NCN Festival 2024 - Deutzen
21.09.2024 | 00:4207.09.2024, Kulturpark
Die wohl heißeste Nocturnal Culture Night aller Zeiten.
Die siebzehnte Auflage des NCN-Festivals wird wohl vorerst als die heißeste in die Geschichte eingehen. Zumindest was die Temperaturen angeht. Denn drei Tage am Stück 30 Grad und laue Nächte sind die Festivalbesucher im Kulturpark Deutzen nicht unbedingt gewohnt. Oft hat es geregnet oder es war schon relativ frisch. Da mag man gar nicht glauben, dass die Festivalsaison 2024 langsam zu Ende geht. Wird doch bei den Bedingungen Mensch und Maschine so einiges abverlangt. Zumindest lassen sich die Besucher von den Bedingungen nicht ihre gute Laune verderben und feiern drei Tage durch. Die Technik sieht das leider anders, doch dazu später mehr.
Für uns geht es am Samstag auf das Festivalgelände. Da Traditionen bekanntlich gepflegt werden müssen, steht zuerst ein Besuch auf dem Sportplatz an. Dort bereiten sich nicht nur die Fußballer vom SV Blau-Weiß Deutzen auf ihr Heimspiel vor, sondern auch die "Ultras". Natürlich haben sich einige Festivalbesucher in diesem Jahr wieder etwas einfallen lassen, um die Mannschaft zu unterstützen. Das hat auch besser geklappt, denn heuer haben die heimischen Kicker 3:1 gewonnen. Noch fix eine obligatorische Festivalbratwurst beim Verein geholt und ab geht es in Richtung der Bühnen.
Gestartet wird bei uns an der Kulturbühne. Dort spielt die aus Miami stammende Band ASTARI NITE. DasTrio präsentiert eine interessante Mischung aus Post-Punk und Darkwave. Los geht es mit 'Tongue Tied Galore' und so nach und nach füllt es sich vor der Bühne. Den Anwesenden gefällt der Sound und so gibt es ordentlich Beifall bei einer guten Stimmung im Publikum. Der Frontmann weiß genau, wann und wie er sich in Pose zu setzen hat. Das wirkt aber glücklicherweise nicht übertrieben. Neben 'Bowie In Daydreams' erklingt auch 'Cut Her For Dialogue'. Für einige ist dieses Band eine Neuentdeckung und sie dürfen sich noch über 'Capulet Loves Montague' und 'Unfulfilled Promise' freuen. Ein sehr guter Einstand in den Festivaltag!
Völlig anders geht es danach auf der Kulturbühne mit KIM LARSEN weiter. Der dänische Musiker istheute nicht mit seiner Band OF THE WAND AND THE MOON unterwegs, sondern wandelt auf Solopfaden mit seiner Gitarre. Als Akustikgig präsentiert er den Anwesenden eine gute Auswahl seines Schaffens. Auch wenn es nur Kunstblumen sind, so hat er seinen Mikrofonständer liebevoll dekoriert und sich auch gut mit Getränken versorgt. Schließlich ist es heiß und da wird die Kehle schnell trocken. Und so lässt er sich zwischen zwei Songs auch zu einem "Hau weg die Scheiße" hinreißen und prostet dem Publikum zu. Das findet es ganz amüsant und lauscht im Anschluss weiter der Darbietung, die absolut zu überzeugen weiß.
Weiter geht die musikalische Kehrtwende in Richtung Amphibühne. Dort stehen härtere Klänge an, die A LIFE DIVIDED zu bieten hat. Zu Beginn ist die Hörerschar noch recht überschaubar, doch das hält die Band nicht davon ab, von Anfang an ordentlich durchzustarten.Betrachtet man das ganze Tagesprogramm, so ist die Truppe heute die einzige, die für rockigere Töne zuständig ist. Los geht es mit 'Hello Emptiness' und so langsam nähern sich Band und Besucher einander an. Die Jungs auf der Bühne werfen sich gut in Pose, ohne dass es dabei zu übertrieben wirkt und servieren eine gute Show, die auch klanglich stimmig ist. Auch das Publikum wird immer wieder mit einbezogen, ohne dass es zu nervig wirkt. Anstatt permanent zu fragen, wie es den Gästen geht und ob sie gut drauf sind, wird sich hier locker durch das Set gezockt. Neben zwei Coverversionen gibt es das eingängige 'Drive' und das ältere Stück 'Heart On Fire' auf die Ohren und das Publikum geht ordentlich mit. Es ist im Laufe des Gigs auch gut gewachsen und die Stimmung auf beiden Seiten könnte nicht besser sein. So ist die Begeisterung am Ende groß, als sich die Band verabschiedet. Natürlich versäumt es der Frontmann nicht, auf ihre Tour Anfang des kommenden Jahres hinzuweisen. Persönlich hätte ich mich noch über 'Matter Of Sight' gefreut, aber das erklingt heute leider nicht. Aber es war auch ohne den Song ein toller Gig.
Setliste: Hello Emptiness; Drive; Best Time; Enemy; Could You; Right Where I Belong; Sounds Like A Melody (ALPHAVILLE-Cover); Thanks For Nothing; The Lost; The Last Dance; Heart On Fire; Send Me An Angel (REAL LIFE-Cover)
Was haben die schwedische Band STORMFAGEL und die Franzosen von DERNIERE VOLONTE gemeinsam? Beide sind im Neofolk zu Hause und treten eher selten auf. Heute tun sie es sogar an einem Tag auf dem NCN. Vor gut zehn Jahren war das ebenfalls schon einmal der Fall. Am 27.04.2013 in Wien, um genau zu sein. Und genau dort war ich ebenfalls. Blöd nur, dass sich die beiden Gigs mit anderen zu stark überschneiden. Doch für einen Abstecher reicht es allemal. Am späten Nachmittag steht als erstes die schwedische Band auf der Bühne. Sänger Andreas Neidhardt hat einen Mitstreiter an der Gitarre dabei. Von Trommeln ist heute jedoch leider nichts zu sehen oder gar zu hören. Auch wenn man berücksichtigt, dass die Band selten vor Publikum steht, vermag sie mich heute nicht wirklich zu begeistern. Aber zum Glück gibt es ja noch genügend Zuschauer, denen es besser gefällt und damit ist ja alles wieder gut! Sie können sich beispielsweise an 'A Poison Tree' oder an 'Rise A Phoenix' erfreuen.
Zu diesem Zeitpunkt wäre der Gig der B.Z.F.O.S. auf der Waldbühne eigentlich schon Geschichte. Doch dieTechnik macht auf Grund der Wärme heute nicht so recht mit, was sich durch alle Tage zieht. Damit verschiebt sich der Auftritt der österreichischen Horror-Punks ziemlich weit nach hinten. Doch davon lassen sich die Musiker der BLOODSUCKING ZOMBIES FROMT OUTER SPACE nicht entmutigen und liefern später doch noch eine tolle Show ab. Leider können wir uns davon nur einen kleinen Teil anschauen. Doch die Anwesenden haben sichtlich Spaß. Vor der Bühne hat sich ein Kreis zum Altherren-Pogo zusammengefunden und feiert die Band ab. Dazwischen taucht immer mal wieder eine Stiegl-Bier-Fahne auf, die geschwenkt wird. Auf der Bühne geht es ebenfalls gruselig-beschwingt zu und alle haben ihren Spaß. Monster, Blut und gute Laune, das alles wird den Besuchern geboten, die ziemlich angetan sind von dieser Show.
So langsam dämmert es über dem Kulturpark in Deutzen und die Wärme wird langsam erträglicher. Auf der Amphibühne ist es nun recht voll geworden, denn viele Besucher wollen sich dasKonzert von EIVØR nicht entgehen lassen. Die von den Färöer Inseln stammende Musikerin und ihre Band passen jetzt wunderbar auf diese Bühne. Zugegeben, die Musik ist keine leichte Kost und alles andere als eingängig. Wer sich allerdings darauf einlässt und diese Art von Musik mag, der erlebt ein wirklich tolles Konzert. Relativ gemächlich startet die Performance mit 'Ein Klóta'. Das ist übrigens auch der Opener vom aktuellen Album "Enn", welches bei Season Of Mist erschienen ist und einen Labelwechsel mit sich brachte. Und mit neuem Material in gleicher Reihenfolge wie auf der Scheibe geht es danach auch weiter. Der Beifall, der ihr nach den Songs entgegenschlägt, scheint der Künstlerin fast unangenehm zu sein. Da ist die Gänsehaut wohl auf beiden Seiten der Bühne vorhanden! Das Publikum lässt sich in dieser lauen Spätsommernacht von den schmeichelnden Klängen verzaubern, 'Trøllabundin' könnte dafür glatt gemacht worden sein. Nach dem verträumten 'Gullspunnin' müssen die Anwesenden erst einmal wieder zu sich finden. Wieder fällt tosender Beifall über die Band hernieder. Diese bedankt sich in Form der Zugabe 'Falling Free'.
Setliste: Ein Klóta; Jarðartrá; Hugsi Bert Um Teg; Skyscrapers; Trøllabundin; True Love; Enn; Upp Úr Øskuni; Salt; Í Tokuni; Gullspunnin; Zugabe: Falling Free
Die Darbietung muss zunächst etwas verdaut werden und während DIE SELEKTION und HOCICO die Besucher erfreuen, müssen wir uns ein wenig stärken, bevor es zu IAMX an gleicher Stelle geht. AnSound und Auftreten scheiden sich ebenfalls die Geister. Für die einen ist er ein genialer Künstler und Musiker und für die ein anderen ein komischer Typ in Strumpfhosen und alberner Maske. Zumindest präsentiert er sich an diesem Abend so. Dazu mit fast freiem Hinterteil. Die Besucher stört das weniger, als Szenegänger ist solch ein Anblick jetzt auch nicht so ungewöhnlich. Jedenfalls wird der Gig mit Spannung erwartet und es sollen die Erwartungen erfüllt werden. Der Sänger agiert heute mit einer Dame am Keyboard und einem Schlagzeuger. Dennoch lässt er es sich nehmen, einen Verzerrer zu bedienen. Ab und an reizt er das ganz schön aus. Bedenkt man, dass die Band gerade auf Tour ist und mit "Fault Lines²" ein neues Album am Start hat, so verwundert einen die Setlist doch etwas. Gerade ein Song davon hat es ins heutige Programm geschafft. Doch zurück zur Show. Im ziemlich spärlich beleuchtetem Bühnenbild agieren die Musiker. Diverse Leinwände untermalen den Sound, was ein recht gutes Gesamtbild abgibt. Corner, der selbst ernannte Heiland, hat an diesem Abend die Menge perfekt im Griff und spielt mit Nähe und Distanz. Die Fans tanzen und erfreuen sich an diesem Konzert. Das klappt beispielsweise bei 'Sailor' hervorragend. Der Bandklassiker 'I Come With Knives' wird auf der Bühne regelrecht zelebriert und vor der Bühne gibt es kein Halten mehr. Das Tolle ist dennoch, dass auch die neueren und nicht so bekannten Stücke vom Publikum belohnt werden, ohne dass es da große Unterschiede gibt. Das ist im Anschluss bei 'Neurosymphony' genauso. Ist es doch der einzige Song vom aktuellen Album an diesem Abend. Und das Hitfeuerwerk geht mit 'Spit It Out' gleich weiter. Schließlich sorgt der Song für volle Tanzflächen in den Clubs. Es bleibt also wenig Zeit zum Durchatmen. Erst nachdem 'The Alternative' verklungen ist und die Musiker sich verabschieden wollen, bemerkt man, wie schnell doch die Zeit vergangen ist. Die Band lässt sich feiern und es dauert nicht sehr lange, als es mit einer ersten Zugabe weitergeht. Auch diese beginnt mit dem älteren 'Happiness', zu dem sich Herr Corner fast die Seele aus dem Leib schreit. Etwas ruhiger, dafür vertrackter, präsentiert sich im Anschluss 'No Maker Made Me'. Danach geht es wieder runter von der Bühne und die Menge spendiert viel Applaus und fordert noch einen Zuschlag. Die Pause dauert jetzt etwas länger. Doch da das Licht noch nicht angegangen ist, besteht Hoffnung auf weitere Songs. Und sieh an, die Musiker erklimmen noch einmal die Bühne. In der Hitkiste hat die Band gut gekramt und holt 'Bernadette' heraus! Die Gäste sind davon angetan und feiern das Trio ab. Als der Song sich dem Ende neigt, verlassen die Musiker die Bühne. Allerdings sieht es so aus, als wäre man sich da nicht ganz einig, ob es noch weitergehen soll oder nicht. Die Gäste bedanken sich mit viel Beifall und hoffen noch ein wenig. Leider wird dem Wunsch nicht nachgekommen und nach einiger Zeit geht das Licht auf der Bühne an. Schade ist, dass eine richtige Verabschiedung der Band von ihrem Publikum nicht stattfindet. Zumal es alles gegeben hat. Aber das ist auch schon das einzige Manko am Konzert. Die vielen zufriedenen Gesichter sprechen schließlich eine deutliche Sprache.
Setlist: Disciple; The X ID; Sailor; Aphrodisiac; After Every Party I Die; Break The Chain; I Come With Knives; Neurosymphony; Fault Lines; Spit It Out; The Alternative; Zugabe 1: Happiness; No Maker Made Me; Zugabe 2: Bernadette
Leider überschneidet sich dieser Auftritt mit dem Gig der französischen Band DERNIÈRE VOLONTÉ ziemlich arg. Dennoch reicht es für eine kleine Stippvisite. Der Platz vor der Kulturbühne hat sich sehr gut gefüllt. Schließlich ist ein Gig der Band relativ selten. Die beiden Musiker sind jedenfalls hoch motiviert und in bester Laune. Sänger Geoffroy D. greift immer mal wieder zu den Trommelstöcken um seinen Kollegen zu unterstützen, der bereits schon wie ein Berserker auf seine Trommeln schlägt. Dem Publikum gefällt dasSzenario und die Stimmung könnte nicht besser sein. Schon relativ früh erklingt mit 'Au Travers Des Lauriers' einer der Gassenhauer der Band. Gut für mich, da es danach wieder fix zu IAMX geht.
Tja, damit geht dieser Festivaltag auch schon wieder zur Neige. Und das mit würdigen Abschlüssen auf den beiden Bühnen. Für die Parkbühne steht jetzt noch ein Überraschungsgig an. Er ist quasi das Trostpflaster für die Besucher, da relativ kurzfristig die Absage der Achtziger-Jahre-Band THE ART OF NOISE kam. Nun übernimmt Sven Wittmiß alias GULVØSS diesen Part. Für die Festivalbesucher ist er kein Unbekannter, denn im vergangenen Jahr war er schon einmal hier und konnte die Besucher überzeugen. Zu so später Stunde das Publikum noch zu begeistern, ist eine schwere Aufgabe, doch er meistert diese sehr gut und vor der Bühne herrscht ein letztes Mal eine ausgelassene Stimmung.
Und bei den Klängen lässt sich wunderbar ein gutes Resümee zum heutigen Tag ziehen. Die Hitze ließ sich im Gelände des Kulturparks recht gut aushalten. Schön wäre es dennoch gewesen, wenn das Wasser an den Getränkeständen günstiger gewesen wäre. Andere Festivals bieten mittlerweile kostenloses Wasser an. Warum am Ende des Tages der reguläre Ein- und Ausgang nicht mehr benutzt werden kann, das hat sich mir nicht erschlossen. Der Weg zurück war jedenfalls abenteuerlich und dunkel. Bei der Security gab es von super nett bis voll arrogant und unfreundlich alles. Zum Glück hat das Erstgenannte überwogen und es war alles in allem ein schöner Tag mit tollen Bands!
- Redakteur:
- Swen Reuter