POWERWOLF, ORDEN OGAN und XANDRIA - Bremen

03.10.2015 | 18:28

01.10.2015, Aladin

Eine laute Wolfsnacht!

Hach, die "Wolfsnächte"-Tour! Schon zum dritten Mal starten die Saarländer Vampirwerwölfe mit dem ausgedehnten Christentumsfimmel unter diesem Namen eine große Rundreise durch unsere schöne Republik. Und wie gewohnt gibt es auch in diesem Jahr gehörig eins auf die Ohren. 2012 waren es STORMWARRIOR und MYSTIC PROPHECY, die mit dabei waren. 2013 gab es von MAJESTY, BATTLE BEAST und vor allem WISDOM ein fantastisches Line-Up zu bestaunen. 2015, nach einem "Wolfsnächte"-freien Jahr also, hat uns POWERWOLF erneut eine tolle Konstellation zusammengestellt. Neben wahlweise XANDRIA oder CIVIL WAR steht mit ORDEN OGAN ein weiterer großer Name auf den Plakaten, der so manches melodieverwöhntes Stahlherz geöffnet haben dürfte. Neu an der dritten Ausgabe der erfolgreichen Tour-Reihe ist, neben natürlich neuem Songmaterial der Wölfe, ein Zwischenhalt in Bremen, der schönsten Hansestadt der ganzen Welt. POWERWOLF war tatsächlich noch nie in der norddeutschen Metropole, der große Menschenandrang an diesem Donnerstagabend macht deutlich, dass hier klar Nachholbedarf besteht.

In den langen Abend starten darf mit XANDRIA eine Band, die im letzten Jahr durchaus für Furore sorgen konnte. Die Bielefelder Truppe, die sich vor ein paar Jahren als Verstärkung die Niederländerin Dianne van Giersbergen als stimmgewaltige Frontfrau geschnappt hat, konnte mit dem aktuellen Album "Sacrificium" einige Ausrufezeichen hinterlassen. Kollege Becker zückte acht Punkte und Kollege Rapp war der Meinung, mir müssten die fünf Symphonic Metaller doch ganz sicher gefallen! Nun, da hatte er wohl recht. Mein Erstkontakt mit der schon 1997 gegründeten Band fällt demnach auch positiv aus. Die Songs sitzen, das schon recht zahlreich versammelte Publikum tanzt, klatscht, hüpft mit, XANDRIA kommt gut an. Dass mir die Stimme van Giersbergens nach zwanzig Minuten geballter Opern-Power vor allem beim sehr repetitiven 'Voyage Of The Fallen' etwas auf die Nerven geht, tut dem Gesamteindruck nicht weiter weh. Wobei es schon etwas gestellt wirkt, das gezwungene Lächeln, das einander-aus-dem-Weg-Gehen auf der Bühne. Nur dem Bass tragenden Aktivposten Steven Wussow kann ich seine ständig zur Schau gestellte Freude so ganz abkaufen. Ach, eins noch, Frau van Giersbergen: hochhackige Sandaletten sind kein Metal! Da nützen auch die Plastik-Totenschädel auf den Schultern nicht.
Setlist XANDRIA:Nightfall, Blood On My Hands, Unembraced, Stardust, Voyage Of The Fallen, Cursed, Valentine

Nach einer etwas hinausgezögerten Umbaupause und einem Platzwechsel in die fünfte Reihe starten im Anschluss die Arnsberger ORDEN OGAN im schon recht ordentlich erhitzten Aladin voll durch. Und kommt extrem gut an. Schon bevor das Licht sich verdunkelt, gibt es "Orden Ogan"-Rufe, man kann die Spannung förmlich fühlen in der Luft. Beim Intro 'Orden Ogan' dann meterdicke Gänsehaut. Dabei verbinden die vier Jungs aus Nordrhein-Westfalen sicherlich nicht nur Gutes mit dem heutigen Auftrittsort Bremen. Ich erinnere mich gut an den Auftritt im Blues Club Meisenfrei Mitte 2013. Zu der Zeit war ORDEN OGAN in aller Munde und spielte vor etwa 30 zahlenden Gästen in Sauna-Temperaturen einen mitreißenden Set. Da hätten sicher einige andere Truppen die Reißleine gezogen und schlicht abgesagt. Nicht so die Band um Seeb Levermann, die sich seit Jahren auf allen Bühnen Deutschlands den Arsch abspielt und dabei immer ein Lächeln auf dem Gesicht trägt. ORDEN OGAN gehört für mich seitdem zu den besten Livebands Deutschlands. Dass der Vierer im Studio auch eine extrem gute Figur macht, weiß inzwischen jeder.

So ist es auch nur richtig, dass man mit 'F.E.V.E.R.', dem großen Hit des aktuellen Albums "Ravenhead", in den Auftritt startet. Sichtlich gerührt und begeistert von der gewaltigen Zustimmung des Publikums, das ich so euphorisch in Bremen noch nie erlebt habe, gibt die Truppe ein Wunderwerk der Melodie zum Besten, sodass selbst die düstersten Dunkelmetaller mit dem Fuß wippen müssten. Merklich angespornt vom ganzen Drumherum ist auch Schlagzeug-Tier Dirk Meyer-Berhorn, der seine Felle vermöbelt als gäbe es kein Morgen mehr. Na ja, wir befinden uns ja auch nicht umsonst 'At The End Of The World'. Gleich vier Stücke von "Ravenhead" werden heute gespielt. Doch so selbstbewusst darf man als Support-Act auch einfach mal sein, wenn das aktuelle Album so stark geworden ist! 'Sorrow Is Your Tale', das bislang eher blass blieb, beweist enorme Livequalitäten und will mir seit dem mit sehr gutem Sound ausstaffierten Auftritt nicht mehr aus dem Gehörgang. Es ist natürlich etwas schade, von "Vale" und vor allem von "Easton Hope" live immer nur die gleichen Songs zu hören. Aber was bleibt der Band bei der Dreiviertelstunde Spielzeit schon anderes übrig? Genau. 'We Are Pirates' macht halt enorm Spaß und darf bei keinem Konzert der Nordrhein-Westfalen mehr fehlen. Ich jedenfalls bin überglücklich während der Show und etwas traurig, als sie schon vorbei ist. Die sympathischen Ansagen und das authentische Freuen über den großen Publikumszuspruch lässt ORDEN OGAN jedenfalls noch weiter in meiner Gunst steigen.
Setlist Orden Ogan: F.E.V.E.R., Deaf Among The Blind, We Are Pirates, To The End, The Lords Of The Flies, Here At The End Of The World, Sorrow Is Your Tale, The Things We Believe In

Nachdem der famose vorherige Auftritt meine Stimme ganz schön malträtiert hat, bin ich kurzzeitig ganz froh über die Umbauzeit. Schnell ein Bier geholt und weiter geht's oder? Nein, nicht mit POWERWOLF. Der imposante Bühnenaufbau braucht seine Zeit, dafür haben wohl alle Verständnis, denn wir wollen immerhin auch die volle Show sehen. Auf der anderen Seite sind 45 Minuten nun mal 45 Minuten, die man an einem Donnerstag Abend auch anders (im Bett) hätte verbringen können. So verpufft auch irgendwann die durch XANDRIA und ORDEN OGAN mächtig aufgeheizte Stimmung im Traditions-Club Aladin und ich mache mir kurzzeitig Sorgen, dass der Auftritt von POWERWOLF doch nicht das erwartete Spektakel sein könnte, wenn doch der halbe Laden stehend einschläft.

Doch glücklicherweise liege ich falsch. Kaum hängt der große schwarze Vorhang und das Licht verdunkelt sich, liegt wieder diese Spannung in der Luft! Der Vorhang fällt und 'Blessed & Possessed' würde mit diesem bombastischen Knall selbst inzwischen vor der Bühne Verstorbene wieder erwecken! Was für ein grandioser Sound, was für eine bestens aufgelegte Band! Genau wie schon zuvor ORDEN OGAN sieht man der Truppe um Sänger Atilla Dorn die Überraschung ob des bestens aufgelegten Publikums, das jeden einzelnen Ton frenetisch bejubelt, an. Es ist schön, wenn man im vermeintlich abgeklärten Rockbusiness noch für Erstaunen sorgen kann. Sofort merken die Wölfe, dass sie hier und heute leichtes Spiel haben. Dass das Fünfergespann nach jedem (!) Song kurz die Spannung raus nimmt und der Mann mit der famosen Stimme Witzchen macht und Geschichten erzählt, ist zunächst gewöhnungsbedürftig. Doch tut eine kurze Verschnaufspause nach Geschwindigkeitsgranaten wie 'Amen & Attack' oder dem neuen Partyhit 'Army Of The Night' gut und die Meute kann mit frischer Energie beim nächsten Song wieder mitklatschen, -grölen, -feiern.

So bekommen wir Geschichten zu hören über Insektenstiche im Genitalbereich, über das allgegenwärtige Blut-Besäufnis und über die bescheuerten Menschen, die im Namen irgendeiner Religion andere Menschen per Kreuzzug exekutierten. Der POWERWOLF stattdessen liest seine Messe im Namen des Heavy Metal. Das Einzige, was hier und heute stirbt, sind ein paar Gehörgänge, meine Füße und viele Fässer Bier. Neben einem zur Abwechslung mal wirklich tollen Schlagzeugsolo vom groß gewachsenen Niederländer Roel van Helden überrascht auch die Platzierung vom ruhigen 'Let There Be Night' mitten im Set. Doch auch dieser Schachzug zahlt sich wieder aus. Der Song ist zu gut, um ihn mit gutem Gewissen nicht zu spielen und als letztes ruhiges Ausrufezeichen steht immer noch 'Lupus Dei' über allem. So konnten beide Epen gespielt werden, klassische Win-Win-Situation. Als Zugabe gibt es mit 'Sanctified With Dynamite', 'Kreuzfeuer' und 'All We Need Is Blood' noch drei Bombastik-Bomben oben drauf, sodass nach 17 gespielten Stücken auch tatsächlich Schluss ist für heute.

Erneut stützte sich die Setliste fast ausschließlich auf die drei neuesten Alben, Fans der Frühphase gehen möglicherweise etwas enttäuscht nach Hause. Allerdings gibt es davon erstens nicht so viele und zweitens sind die aktuellen Alben einfach erfolgreicher, also bekannter. Ich hätte mich natürlich über ein paar mehr Songs von "Bible Of The Beast", meinem Lieblingsalbum von POWERWOLF, gefreut. Doch auf der anderen Seite steht das aktuelle "Blessed And Possessed" diesem Meilenstein in nichts nach! Wirklich zu meckern gibt es nach dieser rundum gelungenen Wolfsnacht also nichts!
Setlist POWERWOLF
: Blessed & Possessed,
Coleus Sanctus, Amen & Attack, Cardinal Sin, Army Of The Night, Resurrection By Erection, Armata Strigoi, Drum Solo, Dead Boys Don't Cry, Werewolves of Armenia, Let There Be Night, In the Name Of God (Deus Vult), We Drink Your Blood, Lupus Dei; Encore: Sanctified With Dynamite, Kreuzfeuer, All We Need Is Blood

Blessed & Possessed
Coleus Sanctus
Amen & Attack
Cardinal Sin
Army of the Night
Resurrection by Erection
Armata Strigoi
Drum Solo
Dead Boys Don't Cry
Werewolves of Armenia
Let There Be Night
In the Name of God (Deus Vult)
We Drink Your Blood
Lupus Dei
Encore:
Agnus Dei
Sanctified With Dynamite
Kreuzfeuer
All We Need Is Blood

 

Redakteur:
Marius Luehring

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