Party.San 2015 - Schlotheim
09.09.2015 | 19:2306.08.2015, Flugplatz Obermehler
POWERMETAL.de präsentiert: Das Party.San 2015. Wieder drei Tage extremster Metal voll auf die Zwölf, absolut sympathisch organisiert ohne unnötigen Schnickschnack.
Lange hat es sich Samstagmorgen angekündigt und um 11:30 Uhr kommt endlich die erhoffte Abkühlung von oben. Über dem PSOA-Gelände Flugplatz Obermehler geht etwa zeitgleich mit der obligatorischen Sirene und dem "China-Böller" ein ordentlicher Regenguss herunter und macht es temperaturtechnisch einigermaßen erträglich. Kurz darauf und Minuten vor der ersten Band scheint die Sonne aber wieder und gefühlt stärker als zuvor. Es wird dampfig. Genau das richtige Klima für die erste portugiesischen Band auf dem Party-San HOLOCAUSTO CANIBAL und für schweißtreibenden Gore-Grind. Das Quartett aus Rio Tinto kommt mit Metzgerkitteln bekleidet und (natürlich) blutverschmiert auf die Bühne. Anfangs halten sich die Zuschauer noch vornehm zurück. Nach dem ersten Song aber das gewohnte Bild: Die Süd-Europäer metzeln sich durch einen Set, der höchstwahrscheinlich alle Klassiker der immerhin 18-jährigen Bandgeschichte bringt. Wobei kaum ein Unterschied zwischen den einzelnen Songs feststellbar ist. Immer schön 3/4 Takt-uffta-uffta mit viehischem Gegrunze und die Fans gehen ab wie Schnitzel. Die Band liefert eigentlich nur die Hintergrundbeschallung, den Rest besorgt das Publikum. Kreativ wie eh und je wird wieder allerhand Absurdes geboten. Neben den üblichen Verdächtigen wie Konfetti, Luftschlangen, Seifenblasen und jeder erdenklichen Verkleidung ist heute auch eine mir unbekannte Dame (Tipps reichen von Angela Merkel bis zu irgendeiner lokalen Berühmtheit) als Pappaufsteller unterwegs. Interessant ist auch, wie sich die Hackebeil-Bewegung der Hand von Männlein zu Weiblein unterscheidet. Vor Jahren war diese Geste kaum bekannt und dann höchstens den Männern vorbehalten. Heute hackt fast jeder, wobei: Männer im Metzgerstil, hart und eben hackend; Frauen machen dabei eher eine Queen-Elizabeth-II-Wink-Bewegung. Man könnte noch ewig über die Vorgänge im Pit schreiben. Was aber schade ist, weil die Band total austauschbar ist. Die Jungs aus Portugal wirken motiviert, sympathisch und sind spielerisch ok. Leider ist der Wiedererkennungswert gleich 0. Spaß gemacht hat der Auftritt trotzdem. Wertung: 6 von 10 Lauchstängeln.
Nach einer kurzen Umbaupause und einem Rap-artigen Intro steht mit HEMDALE die nächste Band in den Startlöchern. Ohne Backdrop und mit minimalistischem Drumkit geht die 3er Combo aus Cleveland/Ohio an den Start. Outfit-technisch hat man ganz tief in die Trickkiste gegriffen. Bassist und Schlagzeuger haben YMCMB-T-Shirts an, das eine Neon-Grün, das andere Neon-Rosa. YMCMB ist übrigens ein Rap-Label und steht für Young Money Cash Money Billionaires. Ach Gottle, haben wir es hier etwa mit der ersten Rap-Band auf dem Party.San zu tun? Nein! Das Trio knallt uns gleich einen ganz räudigen Grind-/Crust-Batzen vor den Latz. Dazu gibt es ordentlich Rumgespacke und Rumgekuller auf der Bühne. Bassist Patric Pariano erinnert in seinen Bewegungen stark an NAPALM-Barney mit seinen kurzen abgehackten Bewegungen, ständig unter Strom und sieht dabei irgendwie niedlich aus. Dieser pausbäckige, um die Hüften leicht speckige Lockenkopf. Musikalisch dürfte NAPALM DEATH auch als Inspiration gedient haben. Die Songs sind angenehm kurz, kompakt und aufs Nötigste reduziert. Die Perfomance macht Laune, nur schade, dass viele aufgrund der Hitze den Auftritt nicht mitbekommen. Vor der Bühne ist etwas weniger los als noch bei HOLOCAUSTO CANIBAL. Zwischendurch bedankt sich Sänger und Gitarrist Matthew Rositano bei den Veranstaltern, dem Label, dem Publikum und vor allem bei McDonalds, ohne die sie heute nicht da wären, wo sie sind. Sehr ironisch das ganze. Übrigens: HEMDALE war von 1993 bis 1997 schon mal aktiv und brachte hauptsächlich Demos und Splits (mit EXIT-13, DISGUST und EXUMED) raus. Dann war lange Funktstille und seit zwei Jahren treibt die Band wieder ihr Unwesen. Außer "Delicious Gory Fun" ist bei mir leider kein Songtitel hängen geblieben. An einen scheinbar Miley Cyrus gewidmeten Titel kann ich mich noch erinnern. So, wie Rositano ins Mikro röchelt, scheint es sich um ein Liebeslied zu handeln. Nach einer halben Stunde verabschiedet man sich unglaublich theatralisch von den begeisterten Headbangern. Man umarmt sich ausgiebigst, nimmt sich an den Händen und verbeugt sich ganz tief vor dem Publikum. Pariano setzt sich noch unglaublich leger ne Kapitänsmütze und ne verspiegelte Sonnenbrille Marke "Porno" auf... ganz großes Kino. Wertung: 7 von 10 rosa YMCMB T-Shirts.
[Thorsten Seyfried]
Auf diesem doch recht Thrash-Metal-lastigen Party.San macht auch EVIL INVADERS eine gute Figur. Thematisch zu diesem Trend passend versprüht dieses Geschwader leicht NWoBHM-lastigen Thrash mit hoher Schlagzahl und sichtlichem Spielspaß. Auch zu dieser frühen Uhrzeit und mit der im Zenit stehenden Sonne wissen die Belgier, Stimmung aufkommen zu lassen, was bei der noch etwas trägen Menge auch notwendig ist. Gerade das Riffing muss hier gelobt werden, ständig aggressiv, pulsierend und selten redundant. Einfach das, was man sich von vielen Thrash-Bands nur erhoffen kann. Allerdings werden auch keine Meisterwerke dargeboten. Es ist recht unverfänglich, zu behaupten, dass EVIL INVADERS einen starken Gig abliefert und Musik fabriziert, die gerade live durchaus Spaß macht, aber zumindest in dieser Instanziierung nicht so wirklich mitreißen kann. Hier mal ein bisschen JUDAS PRIEST, da mal etwas RAZOR, alles schön und gut, aber der Inspiration nicht so ganz gewachsen. Thrash im Stil der Achtziger, ausnahmsweise mal überdurchschnittlich auf den Punkt gebracht und unterhaltsam dargeboten; wenn die liebe Hitze nicht wäre, hätte dies durchaus einen besseren Eindruck hinterlassen können.
[Johannes Lietz]
Das griechische Black-Metal-Trio ZEMIAL gehört mit seiner rein auf die Musik bedachten Performance zu einem der wenigen Acts dieses Jahres, welcher auf der Bühne nur die Musik für sich sprechen lässt. Denn bis auf zwei bescheidene Danksagungen und einige Songankündigungen bleiben die Griechen stumm. Ganz nach dem Motto "Weniger ist mehr" wird so auch der Effekt der komplexen, wohldurchdachten und mit vielen Genreeinflüssen gespickten Musik deutlich größer. Voller Ehrfurcht füllen sich nach und nach trotz großer Hitze die Reihen vor der Mainstage, um den äußerst agilen Schlagzeuger beim Trommeln und gleichzeitigen Singen zu bestaunen.
[Scott Kutting]
WINTERFYLLETH. Selbst wenn man die Band nicht kennen würde, heute sollte man sie allein aufgrund ihres Namens in Hoffnung auf ein wenig Abkühlung aufsuchen. Na gut, dieser körperliche Effekt will sich zwar partout nicht einstellen, lohnen tut sich der Gang vor die Bühne aber dennoch. Dort findet man vier Herren, die so "Typ von nebenan"-unmetallisch aussehen wie es eben nur irgendwie geht. Neben diesem völlig irrelevanten Merkmal überzeugen die Briten nämlich mit Black Metal, der atmosphärisch extrem dicht ist und zumindest vor dem geistigen Auge die ein oder andere karge, kühle Landschaft entstehen lassen kann. Auf der einen Seite wird ordenlichst über die Saiten geschrubbt und feinst dazu geblastet, während Melodien stets den Farbklecks innerhalb dieser Wand bilden; auf der anderen Seite wird der Krach auch zeitweise vollkommen heruntergefahren, um stimmungsvolle Momente der Ruhe zu kreieren. Letzteres ist essentiell für den WINTERFYLLETH-Bandsound und grundsätzlich ganz fantastisch, sorgt aber hier und jetzt (insbesondere beim zum Ende hin vorgestellten neuen Song) für kleine Längen, denn in der brennenden Sonne ist es schwer, sich derartig fallen zu lassen. Alle garstigen Momente funktionieren dafür umso besser, was man den höflichen Briten, die zumindest ein klein wenig Stageacting vermissen lassen, auf ganzer Linie zugute halten muss. Übermäßig viele Leute haben sich bei der Bullenhitze zwar nicht vor die Bühne locken lassen; diejenigen, die dem Ruf des Winters gefolgt sind, haben dies jedoch mit Sicherheit nicht bereut.
KRISIUN ist die bestialischen Temperaturen wohl als so ziemlich einzige Band der diesjährigen Ausgabe gewohnt. Frisch wie eh und je hauen die Brasilianer hier mal ordentlich auf den Putz: 'Ominous' eröffnet ein Set, in dem das Trio mal wieder vollends seine gesamte Palette an Stärken ausspielt. Gnadenlos durchgeratterte Passagen waren schon immer das Kernstück KRISIUNs, irgendwie nicht ganz runde Übergänge auch, zunehmend gibt es aber auch angenehm schwere Momente, welche die Songs auflockern und den Kopf mal einen ordentlichen Takt zum Headbangen finden lassen. Nicht wenige erfreuen sich an diesem Death-Metal-Inferno, was die Band – sympathisch, wie sie sich schon immer präsentiert – mehr als dankend zur Kenntnis. Insbesondere unkontrollierte Pits liebt die Band, wofür Sänger und Basser Alex Camargo sich nicht nur einmal bedankt. Des weiteren verkündet er die Veröffentlichung der neuen Platte "Forged In Fury", von der es gleich zwei Stücke auf die Lauscher gibt. Da mit 'The Will To Potency' und 'Descending Abomination' auch noch zwei Tracks vom Vorgänger den Weg in die Setlist gefunden haben, lässt sich festhalten, dass KRISIUN absolut im Hier und Jetzt lebt. Das können die drei Südamerikaner auch mit allem Selbstbewusstsein dieser Welt, erschaffen sie doch zu dritt einen Sound, den viele Bands mit fünf oder mehr Leuten nicht auf die Beine bekommen. Bestens erleben darf man das heute wieder bei Schwergewichten wie 'Combustion Inferno' und 'Vicious Wrath', die in ihrer Erbarmungslosigkeit einfach wunderbar strahlen. Das Publikum ist nach dem finalen 'Kings Of Killing' platt (nun gut, das ist es durchgängig...), weshalb nur eines zu sagen bleibt: KRISSIIIÖÖÖÖÖÖN!
[Oliver Paßgang]
Die Sonne ist kurzzeitig hinter einer Wolkenwand verschwunden und ein ordentlicher Wind sorgt für die langersehnte Abkühlung, als Joel Grind mit seiner Blackthrash-Formation TOXIC HOLOCAUST fulminant loslegt. Praktisch ohne jegliche Ansagen peitscht die Dreiercombo zahlreiche Songs durch, die ineinader übergeben. Ansagen? Drum-Soli? Wer braucht so'n Scheiß? 'Metal Attack', 'Deny The Truth' und 'Wild Dogs' bringen das Publikum in Wallung und ein großer Circle Pit entsteht, in dem übrigens auch EVIL INVADERS-Sänger/-Gitarrist Joe kräftig mitmischt. Im Verlauf des Auftritts von TH tritt er mehrfach als Crowdsurfer die Reise nach vorne an. Im Herzen ist er Fan geblieben; recht so! Schnelle Versionen von '666' und 'War Is Hell', die besonders aufgrund der aggressiv-keifigen Vocs von Joel Grind und der sehr treibenden Schlagzeugarbeit für weiteren Trubel im Pit sorgen, machen mächtig Laune. Derart energiegeladen habe ich die Band bislang jedenfalls noch nicht erlebt. Es reiht sich Kracher an Kracher, bis die ohnehin schon geschundene Nackenmuskulatur um Gnade winselt. Weiter geht’s mit dem sehr cool umgesetzten 'Acid Fuzz', ' sowie 'Hell On Earth'. Mit 'Nuke The Cross' endet der überaus wuchtige, voll Energie strotzende Auftritt von TOXIC HOLOCAUST leider auch schon, schnief! Wahrlich eines der Highlights des diesjährigen PSOA!
[Martin Loga]
Dann wird's anspruchsvoll auf der Hauptbühne: Um halb sieben schickt sich ROTTING CHRIST am frühen Abend an, Gitarrengefrickel und Geblaste kombiniert mit harmonischen Zwischenparts auf die Festivalgänger loszulassen. Ganz ohne Backdrop und zumeist mit weißem Flackerlicht demonstrieren Frontgrieche Sakis Tolis und seine beiden Saitenkollegen, dass technischer Death Metal auch für beste Stimmung sorgen kann. Unentwegt feuern sie ihre Fans an, während Bruder Themis hinter seiner Schießbude die durchdachte Raserei gekonnt auf den Punkt bringt. Meist kommt neueres, episches Material à la 'Kata Ton Demona Eautou' oder 'In Yumen-Xibalba' zum Zuge, mit 'The Sign Of Evil Existence' wird aber ebenso ganz tief in den alten Neunziger-Schubladen des Quartetts gewühlt. Und auch ein Coversong der Nebenband der beiden Tolis-Brüder THOU ART LORD darf nicht fehlen, namentlich das kollektiv mitgegrölte 'Societas Satanas'. Die Saitenfraktion lässt die dunklen Langhaarmähnen propellern, dann zeigt Sakis, dass er auch etwas Deutsch beherrscht: "Alle ssusammen!" Zum abschließenden Midtempo-Stampfer 'Noctis Era' schallen noch einmal die für ROTTING CHRIST typischen "Hu! Ha!"-Rufe durchs weite Rund, dann ist Schicht im Schacht. Ganz großes Kino!
[Carsten Praeg]
GHOST BRIGADE oder "Wie sieht eine Schmuse-Band auf einem Extreme-Metal-Festival aus?". Aber was soll's, es ist der letzte Tag, nur ein paar ganz Harten dürften die Ohren so langsam NICHT zusitzen, weshalb die Finnen eine wohlverdiente Verschnaufpause im Dauerkrach darstellen. Aber sie sind mehr als das: Sechs Songs gibt es heute, davon gleich vier vom neuen Album "IV – One With The Storm". Was bei anderen Bands schnell ein Ärgernis ist, fällt bei GHOST BRIGADE nicht negativ ins Gewicht, denn auch auf dem Party.San hat man es mit einem großen, ganzheitlichen Strom zu tun, der einen entweder mitreißt oder eben nicht. Ein "Den Song mag ich, den aber nicht!" hatte ich jedenfalls noch nie gehört und so zeichnet sich die Truppe einmal mehr dadurch aus, zutiefst Melancholisches mal ganz leise, mal ganz laut und oftmals verbunden zu zelebrieren. Manchmal macht es eben Spaß, sich in allem Unspaßigen zu suhlen. Bei tollem Klang greifen die punktgenauen, mit genau so vielen Noten wie nötig versehenen Melodien so richtig. Die beiden alten Songs lassen Sänger Manne Ikonen am Mikro brillieren, einmal klar ('Into The Black Light'), einmal rau ('Breakwater'). Ansonsten ist der gute Herr nach bester finnischer Manier sehr verschwiegen, was aber gut zum Gesamtpaket passt. Dieses lebt GHOST BRIGADE als musikalische Einheit durch und durch, so dass nach dem letzten Song 'Elämä On Tulta' (ein fantastischer Abschluss, auf Platte wie live) noch lange toll dargebotene Melodien, Hooks und sogar einfache, wuchtige Headbangpassagen im Kopf umherschwirren. GHOST BRIGADE war eine tolle Abwechslung, vielleicht auch die Party.San-Schmuseband, vor allem aber eine verdammt starke Nummer.
Meine Fresse, das Party.San muss KATAKLYSM wirklich gut im Gedächtnis geblieben sein. Klar, die Band hat hier vor einigen Jahren ihre "Live in Deutschland"-DVD aufgenommen, aber mit welcher Energie die Kanadier die Bühne entern, ist absolut umblasend. 'To Reign Again' reißt die Hütte ab und schnell wird klar, dass das hier gerade die größte Party des gesamten Festivals wird. 'If I Was God... I'd Burn It All' sowie 'As I Slither' folgen und ich weiß genau, dass mein Orthopäde von diesem Gig wenig begeistert wäre, denn jetzt geht es nur noch auf den Nacken. Selbst der Mittelteil, der mit drei Songs aufwartet, die ich selbst gar nicht mal so sehr feiere ('At The Edge Of The World', 'The Black Sheep' und 'Push The Venom'), kann einfach alles. Fast alles, denn eine Sache fällt auf: Sänger Maurizio Iacono setzt bei manchen Passagen konsequent anders ein als auf Platte. Das mag ein stilistisches Mittel sein, kommt aber eher wie "Takt nicht getroffen" herüber. Abseits davon kann der proppere Haarwust mit blendender Laune glänzen, wobei diese sich insbesondere durch unbändige Energie und den Willen ausdrückt, die Masse mitzureißen. Mehr Crowdsurfer, mehr Grölen, mehr Headbangen. Klar, das fordert jeder – Maurizio meint es ernst. Die Herren an den Instrumenten sind ebenfalls nahezu perfekt aufgelegt und liefern neben CANNIBAL CORPSE wohl den drückendsten Sound des Festivals ab; "Neu"-Drummer Oli Beaudoin macht dabei eine richtig gute Figur, indem er zum einen den gewissen Punch mitbringt, zum anderen diesen speziellen KATAKLYSM-Schlagzeugstil astrein aufs Parkett legen kann. Nachdem 'In Shadows & Dust' und abschließend 'Crippled And Broken' den Auftritt bereits nach 45 Minuten beenden, würde man gerne noch einmal 45 Minuten KATAKLYSM haben – und ist sich bewusst, dass das hier in der Tat gerade die geilste Party des Festivals war.
[Oliver Paßgang]
In der mittlerweile angebrochenen Dunkelheit schleicht sich schließlich einer der wenigen großen Black-Metal-Gigs des gesamten Festivals an. Die Genreveteranen MAYHEM übernehmen wie gewohnt düster und okkult die Bühne, um direkt stark mit den Fan-Favorite 'Deathcrush' einzusteigen. Schon jetzt ist die Menge schwer am kochen. Allerdings ändert sich das erschreckend schnell. Das Konzert ist sicherlich nicht furchtbar, nicht mal wirklich schlecht, aber irgendwie fehlt dieses mal der Biss. Abgesehen von einem erneuten Aufbrodeln der Gefühle beim unsterblichen Klassiker 'Freezing Moon' trümmert sich die Band durch eine gesichtslose Nummer nach der anderen und schafft es nicht, so wirklich die Menge in ihren Bann zu ziehen. Das bringt alle in eine etwas merkwürdige Lage irgendwo zwischen Enttäuschung und Euphorie. Der Bühnenaufwand ist allerdings wie gewohnt groß. Der Ärger mit der Technik wohl auch. Leider scheint es bei MAYHEM mittlerweile zu einem etwas unangemessenen Teil um Show anstelle der Musik zu gehen. Kein wirkliches Versäumnis und wer die letzten paar Auftritte gesehen hat, muss sich wirklich nicht grämen, falls dem dieses mal nicht so war. Wenigstens spielen die Schwarzheimer hier und da noch ein paar Klassiker. Schlussendlich gehen alle mit milder Resignation nach Hause. Das Urteil lautet: Ging so.
[Johannes Lietz]
Als es schließlich ganz dunkel geworden ist und die Sonne endlich auch einmal Pause hat, treten die englischen Doom-Veteranen MY DYING BRIDE auf den Plan, um dem ergebenen Publikum ihre Version der endlosen Verzweiflung näher zu bringen. Und wie Frontmann Aaron leiden kann, das macht ihm so schnell keiner nach. Der Rest der Band wird dabei regelmäßig zu Statisten degradiert, wenn er Klassiker wie 'Turn Loose The Swans' oder den Über-Song 'The Cry of Mankind' interpretiert. So ist eine Stunde ganz schnell vergangen. Und was soll da noch kommen? SAMAEL natürlich!
[Martin Storf]
Unglaublich! Im Gegensatz zu den beiden Headlinern der beiden vergangenen Tage schaffen es die Schweizer von SAMAEL mit ihrem Soundcheck unter einer Stunde zu bleiben und kommen mit lediglich 15 Minuten Verspätung auf die Bühne. Mit unheimlich viel Energie startet der Gig des Quartetts, das aktuell mit einer klassischen Seltlist unterwegs ist. Das legendäre dritte Album "Ceremony Of Opposites" wird in voller Länge dargeboten und entführt uns knapp 20 Jahre zurück in die Extreme-Metal-Anfangstage von SAMAEL. Ein konventionelles Drumset hat man deswegen aber nicht aufgestellt und wie immer wirbelt der hyperaktive Schlagwerker Xytras stehend an seinem Trommelset herum und kümmert sich ganz nebenbei noch um die elektronischen Einspieler. Diese Leistung verdient Respekt. Weniger glanzvoll ist der Sound. Anfangs hört man keine Vocals und dann sind sie zu leise. Lediglich im Verlauf des Auftritts wird der Klang ausgewogener und man kann die Ansagen von Frontmann Vorph verstehen. "Wir bringen euch die Hölle", kündet es beispielsweise von der Bühne, was der höfliche Eidgenosse mit einem "Wir hoffen es gefällt euch" auflöst. Trotz aller Nettigkeiten hat es der Vierer schwer auf dem Party.San. Lieder wie 'Son Of Earth', 'Baphomet's Throne' oder 'Crown' können zwar noch die meisten Zuschauer ansprechen, aber spätestens, als die Seltlist auf jüngere Tracks umschwenkt steigt die Mehrheit aus. 'Of War' vom aktuellen Album "Lux Mundi" ist für einige Besucher der Soudtrack für den Rückweg zum Zelt. Dabei darf man auch die jüngeren Songs nicht unterschätzen. Das gegen Ende gespielte 'Slavocracy' gehört zum Beispiel zu den besten Liedern der Band und bereitet dem harten Kern eine Menge Spaß. Die Mehrheit der Party.San-Besucher kann man zwar nicht überzeugen, aber SAMAEL ist eben eine Band, die macht, was sie will und wenn man ihre Mixtur aus Elektronik und Metal mag, ist der heutige Abend sehr denkwürdig. Nicht zuletzt auch, weil die Lightshow der Schweizer zu beeindrucken weiß.
[Adrian Wagner]
- Redakteur:
- Carsten Praeg