POTHEAD - Potsdam

15.10.2025 | 23:18

11.10.2025, Waschhaus

POTHEAD bringt scheinbar ungealtert immer wieder Furioses auf die Bühne.

Den POTHEAD-Tank mal wieder auffüllen? Das erfüllt mich schon mal vorab mit zarter Vorfreude, erzeugt aber auch steigende Spannung. Nämlich rund um die Fragen: Wie haben die sich gehalten? Wie spielfreudig sind die Drei? Wie ist die Bühnenpräsenz – jetzt nach knapp 35 Jahren Bandgeschichte? Wo andere Protagonisten in Summe recht überschaubare Lust oder Spätvermögen mit Nähe bis hin zur Fremdscham blicken und hören lassen – ist POTHEAD keine Black Box.

Denn immer, wenn ich diese drei Dope-Dudes auf Bühnen erlebte, breitete sich ein großes Empfinden von Zufriedenheit aus. Konzerte von POTHEAD beginnen pünktlich, pausieren, beginnen zum zweiten Mal und erreichten locker die Dauer von bis zu drei Stunden. Hier im Brandenburgischen wird das Set ein guter bis bestens zubereiteter Inhaler.

Apropos Brandenburg. Exkurs Eins:
Seit Jahren schon ist die Band exklusiv zudem für den nicht kleinen Anhang auf dem "Potstock" zu erleben. Das ist eine kleine familiäre Festivität an zwei Frühsommer-Tagen nahe dem brandenburgischen Ackerstädtchen Bad Belzig. Mit musikalischem Nachwuchs an den Freitagen und einem Potstock-Soccer-Cup am folgenden Samstagmittag. Der Samstagabend gehört dann ganz dem namensgebenden Trio. Und das wird hier entsprechend lange abgefeiert. Das ist auch gewissermassen konsequent, denn die Hörerschaft ist treu und mit der Band über die letzten Jahrzehnte mitgegangen. Und mitgewachsen.

Im Potsdamer Waschhaus, in das POTHEAD am 11.10.2025 geladen hat, sieht man neben den älteren Herrschaften auch viele jugendliche Besucher stehen. Zumeist kann man am Habitus ableiten, dass das hier Söhne, Töchter und auch deren mitgebrachte Freunde und Freundinnen sind. Beherrscht wird der gefüllte Saal von Generationen, die wahrscheinlich alle Alben der Band original am Erscheinungstag erstanden haben. Ich habe ja auch die Sammlung.

Seit sich die Band im Jahre 1990 in Seattle gründete, nach Berlin übersiedelte, mit Brad Dope an der Gitarre und Jeff Dope am Bass das Bühnenrandduo bildete, mit dem langjährigen Schlagzeuger Sebastian Meyer bis 2012 elf Studioalben und mehrere EPs aufnahm, hat die Band mindestens seit "Learn To Hypnotice" von 1997 so etwas wie einen Kultstatus erreicht. Auch hier in Potsdam werden mehrmals Stücke davon eingefordert: 'Indian Song', 'You Should Talk' oder 'Twisted Tomato' – und einiges davon wird auch gehört.

Die Setliste der Band fegt wieder durch das gesamte rotzrockige Portfolio der gesamten Bandgeschichte. Hier, im aufgeräumt und offen wirkenden Potsdamer Konzerthaus, überträgt sich die Stimmung der pünktlich beginnenden Band recht schnell auf das Publikum, welches sichtbar zappeliger und aufgewärmter auf die Stücke reagiert.

Exkurs Zwei:
Hier muss darüber hinaus auf die Vielzahl der zum Teil unverschämt eingängigen Balladen und ruhigeren POTHEAD-Stücke hingewiesen werden, derer es einige gibt. Lauerndes Suchtpotential in allen Alben! Zusammen mit Schlagzeuger Robert Puls wirken alle Pot-Werker wie tiefenentspannt. Mir geht sehr schnell durch den Kopf, dass die Konzerte der Band auch immer Oasen der Beständigkeit, der Zuverlässigkeit im Ablauf, der Unaufgeregtheit und der freundlichen Stimmung sind.

Wie immer lächeln die beiden nach ihren Stücken fast schüchtern in die johlenden Gesichter, ein "Cheers!" oder "Danke" ist das, was wir maximal bekommen. Aber das nimmt hier keiner keinem übel. Die Musik spricht für sich. Gewandet in elegante Klamotten wird der Mix aus Stoner-Blues, Groove Rock und trocken gespieltem, gebutterten Hard Rock nah am Saal dargeboten. Man hat den Eindruck, dass der Band all diese Stücke jedes neue Mal eine eigene Freude wiederbringen, sie erfunden zu haben und spielen zu können. Aufgeräumt wirken sie, diese ergrauten Herren aus Berlin - aber auf ihre ganz spezielle zurückhaltende Art.

Exkurs Drei:
Als meine Begleitung und ich die drei bei einem Konzert in Zwickau in den 2000ern als aufgeregt angetrunkene Fanpersonen hinter der Bühne auflauerten und ein euphorisches Gespräch aufzwingen wollten, erinnere ich mich an eine überrascht lächelnde Band – ganz ohne Allüren, besonders besondere Rockstars zu sein.

Am besondersten ist, dass genau dieser Gesichtsausdruck, diese sicher wirkende Zurückhaltung, auch hier die Zeit überstanden hat und auf der Potsdamer Bühne zu sehen ist. Als dann auch noch 'I'm A Sinner Too' gegeben wird, beschließe ich, diesen Auftritt in die Kategorie "sehr sehr gelungen" einzuordnen. Denn, um es auch technisch auf den Punkt zu bringen, dreht sich nach anfänglicher Befürchtung, etwas zu leise abgemischt zu sein, das Set in Richtung furios.

Es geht klanglich, farblich, abwechslungsreich und gut gemixt durch die Bandgeschichte, nicht ohne dass vor allem der Gesang auch ab und zu seine Variationen zeigt. Mein Nachbar stellt gleich zu Beginn fest, was für ein guter technisch versierter Sänger da vorn steht. Recht hat er.

Und recht hat auch, wer nach 35 Jahren Bandgeschichte feststellen kann, dass POTHEAD eine hervorstechend gute und entspannte, druckvolle Rockband ist. Mit Alleinstellungsmerkmal. Sonnenbebrillter Dope Rock.

P.S. Ein Album wünsche ich mir trotzdem doch wieder jetzt.

Text und Photo Credit: Matthias Freiesleben

Redakteur:
Mathias Freiesleben

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