RELOAD Festival 2024 - Sulingen

14.09.2024 | 12:46

15.08.2024,

Wir sind wieder daaahaaa!

Nach der ersten Mütze Schlaf und einem wirklich guten ersten Frühstück stolzieren wir langsam, aber mit immenser Vorfreude zum Gelände. Schon früh wird gefeiert, getrunken, gegrölt und das Wochenende in vollen Zügen genossen. Richtig, nachdem wir mitten in der Nacht nur noch die Matratzen aufgeblasen und das Angekommen-Bier getrunken haben, ging es sofort ins Traumland. Mit so großer Vorfreude auf die Dinge, die uns nur wenige Stunden später erwarten. Here we go:

Auf der Impericon Stage hat BEYOND THE BREACH früh um 10:15 Uhr die undankbare Aufgabe, den Zeltplatz aus den Federn zu heben und die etwas müden Knochen zu ermuntern. Doch für diese unchristlich frühe Zeit ist der Platz vor der Stage durchaus gut gefüllt und die Nordköppe verpassen dem Festivalfreitag mit ihrem Mix aus Nu Metal und Metalcore eine druckvolle, aber auch emotionale Schlagseite. So kann es weitergehen! Das geschieht mit PALEFACE SWISS und einem weiteren, leckeren Salami-Brötchen. Einmal mehr hat das Reload-Festival den großen Vorteil, dass man Bands für sich entdecken kann, denen man auf größeren Festivals eventuell unbeabsichtigt den Rücken gekehrt hätte. Denn wer eine längere Anfahrt aus der Schweiz hatte, der verdient es auch, dass man seine kraftvollen Beatdowns und Slam-Attacken in vollen Zügen genießt. Der Menge gefällt es und ein Hauch von Bewegung kommt in die Open-Air-Bude. Danach folgen die Belgier von NASTY, die ihrem Namen alle Ehre machen und eine dreckige und druckvolle Performance – ähnlich wie PALEFACE SWISS – zum Besten geben. Die Band hat viel aus ihrer Tour mit TERROR gelernt und weiß die Hauptstage souverän zu zerstören.

Doch nun geht es ans Eingemachte. Nach einem kurzen Blick auf die Plaza-Stage, auf der ANCHOR & HEARTS mit allerlei Konfetti und einem Wasserball für Stimmung sorgt, beginnt langsam die Vorfreude hochzukochen. THE BLACK DAHLIA MURDER hat mit Brian einen würdigen Ersatz für Trevor gefunden und legt los wie die Feuerwehr. Bei herrlichstem Wetter zerfetzen die Amis sämtliche Trommelfelle, Growls und Screams hier, Breaks und die brutalste Seite des Death Metals dort. Brecher der Marke 'Mammoth's Hand', 'Everything Went Black' und 'Statutory Ape' sorgen für sehr viel Gefallen in den ersten Reihen, noch mehr Energie, die freigesetzt wird und sich auch automatisch auf EMIL BULLS überträgt. Ich mag diese kleinen Zeitreisen, die in den letzten Jahren schon dank GUANO APES oder TORFROCK für Nostalgie sorgten. Und ein Rundum-sorglos-Paket seitens der Münchener Alternative-Metaller kann sich dem nahtlos einfügen. Die Menge liebt die ausgelassene Stimmung auf der Bühne, den hymnischen Sound, die druckvolle Performance und Songs der Marke 'The Age Of Revolution' und dem abschließenden 'World Apart'.

Trotz coolem Schotten-Rock von VUKOVI und THROWN, inklusive brachialem Hard-/Metalcore auf der Plaza Stage, bleiben wir erst einmal vor der großen Hauptbühne, um uns mit einigen dichteren Wölkchen durchaus stimmungsvoll PARADISE LOST anzuschauen. Mein letztes Abendteuer mit den Düster-Rockern liegt schon einige Jahre zurück. Umso gespannter war ich im Vorfeld, wie sehr mich Holmes und Co. diesmal in den Bann ziehen können. Vor der Bühne wird es voller und voller, gefeierte Songs wie 'One Second' und 'Ghosts' zum Schluss sorgen für eine schöne Atmosphäre. Auch wenn der Funke nicht in Gänze überschlägt, verpassen die Briten einigen Zuschauern doch ein verträumtes Lächeln auf die Lippen. Mit SOIL und allerlei Moshpits geht es auf der Plaza-Stage sehr lautstark weiter, ehe CLUTCH auf der großen Bühne Platz nimmt und dem Reload-Festival eine amtliche Prise Stoner Rock mit schmuckem Blues-Einfluss verpasst. Es wird zwar nicht so einschneidend wie noch zuvor auf der kleinen Bühne, doch Neil Fallon und Konsorten live zu sehen ist immer – so auch heute am Freitagnachmittag – ein Genuss. Wir stärken uns mit kleinen Leckereien – Bier, Brezeln, Eis und Pommes, hallo Bauchschmerzen! – denn für heute haben sich noch einige Hochkaräter angekündigt.

Wir genießen das Päuschen mit erneutem Staaten-Metalcore, zumal BORN OF OSIRIS wirklich gut beim Publikum ankommt, sowie DEAD POET SOCIETY und ansteckendem, progressiven Modern Metal, der der Meute vor der Plaza-Stage ebenfalls extrem gut zusagt. Dann wollen wir uns ob des Hypes um SPIRITBOX selbst ein Bild vom Alternative Metal aus Vancouver Island machen und es wird voller und voller. Die Mixtur aus Djent, Prog, Core und weiterem Allerlei hat sich herumgesprochen, denn Sängerin Courtney LaPlante blickt in eine dichte Menschenmenge und kann sich bei wirklich coolen, drückenden Songs und ihrem Wechsel aus Clean-Vocals und Growls wie 'Jaded', 'Circle With Me' und 'Sun Killer' kaum das Grinsen verkneifen. Auch wenn mir nicht alle Songs in Gänze gefallen und ich mich eher auf die folgenden Bands freue, ist SPIRITBOX eine Erfahrung, die man einmal gemacht haben sollte. Während sich das Magengrummeln ob des Durcheinanderfutterns gelegt hat, zerlegen James Jasta und HATEBREED die Front-Stage nach allen Regeln der Kunst. Auf den gern gesehenen Reload-Gast ist wie immer Verlass und so drückt nicht nur die Sonne, sondern auch der Hardcore-Metal-Punk der Jungs aus Connecticut. Mensch, wie sehr ich damals Hits wie 'Destroy Everything' und 'Everyone Bleed Now' abgefeiert habe. Da tanzt der Jungspund in mir, wenn HATEBREED sie auch heute der Meute zum Fraß vorwirft. Auf die nächsten 30 Jahre, Jungs!

Nach BUTCHER BABIES auf der Plaza-Stage, einem sehr abwechslungsreichen, enorm energischen und stagedivenden Auftritt, darf sich mit HEAVEN SHALL BURN der Co-Headliner des heutigen Abends die Ehre geben. Frontmann Marcus stehen seine langen Haare wie vor zwei Jährchen schon nicht, doch was weiß ich alter Kauz schon? Dafür legen die Thüringer los wie die Wildsäue, entfachen ein melodisch—tödlich-brachiales Hardcore-Feuerwerk, das einem die Schuppen von den Augen kratzt, ein akustisches Inferno vom Allerfeinsten, ein Hit-Arsenal, das seinesgleichen sucht... denkt euch weitere Superlative für diesen grandiosen HEAVEN SHALL BURN-Auftritt. Wie schon vor zwei Jahren merkt man den Jungs ihre etwas reduzierte Live-Aktivität überhaupt nicht an. Im Gegenteil, die Band scheint Feuer gefangen zu haben und bei bestem Wetter, bester Akustik, bester Licht- und Bühnenshow sind Kracher wie 'Counterweight', mit dem man gleich zu Beginn nahezu alles richtig macht, sowie 'Godiva', 'Hunters Will Be Hunted' oder die BLIND GUARDIAN-Hommage 'Valhalla' – ein Zaunpfahlwink zum morgigen Samstag an gleicher Stelle zu gleicher Zeit – eine absolute Wonne. Jungs, das ist großartig.

Wie soll eine Größe wie KORN da noch mithalten können? Ich gebe zu, auch ich, der sich nicht unbedingt als großer Liebhaber der Jungs zählt, bin durchaus gespannt, was Davis und seine Mannen hier und heute Abend fabrizieren werden. Nach einer zehnminütigen Verspätung fällt der Vorhang und tatsächlich: KORN steht auf der Bühne und es kommt reichlich Bewegung in den Reihen auf. Die Band ist motiviert und agil, doch liegt es am etwas matschigen Sound oder dem fehlenden Funken, man weiß es nicht, aber mehr als ein "Es war mal ganz cool, KORN live gesehen zu haben." will mir nach dem Auftritt nicht über die Lippen kommen. Die Projektionen an der großen LED-Wand, die sehr aufwändige Konstruktion, zeitlose Klassiker wie 'A.D.I.D.A.S.', 'Got The Life' oder 'Here To Stay' und das unsterbliche 'Freak On A Leash', all das sorgt für einen wirklich coolen, aber eben keinen denkwürdigen Auftritt. Und trotzdem ist es ganz cool gewesen, KORN mit einem bestens aufgelegten Frontmann gesehen zu haben.

Meine persönliche Liebe zum wirklich allerletzten Act des heutigen Abends dürfte inzwischen keinem entgangen sein und so fallen mir zwar schon beinah die Augen zu, doch zu unheimlich später Stund' darf ich ZEAL & ARDOR zumindest auf der kleineren Plaza-Stage dann doch ein drittes Mal live sehen. Es lohnt sich – wie schon ein Jahr zuvor in Gelsenkirchen und anderthalb Monate zuvor in Helsinki. Mir jagt die Truppe noch immer eine meterdicke Gänsepelle auf die Haut. Die Wucht und Gewalt, aber auch das Fingerspitzengefühl und die Seele, mit denen das ZEAL & ARDOR-Monster Hits wie 'Götterdämmerung', 'Blood In The River' und das nicht minder heftige 'Death To The Holy' in die noch immer sehr agile und Pit-bereite Zuschauermenge wirft, ist schon erstaunlich. Wie in der finnischen Hauptstadt schaue ich mich um und sehe bei reichlich Bewegung auch viele verträumte, in Trance versetzte und das Gefühl und den Moment genießende Gesichter. So darf es, so soll es, so muss es sein und so neigt sich auch der – zumindest für uns – erste Festivaltag nach dem Ausklingen von 'Devil Is Fine' nun tatsächlich dem Ende zu. Wir haben fertig, gute Nacht!

Hier geht es zum Samstag.

Redakteur:
Marcel Rapp

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