Pain Of Salvation - Hamburg
19.04.2017 | 17:5830.03.2017, Markthallle
Der livehaftige Prog-Striptease!
Donnerstagabend in Hamburg. Parallel zu den schwedischen Proggels um Mastermind Daniel Gildenlöw spielt SOEN in der Hansestadt. Grandiose Planung, ihr lieben Booker dieser Welt. Daher ist es nicht sehr verwunderlich, dass die Markthalle nur knapp halb gefüllt ist, als die Supportband PORT NOIR die Bühne betritt. Das ebenfalls aus Schweden stammende Trio ist mir bis dato unbekannt, die gebotene Haarstylistik – sowohl auf den Häuptern wie unten an den Häuptern – lässt modern-frisierte Tendenzen vermuten. Eine Vermutung, der die Musikanten schnell gerecht werden, denn die Songs basieren vorwiegend auf leicht verschachtelter Rhythmik und kraftvollem Riffing. Progressive the new school way. Allerdings strotzen die Akteure vor Spielfreude, was sich schnell auf die Publikumsreaktionen auswirkt, denn die wenigen Anwesenden gehen für norddeutsche Verhältnisse sehr aus sich heraus. Sprich: Füße wippen, Köpfe nicken und es gibt Beifall. Irgendwas macht das sympathische Trüppchen offensichtlich sehr richtig. Auch mich ertappe ich beim besinnlichen Wippen und je länger ich PORT NOIR zuschaue, umso besser gefällt mir die Musik. Vor allem der klare Gesang trifft meine Geschmacksnerven und so attestiere ich der Band einen gelungenen Auftritt.
Nach einer erträglich kurzen Umbaupause startet dann der Headliner PAIN OF SALVATION und serviert uns erst mal ein Trio des aktuellen Knalleralbums "In The Passing Light Of Day". Namentlich wären dies 'Full Thruttle Tribe', 'Reasons' und 'Meaningless'. Nach einer gewohnt knackigen Ansage, in der Daniel uns verspricht uns mit Material von jedem Album zu "ficken", gibt es mit 'Linoleum' den ersten Abstecher in die naheliegende Vergangenheit. Die Band ist – wie eigentlich immer – in allerbester Spiellaune und so steht einem akustischen und optischen Gourmetabend nichts im Wege. Der "Remedy Lane"-Kracher 'A Trace Of Blood' lässt mich dann die Luftgitarre auspacken. Trotz mehrfachem Verspielens meinerseits ist diese Nummer auch 16 Jahre nach Veröffentlichung nichts anderes als eine Offenbarung. Während die Rhythmustruppe Gustaf Hielm und Léo Margarit hier mit Knoten im Gedächtnis agiert, löst der Meister seinen Knoten im Haar und rapunzelt von nun an gekonnt. Mit 'Beyond The Pale' und 'Rope Ends' verweilt man noch ein bisschen beim Überalbum und versetzt die gesamte Halle in ein Tollhaus. Da kommt das melancholische 'Ashes' gerade recht, um ein bisschen Luft zu holen. Erst jetzt fällt mir die Kriegsbemalung von Gitarrist Ragnar Zolberg so richtig auf. Cooler Typ. Nach dem Exkurs zu älteren Scheiben kommt das aktuelle Album mit 'Silent Gold' und dem famosen Opener 'On A Tuesday' noch einmal zum Zuge, welche beide sehr gute Publikumsresonanzen ernten, bevor die Band mit 'Physics Of Gridlock' den regulären Teil ihrer Show beendet. Natürlich lässt sich die Truppe nicht lange bitten und kredenzt uns zum Abschluss 'The Passing Light Of Day' in einer atemberaubenden Version, die uns alle glücklich in die Nacht entlässt.
Das Fazit dieses Abends: Nachdem die Band mich mit "Road Salt" ein bisschen verloren hatte, ist sie aktuell nicht nur auf Scheibe wieder die Truppe, die mich in vergangenen Jahren immer wieder komplett faszinieren konnte. Daniel wirkt gelöster als noch zuletzt und seine aktuelle Begleitband jongliert mit einer Leichtigkeit die Noten hin und her, es ist eine Freude, diesem Treiben zu zusehen. Wer so viele Songs des neuen Albums in seine Setlist packt, muss sehr überzeugt von diesem Album sein, und genau dieses Selbstbewusstsein strahlt PAIN OF SALVATION auch aus. Ein ansteckendes Selbstbewusstsein, das auch Tage nach dem eigentlichen Even noch in den eigenen Gedanken nachhallt. Alle Daumen hoch dafür!
Setliste: Full Throttle Tribe; Reasons, Meaningless; Linoleum;Trace Of Blood, Rope Ends;Beyond The Pale, Ashes;Silent Gold, On A Tuesday; The Physics Of Gridlock; The Passing Day Of Light
Pics by: Haye Graf
- Redakteur:
- Holger Andrae