ROLO TOMASSI, HOLY FAWN, HERIOT - München

15.02.2023 | 07:58

11.02.2023, Kranhalle

Kleine Halle, große Show?

Auf die kleine Kranhalle des Feierwerks wartet an diesem Abend ein abwechslungsreiches Line-up: HERIOT, HOLY FAWN und ROLO TOMASSI kommen nach München. Die Halle soll voll werden, einige eingefleischte Fans in passenden Band-T-Shirts warten schon vor dem Eingang, als ich an der Halle ankomme.

Um 19:30 startet HERIOT die Show. Die vier Briten machen ziemlich viel Lärm. Ja, Lärm: Debbie Gough und Jake Packer haben einige Screams im Gepäck. Das Ganze wird untermalt von einem dichten Klangnebel aus E-Gitarre, Bass und Schlagzeug. Für Abwechslung und Auflockerung sorgen seltene Passagen mit Klargesang von Debbie, in denen sie zeigt, dass sie nicht nur rumschreien und auf die Gitarre einhacken kann, sondern tatsächlich auch singen. Davon hätte ich gerne mehr gehabt. Auf der Bühne ist wenig Bewegung. Alle Bandmitglieder bleiben an ihren Positionen stehen und schütteln fleißig den Kopf. Erhan Alman (E-Gitarre) ist der Einzige, der sich bewegen könnte, da er weder am Schlagzeug sitzt noch einen Mikrofonständer vor sich stehen hat, in den er Text brüllen muss. Doch auch er bevorzugt es links in seiner eigenen kleinen dunklen Ecke der Bühne stehen zu bleiben. Erst gegen Ende des Auftritts rückt er auch etwas mehr in die Mitte, ins Licht.

Der Sound tut der Band leider keinen Gefallen. Der dichte und vielschichtige Klang von HERIOT kommt besonders im hohen Frequenzbereich ziemlich zusammengematscht aus den Boxen. Die Lichtshow ist sehr dezent in rot und blau gehalten. Obwohl die Lichtshow eher eine Dunkelshow ist, meistens bleibt die Bühne nämlich ziemlich dunkel. Das Publikum hätte genug Platz, um sich zu bewegen. Dazu lässt sich jedoch keiner hinreisen. Die meisten stehen, manche wippen, ein paar sind noch am Handy. Was Frontman Jake Packer zwischen den Songs von sich gibt, kann ich leider nicht verstehen und muss darum annehmen, dass es das generische "Hallo wir sind HERIOT, schön dass ihr da seid" und vielleicht noch ein Danke ans Publikum ist. Nach einer halben Stunde endet der Auftritt und die Band baut ab.

HOLY FAWN ist als nächstes dran. Auf diesen Auftritt habe ich mich am meisten gefreut, da ich die Band, seit ich das grandiose "Death Spells"-Album vor ein paar Jahren entdeckte, verfolge. Die Show bekommt ein Upgrade: Die gesamte Halle wird in Kunstnebel eingehüllt, was in Kombination mit der Lichtshow auch durchaus beeindruckend aussieht. 'Candy' von der 2020er Single "The Black Moon" startet die Show, es folgen zwei Lieder von "Death Spells": 'Dark Stone' und mein Favorit 'Arrows'. Natürlich muss auch das 2022 neu erschienene Album "Dimensional Bleed" im Auftritt Platz finden, hiervon werden ebenfalls zwei Lieder gespielt.

Der Auftritt läuft routiniert ab, einmal gibt es Probleme mit dem Computer, aber die werden schnell gelöst und es kann weitergehen. Ryan Osterman und Alexander Rieth schütteln fleißig den Kopf. Auch HOLY FAWNs Gitarrist Evan Phelps verschwindet im linken, schlecht ausgeleuchteten Teil der Bühne. Austin Reinholz ist am Schlagzeug und unterstützt bei manchen Gesangspassagen. Der Mix ist etwas besser, die Mitten gehen jedoch immer noch unter. Das Publikum wird etwas aktiver, es wird mitgewippt und ein bisschen der Kopf geschüttelt.

Ryan Osterman hat Blumen an seinem Mikrofonständer. Als ich ihn nach der Show frage, warum die dort seien, kommt die einfache Antwort: "Because we love flowers!". Im Normalfall habe die Band über die ganze Bühne Blumen verteilt, aber das konnten sie nicht alles mit auf Tour nehmen. Mit 'Seer', einem besonderen Song für die Band, wie Ryan sagt, endet der Auftritt etwas ruhiger. Musikalisch war das 45 Minuten lange Set von HOLY FAWN eine schöne kleine Shoegaze-Erholungs-Pause zwischen den beiden härteren Bands HERIOT und dem Headliner ROLO TOMASSI.

Setliste: Candy; Dark Stone; Arrows; Blood Pact; Death Is A Relief; Void Of Light; Seer

21:30 darf endlich der Headliner der Tour ans Mikro. ROLO TOMASSI startet den Auftritt mit einem etwas ruhigeren Song. Doch dann kommt auch schon eine kleine Unterbrechung. Eva hat ihren Drink auf der Bühne verschüttet und geht ein Handtuch holen. Ihr Bruder und Keyboarder der Band, James Spence, unterhält kurz etwas unbeholfen das Publikum. Danach geht es aber sofort mit einem etwas härteren Song der Band weiter. Das Publikum drängt an die Bühne, hierauf haben alle gewartet. Fast jeder wippt nun wenigstens mit, einige hüpfen und mittig entstehen kleine Pit-Ansätze.

ROLO TOMASSI spielt vor allem Lieder vom neuen Album "Where Myth Becomes Memory". Etwas weniger als die andere Hälfte der Lieder kommt von "Time Will Die And Love Will Bury It" und "Grievances". Von den älteren Werken hört man auf diesem Konzert gar nichts. Trotzdem gelingt der Band ein guter Mix aus härteren und ruhigeren Liedern, der das Publikum bei Stimmung hält ohne es auszulaugen. Besonders gut gefällt mir der Klargesang von Eva Korman, doch auch der Rest der Musiker überzeugt mit einem gelungenen Auftritt. Für die inzwischen mehr als 15 Jahre alte Band bestimmt ein Kinderspiel.

Neu auf der Bühne sind unter anderem vier Moving-Head-Lichter. Die werden auch voll ausgenutzt und lassen meist hellweiße Suchscheinwerferkegel über dem Publikum hinweg durch die ganze kleine vernebelte Halle zischen. Ein großartiger Effekt, vor allem, da die Lichtshow sonst eher spärlich und relativ dunkel ausfällt. Besonders bei 'Contretempts' kommt dieser Effekt zur Geltung. Ähnlich der beiden vorherigen Bands ist die Bühne meist in roten und blauen Tönen gehalten. Neu ist außerdem ein abstrakter Videohintergrund, der bei den ersten paar Songs sogar genau auf die Musik abgestimmt ist. Doch all diese neuen technischen Showelemente verblassen neben Frontfrau Eva Korman, die neben ihrem grandiosen Gesang auch präsent auf der Bühne ist. Während ruhigeren Passagen tanzt sie anmutig und wenn's abgeht, schüttelt sie ordentlich den Kopf. Der Rest der Band schüttelt ebenfalls hin und wieder die Köpfe, der Fokus liegt jedoch verdienterweise auf Eva.

Setliste: Almost Always; Cloaked; To Resist Forgetting; Labyrinthine, Rituals; Opalescent; Stage Knives; Aftermath; A Flood Of Light; Mutual Ruin; Contretemps; Prescience; Drip

Redakteur:
Noah-Manuel Heim

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