Nuclear Blast Festival - Pratteln

29.10.2000 | 04:44

26.09.2000, Z7

Wenn man wie ich im äußersten Außenbezirk von Südbaden lebt, ist ein kleiner Konzerttrip rüber in die Schweiz kein Problem. Und da sich die Möglichkeit zum Nuclear Blast Festival bot, machte ich mich plus Begleitung auf den Weg ins Z7 nach Pratteln, einer kleinen Industriestadt zwischen Rheinfelden und Basel. Hauptsächlich interessierte mich der Auftritt von CREMATORY, da ich außer von HYPOCRISY von den anderen Bands ehrlich gesagt noch nie was gehört hatte. Gewisse Metaler werden mich jetzt bestimmt gerne vierteilen wollen, aber was soll man machen, wenn man nunmal eher in die musikalische Melancholie- und Düsterecke tendiert... .

KATAKLYSM und RAISE HELL verpasste ich aufgrund akutem Zuspätkommen sowieso, die Roadies waren bei meinem Eintreffen gerade dabei, die Bühne für HYPOCRISY umzubauen. Das Z7, eine maximal etwa 1000 Leute fassende Konzerthalle, war zu gut ¾ gefüllt, über Blackmetaler, Headbanger, Goths und sogar einigen „Normalos“ war alles vertreten. Beim genauen Hinsehen konnte man sogar lokale Prominenz im Publikum ausmachen, so lief mir Tilo Wolff (LACRIMOSA) beim Betreten der Halle über den Weg, welcher es aber offenbar recht eilig hatte, das Gebäude zu verlassen..., waren die ersten Gruppen wirklich so schlecht gewesen? Kleiner Scherz .

Als die ersten düsteren Klänge den Beginn der Schweden von HYPOCRISY einläuteten, erfolgte erstmal ein Run Richtung Bühne. Peter Tägtgren (Vocals, Gitarre), Lars Szöke (Drums) und Mikael Hedlund (Bass) heizten mit ihrer musikalischen Mischung aus Death- und Blackmetal gleich heftig ein, wobei auch der melodische Aspekt durch stark eingesetztes Keyboardspiel nicht zu kurz kam. Unterstützt wurde der Auftritt durch eine nette Pyroshow mit ein bisschen Feuerwerk und Flammen hier und da, und die Lightshow tauchte das Ganze zusätzlich noch in die richtige Atmosphäre. Obwohl ich mir sonst eigentlich nicht viel aus Musik a la HYPOCRISY mache, so hat es mir deren Auftritt doch richtig angetan, allein dafür hat sich das Eintrittsgeld schon gelohnt. Wer etwas mehr über den Set des Band wissen möchte, den verweise ich auf den Konzertbericht von meinem Kollegen Stephan, der hier mit wesentlich mehr Wissen glänzen dürfte als ich.

Nachdem sich HYPOCRISY verabschiedet hatten, begann nach etwa 20 Minuten Umbaupause der Auftritt der Thrash-Metaler von DESTRUCTION. Deren Mucke klang für mich anfangs allerdings eher wie unmelodisches Geknüppel denn einfallsreichem Metal, aber mit der Zeit gewöhnte man sich doch an den Stil von Schmier & Co. Die Metalheads in der Halle jedenfalls waren begeistert und gingen von Anfang an mit. Neben einem hübschen Skelett gehörten auch hier mehrere Pyroeffekte zur Bühnenshow, so schossen zu Beginn Stichflammen vom Bühnenrand empor, die Becken von Schlagwerker Sven Vormann entflammten und vor der Bass-Drum kokelte lustig ein grünes Feuerchen vor sich hin. Zum Ende ihres Auftritts hin wurden DESTRUCTION dann noch an Gitarre und Gesang tatkräftig von Peter Tägtgren unterstützt, der offenbar immer noch nicht genug Bühnenluft für den Abend geschnuppert hatte. Zum Abschied gab’s Plektrums und Drumsticks für die Fans in den vorderen Reihen. Alles in Allem haben DESTRUCTION eine ganz nette Show hingelegt, die jedoch nicht darüber hinwegtäuschte, dass sie den Vorgängern HYPOCRISY nicht das Wasser reichen konnten. Auch hier verweise ich nochmals auf Stephans Bericht, da sich dort auch mehr zu der Songauswahl dieser Band finden lassen wird.

Mit ihrem brandneuen Album „Believe“ im Gepäck, welches schon auf Platz 34 der deutschen Charts geklettert ist, enterten CREMATORY nach einer weiteren kurzen Umbaupause die Bühne und legten von Anfang an richtig schön los. Gothic Metal, gemischt mit melodischen Keyboardklängen, war angesagt. Felix growlte was das Zeug hielt, ließ eifrig die Haare kreisen und fand zwischen den Songs auch immer Zeit, sich ein wenig mit dem Publikum zu unterhalten. Gitarrist Matthias übernahm die cleanen Gesangsparts und bewies dabei, dass er eine wirklich gute Singstimme hat. Von der neuen Platte gab man Stücke wie „The Fallen“ (den Videoclip dazu kann man seit ein paar Tagen auf VIVA II und MTV bewundern), „Take“ (hier bangte die sich ansonsten eher im Hintergrund haltende Keyboarderin Katrin auch mal so richtig schön mit), „Act Seven“ und „Time For Tears“ (eine Abwandlung des Klassikers „Tears Of Time“ - Text und Melodie wurden leicht verändert, das klingt anfangs zwar etwas ungewohnt, bringt aber frischen Wind in das alte Material) zum Besten, aber auch ältere Alben wie „Act Seven“, „Awake“ und „Illusions“ kamen nicht zu kurz: „I Never Die“ und vor allem das starke „Fly“ bewirkten, dass mir die Haare der um mich gruppierten Banger nur so ins Gesicht flogen, den gleichen Effekt erzielte das SISTERS-OF-MERCY-Cover „Temple Of Love“ und natürlich das Original „Tears Of Time“. Beim vorletzten Song „Awake“ stellte ich überrascht fest, dass sich die Reihen in der Halle extrem gelichtet hatten: Das Z7 war nicht einmal mehr halb voll, was mich doch etwas wunderte, denn CREMATORY hatten meiner Meinung nach die bisher beste Show des Abends geliefert. Falls sie enttäuscht waren ließen Felix und seine Mitstreiter es sich jedenfalls nicht anmerken und brachten weiterhin volle Leistung. Nachdem der Frontmann sich stellvertretend für alle bei den aufgetretenen Bands des Nuclear Blast Festivals bedankt hatte und auch hier obligatorisch Pleks und Drumsticks verteilt wurden, sang Matthias zum Abschluss nach gut 60 Minuten CREMATORY als „Betthupferl“ (O-Ton Felix) allein von Katrin am Keyboard begleitet eine traurig-romantische Ballade, was ein paar wenige Feuerzeuge zum aufleuchten brachte. Den meisten verbliebenen „harten Kerlen“ in der Halle war das dann wohl doch zu soft. Mir jedenfalls hat das Stück gefallen.

Fazit: Ich für meinen Teil hatte einen echt schönen Abend, an dem ich voll auf meine Kosten gekommen bin. Gut aufgelegte Bands, gute Musik und ein satter Sound, was will man mehr? Für CREMATORY tat es mir zwar ein bisschen leid, dass zum Ende hin die Leute davongelaufen sind, aber ich denke mal, sie werden es verkraftet haben. Es kann ja nicht immer brechend volle Hallen geben... .

Redakteur:
Kathy Schütte

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