Overkill - Köln Deutz

08.04.2011 | 07:25

04.03.2011, Essigfabrik

OVERKILL sind anno 2011 präsenter denn je. Mit einem grandiosen Faustschlag auf der Habenseite kann man Anhänger und Fanatiker auch noch ein Jahr später verwöhnen.

Ein waghalsiges Unterfangen, sich am Karnevalsdonnerstag als Thrash-Metal-Fanatiker und Faschingsmuffel in die Narrenhochburg überhaupt zu trauen. Doch auch diese Feiertage halten nicht sonderlich viele Fans davon ab, die Essigfabrik in Köln-Deutz mit ihrem Besuch und ihrer Vorfreude beinahe zum Platzen zu bringen. Denn wenn die mit Abstand beste Live-Band dieses Planeten zum Tanz bittet, fühlt sich fast jeder eingeladen. Mit DESTRUCTION und HEATHEN an Bord sollte sich solch ein Abend mit OVERKILL doch mehr als lohnen. Nachdem die Thrash-Haudegen in den vergangenen Jahren in schöner Regelmäßigkeit die deutschen Hallen in Schutt und Asche gelegt haben und ich vom letztjährigen Bochum-Gig noch immer ein breites Grinsen auf den Backen habe, beehren uns die New Yorker auch anno 2011 mit einem Package, das sich ordentlich gewaschen hat.

Kann jenes Quartett, wenige Wochen nachdem KREATOR, EXODUS, DEATH ANGEL und SUICIDAL ANGELS ihren Beutezug ansetzten, dieses Niveau erreichen und oder gar übertreffen?

 

 

Bevor ich diese Frage jedoch beantworten kann, blicke ich neugierig auf die Bühne der Essigfabrik, als die Power-Thrasher von AFTER ALL diese entern. Von allzu viel Power kann bei der Live-Darbietung der Belgier jedoch keine Rede sein. Zu statisch und monoton wirken die Jungs, obgleich der relativ matschige Sound sein Übriges dazu beiträgt. Somit ist es kein Wunder, dass die Herren, die den einen oder anderen Song ihrer neuen EP "Becoming the Martyr"  zum Besten geben, noch nicht allzu viele Begeisterte vor der Bühne versammeln. Schade, denn die knapp halbstündige Show beinhaltet doch einige Glanzpunkte, die mit dem passenden Sound doch wesentlich mehr Zuschauer gelockt hätten.

Nach einer für heutige Verhältnisse doch rasanten Umbaupause werden die glanzvollen 30 Minuten der Thrash-Speed-Metaller von HEATHEN eingeläutet. Dank knackiger Riffs, einem schier riesigen Facettenreichtum und einer Menge Spielfreude füllen die Mannen aus San Francisco die Essigfabrik im Nu. Shouter David White erwischt einen bärenstarken Tag und treibt die Massen an. Der scheinbare Praktikant, den man bei AFTER ALL an die Soundanlage ließ, hat wohl das Weite gesucht, wodurch HEATHEN einen doch besseren und saftigeren Sound verpasst bekommen. Das jene hierbei lediglich die ersten vier Songs ihres 2010er Geniestreichs "The Evolution of Chaos" vom Stapel lassen, stört hier nur geringfügig, obgleich ich die geringe Spielzeit von lediglich einer halben Stunde doch etwas spärlich finde. Diese jedoch lässt den Wunsch, HEATHEN in diesem Jahr doch öfter und vor allem länger sehen zu können, lauter denn je aufkommen. Denn auch beispielsweise 'Dying Season' oder mein persönlicher Gassenhauer 'Arrows Of Agony' brauchen sich vor den damaligen Ausrufezeichen nicht verstecken.

Die fünf Bay-Area-Veteranen haben die Messlatte für die beiden noch folgenden Bands recht hoch angelegt. Doch ungeachtet dessen, was noch folgen wird, kann und muss man HEATHEN bereits schon früh als heimlichen Gewinner an diesem Abend küren.

Setliste HEATHEN:

Dying Season
Control By Chaos
Arrows Of Agony
No Stone Unturned

An diese Glanzleistung können Schmier und seine Mannen leider nur teilweise anknüpfen. Mit einem brandneuen Brecheisen auf der Habenseite wuchs die Vorfreude auf DESTRUCTION mit jedem Durchlauf von "Day Of Reckoning". 'Curse Of The Gods' und 'Mad Butcher' eröffnen hier den knapp einstündigen Gig, ehe die Neuen in der Runde,  'Armaggeddonizer', sowie 'Hate Is My Fuel', vollends meine aufgestellten Erwartungen erfüllen. An der Setliste der Thrash-Veteranen gibt es generell nichts zu kritisieren, obgleich mit dem Titeltrack des letzten, eher mauen Schaffenswerks nur eine größere Überraschung auftrumpfen kann. Eine schöne Mixtur aus bandeigenen Klassikern und aktuellen Fausthieben finden hier ihren Weg in die von HEATHEN verwöhnten Ohren der Essigfabrik. Auch Vaaver, der neue Mann hinter DESTRUCTIONs Schießbude, macht seine Sache mehr als ordentlich und verpasst den Songs mit seinem punktgenauen, sowie treibenden Drumming den letzten Schliff. Mike rifft sich brav die Finger wund, während Bandkopf Schmier die Meute mit eher fragwürdigen Ansagen, aber einer guten gesanglichen Leistung aus der Reserve lockt.

Der anscheinend nur für eine Kaffeepause geflohene Praktikant verschließt sich wieder hinter dem Mischpult, wodurch Meilensteine wie 'Thrash Till Death', 'Bestial Invasion' oder das abschließende 'The Butcher Strikes Back' nicht den gewünschten, akustischen Druck bekommen, den sie eigentlich verdienen. Alles in allem bietet sich hier eine doch typische DESTRUCTION-Show, die mich auch aufgrund der Soundprobleme an diesem Abend leider nicht vom Sockel reißt.

Setliste DESTRUCTION:

Curse The Gods
Mad Butcher
Armaggedonizer
Tears Of Blood
Thrash Till Death
D.E.V.O.L.U.T.I.O.N.
Bestial Invasion
Soulcollector
Hate Is My Fuel
Nailed To The Cross
The Butcher Strikes Back

Ungeachtet dessen ist die Vorfreude auf das nun folgende und zu Recht headlinende Highlight deutlich messbar. Nach kräftigen OVERKILL-Zurufen ertönt mit 'The Green And Black' das Intro des für mich besten Albums des vergangenen Jahres. Das Quintett, angeführt von Bobby "Blitz" Ellsworth und D. D. Verni, stürmt auf die Bühne, lässt in den nun krachenden knapp zwei Stunden ein wahres Song-OVERKILL vom Stapel und macht ihrem Namen demnach alle Ehre. Bestens gelaunt und eingestimmt donnert das Quintett diverse Nackenbrecher wie 'Rotten To The Core', 'Bring Me The Night' und 'Hammerhead' aus den Boxen, ehe der Titeltrack des "Ironbound"-Hammerschlages ertönt. Mit einem überraschenderweise glänzenden Sound bleibt kein Anwesender ruhig, die Stimmung in der Essigfabrik wächst von Riff zu Riff.

Was den Jungs überdies zu Gute gehalten werden muss, ist die sich stets ändernde Setliste von Tour zu Tour. Wurde der vorherige Siegeszug mit unnachahmlichen Brechern wie 'Feel The Fire' und dem straighten 'Battle' zelebriert, fanden diesmal meine ganz persönlichen Favoriten ihren Weg in OVERKILLs Live-Darbietung: Der "Taking Over"-Doppelschlag 'Wrecking Crew' und das eine Stunde später ertönende 'Deny The Cross' wurden ebenso beachtet wie beispielsweise 'Give A Little' und 'Endless War'. Das Quintett wirkt mehr als engagiert und motiviert, die Klampffraktion Linsk/Tailor hievt gewaltige Gitarrenwände in den Kölner Himmel und Bobby Blitz hat stets einen passenden Spruch auf Lager. Jede Strophe gestikulierend und mit einer kräftigen Stimme ausgestattet lässt dieser nichts anbrennen und hat mit dem gewaltigen 'Bloodmoney' noch ein Ass im Ärmel, das nicht allzu oft zum Zug kommt. Dass der Mitgrölfaktor bei OVERKILL nie zu kurz kommt, zeigen beispielsweise 'Hello From The Gutter' und das punkige 'Old School', die das gesamte Anwesen zum Überkochen bringen.

Im grandiosen Zugabenteil beendeten das bereits angesprochene, Gänsehaut reibende 'Deny The Cross', sowie die obligatorischen 'Elimination' und 'Fuck You' den Siegeszug OVERKILLs. Speziell bei Letztgenanntem kitzelt Frontshouter Bobby selbst das schiefste "Fuck You" aus Jedermanns Mund, sodass pünktlich um Mitternacht die Anwesenden mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck die Segel streichen. Die New Yorker haben es einmal mehr geschafft.

Setliste OVERKILL:

The Green And The Black
Rotten To The Core
Wrecking Crew
Infectious
Bring Me The Night
Bastard Nation
Hammerhead
Ironbound
Bloodmoney
Endless War
Hello From The Gutter
Give A Little
Necroshine
Old School
Deny The Cross
Elimination
Fuck You

Fazit: OVERKILL sind ihrem Ruf mehr als gerecht geworden. Bei solch einem Package mit DESTRUCTION, HEATHEN und AFTER ALL im Schlepptau haben die Jungs um Verni und Bobby ihren Status als Headliner deutlich unterstrichen und einen Auftritt in die Menge geschmissen, der als Anheizer der kommenden Festival-Dates im Sommer dienen kann. Ich verneige mich vor diesen Live-Qualitäten einer Band, die anscheinend in ihrer langen Laufbahn noch nie einen schlechten Auftritt absolviert hat. Und das - dafür lege ich meine Hand ins Feuer - wird auch so schnell nicht passieren.

Trotz dieses am Ende doch noch geglückten Abends war längst nicht alles Gold, was in der Essigfabrik glänzte. Allen voran sorgten die teils erheblichen Soundprobleme für Missmut, untem der speziell Schmier und seine Mannen leiden mussten. Trotzdem war es eine große Freude, solch ein prall gefülltes Thrash-Bündel mitgenommen zu haben, auch wenn ich mir letztendlich eine andere Location gewünscht hätte. Der Festivalsommer jedenfalls kann kommen.

Redakteur:
Marcel Rapp

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