RELOAD Festival 2023 - Sulingen
14.09.2023 | 22:0917.08.2023,
Immer wieder gern!
Der Freitag beginnt früh mit leckeren Brötchen, heißem Kaffee und einer lauten Durchsage, dass wir uns doch bitte alle zum Auftritt der EXCREMENTORY GRINDFUCKERS versammeln mögen. Gesagt, getan und so marschiert eine doch schon amtliche Zahl von feierwütigen und auch verkaterten Menschen vor die Plaza-Stage, um sich bei herrlichstem Sonnenschein von den Hannoveranern im Höhlenmenschenoutfit die Grindcore-Leviten lesen zu lassen. Und wenn es eine Band schafft, um 9:45 Uhr in aller Herrgottsfrüh die ersten – und längst nicht letzten – Circle-Pits des Tages zu kredenzen, dann sind es Rob, Christus und Co. Wer will GRINDFUCKERS hören? Richtig, viele are looking for Grindcore! Auf der großen EMP-Stage geht es anschließend direkt mit GET THE SHOT und einer saftigen Prise Hardcore weiter. Die Kanadier können auf beinah 15 Jahre Bandgeschichte zurückblicken und wissen auch heute, die müden Männer munter zu machen. Allerdings sind vor der Hauptbühne noch nicht allzu viele Zuschauer versammelt, doch die, die Jean-Philippe und Konsorten auf selbiger herumwüten sehen, zeigen sich beeindruckt ob ihrer Leistung.
Danach dürfen sich Lena Scissorhands und INFECTED RAIN von ihrer durchschlagenen Seite zeigen, was wiederum noch mehr Menschen vor die Bühne lockt. Als kleiner Geheimtipp entfachen die Moldawier ein amtliches Höllenfeuer aus Nu-, Alternative- und melodischem Death Metal, sorgt für viele nickende Gesichter und viel Bewegung zur Mittagszeit. Von Stündchen zu Stündchen füllt sich das Infield, es wird zu durchaus horrenden Preisen gegessen, getrunken – und die knallende Sonne sorgt dabei für das entsprechende Zubrot. Noch haben wir perfektes Festivalwetter, die Sonne scheint uns aus dem Allerwertesten. Mit Blick Richtung Bühne bleiben wir bei deftigen, lauten Tönen und freuen uns bei LANDMVRKS auf eine gewaltige Prise Metalcore. Gefühlt war die Stimmung beim vorherigen Act zwar besser, aber die aus Marseille stammende Fünf-Mann-Combo gibt in der Mittagshitze alles, zeigt sich agil und quirlig und steckt die Zuschauermengen allen voran mit 'Visage' und 'Fantasy' an. Auf den folgenden, tödlich-frickeligen Beitrag habe ich mich im Vorfeld sehr gefreut, ist DECAPITATED doch vor allem live eine Macht. Zugegeben, so langsam macht sich die brütende Mittagssonne auch bei mir bemerkbar, doch locken mich bestens aufgelegte Polen mitten vor die Stage und der eine oder andere Moshpit darf umherkreisen. Mit Brechern wie 'Earth Scar' oder 'Day 69' kann das Todeskommando auch wahrlich nichts falsch machen.
Nach diesen doch sehr wuchtigen Tönen darf nun das Tanzbein geschwungen und zum Met gegriffen werden. Richtig, mit MR. HURLEY & DIE PULVERAFFEN entert um 14:25 Uhr eine astreine Party-Metal-Band mit allerlei Spielfreude und Hits der Marke 'Santa Sangria' und 'Blau wie das Meer' die Bühne. Ich hätte nicht gedacht, dass es vor selbiger schon so voll sein kann, doch die Osnabrücker feiern quasi Heimspiel und geben alles, um das Publikum zum Feiern zu bringen. Dass das sehr fanfreundliche Reload-Festival auch ein paar Szene-Legenden aus dem Ärmel schüttelt, beweisen uns die Veranstalter nun mit AGNOSTIC FRONT und einem bockstarken Auftritt. Auch von etwas weiterer Ferne pumpt mit die Hardcore-Legende aus New York das Blut in die Adern, zeigt sich auch Roger Miret als Frontmann par excellence, der partout keine Verschnaufpause braucht. Nach leider nur 40 Minuten und einem so starken 'Gotta Go', beenden das RAMONES-Cover 'Blitzkrieg Bob' und sehr viele grölende Kehlen einen rundum tollen Auftritt.
Es wird heißer und heißer, auch CLAWFINGER kann ein Liedchen davon singen. Doch Trinkwasserstellen im Infield sorgen zumindest für ein wenig Abkühlung. Und die Schweden? Was habe ich die Band vor 20 Jahren doch gefeiert und freue mich wie ein kleines Kind direkt zu Beginn 'Out To Get Me' und 'Nothing Going On' zu hören. CLAWFINGER schwitzt, ich schwitze, das Publikum schwitzt – es ist ein heißer Freitag, den die Schweden jedoch genauso sehr vor dem jubelnden Reload-Publikum genießen wie die Jungs von SKINDRED. Auch wenn ich nicht weiß, wie es Frontmann Benji mit Handschuhen und Glanz-Jäckchen bei dieser Wärme aushält, bin ich ob der Stimmung, sowohl auf als auch vor der Bühne, mächtig beeindruckt. SKINDRED feuert mit 'Rat Race', 'Nobody' und 'L.O.V.E. (Smile Please)' einen Gassenhauer nach dem anderen ins Publikum, das sichtlich Spaß bei allen Sing- und Klatschspielchen der Waliser hat. Puh.
Jetzt geht es langsam, aber sicher ans Eingemachte und während STICK TO YOUR GUNS und eine gepflegte Prise Hardcore mir auch am hinteren Rand des Infields, in der nicht enden wollenden Schlange zum Merchandise, ein breites Grinsen auf die Lippen zaubern, wächst die Vorfreude ob der folgenden drei Bands. Bevor KILLSWITCH ENGAGE den Laden in Beschlag nehmen, bekomme ich von den sehr gut aufgelegten Kaliforniern um Jesse Barnett zumindest noch die letzten beiden Songs mit – zumindest etwas. Nach einer kurzen, aber so guttuenden Erfrischung (Bier), dürfen Jesse Leach und Co. zeigen, wo der Frosch die Locken hat. Und ab der ersten Minute brilliert KILLSWITCH ENGAGE in der Dämmerung, haut einen Klassiker nach dem nächsten raus, die Fans toben, die Meute ist außer sich und die Band weiß mit feurigen Gassenhauern wie 'This Fire' und 'Beyond The Flames' sowie mit 'The Crownless King' und 'Rose Of Sharyn' zum Ende hin einen durchschlagenden Erfolg zu verbuchen.
Mit TRIVIUM kündigt sich nun jene Band an, auf die ich mich im Vorfeld am meisten gefreut habe. Nicht nur, dass der gute Matt ein charismatischer Kerl ist, wissen die Mannen aus Florida an guten Tagen doch, die musikalische Weltherrschaft an sich zu reißen. Heute ist leider nur ein ganz-okay-Tag, denn bis auf Mr. Heafy – stilecht mit der Jacke des Backdrop-Logos gekleidet – wirkt der TRIVIUM-Auftritt doch recht statisch und der Sound zu leise – die Konsequenz: Trotz einer tollen Setliste bestehend aus alten wie neuen Gassenhauern, 'In The Court Of The Dragon', 'Feast Of Fire' wie auch 'Down From The Sky' und 'A Gunshot To The Head Of Trepidation', will der Funke nicht vollends überspringen. Schade. Doch dann – ich nehme es gleich vorweg – kommt IN FLAMES und zeigt sich als Headliner par excellence.
Es geht kreuz und quer durch die Geschichte der Schweden und die Jungs – allen voran Frontmann Jesper Strömblad – haben in Sachen Spielfreude und Erhabenheit einen richtigen Sahnetag erwischt. Der Sound drückt wie Bolle, das Publikum ist elektrifiziert, mit 'Where The Dead Ships Dwell', 'Cloud Connected' oder auch der Uralt-Perle 'Behind Space' und 'Only For The Weak', geht es Schlag auf Schlag – mit einem atemberaubend hohen Niveau zockt sich das Göteborger Aushängeschild bis in die Nacht und entlässt uns abschließend mit 'Take This Life' in den wohlverdienten Feierabend. Danach hat sich zusätzlich SLEEP TOKEN auf der großen Hauptbühne angekündigt, doch die Müdigkeit fordert ihren Tribut. Zumindest ein Großteil der IN FLAMES-Fans schaut sich an, was die Briten auf der EMP-Stage abliefern.
So geht es heißer wie auch spektakulärer und schlichtweg schöner Tag zu Ende und man könnte in Melancholie versinken, doch wir haben noch einen kompletten Festivaltag vor uns. Und auch der Samstag verspricht Vieles.
Und hier geht's zum Samstag.
- Redakteur:
- Marcel Rapp