Metal Forces Festival - Hamburg
01.11.2025 | 12:4420.09.2025, Markthalle
Wo in den letzten Jahren meist ein Festival zum Print-Magazin DEAF FOREVER stattfand, hat deren ehemaliger Mitherausgeber nun den Startschuss für sein eigenes Festival abgegeben, das "Metal Forces-Festival". Ein Line-Up, welches sich mehr als sehen lassen kann, hat unsere faulen Popos natürlich dorthin gezogen.
Den wirklich wunderbaren Nachmittag in der Hamburger Markthalle eröffnen darf, bei dieser ersten Ausgabe des top organisierten Mini-Festivals, MEGATON SWORD, eine der momentan angesagtesten Epic-Metal-Bands. Im vergangenen Jahr heizten die Schweizer dem Hamburger Publikum beim "Hell Over Hammaburg" schon einmal ordentlich ein. Ich war damals leider nicht dabei und bin nun bei meinem ersten Konzert des Schwerts umso gespannter.

Die heutige Setliste von MEGATON SWORD weicht von der Setliste von vor einem Jahr nur gering ab. 'Realms To Conquer' weicht 'Wastrels' und die Reihenfolge wird etwas abgewandelt. Damit bleibt es auch in diesem Jahr dabei, dass die Band einen schönen Querschnitt aus dem bisherigen Schaffen vorstellt, bei dem auch die erste EP nicht zu kurz kommt.
Belohnt wird das mit ausgelassener Stimmung in der bereits gut gefüllten Halle, mit vielen schwingenden Fäusten und röhrenden Kehlen. Dabei röhrt natürlich niemand so martialisch wie Frontmann Uzzy Unchained, der heute jedes einzelne anwesende Ohr mitnimmt auf seinen blutigen Reisen. Aber auch insgesamt wirkt die Schwerterbande heute perfekt eingespielt. Es dringt nicht jede Ansage zwischen den Songs bis zu den Köpfen des Auditoriums, aber das ist nicht weiter tragisch, denn die 45 Minuten Spielzeit werden sowieso fast ausschließlich für rohen Metal verwendet.
Für mich hätten es doch noch ein paar Songs mehr vom aktuellen Album "Might & Power" sein können, das ich doch eine ganze Stufe über die anderen beiden Veröffentlichungen stelle. Aber vielleicht sparen die Schweizer sich Großartigkeiten wie 'Babe Eternal' (ja, unbedingt!) und 'Raikaszi' ja für eine zünftige Headliner-Tour auf. Interesse scheint ofensichtlich ausreichend vorhanden zu sein, wenn ich mich im freudig erregten Rund der Markthalle so umblicke. Applaus allerorten, Sprechchöre und Gebrüll begleiten den herrlichen Auftritt, von dem ich mir bitte schnell einen Nachschlag ersehne.
Setliste: The Raving Light Of Day; Wastrels; Verene; Songs Of Victory; Iron Plains; Power; For Glory; Blood Hails Steel - Steel Hails Fire; Pristine War
[Marius Lühring]
Nun ist es an der Zeit für weiß-behosten Gute-Laune-Metal vom schwarzen Chris und seinen HIGH SPIRITS. Schon beim eröffnenden 'Flying High' scheint die Sonne in der Markthalle zu scheinen und beim nachfolgenden 'This Is The Night' grinst sie auch aus jedem Löchlein in den zumeist schwarzen Beinkleidern der Anwesenden.
Ich muss allerdings erstmal sortieren, dass Aktivposten Bob Scott nicht mehr am Start ist. Das hatte ich irgendwie nicht mitbekommen. Sein Nachfolger Darren Amaya von BIBLE OF THE DEVIL macht seine Sachen natürlich ebenfalls sehr gut, allerdings kann er die riesengroßen Fußstapfen seines Vorgängers in Sachen Stage-Präsenz nicht gänzlich ausfüllen. Meckern auf hohem Niveau. 'Restless' und das beschwingte 'In The Moonlight' lassen weitere Sonnenstrahlen hinein und wer bei so einer herzzerreißend mitreißenden Performance nicht mit breitem Grinsen und geballtem Fäustchen vor der Bühne steht, ist emotionstot.
Auch wenn ich im stillen Kämmerlein noch immer auf eine Fortpflanzung von PHARAOH hoffe, sehe ich Chris voll in seinem Element. Seine ganze Körpersprache sagt hier und heute nur eines: Ich habe Spaß! Und genau diese extrem positive Energie überträgt sich erneut auf die ganze Meute in der Markthalle. 'Face To Face' und ' I Need To Know' ändern daran wenig.' Do You Wanna Be Famous' würde die Band wohl eher mit "Nö." Beantworten, die Sachlage ist heute allerdings eine andere.
'Memorries' hatte ich nicht erwartet, kommt aber gut. Überraschenderweise folgt nun bereits DIE Hymne 'High Spirits', die aus allen Kehlen mitgesungen wird. Erinnerungen an ein "Hell Over Hammaburg" werden wach. Das Abschluss-Tripple'Full Power', 'Another Night In The City' und 'Nights In Black' runden die ganze Angelegenheit stilvoll ab und ich vermisse im Rückblick eigentlich nur 'When The Lights Go Down'. Völlig Banane! Es ist mal wieder super!
Setliste: Flying High; This Is The Night; Restless; In The Moonlight; Face To Face; I Need To Know; Do You Wanna Be Famous; Memories; High Spirits; Full Power; ANother Night In The City; Nights In Black
[Holger Andrae]
Es folgen die Senkrechtstarter von IOTUNN, eine dänische Band, die ich eigentlich total sensationell finden müsste. Ihr lest es am verwendeten Konjunktiv, es gibt einen Haken. Besser gesagt sind es wohl gleich derer zwei: Meine Ohren. Obwohl die Band sehr klar dem von mir gern goutiertem Genre Progressive Metal zugeordnet werden kann und ich wirklich immer wieder neue Versuche gestartet habe, die beiden Alben toll zu finden, verweigern meine altmodisch veranlagten Ohren, Begeisterung zu übermitteln.
Dass der Großteil der Anwesenden Metalfreaks in der Markthalle dies komplett anders sieht, ist schnell klar, denn die ordentlich gefüllte Räumlichkeit ist von einer gespannten Begeisterung erfüllt, da die meisten IOTUNN wohl zum ersten Mal sehen. Wie erwartet, hat sich unter der Kaputzen-Kutte nicht Studio-Sänger Jón Aldará versteckt, sondern Morten Bering Bryld, der bereits in der Vergangenheit zur Live-Besetzung gehört hat. Vom ersten Ton an, gehen die ersten Reihen komplett steil und ich versuche, in die langen Songs hineinzufinden.
Sofort fällt der extrem gute Gesang auf. Die kraftvolle, tiefe Stimme von Morten hat eine gewisse Magie in sich, der auch ich mich nicht entziehen kann. Mein größtes Problem sind die Soundwände, die die Band erzeugt. Es ist diese Art modernen Metals, in der ich keine Hooks finden kann. So geht es mir auch in der Live-Situation wie beim Anhören der Alben. Während die Musik läuft, finde ich es gut, teils sogar spannend, aber sobald die Musik verklungen ist, weiß ich keine Note vom gerade Gehörten mehr. Es entsteht keine emotionale Verbindung. Vielleicht ein typisches Merkmal von Rockmusik, in der kopflose Bässe benutzt werden. Ein Instrument für Mathematik-Studenten, welches ich schon rein optisch ziemlich seltsam finde. Ihr merkt es: Silberrücken-Ansichten.
Die Band selbst ist super tight und hat offenbar sehr viel Freude, denn man sieht überall strahlende Gesichter - auf und vor der Bühne. Da auch klangtechnisch alles im grünen Bereich ist, kann man sich als Fan der Band sicherlich wunderbar in den elegischen Nummern verlieren. Die Ausbrüche in den dunkelbunten Metalbereich brauche ich natürlich auch nicht, aber sie sorgen auf jeden Fall dafür, dass man noch mehr Facettenreichtum aufbietet. Wer gleich mal mit einem neunminütigen Hit in sein Set einsteigt, hat Vertrauen in sein Material und dies auch völlig berechtigt, denn sofort fliegen Haare, recken sich Fäuste und singen etliche Kehlen begeistert mit. Beim akustischen Intro des noch längeren 'Kinship Elegiac' bekomme sogar ich eine leichte Gänsehaut durch den sakralen Gesang. Das ist schon extrem gefühlvoll dargeboten. Schade, dass im weiteren Verlauf die "Fisherman's Friends" alle waren und der Harsch-Gesang einsetzt. Wie gesagt, nur für meine Ohren ein Manko, denn gerade bei diesen Passagen gehen fast alle Anwesenden komplett steil. 'Earth To Sky' legt dann gleich mit einem Tempo vor, welches meine olle Knochen nicht mithalten können.
Das kann aber nicht darüber hinweg täuschen, dass die Band auch hier alle Register ihres Könnens zieht und nicht wenige Matten im vorderen Bereich vor der Bühne mächtig am Kreisen sind. Das abschließende 'The Tower Of Cosmic Nihility' ist dann ein würdiges Finale, bietet dieser Song doch alle Facetten dieser abwechslungsreichen Band, die nicht für wenige der Tagessieger ist, wie ich aus Gesprächen im Laufe des Tages heraus höre.
Setliste: Mistland; Kinship Elegiac; I Feel The Night; Earth To Sky; The Tower Of Cosmic Nihility
[Holger Andrae]
Es dürfte jetzt keinen Leser überraschen, dass es sich bei AFSKY um keine Band handelt, die häufig über die heimische Beschallungsmaschinerie abgespielt wird. Black Metal ist eben selten so wirklich meine Baustelle, wobei ich es gerade mit dieser atmosphärischen Variante immer wieder versuche. Von daher hatte ich mich vorher schlau gehört und wusste grob, was mich erwarten würde.
Ole Pedersen Luk, der im Studio AFSKY im Alleingang darstellt, wird live von einer eindrucksvollen Mannschaft unterstützt, die vom ersten Song an ein intensives Gewitter über die Markthallen-Besucher niederlässt. Mit viel Nebel, der die Sicht auf den offenbar permanent unterm Sauerstoffzelt agierenden Schlagzeuger, durchweg verhindert, wird so eine Atmosphäre erzeugt, der auch ich mich nicht gänzlich entziehen kann. Die wunderbaren Rock'n'Roll-Posen der Axtschwinger zaubern mir dabei immer wieder ein amüsiert-zufriedenes Lächeln auf die Mundwinkel, was bei Black Metal zwar vielleicht die falsche Reaktion sein könnte, von mir aber durchaus sehr positiv zu verstehen ist.
Von den oberen Rängen betrachte ich die unten komplett abdrehende Meute und werde selbst immer wieder vom hypnotischen Überschall-Rhythmus mitgerissen. Der heisere Gesang stört mich in der Livesituation auch deutlich weniger als auf Konserve, denn hier passt er einfach zur dargebotenen Performance. Sehr gut gefällt mir, wie harmonisch diese vermeintlich sehr unterschiedlichen Stilistiken am heutigen Tag miteinander zu funktionieren scheinen. Die Dänen haben allerdings auch ein Gespür für beinahe verträumte Momente in ihrem ruppigem Geschredder, was sicherlich ebenfalls dazu führt, dass auch Weicheier wie ich es eines bin, hier nicht völlig überfordert, die Schotten dicht machen. Eindrucksvoller Auftritt!
Setliste: Stormfulde Hav; Frosne Vind; Tyende Sang; Vættekongen; Natmaskinen; Tak for alt; Et sidste farvel; Angst
[Holger Andrae]
Zum krönenden Abschluss eines rundum sehr gelungenen Festival-Tages gibt es epischen Schweden-Doom von SORCERER. Diese Band liebe ich seit ihrer ersten Demo-Compilation aus dem Jahr 1995, musste auf den letzten Veröffentlichungen allerdings eine leichte Tendenz zu weniger Durchschlagskraft feststellen. So bin ich beim eröffnenden 'Morning Star' auch noch nicht komplett an Bord, obwohl die Umstände alle stimmen.
Vielleicht könnte man die abwandernden Menschen als Manko betrachten, die Herrschaften auf der Bühne lassen sich davon allerdings nicht beeinflussen und treten mit einer ungeheuren Spielfreude auf. Als dann mit 'Sirens' der erste Song vom "Lamenting Of The Innocent"-Album aus der Anlage kracht, ist es auch mit meiner Zurückhaltung vorbei und ein Gang in vordere Reihen ist unausweichlich. Anders Engberg ist – wie gewohnt – bestens bei Stimme und kann natürlich die verbliebenen Doomheads allerbestens anheizen.
Auch wenn die musikalische Reise fast nur durch die letzten Alben führt, bin ich heute Abend offenbar in bester SORCERER-Laune und feiere so jeden Song komplett ab. Selbst 'Reign Of The Reaper', der Titelsong des bislang aktuellsten Albums, welche ich auf Konserve eine Spur zu seicht fand, will heute Abend sehr gut einlaufen. Im Laufe des Sets gibt es dann die verheißungsvolle Ansage, dass dies der letzte Gig für die nächsten Monate sein wird, da man nun das kommende Album vorbereiten will. Man darf gespannt sein.
'Ship Of Doom' und vor allem das hackende 'The Hammer Of Witches' laden dann zum exzessiven Kopfschütteln ein und vor allem Gitarrist Kristian Niemann ist erneut ein absoluter Hingucker. Während ich bei meinem letzten Konzert Michael Gilbert (FLOTSAM & JETSAM) mit seinem geflochtenen Bart optisch cool fand, haben wir heute eben jenen Kristian mit einem ebensolchen Kinnschmuck. Daumen hoch!
Wenn man denkt, alles wäre eh schon beinahe perfekt, kommt diese Band mit dem unschlagbaren Titelsong von "Lamenting Of The Innocent' um die Ecke und fordert noch einmal alle Kräfte der Anwesenden. Selbstverständlich bleibt bei so einem Chorus keine Lunge unbenutzt und als man danach dann auch noch die Hymne 'Sorcerer' abfeuert, ist man als Fan der Band im siebten Himmel. Danach ist dann aber wirklich Schluss und alle können mit diesen erhabenen Melodien im Ohr in die Nacht entfliehen. Großes Kino!
Setliste: Morning Star; Sirens; Unveiling Blasphemy; Abandoned By The Gods; Curse Of Medusa; Crimson Cross; Reign Of The Reaper; Ship Of Doom; Persecution/Hammer Of Witches; Lamenting Of The Innocent; Sorcerer
[Holger Andrae]
Wie man lesen konnte, war der Veranstalter mit dem Ergebnis auch zufrieden, sodass es wohl bald Informationen geben wird, wo und wann es mit dieser tollen Festival-Reihe weitergehen wird.
Photo Credit: Thomas Ertmer (besten Dank!)
- Redakteur:
- Holger Andrae






