Rock Hard Festival 2009 - Gelsenkirchen
16.06.2009 | 01:0029.05.2009, Amphitheater
Das gemütliche Festival der Kollegen vom Rock Hard hat sich dieses Jahr selbst übertroffen.
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Wie jedes Jahr ist auch 2009 mein Festivalhighlight das Rock Hard Festival. Und zwar nicht nur weil es mein einziges Festival in diesem Jahr ist, sondern weil ich mir nur schwer vorstellen kann, dass es seitens der Location und auch von der meist sehr geschmackvollen Zusammenstellung der Bands etwas Besseres geben kann. Nun, ist natürlich Ansichtssache. Dennoch ist das Billing 2009 zumindest für mich sehr gut und old school as fuck. Ich bin zwar bei eigentlich keiner Band so richtig bewandert und schon gar kein Crack und doch ist dieses Jahr nichts dabei, was ich mir partout nicht anschauen möchte. Also heißt es in der Schüssel ausharren, sich die brutale Sonne zig Stunden auf den Helm schmurgeln zu lassen und dabei das eine oder andere Bierchen zu zischen, ohne dass man im kleinen Rund wahrscheinlich erheblich am Krückstock gehen würde.
Gut soviel vorweg. Campingstart ist Donnerstag, mit ordentlich Sprit gesegnet, so dass es Freitagmorgen erst mal schwer wird, den Kater zu vertreiben um den Start des Festivals mit so wenig Nebel in der Rübe wie möglich zu erleben ... vor allem, da ich völlig unvorbereitet und kurzfristig die ersten drei Bands begutachten soll, da meine Kollegen noch im Stau stecken. Ein Unterfangen, das nicht ganz geklappt hat ...
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[Alex Straka]
Ganz recht, Alex, wir sind ungefähr auf Höhe von Hagen im Sauerland, als er Opener des Festivals die Bühne betritt. Deswegen verpassen wir leider WITCHBURNER aus Fulda, die mit Songs wie 'Blasphemic Assault' und 'Witchburner' das Publikum recht klasse thrashen, wie ich aus sicherer Quelle erfahren durfte – danke Markus, an dieser Stelle. Da hier aber noch ein bisschen Platz ist, muss ich mich mal kurz darüber auslassen, wie grün das Sauerland und der Ruhrpott doch eigentlich sind. In meiner subjektiven Wahrnehmung habe ich graue, von Kohle verstaubte Reihenhäuser mit Mantas in der Auffahrt erwartet und wurde von der wunderschönen Gegend schier erschlagen. Toll. Besser als durch eine konsequente Vorurteilszerstörung kann ein Festival ja wohl kaum beginnen, oder?
[Julian Rohrer]
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[Alex Straka]
Der Metal lebt! Unchristliche Mittagszeit am Eröffnungstag eines dreitägigen Festivals, viele Metaller stecken noch tief im Anreisestau, und die Sonne brennt unaufhaltsam vom Himmel. Trotzdem stehen die wahren Metalheads bereits jetzt in voller Montur vor der Bühne und fiebern dem Auftritt der Engländer ANGEL WITCH entgegen. Es wird ein wahrer Triumphzug für die Band, denn von der ersten Note an kreisen die Matten und werden ihnen Metalhörner entgegengestreckt. Nicht alle der Anwesenden sind merklich mit dem Material des Quintetts vertraut, was aber für den Spaßfaktor eher unerheblich ist. Das gilt auch für die Performance und das Zusammenspiel der Musiker, was objektiv als eher durchwachsen zu bezeichnen ist. So braucht man ein wenig, bis sich alle aufeinander eingegroovt haben. Den vorderen Reihen ist das jedoch egal, denn sie feiern die Band nach Strich und Faden ab und singen jede Textzeile lauthals mit. Spätestens bei der abschließenden Bandhymne 'Angel Witch' springt der Funke komplett über und sogar der "Rang" steht und grölt. Der Refrain dieses Songs soll auch noch an den darauffolgenden Tagen vereinzelt auf dem Gelände gesungen worden sein. Das nenne ich mal einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Für mich ist das ein guter Start in drei Tage Sonne, Staub und Bier – und jede Menge lauten Heavy Metal natürlich.
[Chris Staubach]Setlist: Sweet Danger, Confused, Gorgon, Sorceress, White Witch, Atlantis, Dr. Phibes, Angel Of Death, Baphomet, Angel Witch
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
Das Trio überzeugt durch eine agile und amtliche Performance, was mal wieder beweist, dass nicht die Masse an Musikern dafür entscheidend ist. Ganz nebenbei kommt Sänger und Gitarrist Tommy Victor noch mit einem mehr als amtlichen Klampfensound um die Ecke, der den Groove-Metal erst so richtig ins Beinkleid fahren lässt. Die New Yorker werden ihrem musikalischen Exotenstatus an diesem Wochenende vollkommen gerecht und feuern neben Gassenhauer wie 'Third From The Sun', 'Worst Of It', 'Lost And Found', 'Unconditional' oder 'Prove You Wrong' auch etliches Material vom aktuellen Album "The Power Of The Damager" ab. Natürlich aber warten die Anwesenden vor allem auf die beiden Überhits 'Whose Fist Is This Anyway' und 'Snap Your Fingers, Snap Your Neck', welche das Trio hintereinander darbietet und das Publikum zum kollektiven Ausrasten bringt. Hier steppt der Bär bis in die letzte Reihe, und selbst der Crêpesstand am Eingang soll dem Hörensagen nach mächtig im Rhythmus gewankt haben. Ein echt cooler Auftritt, der auch eine angenehm musikalische Abwechslung darstellt. Sprach man nach dem Festival erneut mit Zeitzeugen und fragte nach den Gewinnern der drei Tage, bekam man auch hier nicht selten eben PRONG genannt. Horns up!
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Setlist: Chain Of Command, Future Shock, Tyranny, Black, Fate's Triumph, The Mission (1943), Iron Eagle, King At A Price, The Moors, Take To The Sky, The Viper, License To Kill, Generally Hostile

Die ersten neun Minuten schenken uns die Herren um Mr. Hübsch ... äh ... Åkerfeldt mit 'Heir Apparent' einen Einblick in ihr aktuelles Album "Watershed". Neben einem glasklaren und druckvollen Sound zieht vor allem die Leinwand im Hintergrund der Bühne die Aufmerksamkeit auf sich. Von bis zu drei Beamern werden dort neben mehr oder weniger passende Wanderungen durch Wald- und Wiesenszenen, Coverartworks und das OPETH-Logo abgebildet. Ein interessanter Ansatz, der sich ob der geringen Abwechslung und häufigen Wiederholungen aber leider recht schnell abnutzt. Die Angst vor einem vor den Kopf gestoßenen Rock-Hard-Publikum ist allerdings auch unbegründet. Obwohl oder wohl eher gerade weil die Schweden in gewohnt abgefahrener Art und Weise von schön zu brutal, von weich zu martialisch, von schwarz zu weiß wechseln, gehen die Fans vor der Bühne steil. Die Ansagen von Mikael Åkerfeldt ("Fi** disch!") tragen ihr Übriges zu einem durchaus gelungenen Gig bei.
Allein ein wenig bewegungsarm agieren die OPETHianer heute, was Mikael mit dem voll zuschlagenden Jetlag erklärt. Doch der Fan weiß sich zu helfen: Was nicht auf der Bühne passiert, macht man eben einfach selbst und zwar davor. Und so wird den Helden via Sprechchören gehuldigt, was diese mit einem großartigen 'The Leper Affinity' danken. Insgesamt ist die Setlist an diesem feinen Freitag-Abend sehr ausgewogen und bietet einen schönen Überblick über das Schaffen der Schweden. Nach dem gut gemeinten Hinweis von Seiten Mikaels, dass man doch auf einem Festival sein und auf jeden Fall noch Spaß haben sollte ("Jerk off in a tent ..."), werden die Fans mit 'Lotus Eater' und 'Deliverence' in den angenehm frühen Feierabend geschickt. Zwar ohne Zugabe, konnte sich der Auftritt aber in nahezu allen Belangen sehen lassen. Möglicherweise haben JAG PANZER, wie Kollege Rüdiger richtig angemerkt hat, den Geschmack der Rock-Hard-Indianer mehr getroffen, ihren Fans haben OPETH aber auf jeden Fall etwas geboten. Aber halt, weiter geht’s, denn: Die Nacht ruft, wir sind in Feierlaune, das Bier ist kalt und so soll es auch getrunken werden. Prost!
[Julian Rohrer]Setlist: Heir Apparent, Ghost Of Perdition, Godheard's Lament, Leper Affinity, Hessian Peel, Closure, Lotus Eater, Deliverence
- Redakteur:
- Chris Staubach