RAGE - Andernach

19.02.2004 | 06:22

24.01.2004, Juz

RAGE feiern 20-jähriges Jubiläum und da dürfen die langjährigen Kaiserslauterer RAGE-Fans natürlich nicht fehlen. Da kein näherer Auftrittsort am Start war, machten wir uns mit drei Autos schon nachmittags auf nach Andernach. Da ich eigentlich gewöhnt bin, auf den letzten Drücker zu Konzerten zu kommen, war hier die frühe Abfahrt goldrichtig. Petrus bescherte uns nämlich auf der Fahrt ein herrliches Schneetreiben, so dass Geschwindigkeiten jenseits der 80 km/h illusorisch erschienen. So bewiesen wir unsere Bandtreue, indem wir uns trotz dieser langwierigen gefährlichen Anfahrt nicht abhalten ließen, RAGE die Ehre zu erweisen. Endlich angekommen, waren wir sogar noch rechtzeitig kurz nach 19 Uhr, um auf die Stehplatztribüne zu kommen. Ein Lob an die Stadt Andernach muss hier gesagt sein, da deren Jugendzentrum als Teil vom Jugendamt seines gleichen suchen kann. Ich habe selten ein JUZ in dieser Größe gesehen, was dazu noch eine tolle Clubatmosphäre verströmt. So kann sich das JUZ es leisten mit einem geschätzten Fassungsvermögen von ca. 800 Leuten, Auftrittsort für international bekannte Bands zu sein. Damit macht die Stadt Andernach auch Werbung für sich. Die einheitlich an diesem Abend „uniformierte“ Mannschaft am Eingang, hinterm Tresen oder an der Tribüne war sehr freundlich und hilfsbereit und konnte so den positiven Eindruck abrunden.
Wie nicht anders zu erwarten, war das JUZ an diesem Abend proppenvoll und einer geilen Jubiläumsfeier stand nichts mehr im Weg.
Zunächst einmal spielten sich RAGE warm als ihre eigene Vorgruppe mit einem Acoustic-Set, wobei sie durch ihren Gitarren-Roadie Jesus verstärkt wurden. Unplugged war dieser Set jedoch nicht, da Victor und Peavy lediglich einen schönen Cleansound für ihre elektronischen Langhölzer eingestellt hatten. Mike spielte hinter einem abgespeckten Drumset vor seinem überdimensionalen Kit. Lediglich Jesus hatte eine akustische Gitarre. Das sei aber nur am Rande bemerkt, da es bei diesen Instrumentalisten eigentlich egal ist, wie und über was sie spielen – genial ist es eigentlich immer. So wurde dieser Acoustic-Set zu einer sehr relaxten Angelegenheit, der von RAGE sitzend mit ein paar sympathischen Sprüchen von Peavy locker über die Bühne gebracht wurde. Ich als ewiger RAGE-Setlisten-Nörgler hätte mir zwar noch ein paar ältere Lieder wie z.B. ’Light Into The Darkness’ oder ’All This Time’ gewünscht, aber so ging das natürlich auch in Ordnung. Musikalisch war es ebenfalls vom Feinsten. Lediglich Peavy’s Gesang war an wenigen Stellen in den Höhen etwas wackelig, was vermuten ließ, dass er mal wieder eine Erkältung hatte. Dazu aber an späterer Stelle mehr.

RAGE-Acoustic-Setlist:
1. Deep In The Night
2. Vanished In Haze
3. Until The End
4. Wake The Nightmares
5. Turn The Page

Nachdem die Roadies das Acoustic-Setup weggeräumt hatten, ging es dann nach einer knappen halben Stunde los mit dem eigentlichen Set. Wie nicht anders zu erwarten, wurde zuerst die geniale Eröffnung der aktuellen Platte auf die Meute losgelassen. Gerade im Intro ist es eine Wucht, Victor zu beobachten, wie er mit den Hebeln und Schaltern seiner Gitarre dermaßen punktgenau mit Mike Terrana groovt. Im weiteren Set ließen die beiden auch nichts anbrennen und waren für alle anwesenden Musiker schon alleine den Besuch wert. Auch die an manchen Stellen kritisierten überlangen Soli wurden an diesem Abend im Verhältnis zur Länge des Sets sehr zurückgefahren. So brillierte Mike lediglich im Anschluss an das geniale DREAM THEATER-mäßige Instrumental ’Unity’ in einem Drum-Solo und Victor hielt sich in seinem Gitarrensolo etwas zurück, indem er anfangs ein paar Harmonien von ’Tribute To Dishonour’ unterbrachte und es ansonsten ziemlich kurz hielt. Ansonsten benutzte er an manchen Stellen eine festinstallierte Gitarre, die Midisounds erzeugte, die man allenfalls von besseren Synthesizern erwartet.
Der Sound war extrem druckvoll in allen Belangen und laut, aber gerade noch erträglich. Dem Jubiläum gebührend war die überlange Setlist auch eine Reise durch alle RAGE-Alben. Die Songs wurden dann so dargeboten, dass auch Fans älterer RAGE-Besetzungen nichts zu meckern hatten. Lediglich der zuvor bereits erwähnte Gesang von Peavy ließ ihn bei den hohen Passagen immer mehr im Stich, so dass das tolle ’Invisible Horizons’ gesanglich ziemlich katastrophal klang. Dafür entschuldigte sich Peavy dann auch gleich damit, dass er eine Erkältung habe. Peavy’s Stimme ist bei jedem RAGE-Konzert der Knackpunkt, da instrumental ja eh nichts anbrennen kann. Bei so ungefähr jedem dritten RAGE-Konzert, das ich bisher besucht hatte, hatte er eine Erkältung, so dass ich Peavy’s Freundin nur empfehlen kann, mehr darauf zu achten, dass er sich immer schön warm anzieht und gut ausschläft, dass er nicht mehr so anfällig ist für die blöden Erkältungen. Dieselben Tipps bekomme ich nämlich immer zu hören, da ich bei Erkältungen auch meistens mit vorne dabei bin, nur mit dem Unterschied, dass ich meinen Lebensunterhalt nicht mit der Singerei verdiene. Auf alle Fälle wünschen wir Peavy gute Besserung sowie Lob und Anerkennung, dass er sich trotz dessen mehr als achtlich durch die überlange Setlist gekämpft hat. Für eine amtliche DVD, die mitgeschnitten worden ist, wird der Gesang wohl aber noch mal überarbeitet bzw. die gesanglich höheren Songs von anderen Konzerten eingestreut werden müssen.
Mit 32 RAGE-Stücken an einem Abend darf man sich eigentlich nicht beschweren, aber ich kann es mir nicht ganz verkneifen, anzumerken, wo denn gerade die Killer der neuen Scheibe und einige ältere waren. So bin ich nicht der einzige, der ’Human Metal’, ’Defenders Of The Ancient Lives’ und ’Death Is On Its Way’ als Pflichtprogramm der neuen Scheibe gesehen hat. Bei der angeschlagenen Stimme hätte Peavy besser auf ’Invisible Horizons’ verzichtet, auch wenn es immer wieder schön ist, Songs aus der “Secrets…“-Phase zu hören. Ansonsten hätten u.a. ’Baby, I’m Your Nightmare’, ’The Crawling Chaos’, ’Alive But Dead’, ’End Of All Days’, ‘The Pit And The Pendulum’, ‘Who Dares’, ‘Saddle The Wind’ oder ‘On The Edge’ bei mir noch Begeisterungsstürme ausgelöst, aber ich will mich, wie gesagt, in Anbetracht von 27 tollen Songs nicht wirklich beklagen. Mit dem jedermann bekannten Mitsingschinken ’Higher Than The Sky’ schlossen RAGE wie fast immer ihren Set und entließen die vollbedienten Fans auf ihren Nachhauseweg.

RAGE-Main-Setlist
1. Orgy Of Destruction
2. War Of Worlds
3. Great Old Ones
4. Paint The Devil On The Wall
5. Sent By The Devil
6. Firestorm
7. Down
8. Prayers Of Steel übergehend zu
9. Suicide
10. Days Of December
11. Unity übergehend zu
12. Drum-Solo
13. Enough Is Enough
14. Invisible Horizons
15. Set This World On Fire
16. Flesh & Blood
17. Guitar Solo
18. Soundchaser
19. Straight To Hell
20. Back In Time
21. Refuge
22. From The Cradle To The Grave

23. Black In Mind übergehend in
24. Solitary Man
25. Don’t Fear The Winter

26. All I Want
27. Higher Than The Sky

Redakteur:
Tilmann Ruby

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