Rage, Nightwish - Ludwigsburg
28.10.2000 | 08:2812.12.1999, Rockfabrik
Bei Regen und Winterwetter riefen Feuerschwanz ins 'Fegefeuer', wie der Tourname verlauten ließ. Das versprach zumindest etwas Wärme, auch wenn allen vorab klar war, dass es am Abend keine religioöse Gerichtsbarkeit geben würde, sondern ein ausschweifendes 'Metfest'. Allerdings verpasste es das Backstage in München, die Besucher mit dem wohlig-warmen Getränk zu verköstigen. Schade!
Passend zu ihrer mittlerweile eher Powermetal-mäßigen musikalischen Ausrichtung haben FEUERSCHWANZ mit DOMINUM und ORDEN OGAN mit auf Tour genommen. Erste Bands dies Abends waren die Newcomer von DOMINUM. Sie zeichnet vor allem aus, dass sie im vergangenen Jahr endlich das Zombietum in den Powermetal eingeführt haben. Ihre Verkleidungen und ihre Musik wussten rasch zu begeistern wussten. Obwohl es erst 19 Uhr war, war die Stimmung recht schnell auf einem guten Level. Vor allem Frontmann Dr. Dead suchte den Kontakt zu und erinnerte mit seinem Stageacting dabei irgendwie an Tobias Forge und Toabias Sammet. Der etwas thetralische-opernhafte Sound des Quartetts schien die meisten zu überzeugen. Das überrascht etwas, weil auf die Frage von Frontmann Dr. Dead, wer das durchaus beachtenswerte Debüt "Hey Living People" von Ende 2023 kennen würde, die Reaktionen arg Verhalten ausfielen. Dies dürfte sich mit diesem Auftritt wohl ändern und nach dem Konzert haben wohl einige Tonträger am Merchandisestand den Besitzer gewechselt. Denn DOMINIUM werden wohl einige neue Fans dazu gewonnen haben und das nicht nur, weil sie 'Rock You Like A Hurricane' von den SCORPIONS coverten.
Nach einer kurzen Umbaupause betraten ORDEN OGAN die Bühne. Ihre im Vergleich zu DOMINUM deutlich größere Bekanntheit sowie ihre härtere Variante des Powermetals führte spätestens ab dem zweiten Song 'F.E.V.E.R.' vom Album "Ravenhead" zu allgemeinem Headbanging. Die Band begrüßte anschließend das Publikum mit einem fröhlichen "Hallo München", nur um dann festzustellen, dass es korrekterweise "Servus München" heißen müsste - was noch korreketererweise eigentlich auch falsch ist, doch dazu später mehr. Dieser Lapsus kann ORDEN OGAN wirklich nicht übel genommen werden. Immerhin stammen sie aus dem aus bayerischer Sicht weit entfernten Preußen (NRW) und waren nach eigener Aussage seit 2017 nicht mehr in der bayerischen Landeshauptstadt zu Gast. Da können einheimische Sitten schonmal vergessen werden. Das ändert aber nichts daran, dass das Quintett einen unfassbar sympathischen Auftritt hinlegte. Die Spielfreude konnte man ihnen in jeder Sekunde ansehen, während sie auf der Bühne regelmäßig die Plätze wechselten und ihre Musik in jeder Sekunde authentisch lebten.
Wie es sich für einen Supportact gehört, lieferten ORDEN OGAN ein ziemliches Hit-Feuerwerk ab. Die druckvoll vorgetragenen Stücke nahm das Publikum dankend auf. 'Gunman' oder 'Inferno' wurden von vielen textsicher mitgesungen und zu 'Come With Me To The Other Side' bildete sich der erste Pit des Abends. Mit 'The Order Of Fear' wurde darüber hinaus die Vorabsingle des gleichnamigen im Sommer erscheinenden neuen Albums präsentiert. Das Publikum sollte währenddessen den Part des "Fear"-Rufens übernehmen. Beim Einüben der Stelle stellte die Band schließlich fest, dass die Phonetik des Wortes "Fear" auch in anderen Zusammenhängen genutzt werden kann: "Was sind zwei plus zwei?" "Wie viele Bier trinkt ihr heute noch?" "Wie viele ORDEN-OGAN-Shirts kauft jeder von euch heute?" Die Antwort könnt ihr euch denken. Nach 50 mitreißenden Minuten verabschiedeten sich ORDEN OGAN. Es hätte gerne mehr sein dürfen!
25 Minuten später enterten FEUERSCHWANT die Bühne. Vom ersten Ton an war das Publikum voll da. Es dauerte keine zehn Sekunden, bis sich zum Opener 'SGFRD Dragonslyer' der ganze Innenraum in einen Mohspit verwandelte, während die seitlich Höherstehenden aus voller Kehle mitgröhlten. Das änderte sich auch kein bisschen bei den folgenden 'Memento Mori' und 'Untot im Drachenboot'. Im Gegensatz zu ORDEN OGAN wussten FEUERSCHWANZ als bayerische Franken natürlich, dass die Begrüßung streng genommen "Servus Minga" heißen muss. Der Hauptmann Feuerschwanz freute sich sehr, dass sie wieder im Backstage sein dürfen und das gleich auch noch zwei Tage in Folge. Denn im Backstage herrsche eine "besondere Energie". Das dürfte vor allem an der Schwimmbadatmosphäre mit den erhöhten Seiten sowie an der niedrigen Deckenhöhe und dem schmalen Graben liegen. Band und Publikum sind sich dadurch sehr nahe. Das hatte jedoch zur Folge, dass FEUERSCHWANZ nicht ihre gewohnte Feuershow durchziehen konnten. Ein bisschen Funkensprühen gab es natürlich, aber in anderen Locations brennt, raucht und qualmt es deutlich mehr. Dafür kann das Backstage aber mit anderen Qualitäten aufwarten, vor allem mit seiner ekstatischen Stimmung. Band und Songs wurden infernalisch mit Bangen, Pit und großartiger Textsicherheit gefeiert. Ob man wollte oder nicht, wurde man in einem Strom der Begeisterung von vorne bis hinten und von links nach rechts mitgerissen. Die ganze Halle war eine einzige Party!
Nach ungefähr 2/3 des Sets wurde die Stimmung durch das pathetisch-atmosphäriche 'Valkyren' etwas heruntergfahren. Heimgebracht werden, wie es in den LYrics des Tracks so schln heißt, wollte allerdings noch niemand. Trotzdem tat die kurze Drosselung des Tempos als Verschnaufpause allen gut. Lange konnte jedoch nicht durchgeatmet werden. Zum 'Knochenkraussell' stellte sich Geigerin Johanna von der Vogelweide in das Auge des Cirlce-Pits und als sich anschließend die Band Sonnenbrillen aufsetzte, begann das Publikum schon vor Songbeginn das Haiducii-/O-Zone-Cover 'Dragostea Din Tei' lautstark anzustimmen.
Auffällig ist, dass FEUERSCHWANZ mittlerweile auch live ihre Transformation von den Folk-Rock-Blödel-Baden zur großen Spaß-Powermetal-Band mit Mittelaltereinschlag vollzogen haben. So gab es keinen Song mehr von vor dem Album "Methämmer" aus dem Jahr 2018, obwohl die Band dieses Jahr mit ihrem großen "Metfest" am 14.12.2024 in Essen ihr 20-jähriges Jubiläum feiert. Das Publikum schien die Setlist nicht zu stören, sondern wollte die krachenderen neuen Sachen hören. Selbst 'Valhalla Calling', welches erst im Mai auf der englischsprachigen Scheibe "Warriors" erscheinen wird, war als Single bereits bekannt und wurde mitgegröhlt.
Bei den Zugaben 'Warriors Of The World', 'Rohirrim' und dem 'Elften Gebot' gaben Band und Publikum nochmal alles, bevor nach gut 1:45 Stunden eine unfassbare Party zu Ende ging, an deren Ende sich alle einig waren: "Schubsetanz ist Rittersport!"
- Redakteur:
- Dominik Feldmann