Metal For Fairness - Wien

03.09.2006 | 21:41

05.05.2006, Planet Music

Feine Sache: Unter dem Banner "Metal For Fairness" haben Wiener Schüler einen Konzertabend auf die Beine gestellt, der es nicht nur in sich hatte, sondern der vor allem auch einem guten Zweck dient. So gehen sämtliche Einnahmen an eine Mädchenschule im Sudan, was, wie ich finde, eine sehr lobenswerte Investition ist - schließlich ist das Krisengebiet Darfur momentan wieder aktueller denn je.
Und bei einem fairen Eintrittspreis von 15 Ocken kann man auch angesichts des Gebotenen (immerhin fünf bunt gemischte Bands) absolut nicht meckern.

So kam ich dann auch zu meinem ersten Besuch im Planet Music zu Wien, eine Location, die man zumindest mal gesehen haben sollte. Fragt man sich ein bisschen durch die Leute, so kristallisieren sich schnell zwei Hauptkritikpunkte heraus: der scheinbar stets mittelmäßige bis miese Sound, außerdem das teure (3,70€ für 0,5 Liter, hart an der Grenze) und wässrige Bier. Sei's drum, auf der anderen Seite bietet das Planet Music immerhin noch eine gemütliche Bar, aus der man per Bildschirm auch das Geschehen in der Halle verfolgen kann. Auch die Mattscheiben weiter hinten in der Halle sind eine Idee, die sich gerne weiter verbreiten darf - "Ich hab nix gesehen" gehört damit wohl der Vergangenheit an.

MADOG

Den Anfang machen die Power-Metaller von MADOG, von denen wir dank des Wiener Stadtverkehrs nur noch den letzten Song mitbekommen. Schade eigentlich, denn die Jungs klingen wie eine Mischung aus alten HELLOWEEN, die zusammen mit ebenso alten BLIND GUARDIAN 'ne Runde jammen. Hätte ich gerne mehr von gehört.

PERISHING MANKIND

Als nächstes sind dann die einheimischen Melo-Deathster mitsamt Frau hinterm Drumkit an der Reihe. Zwar ist der Sound arg durchwachsen, aber das hält die mittlerweile recht ordentlich versammelten Leute nicht davon ab, die Truppe lautstark zu unterstützen. Heftig, was zu so früher Zeit im Billing schon an Bangaktivität zu verzeichnen ist. Der Sänger glänzt nicht nur stimmlich, sondern überzeugt vor allem auch durch sein QUEEN-Shirt - der Mann hat halt Geschmack!
Musikalisch gibt's ne ganz feine Mischung aus IN FLAMES, DARK TRANQUILLITY und 'nem Schuss Moderne, alles nicht 100% eigenständig, aber gut genug gemacht, dass es nicht anödet. Das sieht das Publikum auch weiterhin so und spendet den Ösis lauten Applaus. Zu Recht, denn der stellenweise richtig geile Groove sowie der gute cleane Gesang sind definitiv ein paar Klatscher wert. Gut gemacht!

FINAL BREATH

Danach gibt's Death-Thrash aus deutschen Landen - da fühlt man sich doch gleich wieder heimisch. Front-Chaot und -Kasper Eumel grinst sich wie gewohnt 'nen Wolf auf der Bühne und glänzt mit grenzdebilen, lustigen Ansagen. Schließlich sei man nur zum Saufen hier, und so weiter und so fort. Ein bisschen bekommt man auch den Eindruck, als hätte die Finale Brezel schon vor dem Gig einen getankt - was allerdings laut Eumel, der sich beschwert, dass man eben erst angekommen sei und noch gar nichts trinken konnte, nicht der Fall gewesen sein soll. Vielleicht liegt's auch am grottigen Sound, dass hier nicht die große Freude aufkommen mag, zumindest bei meiner Wenigkeit. Der Rest der Anwesenden sieht das ein bisschen anders, denn FINAL BREATH werden hier nach allen Regeln der Kunst abgefeiert, was mich dann ja auch wieder freut. Wieso die Jungs allerdings immer den gleichen Soundmenschen dabeihaben - und das bei solchen Resultaten - verwundert dann doch. Vielleicht lag's ja nur an der Location?
Auch das Timing der Musiker führt zu einigen hochgezogenen Augenbrauen, die gar noch höher schnellen, als Eumel mir nach dem Gig eröffnet, dass man "sowieso nie proben" würde. Alles klar! Wer dann in der Lage ist, einen Auftritt abzuliefern, bei dem der Band die komplette Halle zu Füßen liegt, der muss es wohl einfach draufhaben. Prost!

Setlist:
Intro
Strong Pain
Eyes Of Horror
Exposed To Hatred
Empty Eyes
Greed For Revenge
Under Pressure
Mind Explosion
Let Me Be Your Tank
Bemoaned Animosity
---
To Live And To Die
Coma Divine

GRAVEWORM

So, und jetzt wieder einheimische Mucke. Naja, fast, denn die Jungs und das Mädel von GRAVEWORM sind nicht nur die absoluten Publikumslieblinge, sondern aus Südtirol kommend auch den Österreichern ganz nah. Meister Fiori hat natürlich stilecht sein AC Mailand-Trikot an (den schreibenden Rüsselsheimer erfreut der Hauptsponsor), was mir im Nachhinein betrachtet immer noch lieber als ein Italia-Trikot ist...
Doch zurück zur Musik: die konnte mich bei den Grabwürmern seit meinem persönlichen Meilenstein der Band namens "As The Angels Reach The Beauty" nie mehr wirklich begeistern. Auch heute nicht - wenn man jedoch sieht, wie das rappelvoll gefüllte Planet Music geschlossen zu jedem, aber auch jedem Song abgeht, mosht, bangt und sich einen abfreut, dann ist das schon beeindruckend und ergreifend. Hinzu kommt, dass die Musik der Südtiroler livehaftig einfach noch besser funktioniert als auf Platte, da Sabines Keys total im Hintergrund agieren, nichts zukleistern und somit das Aggresivitätslevel um einige Stufen gesteigert wird. Macht durchaus Spaß, das. Selbst das MAIDEN-Sakrileg namens 'Fear Of The Dark' nimmt man GRAVEWORM nicht mehr allzu übel, wenn man sieht, wie die Menge dazu erneut ausrastet. Passend dazu bittet Stefan noch einen Fan auf die Bühne, der zusammen mit ihm den Refrain grunzen darf. Klasse! Ist zwar alles irgendwie nicht meins, aber es lässt sich unter diesen Bedingungen einfach prächtig feiern und Spaß haben.

Setlist:
I-The Machine
Dreaming Into Reality
(N)utopia
Legions Unleashed
Dreaming Beauty
Awaiting The Shining
Hateful Design
Fear Of The Dark
Unhallowed By The...
---
Never Enough
Abhorrence

BRAINSTORM

Den krönenden Abschluss eines tollen Konzertabends bieten dann Andy Franck und seine Mannen - eine bessere Verpflichtung hätte man wohl kaum für diese Position an Land ziehen können. Schade nur, dass dies viel zu wenige der Anwesenden ebenso sehen: Plötzlich herrscht eine gähnende Leere vor der Bühne, als hätte der Headliner schon gespielt und gäbe es nur noch eine Aftershow-Party-Truppe zu begutachten. Hallo, das hier sind immerhin BRAINSTORM! Aber scheinbar erfreut sich der knackige Power Metal aus good ol' Dschörmenie im Nachbarland nicht allzu großer Beliebtheit, es steht zu vermuten, dass die meisten Besucher eher wegen GRAVEWORM da waren und allgemein auch vermehrt die ganz harte Fraktion anwesend war, die cleanen Gesang und schöne Melodien nicht unbedingt abkann. Tscha, Pech gehabt! Denn die noch anwesenden Besucher feiern zusammen mit BRAINSTORM eine Party, die sich gewaschen hat. Hätte nicht gedacht, dass so wenige Leute so viel Lärm machen können, und auch Andy zeigt sich beeindruckt, zollt den Verbliebenen Respekt und freut sich sichtlich, mal wieder in Österreich gastieren zu können. Überhaupt, Stichpunkt "Freude": Schaut man Todde, Andy oder sonstwem aus der Band ins Gesicht, so wird einem schnell klar, mit wie viel Herzblut die Jungs hier bei der Sache sind. Das schlägt sich dann in der Tatsache nieder, dass der Gehirnsturm einfach eine unschlagbar gute Liveband ist, die auf der Bühne fast noch besser als auf Silberscheibe zu klingen vermag. Egal ob neue Sachen von "Liquid Monster" ('Worlds Are Coming Through', 'Inside The Monster'), mittelaltes wie 'Blind Suffering' (Ohrwurmgranate!) und 'Hollow Hideaway' oder gar alte "Hungry"-Schinken: Die Menge tobt, Andy singt wie ein junger Gott und bei den Refrains kann man fast nicht anders als froh gesinnt mitzusingen. Ganz besonders 'All Those Words' kommt wieder super an, und auch hier hallt nach dem Song noch die Melodie aus vielen Kehlen nach. Scheint wohl endgültig die neue BRAINSTORM-Hymne schlechthin zu sein.
Während des Gigs betreten noch ein paar Initiatoren der Metal For Fairness-Aktion die Bühne und freuen sich sichtlich, neben Andy stehen zu dürfen um ein paar warme Worte des Dankes an das Publikum zu richten. Wir danken euch!

Summa summarum ein gelungener Abend, bei dem es besonders freudig stimmt, dass sich viele Leute im Planet Music eingefunden haben - somit dürfte die Spendenaktion auch auf ganzer Linie ein Erfolg gewesen sein, die, wenn es nach mir geht, gerne sehr viele Nachahmer finden darf.

Redakteur:
Rouven Dorn

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