Rock Harz 2007 - Osterode
19.08.2007 | 15:0506.07.2007, Festivalgelände
DIE APOKALYPTISCHEN REITER, TYR und W.A.S.P. gaben den Ausschlag: in diesem Jahr sollte das Rock Harz Festival mit einem Besuch beehrt werden. Die Vorfreude war groß und für die kurzfristige Absage von W.A.S.P. wurde mit DESTRUTION ein akzeptabler Ersatz geschaffen, so dass der Stimmung im Vorfeld kein Abruch getan wurde. Nach den üblichen Vorbereitungen (Daddy das Auto abschwatzen, reichlich Bier und einen neuen Pavillon kaufen usw.) ging es dann am Donnerstag frühzeitig los Richtung Osterode. Der Weg in den Harz war leicht gefunden, die Ausschilderung in Osterode, wie man denn bitte nach Förste kommen würde, fehlte aber leider gänzlich (Statement des Veranstalters auf www.rockharz.com) Egal, so lange es Tankstellen gibt, gibt es auch auskunftsfreudige Menschen und so kamen wir doch zum Ziel. Aufgrund der frühen Ankunft klappte die Bändchenausgabe ohne langen Stau und wir wurden auf dem Zeltplatz, der dem Festivalgelände am nächsten lag, untergebracht. Zelt aufbauen, Bier anstechen, die nächsten Nachbarn kennenlernen – alles wunderbar! Regen und Sturm nahmen wir erst mal gar nicht zur Kenntnis. Irgendwann machten wir uns auf den Weg zum Festivalgelände um die Warm Up Show mitzunehmen. Okayyyy... Ich war definitiv zu nüchtern: MAMBO KURT stand auf der Bühne und tat, was er immer tut. Orgeln. Orgeln und schrecklich singen. Für seine Version von 'The number of the beast' hätte ich ihn am liebsten gekreuzigt. Und nach 'Killin´ in the name' wurde mir klar, warum die Heimorgel Heimorgel und nicht Festivalorgel heißt... Nun ja, aber auch MAMBO KURT hat seine Fan-Gemeinde und vielleicht entdecke ich irgendwann das Geheimnis, welche Genußmittel man in welchen Mengen zu sich nehmen sollte, um diese musikalische Darbietung zu ertragen. Als bald stand dann die Karaoke-Show auf dem Programm. Und das war eine feine Sache! Gesangliche Bestleistung bot beispielsweise der erste Sänger Lars mit SKID ROWs 'Eighteen and alive'. Schade nur, dass sein Auftritt durch den nicht funktionierenden Telepromter und das DJ-Team, das das Publikum mit einer Flut an Werbegeschenken von Pernot extrem ablenkte, beeinträchtigt wurde. Gute Leistungen boten auch Sascha mit 'Symphony of destruction' von MEGA DEATH und Katharina mit METALLICAs 'Master of puppets'. Am meisten feierte das Publikum aber den W.A.S.P.-Song 'I wanna be somebody' der nicht nur stimmlich sondern auch in punkto Bühnenshow sehr geil rübergebracht wurde (leider habe ich den Namen des Sängers vergessen). Spaß boten hingegen der "Bazi" und sein Kumpel mit 'Wenn ich einmal traurig bin' von Heinz Erhardt. Leider gab es auch schlechtere Darbietungen wie z.B. verpasste Einsätze bei "Sweet Child" von GUNS 'N' ROSES und insbesondere JUDAS PRIESTs 'Breaking the law' sollte man nur dann singen, wenn man auch singen kann... Aber: wie war das Karaoke-Motto noch? "If it´s good, it´s good. If it´s bad, it´s better!" Alles in allem bot der erste Abend auf dem Rock Harz viel Spaß, da aber im Zelt noch Bier auf uns wartete, verließen wir das Festivalgelände noch vor Bekanntgabe des Gewinners des Rock Harz Karaoke Awards.
Freitag, 06. Juli 2007
Der Freitag begann mit Regen und Sturm. Die Zelt- und Pavillonsicherungsmaßnahmen hatten Vorrang, und so verpasste ich mit WORST aus Osterode die erste Band das Tages. Da aber Emo-Metalcore eh nicht mein Ding ist, hielt sich mein Bedauern in Grenzen. Von BLACKLIST LTD. bekam ich auch nicht mehr allzu viel mit, also gibt’s dazu auch keinen Kommentar.
Um 13.30 Uhr sollten die Thrasher DRONE die Mainstage entern, doch nichts tat sich. Also wurde erstmal der Kaffeestand beehrt und für gut befunden. Im Infozelt erfuhr ich dann, dass DRONE erst gegen 14.30 Uhr auftreten würden. Der Grund: TYR steckten in Dänemark im Stau und würden ihren Gig canceln müssen. Himmel, Arsch und Zwirn!!! Asgard, Gesäß und Bindfaden!!! Gut, dass mein Freund an meine Flucherei gewöhnt ist und anständig genug war, mich mit einem Bier zu trösten. Zwei von drei Wunschbands nicht zu Gesicht zu kriegen, versetzt den stärksten Kuttenträger in trübe Stimmung.
Rettung nahte allerdings sogleich: IRON FATE betraten die Kreiswohnhausbühne. Mit einem Halford-mäßigen Scream begann eine hammergeile Power-Metal-Session! Selten so großes Kino von einer Newcomerband gesehen. Der Power Metal wurde von IRON FATE sicher nicht neu erfunden, aber die musikalische Leistung der Jungs verdient ein großes Lob. Insbesondere die Stimme von Denis, die bei Midtempo-Nummern perfekt rüberkommt, und die Bühnenpräsenz aller Beteiligten ist klasse. So muss Metal sein.
Da DRONE auf der Mainstage bereitstanden, durften IRON FATE mit 'Heaven And Hell' leider nur eine einzige, dafür aber gelungene Zugabe geben. DRONE brachten ziemlich geilen Thrash Metal, der vom Publikum frenetisch gefeiert wurde. Die oftmals kritisierte Nähe zu MACHINE HEAD ist nicht mehr vordergündig. Die Celler Jungs wirken wesentlich eigenständiger und heizten mächtig ein.
STEEL PROTECTOR hingegen kann ich leider nur mit "Dinge, die die Welt nicht braucht" betiteln. Female-Fronted Metal ist nur in Ausnahmefällen mein Ding, und wenn man gleich zwei Sängerinnen mit nahezu identischen Stimmen auf die Bühne stellt, kann ich dem nichts abgewinnen. Ein wenig bei IRON MAIDEN, ein wenig mehr bei MANOWAR geklaut – könnte gut sein, war es aber nicht. Das Rock-Harz-Programmheft tat auch noch kund, dass STEEL PROTECTOR die "gängigen Heavy-Metal-Klischees der letzten zwanzig Jahre verbrät, eine spaßige Angelegenheit ist und der Metal mit viel Liebe zur Musik ein wenig hopsgenommen wird" [was auch immer "hopsnehmen" hier für einen Sinn macht ... - d. Red.]. Nun denn, ich habe andere Vorstellungen von Metal-Klischees – eine Sängerin in einem rosafarbenen Top, die "Heavy Metal is my life" singt, hat damit nicht viel zu tun.
SQUEALER A.D. hingegen überzeugten mich schon mehr. Bislang hatte ich von dieser Band noch nichts gehört, aber der Rock-Harz-Auftritt hat mich durchaus begeistert. Die leichten gesanglichen Schwächen, vor allem in den Höhen, seien ihnen verziehen, da der neue Sänger erst wenige Wochen zur Band gehört.
Schon stand wieder eine Female-Fronted-Band auf der kleinen Bühne. NIKKI PUPPET boten zwar ziemlich gute Gitarrenriffs, aber irgendwie fehlt Sängerin Nicky Gronewold ein wenig Saft in der Stimme. Warum der Bass von Wasserstoffblondchen Anke Sobek unbedingt rosa sein muss, weiß wohl auch keiner. Die Sache mit der gesetzlichen Gleichstellung von Männern und Frauen macht in vielen Dingen sicherlich Sinn, aber auf dem Festival war es doch zu viel des Guten. Ich bin Metallerin, und ich will langhaarige Kerle auf der Bühne sehen!
AFTER FOREVER haben mit Floor Jansen allerdings eine Frontfrau, die es draufhat. Schon auf der "Earthshaker Roadshock Tour" haben mich AFTER FOREVER begeistert, und der Auftritt auf dem Rock Harz war der berühmte Lichtblick am Horizont. Allerdings kam mir der Sound etwas verwaschen vor.
Die nächste Band, RE-VISION, ebenfalls mit Frontfrau - ich stellte mir langsam, aber sicher die Frage, ob es ein schreckliches Unglück gegeben hatte und die coolen Metalsänger von der Erde gefegt wurden -, bekam ich nicht ganz mit. Immerhin sollten als nächstes meine Helden, DIE APOKALYPTISCHEN REITER, spielen, und ich verbrachte die Zeit mit Hoffen und Bangen. Wenn die Reitermania ausfallen würde ... Undenkbar!
Endlich war es so weit! Auf der Mainstage begann der Aufbau für den REITER-Gig. Die Stimmung indes war seeehr merkwürdig. Meine Kehle war von den "Reiiiiiter!"-Schreien schon ganz wund, und noch immer hatte ich kein "Maniaaaaa!" als Antwort erhalten [vielleicht unterhielten sich gerade alle männlichen Metaller mit den Sängerinnen der vorhergehenden Bands ... - d. Red.]. Dafür begann die Horde hinter mir mit "SpongeBob!"-Rufen *grummel*. Aber irgendwann war es so weit: Der Platz vor der Bühne war brechend voll, das Intro der REITER begann, und mit 'Friede sei mit dir' vom aktuellen Album "Riders On The Storm" wurde die Reitermania eröffnet. Die Thüringer um Frontmann Fuchs hatten das Publikum von der ersten bis zur letzten Minute voll im Griff. Es gibt wohl keine zweite Band, die über eine derartige Bühnenpräsenz verfügt und Spaß und Metal zu einem derartig energetischen Mix verarbeitet. 'Riders On The Storm', 'Revolution' und 'Der Seemann' (REITER-typisch wurde zu diesem Lied ein hübsches Mädel aus dem Publikum zur Seemannsbraut erkoren und durfte auf der Bühne tanzen) des selben Albums folgten. Ein Ausflug zum Album "Have A Nice Trip" erfolgte mit 'Sehnsucht', 'We Will Never Die' und 'Der kleine Wicht'. Ohne 'Reitermania' wäre es keine echte Reitermania gewesen, und so wurde auch der Song dargeboten. Nach 'Die Sonne scheint' vom "Samurai"-Album war dann leider Schluss. Der strikt eingehaltene Zeitplan der Festivalverantwortlichen war härter als die energischen Zugabeforderungen hunderter REITER-Fans. Skandalös! Eine Auftrittzeit von 45 Minuten ist für eine Band dieses Formates einfach zu knapp bemessen.
Das SLAYENSEMBLE auf der Kreiswohnbaubühne hatte mit technischen Problemen zu kämpfen, aber brachte trotzdem eine gute Show und kam in punkto Aggressivität und Druck fast an das Original ran. Hätte ich SLAYER nicht ein paar Wochen zuvor live gesehen, hätten die Osnabrücker wohl tiefe Begeisterung in mir ausgelöst, so kann ich leider nur sagen: Ist halt eine SLAYER-Tribute-Band - allerdings eine verdammt gute mit sehr viel Potential.
Da CLAWFINGER auch noch nicht im Harz waren, mussten DESTRUCTION, die für W.A.S.P eingesprungen waren, ihren Platz einnehmen. Thrash Metal anstelle von True Metal geht eigentlich nicht, und man merkte es teils ganz gut an der Stimmung im Publikum. Nichtsdestotrotz legten Schmier und Co. einen gelungenen Auftritt hin.
Was die ehemaligen Punk-Helden A.O.K. im Anschluss lieferten, war aber too much für mich. Zwei meiner favorisierten Band spielten nicht, die Reitermania war vorbei, und da ich als einzige POWERMETAL.de-Mitarbeiterin vor Ort war, kam die Party- und Festivalstimmung etwas zu kurz, weil ich den Bierkonsum pflichtbewusst arg eingeschränkt hatte. Und wenn man in dieser Phase eine Band sieht, die irgendwann einfach mal geile Mucke gemacht hat, aber dazu übergegangen ist, mehr dämliche Sprüche zu klopfen, als Musik zu machen, Brot ins Publikum zu werfen und sich dann auch noch splitterfasernackt auszuziehen (und das war wahrlich kein schöner Anblick!), dann ... dann muss man auch noch eine respektlose Coverversion eines MOTÖRHEAD-Klassikers ertragen. Nun ja, jedes Grauen hat ein Ende.
Oder auch nicht: OOMPH! standen noch auf dem Programm. Diese Band kann ich einfach nicht einordnen. Es gibt Songs von ihnen, die ich gerne höre, es gibt Songs, die ich hasse. Und das Image der Band macht mir irgendwie Angst. Einerseits sind sie gut, andererseits haben sie seit 'Augen auf!' eine Zielgruppe erreicht, die ja mal gar nicht meine ist, und sowieso und überhaupt. Ist ja aber auch egal. Ich verkrümelte mich in den Biergarten und sehnte mich nach "Pure Fucking Heavy Metal". Noch mal IRON FATE – das wäre klasse! Aber nein, 'Träumst du mit mir', 'Sehnsucht' und ähnliche balladenartige Lieder passten mal so gar nicht zu einem Metalfestival. Aber: Alles ist therapierbar, und so hielt ich tapfer durch. Mit 'Gott ist tot' und 'Gott ist ein Popstar' (ist Gott demzufolge ein toter Popstar? *grübel*) kamen dann aber Lieder, die sogar mir zusagten. Objektiv betrachtet haben OOMPH! jedenfalls einen guten Gig hingelegt, und die zahlreichen Fans wirkten glücklich und zufrieden.
Zur Abwechslung gab es dann noch mal "Female Voices" mit ZED YAGO. Die Band ist bis dato zwar von mir nicht sonderlich beachtet worden, aber der Gig wusste zu gefallen.
CLAWFINGER standen als letzte Band des Tages auf dem Plan. Als Intro hatte man mal eben 'Goldfinger' in 'Clawfinger' umgetextet, und schon ging es mit 'Nigger' los. Musikalisch haben die Jungs einiges auf dem Kasten und teilweise extrem gute Lyrics. Allerdings waren mir die Schweden schon immer zu Hip-Hop-lastig, und somit verabschiedete ich mich nach wenigen Songs, um zum Zeltplatz zu gehen und endlich mein wohlverdientes Bier zu trinken.
- Redakteur:
- Bianca Cordsen