Nocturnal Culture Night - Deutzen

27.09.2016 | 21:08

03.09.2016, Kulturpark

Alle Jahre wieder. Die "Nocturnal Culture Night" (NCN) läutet das Ende der Festival-Saison ein.

Kinder wie die Zeit vergeht! Seit elf Jahren ruft nun schon das "NCN"-Festival die Freunde der schwarzen Zunft nach Deutzen in den Kulturpark. Was als eintägige Veranstaltung begann, hat sich im Laufe der Zeit zu einem dreitägigen Festival mit vier Bühnen etabliert. Also schauen wir auch in diesem Jahr am Samstag einmal vorbei, um dem Spektakel beizuwohnen.

Der Tag bietet ideales Festivalwetter. Sonnenschein, angenehme Temperaturen und ein laues Lüftchen. Doch wo ist denn den Eingang hin? Irgendwie sieht es in diesem Jahr ganz anders aus. Nach einem kurzen Sortiervorgang klappt es wieder mit der Orientierung und schon kommt die nächste Neuerung. Der Mittelalterbereich wurde nach außen verlagert und befindet sich nun auf der grünen Wiese. Dort wo man sonst beschaulich unter den Bäumen die kulinarischen Leckereien und die Kultur der vergangenen Zeit erleben konnte, ist jetzt eine große Bühne. Die kleine sogenannte Weidenbogenbühne ist quasi zu einer großen Bühne mutiert.

Auf diesen Schreck hin geht es erst einmal zur Kulturbühne bei der alles beim alten geblieben ist. Dort steht der Auftritt von QUELLENTHAL auf dem Programm. Das Duo hat sich der Vertonung von Gedichten verschrieben. Im Fokus steht dabei die deutsche Romantik mit Namen wie beispielsweise Eichendorff oder Kerner. Die zwei Musiker sind sehr sympathisch und begeistern ihre Fans mit zahlreichen Stücken. Zugegeben, der größtenteils ruhige Sound ist nicht jedermanns Sache, doch wem es gefällt ist vollkommen bei der Sache und wird mit interessanter Musik belohnt.

Danach wird es mit UNZUCHT auf der Hauptbühne lauter. Die Herrschaften servieren eingängigen Gothic Rock. Respekt gehört dem Sänger, der in der Hitze mit Jacke und Mütze sein Konzert bestreitet. Auch besitzt er gute Entertainer-Qualitäten und verbreitet gute Laune. Die Musik der Band ist eher simpel und austauschbar, aber sie weiß zu unterhalten und tut auch keinem weh. Neben dem 'Kettenhund' darf natürlich die 'Kleine geile Nonne' nicht fehlen. Während die Fans abfeiern, geht der Stage-Diving-Versuch des Sängers eher in die Hose. Aber trotzdem alle Achtung!

Das persönliche Debüt auf der Weidenbogenbühne bestreitet im Anschluss die schwedische Band THE EXPLODING BOY. Sonst präsentieren sich die Herrschaften eher ruhig und zurückhaltend, was heute absolut anders ist. Johan, der Sänger der Band, mutiert quasi im Verlauf des Konzertes zur Plaudertasche und verbreitet gute Laune. Zwar ungewohnt aber dennoch sehr unterhaltsam. Natürlich gibt es auch Musik. 'Street Cliché' oder 'Let The Right One In' lassen die Fanherzen höher schlagen. Neu ist auch, dass ein weiteres Bandmitglied (Stefan) zum Mikrofon greift. Aber auch er liefert einen super Job ab. Bei 'Desperados' können alle noch einmal richtig mitfeiern. Das tut auch die Band, die wohl auch vor der Show schon ein wenig am Bier genascht hat. Sie nehmen sich selbst nicht so ernst. Aber dennoch läuft musikalisch und gesanglich alles rund, was nicht bei jeder Formation selbstverständlich ist. Alles in allem ein toller Auftritt, der heute nicht mehr zu toppen ist.

Musikalisch geht es mit THE FAIR SEX nun zurück in die achtziger Jahre. Myk Jung bringt mit seinen Jungs den guten, alten Gothic-Rock zurück nach Deutzen. Und das bei der Hitze im schweren Ledermantel. Doch der Sänger ist hart im Nehmen und meint, dass er nun schon seit 30 Jahren damit seine Konzerte eröffnet und ihn die Temperaturen auch heute nicht davon abhalten. Jeder hat halt so seine Prinzipien. Und die gelten auch für die Musik. Hier wird nichts dem Zufall überlassen und die Band liefert ein tolles Konzert ab, wovon leider nur ein Stück begutachtet werden kann, da zur gleichen Zeit KING DUDE auf der Bühne steht.

Also fix zur Kulturbühne. Dort steht KING DUDE allein auf der Bühne, ohne seine Band. Dafür hat er aber seinen Freund Jim Beam mit dabei. Eigentlich geht seine Musik in Richtung Dark Folk. Das ist zwar heute auch so, aber nur mit Akustikgitarre ist ein recht großer Country-Einschlag zu verzeichnen. Einen Plan hat der Mann an diesem Abend nicht wirklich. Man möge ihm Songtitel zurufen. Manchen Wunsch erfüllt er, manchen nicht. Der Gig geht schon fast als Comedy-Veranstaltung durch. Den Preis für den innovativsten Zigarettenhalter an einer Gitarre hat er zumindest schon mal sicher. "Ich bin eigentlich viel zu betrunken, um das Konzert zu spielen, aber ich war noch nie so sehr betrunken, dass ich ein Konzert nicht spielen konnte", sinniert er auf der Bühne und wundert sich selbst über seine Aussage. Aber eins muss man ihm lassen, er singt nicht schief! 'Rosemary' zum Beispiel, wird perfekt vorgetragen. Bevor er sich später an das Keyboard begibt, muss seine Freundin erst einmal seine Kette richten und ihn wieder schick machen. Alles in allem ein Auftritt, der so total unerwartet aber genial ist.

Danach geht es zur besten Abendbrotzeit erst einmal zur Stärkung in das kleine Mittelalterdorf. Liebevoll hergerichtet, fällt es gar nicht so sehr ins Gewicht, dass es auf der freien Wiese ist. Auf der kleinen Bühne wird zudem für kurzweilige Unterhaltung gesorgt. Von daher auch hier wieder alles gut.

Alles gut ist dagegen später nichts, denn mit ZEROMANCER und HEKATE gibt es wieder genaue Spielzeitüberschneidungen, was besonders bitter ist, wenn man von der Sache her beide Auftritte sehen möchte. Zumal beide Bands nicht so oft live zu erleben sind. Also geht es erst einmal zu ZEROMANCER auf die Hauptbühne. Für viele Zuschauer ist die Band der eigentliche Headliner an diesem Abend. Die Herrschaften aus Norwegen sind bestens gelaunt und starten mit 'Auf Wiedersehen Boy' recht zünftig durch. Die Menge vor der Bühne macht von Anfang ordentlich mit, so wie es sich gehört. 'Need You Like Drug' steigert im Anschluss noch etwas die Euphorie bei den Fans. Zu den Klängen von 'Clone Your Lover' geht es dann doch erst mal weiter zur anderen Bühne. Was aber dieses Konzert betrifft, so können die Besucher die Energie auf der Bühne spüren und mitnehmen. Der Auftritt ist generell wieder ein sehr gutes Beispiel, dass es auch ohne viel Worte und Animationsversuche seitens einer Band super funktionieren kann, eine tolle Stimmung in den Zuschauerreihen zu erzeugen.

Das volle musikalische Gegenteil erwartet den Besucher bei HEKATE. Ruhiger aber kraftvoller Neofolk steht bei der Band auf dem Programm. Die Räuchermischung steht beim Eintreffen schon in voller Blüte. Auf der Bühne erklingt 'Fatherland'. Das ruhige Stück 'Seelenreise' wird wunderbar durch Susi Grosche vorgetragen. Dagegen bildet 'Morituri Te Salutant' mit Sänger Axel das krasse Gegenteil. Doch alle Songs passen perfekt an diesem Abend zum Festival-Ambiente. Das Publikum dankt es der Band mit viel Beifall und immer wieder werden Rufe nach dem Lied 'Die Gedanken sind frei' laut. Doch die Musiker ignorieren vorerst diesen Musikwunsch. Nachdem 'Die blaue Blume' verklungen ist und die Fans HEKATE bejubeln, wird noch kurz besagtes Stück von der Sängerin angestimmt. Leider nur der Refrain, denn dann verlassen die Musiker die Bühne. Das ist heute auch schon das einzige Manko, dass dieser Song nicht vollständig erklungen ist.

Langsam neigt sich der Festivaltag seinem Ende entgegen. Auf der neu erbauten Weidenbogenbühne steht mit DAF nun eine der dienstältesten Bands der Szene auf der Bühne. Davor hat sich eine beachtliche Menge versammelt, um das Duo zu erleben. Auf beiden Seiten herrscht eine super Stimmung, als das Konzert beginnt. Sänger Gabi Delgado wuselt wie gewohnt durch die Gegend. Still stehen ist nicht seine Sache. "Liebe Mädchen und Jungs!", ist heute seine beliebteste Phrase, um die Fans anzusprechen. Ob er damit für kurze Zeit das generell hohe Durchschnittsalter kaschieren möchte, ist ungeklärt, macht ihn aber nicht weniger sympathisch. Die Klassiker laufen selbstredend von allein. Immer wieder schüttet sich der Sänger eine Flasche Wasser über seinen Körper und auch die ersten Reihen bekommen davon etwas ab. Getanzt wird trotz hohen Alters recht ausgiebig zu 'Alle gegen alle' oder 'Verschwende deine Jungend'. Toller Gig, ohne viel Umschweife und fokussiert auf die Musik. So gefällt es den Fans. Die bedanken sich am Ende mit viel Applaus und die rundeherum zufriedenen Gesichter sprechen Bände.

Wer nun noch Energie hat, der kann auf der Hauptbühne das ASP-Konzert erleben. Die Fotografen können es von nahem jedenfalls nicht, denn der Herr Musiker hat das wieder einmal verboten. Warum, dass weiß wohl nur er selbst, denn mal ehrlich, diese Pseudo-Starallüren nerven. Jeder will einen guten Job machen, was nun mal auf Gegenseitigkeit beruht. Aber wer nicht will, der hat schon und somit gibt es auch keinen ausführlichen Konzertbericht.

Doch man kann es sich auch ohne ASP gemütlich machen und den Festivaltag ausklingen lassen. Damit geht die eintägige Stippvisite in Deutzen zu Ende. Es war "wie immer", kann man mittlerweile schon sagen. Ein schönes Festivalgelände, angenehme Besucher und freundliche Security machen das "NCN" zum Rundumsorglos-Festival. Und da bekanntlich nach dem Festival ja vor dem Festival ist, freuen wir uns schon jetzt auf die nächste Auflage in 2017.

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Redakteur:
Swen Reuter

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