Party.San 2023 - Schlotheim
15.09.2023 | 19:0310.08.2023, Flugplatz Obermehler
Beim Extremmetall-Festival zerstören HYPOCRISY, OBITUARY und KATAKLYSM den Flugplatz Obermehler – präsentiert von POWERMETAL.de.
Selten habe ich es erlebt, dass sich freitags auf dem "Party.San" um die Mittagszeit derart viele Fans zur Opener-Band des Tages vor der Bühne tummeln. Aber Tradition verpflichtet: "Ein bisschen Grind muss sein!" Und den liefern die Belgier BRUTAL SPHINCTER mit mächtig Spaß in den Backen ab. Der Circle Pit pulsiert und erreicht zwischendrin beängstigende Ausmaße – trotz knackig-heißer Mittagssonne, wohlgemerkt. Der Schweiß rinnt, während der eine oder andere schon wieder am leckeren Cuba Libre nippt. ;) Die beiden Frontgrunzer von BRUTAL SPHINCTER sorgen in Sachen Vocals durchaus für Abwechslung und zeigen sich sehr bewegungsfreudig. Sie stampfen und hopsen auf der Stelle oder rennen wild über die Bühne. Der Spaßfaktor ist beachtlich und es gibt erstmals auch ein Novum auf dem "Party.San": Die Belgier sorgen für eine wuselnde, rein weibliche Karawane von Metalheads, die um den Front Of House-Turm herum springt. Für mich persönlich und viele Festivalbesucher ist BRUTAL SPHINCTER eine echt schöne Bereicherung des Line-ups und der geradezu perfekte Start in den Festivaltag. In den nächsten Jahren wiederkommen, aber flott!
[Martin Loga]
Von Anfang an ist die Stimmung beim nun folgenden Auftritt von BE'LAKOR elektrisierend. Die Band betritt die Bühne unter begeistertem Jubel, Frontmann George Kosmas' eindringliche Stimme und die beeindruckende Instrumentalbeherrschung der Bandmitglieder fesseln das Publikum. Die Setlist ist sorgfältig kuratiert, eine Mischung aus älteren Favoriten und neueren Stücken. Hits wie 'An Ember's Arc', 'Venator' und der emotionale Höhepunkt 'Countless Skies' werden von der Menge ordentlich gefeiert. Die Australier verstehen es, die Atmosphäre geschickt zu variieren – von rasendem Tempo zu melancholisch-epischen Passagen. Die visuelle Inszenierung verstärkt die musikalische Erfahrung. Die Lichtshow und die passenden Visuals auf den Bildschirmen fügen eine tiefere Ebene hinzu. Die Bühne ist in neblige Schleier gehüllt, was die düstere Stimmung betont und die Songs in Szene setzt.
[Felix Bischoff]
Nun steht ENDSEEKER auf der Mainstage an. In der brennenden Mittagssonne mache ich mich also auf den Weg dorthin, wo schon ordentlich viel Publikum versammelt ist. Die Stimmung vor der Bühne ist gut, auch die Jungs von ENDSEEKER legen von Anfang an voller Motivation los und beginnen mit dem Headbangen, wovon sich eine beachtliche Zahl an Zuschauern und Fans anstecken lässt. Wenn man bedenkt, dass die Jungs 2018 zum ersten Mal auf dem "Party.San" gespielt haben, damals noch auf der Tentstage, erst zum zweiten Mal auf diesem Festival dabei sind und nun direkt das Publikum von der Mainstage aus beschallen – Respekt! Das hat sich ENDSEEKER aber auch reichlich verdient, wenn man sich die durchweg positiven Reaktionen während des Auftritts anschaut. Eines meiner Highlights ist der Song 'Bloodline' vom neusten Werk "Mount Carcass".
[Kevin Kleine]
Heute brodelt die Dunkelheit auf dem "Party.San", als die griechische Black-Metal-Truppe YOTH IRIA die Bühne betritt. Die Atmosphäre ist elektrisch aufgeladen, als die Band ihr Set mit rohem und intensivem Sound eröffnet. Die dröhnenden Gitarrenriffs und die pulsierenden Drums von YOTH IRIA schaffen eine undurchdringliche Aura. Die Band präsentiert eine düstere Mischung aus neuen und alten Stücken, die die Essenz des griechischen Black Metal verkörpern. Die rohe Aggression der Musik durchdringt die Luft, während die Stimme von Sänger Merkaal die Menge in den Bann zieht. Mit Songs wie 'The Sethian' und 'Hermetic Code' zelebrieren sie die Finsternis des Genres. Die bedrohlichen Klänge erzeugen eine hypnotische Sogkraft, die das Publikum mitreißt. Jeder Ton ist ein Schritt tiefer in die Abgründe des Black Metal. Die Band überrascht mit 'The Mantis', einem Song, der von gnadenlosen Passagen zu atmosphärischen Klängen wechselt und das Publikum in eine faszinierende Klanglandschaft entführt. YOTH IRIA verlässt die Bühne unter ohrenbetäubendem Applaus und hinterlässt ein Publikum, das von der Intensität des griechischen Black Metal begeistert ist.
[Felix Bischoff]
Mit KANONENFIEBER betritt am Nachmittag bei ordentlicher Hitze ein weiteres Highlight die Bretter der Mainstage. Die Jungs um Mastermind Noise haben sich in den letzten zwei Jahren einiges an Reputation erspielt, so dass es für die frühe Zeit schon richtig voll wird. Wer KANONENFIEBER in letzter Zeit schon mal gesehen hat, weiß, dass Noise und seine Kollegen eine unglaublich spielfreudige, eingespielte Truppe sind. Auch auf dem PSOA 2023 werden wir hier nicht enttäuscht: KANONENFIEBER startet mit 'Die Feuertaufe' und gibt von Anfang an Vollgas. Wir hören im Anschluss ein Best-of der kurzen, aber hochwertigen Schaffensperiode von Noise. Das Stage-Acting ist hochprofessionell und weiß durchaus zu gefallen. Auch wenn KANONENFIEBER eigentlich als Einzelprojekt von Noise geführt ist, auf der Bühne merkt man dies zu keiner Zeit. Der gesamte Auftritt hat nicht nur hohe musikalische Qualität, sondern ist auch sehr gut choreografiert: Ob Pyros an der richtigen Stelle, gemeinsam marschierende Bandmitglieder ('Die Schlacht bei Tannenberg') oder Esmiralda, die im richtigen Moment abgefeuert wird ('Dicke Bertha'), man merkt, dass die Jungs von KANONENFIEBER jederzeit wissen, was sie tun. Bei 'Füsilier I' werden in der Kulisse ein paar Bäumchen platziert und wer beim "Dark Easter Metal Meeting" in München war, erinnert sich, dass diese eigentlich im Laufe der Show beschneit werden. Auf den Kunstschnee müssen wir diesmal leider verzichten. Dies tut der überzeugenden Darstellung des besungenen Leids in bitterer Kälte durch Noise aber kaum einen Abbruch. Während der gesamten Show gibt die Menge alles, es wird mitgebrüllt und der Kopf geschüttelt. Bei 'The Yankee Division March' lässt sich der Pit dann nochmal zu einer Wall of Death hinreißen, während Noise mit einem Flammenwerfer auf der Bühne hantiert. Dann ist die Show leider viel zu schnell vorbei. Zusammengefasst wieder einmal eine KANONENFIEBER-Show auf sehr hohem Niveau und eigentlich ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Jungs um Noise diese auch in einem Headliner-Slot darbieten dürfen.
[Hagen Kempf]
Am diesem Tag ereignet sich ein denkwürdiger Augenblick auf dem "Party.San"-Festival, als die norwegische Black-Metal-Legende URGEHAL die Bühne betritt. Die Atmosphäre ist von roher Intensität durchdrungen, während die Band mit wütenden Drums und rasenden Gitarrenriffs die Menge in ihren Bann zieht. Doch das Besondere dieses Auftritts ist der Sängerwechsel, der sich während des Sets ereignet. Der Wechsel verleiht dem Auftritt eine emotionale Note, da dieser eine der letzten Auftritte der Band nach dem Tod von Sänger Trondr Nefas ist, bevor sie sich (wieder) auflöst. URGEHAL präsentiert eine beeindruckende Mischung aus Klassikern wie 'Dødelagt' und 'The Necessity Of Total Genocide'. Die rohe und ungefilterte Musik der Band entfesselt eine düstere Atmosphäre, die die Essenz des Black Metal einfängt. Der Höhepunkt kommt mit 'Goatcraft Torment', als die Menge inbrünstig den Kopf mitschwingt. Dieser Song schafft einen Moment der Einheit zwischen Band und Publikum und hinterlässt eine Gänsehaut. Mit einer energetischen Zugabe verabschiedet sich URGEHAL von den Fans. Der Auftritt ist nicht nur ein Beweis für die musikalische Wucht, sondern auch für die Tiefe der Verbindung zwischen Band und Publikum. In Erinnerung wird dieser Auftritt bleiben als ein krönender Moment in der Geschichte des "Party.San"-Festivals und als eine eindrucksvolle Hommage an eine der Größen des Black Metal.
[Felix Bischoff]
ILLDISPOSED habe ich gefühlt schon seit Lichtjahren nicht mehr live erlebt. Schon seit 2007 nicht. Mit ihrem durchaus frischen und eher modern angelegten Death-Metal-Sound kommen Frontmann Bo Summer und seine vier Mannen prima bei den Party.Sanen an. Mit starken Groove-Nummern wie 'I Believe In Me' und 'Dark ' (beide vom Output "1-800 Vindication" von 2004) oder 'Weak Is Your God' präsentieren sich die Dänen von ihrer starken Seite. Dazwischen aktiviert Frontgrunzer Bo Summer immer wieder seine Deutschkenntnisse und meint in herrlichem Dänen-Akzent: "Wir sind nix verspätet, wir sind nur behindert, OK!" und hat die Lacher auf seiner Seite. Danach folgt mit 'Submit' eine herrliche Groove-Walze, bei der das Publikum ziemlich steil geht. ILLDISPOSED macht heute Abend alles richtig und darf getrost zu den Gewinnern des diesjährigen "Party.San" gezählt werden.
[Martin Loga]
Wie bei den Bands davor geht das Set auch bei MIDNIGHT erst mit ein bisschen Verspätung los, hat es dann aber in sich. Wie viele Hits man aus gerade mal fünf Studioalben und einigen Demos ziehen kann, ist immer wieder erstaunlich. Und so hat Basser und Sänger Athenar die Meute fest im Griff. Immer wieder fordert er dazu auf, die Becher auf die Bühne zu werfen, was natürlich viele eifrig tun. Als Dank für VENOMesque Kleinode der Marke 'Evil Like A Knife', 'Unholy And Rotten', 'All Hail Hell' und 'White Hot Fire' kann man das aber schon mal tun. Sonst finden auch alle Alben mit mindestens einem Song Erwähnung und das Debüt wird sogar mit dem Titeltrack, 'Lust, Filth And Sleaze' und 'You Can't Stop Steel' berücksichtigt, während vom aktuellen Album (leider) nur der Überhit 'Szex Witchery' gespielt wird, obwohl das Album noch einiges an sehr tollem Material zu bieten hat. Aber gut, zwei Stunden wollte man für die Amerikaner dann doch nicht einplanen und so muss auch dieser tolle Auftritt enden; bei dem Gitarrist und Bassist auf der Bühne ziemlich viel unterwegs sind und auch nicht vergessen, sich in typischen Rockerposen zu inszenieren. Am Ende des letzten Songs springt der Gitarrist dann sogar in den Graben, während er seine Axt noch etwas demoliert. Das ist Rock'n'Roll-Spirit, der hier geatmet wird.
[Kenneth Thiessen]
Mein nächstes Highlight sind dann die Polen DECAPITATED. Nach kurzem Intro legen die Jungs um Sänger Rafał direkt mit 'Cancer Culture' los, einem durchaus repräsentativen Song fürs neuere Schaffen von DECAPITATED. Der geneigte Hörer bekommt eine geballte Ladung technischen Death Metal mit progressivem Touch serviert, der nicht nur in den Nacken geht, sondern auch in die Beine. Das Publikum zeigt sich zu Beginn der Show noch etwas verhalten, taut aber im Laufe des Sets auf. Davon lässt sich Rafał und der Rest der Jungs aber nicht beeindrucken, sie tun wirklich alles, um die Meute zum Mitgehen zu animieren. Diese Mühe wird auch belohnt, es bilden sich immer größere Pits und auch ein ganz ordentlicher Circle Pit. Besonders die neueren Songs mit ihrer Mischung aus geballter Raserei und fast tanzbaren Stellen dazwischen scheinen das Publikum mitzureißen. Es gibt Kracher aus allen Schaffensperioden von DECAPITATED, wie z.B. den zwanzig Jahre alten Tech-Klassiker 'Spheres Of Madness', aber auch neuere Stücke wie 'Iconoclast', bei dem der auf Platte von Robb Flynn (MACHINE HEAD) dargebotene Klargesang allerdings vom Band stammt. Insgesamt eine überzeugende Show einer aus meiner Sicht unterschätzten Band, die durchaus ein wenig mehr Aufmerksamkeit verdient hätte.
[Hagen Kempf]
Aufgrund der krankheitsbedingten Absage von MANTAR wird der Auftritt von GRAVE MIASMA kurzfristig aus dem Zelt auf die Hauptbühne verlegt. Und so dürfen die Briten ihren angeschwärzten Death Metal vor potenziell mehr Leuten zum Besten geben. Visuell bedeutet dies, dass das Publikum in den Genuss von Flammensäulen, Nebelmaschine und einigen Pyros kommt. Leider ist jedoch das Publikum vor der Hauptbühne etwas ausgedünnt und es gibt auch das eine oder andere Problem mit dem klanglichen Mix des Auftritts. GRAVE MIASMA liefert eine gute Performance heute Abend und zockt unter anderem 'Eschatos' sowie 'Guardians Of Death' vom aktuellen Output "Abyss Of Wrathful Deities". Die Reaktionen des Publikums sind gut, wenn auch schwächer, als es der Verfasser dieser Zeilen im Vorfeld erwartet hätte.
[Martin Loga]
Nach dem klassischen 'The Boys Are Back In Town' fangen die sterbenden Fötusse mit einer kleinen Verspätung an, die aber nach dem ersten Song sowas von vergessen ist. Diese tighte Soundwand, an der nichts vorbei- oder durchkommt, als Trio so hinzubekommen, ist schon was ganz Besonderes. Technisch ist DYING FETUS natürlich über jeden Zweifel erhaben und gehört im Genre des brutalen Death Metal schon zum alten Eisen. Wobei das kommende Album "Make Them Beg For Death", das mit den Songs 'Unbridled Fury' und 'Compulsion For Cruelty' bedacht wird, wohl wieder ein absolutes Genrehighlight sein wird. Daneben hat man ja einen großen Backkatalog, der auch quasi nur aus Genreklassikern besteht; die Band spielt aber auch neuere Songs der beiden Hammerscheiben "Reign Supreme" und "Wrong One To Fuck With". Nicht fehlen dürfen natürlich die drei altbewährten Brecher 'One Shot, One Kill', 'Grotesque Impalement' und 'Praise The Lord - Opium Of The Masses', die das Publikum richtig zum Kochen bringen. Und den Moshpit, der wohl einer der heftigsten des Festivals sein dürfte, noch einmal beschleunigen. Ungewöhnlich ist dann – jedenfalls für mich – dass die Show mit dem Song 'Wrong One To Fuck With' abgeschlossen wird, was jedoch hier absolut passt. Denn obwohl der Song vom letzten regulären Langspieler stammt, reiht er sich absolut organisch in die Reihe der großen Klassikersongs der Band ein. Nach der obligatorischen Verabschiedung seitens John Gallaghers mit den Worten "This is a celebration" und dem Abspielen des KOOL AND THE GANG-Songs 'Celebration' ist dann der Auftritt auch endgültig zu Ende.
[Kenneth Thiessen]
Die nun folgende Hauptband des Abends kann man inzwischen getrost als Stammgast bezeichnen: Die Schweden HYPOCRISY beehren das PSOA bereits zum vierten Mal als Headliner, diesmal allerdings erstmals ohne ihre jahrelange Schlagzeuglegende Horgh. Stattdessen nimmt Henrik Axelsson von THE CROWN hinter der aufgetürmten Schießbude Platz, ehe traditionell die ersten Klänge von 'Fractured Millenium' erklingen und die restlichen Mannen um Mastermind Peter Tägtgren unter Applaus die Bühne stürmen. Nahezu nahtlos geht der Opener in 'Impotent God' vom inzwischen über 30 Jahre alten Debütalbum "Penetralia" über, die LED-Strobos flackern und die zunächst reihenweise gezückten Handys weichen mehr und mehr bangenden Mähnen. Vier Songs werden erstmal ohne Ansage durchgeschrotet, dann wendet sich Peterle erstmals an die Meute: "It's a great fucking honor to be here tonight!" Dann demonstriert er, dass er "fuck you" in den verschiedensten Tonlagen grunzen und schreien kann. Beim vergangenen Auftritt vor Corona griffen die Schweden auf diverse Medleys zurück, um alle Schaffensphasen abzudecken – diesmal ist auch ganz ohne diesen Kniff nahezu jede Platte vertreten. Einzig das vorletzte Album "End Of Disclosure" ist nicht dabei, was aber gar nicht weiter auffällt. Schließlich hat man neben melodischeren Gassenhauern wie 'Eraser' oder 'Fire In The Sky' auch haufenweise alte Death-Bretter à la 'Adjusting The Sun' und 'Inferior Devoties' im Gepäck. Peter streckt die Zunge raus, reckt die Pommesgabel in die Luft und gibt wie seine Mitstreiter alles. Einziges kleines Manko: Auch zum traditionellen Rausschmeißer 'Roswell 47' werden diesmal keine Pyros serviert. Sei's drum, auch ohne kann sich die Bühnenshow mehr als sehen lassen! Geiler Gig, nach dem es für den Großteil von uns entweder im Partyzelt oder hinterm "Brutz & Brakel"-Stand weitergeht.
[Carsten Praeg]
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- Carsten Praeg