Red Sparowes - Innsbruck
31.03.2006 | 00:4227.03.2006, PMK
Manchmal wundert man sich, warum sich die Stadt so in Schweigen hüllt, wenn es um solch geniale Konzerte geht. RED SPAROWES, die Supergruppe rund um ISIS- und NEUROSIS-Mitglieder spielt in Innsbruck und keiner weiß davon? Ein glücklicher Zufall brachte mich auf den guten Tipp und bei dem fairen Eintrittspreis von sieben Euro im gemütlichen, kleinen aber feinen PMK gibt's kein langes Zögern.
Als ich um 21 Uhr, dem eigentlichen Beginn, am PMK ankomme stehen gerade Mal ein Duzend Leute vor der Tür und von "Beginn" kann noch keine Rede sein. Der Veranstalter richtet uns aus, dass die RED SPAROWES erst vor einer halben Stunde angekommen wären und sich das Ganze um eine Stunde verschiebt. Gut, dass das PMK mitten im Vergnügungsviertel von Innsbruck liegt und man die nächste Bar nicht lange suchen muss. So bleibt noch Zeit für ein Bier zum Vorglühen und siehe da, als eine Stunde später die Türen aufgehen ist der Andrang schon deutlich größer.
Zwei Bands sollen noch vor dem Hauptact für Stimmung sorgen, Italiener, deren Namen ich mir nicht gemerkt habe - und das war auch nicht wirklich nötig. Die erste Band, ein Herr und eine Dame jüngeren Alters, haben ihr Equipment mitten im Raum aufgebaut und stehen vor einem riesigen Boxenturm, der die Bühne dahinter verdeckt. Das Mädel hat eine Gitarre in der Hand, ihr männlicher Begleiter steht an einem Drumkit für Anfänger. Man ahnt Übles... Die zwei schrauben ewig am Sound rum, die Anwesenden zeigen schon leichte Anzeichen von Ungeduld und als dann endlich die "Musik" anfängt, werden die Nerven auf eine harte Probe gestellt. Musik? Baustellenlärm würd ich das nennen. Musiker? Wer seine Instrumente so malträtiert, der tut mir leid. Dazu fällt mir nur ein: Alternativ as fuck. Und ich brauch ein Bier. Dringend! Nach zehn Minuten ist das Grauen für die Ohren zum Glück vorbei und die zweiten Italo-Lärmbrüder betreten den Ort des Geschehens. Nicht wirklich besser, aber immerhin gibt es Melodien... Auch hier ist nach 20 Minuten Schicht im Schacht, und jetzt darf man sich endlich auf anständige Musik freuen. Ruckzuck ist das Instrumentenchaos vor der Bühne beseitigt und der Blick auf eine Armada an Gitarrenverzerrgeräten wird frei.
um kurz vor Mitternacht starten die RED SPAROWES endlich ihre musikalische Reise und beginnen mit einem minutenlangen Gewaber, das mit den zahlreichen Verzerrgeräten variiert wird. Die Herren schrauben mal an diesem, mal an jenem Knöpfchen und das finstere Gebrumme nimmt immer mehr Form an und führt die Anwesenden in eine ganz besondere Atmosphäre ein. Ein Projektor zaubert blau-weiße Bilder an die Wand, verfremdete Abbildungen von Städten, Gebäuden, Menschen, Kindern, Fantasiegeschöpfen und anderen seltsamen Dingen, die man nicht so recht erkennt. So mystisch wie die Projektionen wird auch der Sound. Filigrane Gitarrenparts wechseln sich mit schweren Riffs ab und die drei Gitarren produzieren mal organisiertes Chaos, mal traumhafte Klangerlebnisse, unterstützt von Drums und Bass. Bald ist man völlig in die Welt der RED SPAROWES eingetaucht und es wird klar, dass das hier mit keinem normalen Konzert zu vergleichen ist. Nicht mal der fehlende Gesang stört, auch nicht das fehlende Licht. Die Bühne wird nur mit den Projektionen beleuchtet, ab und zu glimmt kurz ein Scheinwerfer auf, aber eigentlich konzentriert sich der optische Faktor nur auf die Bilder im Hintergrund, die Musiker werden Schatten, verschmelzen mit der Dunkelheit ihrer Klangwelten und bewegen sich nur minimal. Ja, manchmal wird gebangt, man kniet sich nieder, um an den vielen Gitarrenverzerrgerätschaften am Boden zu fummeln, man wippt leicht hin und her... Unwichtig, hier steht der Sound im Vordergrund. Besser gesagt: Die Atmosphäre, die sich immer mehr und mehr im Raum verbreitet und alle in den Bann zieht. Die Leute stehen still, genauso wie die Musiker bewegen sie sich meist nur minimal in diesem Soundgewand und fühlen die Wogen der Musik eher, als dass sie sich mit heftigen Chören und Rumbangen bemerkbar machen würden. Irgendwo riecht es nach Spezialzigarette, doch eigentlich braucht man hier gar keine Drogen, der Sound ist Droge genug und hypnotisiert durch und durch. Ganz klar, die Einflüsse der einzelnen Bandmitglieder hört man schon raus, ein bisschen ISIS, ein bisschen NEUROSIS, doch wirkt das Ganze noch viel ruhiger und verträumter.
Als nach einer Stunde wieder Ruhe einkehrt, sind die etwa 100 Fans immer noch verzaubert, manche fragen die Band sogar persönlich ob denn nicht noch eine Zugabe möglich wäre, doch so wie es aussieht haben die RED SPAROWES sämtliches Material ihres "At The Soundless Dawn"-Albums gespielt und kommen nicht mehr zurück.
Übrig bleibt das Gefühl, gerade in einer Traumwelt gewesen zu sein. Das einmalige Klangerlebnis schwebt noch lange nach dem Ende des Konzertes im Kopf. Beeindruckend!
- Redakteur:
- Caroline Traitler