Party.San Metal Open Air - Bad Berka
22.08.2007 | 15:0109.08.2007, Festivalgelände
Glaubt man einigen Online-Einträgen nach der großen Party.San-Feier in diesem Jahr, könnte leicht der Gedanke entstehen, dass die Antifa das Festival übernommen hat. Ist aber nicht so. Die Veranstalter des traditionsreichen Thüringer Open Airs haben im dreizehnten Jahr seines Bestehens nun damit ernst gemacht, dass sie politisch suspekte Besucher konsequent verwarnen und notfalls vom Gelände kicken. Das hat in diesem Jahr dazu geführt, dass Sicherheitsleute mit Listen ausgestattet T-Shirts und sonstige Devotionalien kontrolliert haben und notfalls Besucher darum baten, dass sie im Zweifelsfall ihre Shirts lieber wechseln sollen. Folgt man einigen wütenden Einträgen im Forum, hat es dabei Fehlentscheidungen gegeben, etwa irrigerweise als Nazi-Ware eingestufte ENSLAVED-Shirts. Aber - und auch das lässt sich im Forum des Festivals nachlesen - es gibt kaum noch einen Besucher, der sich darüber beschwert, dass er in der Nacht von Nazi-Musik belästigt wurde oder Rechtsextreme sonstigen Stunk machten. Und insofern scheint das harte Durchgreifen durchaus Sinn gemacht zu haben und erfolgreich gewesen zu sein. Denn trotz widrigster Wetterbedingungen herrscht auf dem Gelände über drei Tage lang vor allem eines: Party-Stimmung mit grandiosen Auftritten von Legenden des extremen Metals, mit immer noch billigen Preisen für Bier und Essen, mit dem vermutlich besten Cocktail-Stand der Welt - und mit Fans, die auch und trotz T-Shirt-Kontrollen feiern, als wäre das Party.San das einzige Festival der Welt. Insofern - gestattet dieses Vorab-Fazit - können sich die Veranstalter auch schon auf nächstes Jahr freuen und dürften trotzdem kaum weniger Besucher bekommen: Weil für jeden Spacken, der nicht anreist, weil er seine Runen-Klamotte nicht tragen darf, mindestens zwei Leute kommen, die den Ruf verstanden haben, der von diesem Party.San ausging: Hier sind nur noch Metal-Heads willkommen, aber keine Spinner mit Hakenkreuz-Fantasien oder Deutschtum-Träumen. Viel zu lange wurden NS-Auswüchse in der Black- und Pagan-Metal-Szene zwar nicht unbedingt gutgeheißen, aber zumindest toleriert: Für den konsequenten Mut, dagegen vorzugehen, gebührt den Veranstaltern viel Respekt. Und auf dem eigentlichen Festival-Gelände, also vor der Bühne, ist während der drei Tage sowieso kaum etwas von Politik zu spüren. Nur braunen Schlamm, den gibt es im Überfluss. Schon beim Vorglühen am Donnerstag bei DISASTER K.F.W. sammelt sich eine ordentliche Portion an den Stiefeln.
[Henri Kramer]
Mit Beginn des DISASTER K.F.W.-Konzerts wird auch das Wetter schlechter, aber es gibt schon eine beachtliche Anzahl an Besuchern, die sich davon nicht stören lässt und den Death-Metal-Heads gespannt zuhören. Schon nach kurzer Zeit zieht der Sound der Thüringer weitere Besucher an. So stoßen DISASTER K.F.W. auf allgemeine Begeisterung und fit, wie alle am ersten Tag noch sind, sorgen die Jungs für eine angeheiterte Stimmung. Ein gelungener Beginn für das verregnete Festival.
[Maraike Hofer]
Nicht zu vergessen: Skelletons Schreie vom Drum-Set aus sind immer noch urwüchsig, einfach der totale Metal-Kult. Und die Band macht bei ihrem Auftritt zudem einen äußert spielfreudigen Eindruck, die Gesichter sagen Spaß, Spaß, Spaß - und eine alte extreme Band danach ...
[Henri Kramer]
PENTACLE eröffnen ihren Gig im diesigen und verregneten Abend. Schon nach den ersten Klängen fängt es an, Katzen und Hunde zu regnen - wie man so schön im Englischen sagt. Auf gut Deutsch also: Es pisst in Strömen. Das Publikum flüchtet. Es wird sich in alle trockenen Nischen und Ecken gequetscht, und man muss sich schon ernsthaft fragen: Hat Thor seine Tage, oder mag er etwa keinen Death Metal? Ungeachtet des schlechten Wetters haben sich aber trotzdem einige hartgesottene Death-Metal-Fans vor der Bühne eingefunden, um PENTACLE ihren Tribut zu zollen. Songs wie 'Awaiting The Blast Of Death', '(Storming Through) A Hail Of Steel' und 'Black At Heart' dröhnen in astreinem Old-School-Death-Metal-Sound aus den Boxen und lassen wenigstens in den Herzen der bangenden Maniacs die Sonne scheinen. Nachdem sich der Regen etwas lichtet, kommen doch noch einige Hörer vor die Bühne gekrochen, und schnell hat sich das Party.Sanen-Volk verdoppelt. Wenigstens gegen Ende hin haben PENTACLE so doch noch das Publikum, das sie auch verdienen.
[Marko Seppä]
Nach solchen Old-School-Legenden sind die New-School-Kracher von DYING FETUS dran, die mit neuem Drummer und solchen Krachern wie 'One Shot One Kill' auftreten. Aber zu dieser Stunde sind schon einige Leute nicht mehr ganz zurechnungsfähig, selbst Kollegen trifft es wie die Menge der Blitze, die im Hintergrund niedergehen.
[Henri Kramer]
Man möge mir verzeihen, dass ich DYING FETUS nach dem fünften Zeltaufbau-Belohnungs-Bier nur recht vage wiedergeben kann. Aber was sich da in die Gehörgänge ätzt, ist fies. Der Bass von Sean Beasly sprengt einem fast den Brustkorb, dazu kommen Drums, die einem das Pils aus der Hand pusten, und Gitarrist John Gallhager rundet das Ganze mit brutalstem Growl-Gekeife ab - von seinen präzise gespielten Tappings auf dem Griffbrett ganz zu schweigen. Die Amis von DYING FETUS sind fest entschlossen den Anreise-Donnerstag für sich zu entscheiden. Vor der Bühne hat sich eine ansehnliche Menge an bangwilligen Zeltaufbaustrebern eingefunden und beweist den Jungs aus Maryland, dass auch Deutsche feiern können, wenn's drauf ankommt. Alles in allem ein gelungen böser Einstieg in das kommende Hell-Weekend.
[Corina Brucker]
Gegen den tristen Regenabend scheinen jetzt SECRETS OF THE MOON mit ordentlichen Flammenwerfern vorgesorgt zu haben, die vor allem den Fans in den vordersten Reihen zugutekommen. Auch wenn der Regen mittlerweile nachgelassen hat, könnte man meinen, dass der Platz vor der Bühne doch recht spärlich bevölkert ist. Das tut der Stimmung aber keinen Abbruch, denn die, die gekommen sind, feiern dafür bei sauber aus den Boxen schallenden Songs wie 'Bleakstar' und 'Lucifer Speaks' um so ordentlicher ab. Insgesamt ein starker Auftritt, der sicherlich in Erinnerung bleiben wird, auch wenn uns das Wetter an diesem Abend alle gefickt hat. Doch dann kommen noch mehr Penetrierte.
[Marko Seppä]
1986 in Schweden aus der Taufe gehoben, stehen MERCILESS anschließend für Thrash Metal der alten Schule. Nackenbrechende Riffs, prägnante Leads und eingängige Melodiebögen bescheren dem ein oder anderen Thrasher ein feuchtes Höschen - Übergänge fließend: Denn pünktlich zur ersten Halbzeit geht über dem idyllischen Bad Berka ein Wolkenbruch nieder, der sich gewaschen hat. Davon lässt sich aber im Gegensatz zum gnadenlosen Spiel von MERCILESS niemand beeindrucken. Und so sieht man vor der Bühne klitschnasse Banger und jede Menge Schlammopfer zu Songs wie 'The Awakening', 'Realm Of The Dark' oder 'Dying World' abgehen. Die Schweden holzen spieltechnisch auf hohem Niveau bis zum finalen Schlussakkord. 'Unbound' und das raketenschnelle 'Shadows Of Fire' vervollständigen einen grandiosen Gig ...
[Stefanie Rudolph]
... der abgelöst wird von der traditionellen Metal-Party im großen Festzelt, bei der wieder einmal nur Klassiker gespielt werden. Schon allein für diese Feier nach den Konzerten lohnt sich die Anfahrt. Draußen entwickelt sich derweil das Party.San zum Party.Schlamm.
[Henri Kramer]
- Redakteur:
- Henri Kramer