Emotionen und posen zunächst mal auf dem großen Bühnenschiff, bevor sich Liv elegant in einem wunderschönen, wehenden Kleid langsam die Stufen hinab begibt. Liv zeigt sich an diesem Abend überhaupt sehr souverän, glücklich und wirkt in ihren insgesamt vier verschiedenen Kleidern einfach bezaubernd. Da kauft man ihr auch die vermissende Wikingerbraut ab, und als noch Alex Krull auf die Bühne kommt, um die Growl-Parts zu übernehmen, sieht man dem Duo wirklich an, dass sie zusammen gehören und auch auf der Bühne einfach ein perfektes Paar sind. Feuersäulen, bunte Knaller, viel Rauch, Glitter und sogar Kunstschnee kommen während der Show zum Einsatz. Dabei wird vor allem der Schnee (Schaumflocken, die aussehen wie Schnee und sanft auf die ersten Reihen hinabfallen) beim Bandsong 'Leaves' Eyes' zum absoluten Hingucker und Überraschungseffekt. Bei 'Mourning Tree' und 'For Amelie' kommt sogar Cello-Spieler Timmy auf die Bühne, um die Band zu unterstützen. LEAVES' EYES lassen keinen Hit aus und haben zu jedem Song auch noch die passende Videountermalung auf der Leinwand (meistens mit wunderschönen Bildern aus Norwegen) und bieten mit 'Legend Land' und dem Ohrwurm 'Elegy' inklusive Glitzerregen einen fulminanten Abgang, der bei vielen Anwesenden einfach nur Staunen hinterlässt. Dieses Ereignis schaut man sich auch gerne noch einmal auf DVD an!
Setlist:
Intro - Vinland Saga
Farewell Proud Men
Ocean's Way
The Crossing
Into Your Light
The Thorn
Mourning Tree
For Amelie
Skraelings
Temptation
Tale Of The Seamaid
New Found Land
Leaves' Eyes
Solemn Sea
Lovelorn
Legend Land
Elegy
Outro - Mot Fjerne Land
Fazit:
Das Metal Female Voices Festival hat sich zu einem wirklich einmaligen und stimmungsvollen Event entwickelt und bietet neben einer wirklich gemütlichen und unstressigen Atmosphäre, fairen Preisen und einer tollen Halle auch ein abwechslungsreiches und stets mit Highlights gespicktes Programm. So macht Metal mit Frauengesang einfach Spaß - wer sich auch nur ein bisschen für dieses Genre erwärmen kann, sollte sich das nächste Metal Female Voices auf keinen Fall entgehen lassen, es lohnt sich!
- Redakteur:
- Caroline Traitler