Rock Harz 2010 - Ballenstedt

02.08.2010 | 13:08

08.07.2010, Flugplatz

Ein Festival wächst und wächst - aus gutem Grunde: drei Tage Dauerbespaßung!

Samstag, 10. Juli 2010

Auch am dritten Tag das gleiche Bild: Sonne satt. Das Rock Harz sucht den Schatten und den Eisverkäufer. Doch auch am dritten Tag warten hochkarätige Bands wie ENSIFERUM, OVERKILL, DORO oder EISBRECHER auf das Partyvolk. Also raus aus dem Zelt und ab zur Bühne, wo BLACK MESSIAH unseren Tag eröffnen. Mit "The First War Of The World" haben die Gelsenkirchener Pagan-Recken im letzten Jahr einen echten Kracher aufs Parkett gelegt, so dass Sänger Zagan mit 'Gullveig' die erste Kostprobe zum Besten gibt.

Noch ist es vor der Bühne recht übersichtlich, was aber auch an der Sonne liegt. Viele Besucher liegen mit einem Eis bewaffnet im Schatten und schunkeln zu Stücken wie 'Söldnerschwein' oder 'Vor den Toren Valhalls'. Jedoch erwischen sie so keine der Shirts, welche Zagan immer wieder in die Menge wirft. Mit dem Party-Smasher 'Moskau' geht dieser kurze, aber feine Auftritt stimmungsvoll zu Ende.

Da END OF GREEN ihren Auftritt auf dem Rock Harz leider absagen mussten, springen BIG BALL in die Bresche. Durch den doch markanten Qualitätsunterschied warf man die Running Order leicht über den Haufen, so dass VARG später und BIG BALL eben jetzt an der Reihe sind. Der DEBAUCHERY-Fronter Thomas Gurrath hat sich mit seiner zweiten Kapelle dem grundsoliden Pub-Rock verschrieben und klingt wie eine Mischung aus AC/DC und AIRBOURNE.

Doch auch wenn die Songs gut zum Bier passen, eines darf Thomas nie wieder machen: "Wir sind BIG BALL, und wir spielen Rock 'n' Roll!" Nein, nein, nein. So was macht man einfach nicht. Außerdem sollte er mal vor dem Spiegel seine Mimik beim Singen üben. So sieht es aus wie bei einem höllisch heißen Chilidurchfall.

Apropos: KRYPTERIA sind nun auch nicht jedermanns Sache, dennoch ist der Bereich vor der Bühne prächtig gefüllt. Offenbar scheint die angebotene Mischung auf dem Rock Harz anzukommen. Jeder hat Spaß, jeder schwitzt, und jeder bekommt sein H2O von der Feuerwehr! Die Female-Fronted-Rocker haben die Bühne schön dekoriert und rocken mit 'Shoot Me' scharf los.

Während Doro Pesch gerade ihre Autogrammstunde beginnt, legen KRYPTERIA mit 'Somebody Save Me' nach. Na was denn nun? Erschießen oder helfen? Immer diese nicht nachdenkenden Emos. Schlimm. Aber dafür gibt es ja die Wasserschläuche, die sprühen seltsame Gedanken einfach fort. Mit 'Never Say Die' wird die Stimmung nochmals verbessert, so dass KRYPTERIA von einem vollen Erfolg sprechen können.

Nun ist Zeit für VARG, die es mit wenig musikalischem Talent geschafft haben, zu einem der heißesten Eisen der Szene zu werden. Jugendliche Naivität gepaart mit Provokation und schlussendlicher Ablehnung aller politischen Fragwürdigkeiten scheint im Jahre 2010 Erfolg zu bringen. Mit 'Viel Feind, viel Ehr' geht es feurig los, bevor mit 'Skal' zum Saufen aufgerufen wird. Keine verkehrte Idee, doch um die Uhrzeit vielleicht noch ein wenig zu früh.

Die Meute frisst Sänger Freki aus den Händen bzw. aus den Lungen und schreit jede Textzeile gierig mit. Eins muss man ihnen lassen: Sie mobilisieren ihre Fans. Songs wie 'Blutaar', der Titelsong der aktuellen Platte, werden hemmungslos abgefeiert, so dass der Nachmittagssieger so gut wie feststeht.

Schlag auf Schlag geht es auf dem Rock Harz. Noch sind die Fans von VARG gar nicht zum Verschnaufen gekommen, da geht es nebenan mit den Schweden von SONIC SYNDICATE schon weiter. Nach dem Sängerwechsel (zusammen mit Richard steht nun Nathan statt Roland am Mikro) wurde das neue Album mehrfach verschoben; nun soll es Ende August endlich erscheinen. "We Rule The Night" lautet der Titel, doch heute lautet die Schlagzeile "We Rule The Harz". Vor allem das junge Publikum feiert sich einen Wolf bei den catchy Pop-Metal-Songs Marke 'Rebellion In Nightmareland' oder 'Flashback'.

Doch wo ist der Moshpit? Dort, wo sich normalerweise die Härtesten der Harten sportlich betätigen, klafft eine riesige Lücke. Warum? Die Auflösung ist genauso einfach wie eklig: Matsch!

Durch das viele Wasser aus den Schläuchen hat sich eine schicke Matschlandschaft gebildet. Noch ist sie unbefleckt, und zunächst feiert man bei frischen Songs wie 'Revolution, Baby' oder 'Burn This City' brav drum herum. Aber auch Klassiker wie 'Denied' oder 'Power Shift' dürfen nicht fehlen, bevor Nathan für das abschließende 'My Own Life' eine Wall Of Death fordert. Die Fans hören aufs Wort und trampeln den Matsch gnadenlos nieder. Statt eines "Bloodbath" gibt es also ein "Mudbath". Starker Gig.

Nach dem Schweden-Trip geht es nun Richtung Finnland. ENSIFERUM stehen bereit – oder doch nicht? Leider gibt es Probleme mit der Technik, weswegen die Pause um mehr als zehn Minuten zu lang gerät. Doch dann rücken die Rockträger unter lautem Jubel auf das Schlachtfeld und ziehen mit dem Titelstück des aktuellen Albums "From Afar" die erste Trumpfkarte. Das hat gesessen, also folgt sofort der gemütliche Teil und eine schöne Einkehr in die 'Twilight Tavern'.

Die Fans sind sofort bei der Sache und schreien sich die Lungen aus den Leibern. Mit 'Token Of Time' geht es zum Debütalbum zurück, genau wie mit dem seit 2003 nicht mehr live gespielten 'Abandoned'.

Leider hält sich Petri heute mit Ansagen zurück und beschränkt sich auf seinen Gesang. Bis auf den Dank, dass die Fans bei dieser Hitze dennoch zur Show gekommen sind, bleibt er ruhig. Lauter wird es jedoch mit dem abgedrehten 'Stone Cold Metal' und dem typischen Rauskegler 'Iron' (inklusive Mitsingspielchen). Feiner Gig, aber da geht noch ein bisschen mehr.

Setlist ENSIFERUM:
Intro
From Afar
Twilight Tavern
Token Of Time
Stone Cold Metal
Abandoned
Deathbringer From The Sky
Iron

Wir bleiben beim Buchstaben "E" und ziehen uns warm an. EISBRECHER garantieren: Es wird kalt! Schön wär's, doch bei dieser Hitze bleibt es nur ein Wunschtraum. Daher ist es auch kein Wunder, dass Kapitän Alexx, Pix und Co. heute die Wintersachen in der Truhe lassen und mit bequemeren Outfits die Bühne betreten.

Eine Fluppe hängt aus Alexx’ Mundwinkel. That's Rock 'n' Roll, Baby! Mit ihrem neuen Album "Eiszeit" haben sie die Top 5 der deutschen Albumcharts geknackt, heute knacken sie mit dem Titeltrack die Fans. Alexx ist sofort Mittelpunkt der Show und flirtet mit den ersten Reihen. "Sieben Jahre Regen, jetzt ist die Sonne da. Und warum? Weil ihr alle brav aufgegessen habt!" 'Kinder der Nacht' und 'Leider' folgen, bevor Alexx sich und seine Band vorstellt: "Wir sind EISBRECHER aus München. Ich hoffe, das macht nichts. Einen lieben Gruß an die Schmutzkinder im Schlamm." Denn mittlerweile haben es sich etliche Fans in den Schlammmassen gemütlich gemacht. Party on, Wayne!

Nach Krachern wie 'Phosphor' folgt mit 'Die Engel' ein Gothschlager erste Kanone. 'Heilig' widmet Alexx der katholischen Kirche: "Wer Sex haben will, trete ein. Wer Sex hat, trete aus." Ein schicker Wolle-Petry-Beat funktioniert immer, und so ist es kein Wunder, dass EISBRECHER in punkto Unterhaltung den ersten Platz des Wochenendes belegen.

Mit 'This Is Deutsch' und dem bösen 'Miststück', bei dem einige Fans ihre Wut ins Mikro schreien dürfen, endet nach einer Stunde die Eiszeit auch schon wieder. Lecker!

Setlist EISBRECHER:
Eiszeit
Angst
Kinder der Nacht
Leider
Phosphor
Vergissmeinnicht
Die Engel
Heilig
This Is Deutsch
Miststück

Nach der Eiszeit gibt es die First Lady des deutschen Heavy Metal: DORO. Unermüdlich zieht sie ihre Kreise – das nun schon seit 25 Jahren. Doch von Altersmüdigkeit ist auch heute nichts zu spüren. Vor der Bühne ist es unglaublich voll, als Doro Pesch das Publikum mit Songs wie 'I Rule The Ruins' oder 'Running From The Devil' begrüßt.

"Was für ein schönes Festival", meint Doro und liefert mit 'Earth Shaker Rock' und 'Burning Witches' sofort neuen Stoff. "Let me see some good headbanging" ist zwar nicht das schönste Englisch, aber dieser Powerfrau kann man einfach nix übel nehmen. Im Laufe der Show lässt sie es sich auch nicht nehmen, den großartigen Ronnie James Dio zu grüßen. Es folgen mit 'Für immer', 'Night Of The Warlock' die großen Hits, bevor nach 'Metal Racer' und dem obligatorischen 'All We Are' für immer klar ist, welche Dame im Heavy Metal den Ton angibt: Doro Pesch!

Langsam neigt sich das diesjährige Rock Harz dem Ende zu. Doch bevor der Harz seine Pforten schließt und die Hexen die Besucher verjagen, entert mit OVERKILL eine Abrissbirne erster Güte die Bühne. Die Fans flippen nun völlig aus, denn sie wissen, dass es an diesem Wochenende die letzte Chance sein wird.

Seit dreißig Jahren wüten die New Yorker über die Bühnen der Welt, und auch heute lässt Frontrecke Bobby die Sau raus. Mit Songs wie 'In Union We Stand' oder 'Overkill' zeigen OVERKILL, wie thrashig ein Festival enden kann. Noch Minuten nach der intensiven Show stehen die Fans in den ersten Reihen und skandieren "OVERKILL! OVERKILL!" Nein, nein, ins Bett will noch keiner.

Muss man auch nicht, denn das letzte Wort haben wie so oft SUBWAY TO SALLY, die es fast schon gewohnt sind, ein Festival abzuschließen. Doch auch während vor der linken Bühne alles und jeder auf die Potsdamer wartet, schreit es von rechts unentwegt "OVERKILL! OVERKILL!" Ein großer Spaß!

Mit 'Henkersbraut' starten SUBWAY TO SALLY in ihre Show. Vor einiger Zeit verkündete man, dass man im Sommer eine andere Setlist spielen wolle. Gut, einen Song wie 'Maria' hat man lange nicht mehr gehört, jedoch besteht der Großteil der Songs aus altbekannten Livekrachern wie 'Feuerland', 'Besser du rennst' oder 'Falscher Heiland'. Im Zugabenblock gibt es natürlich '7', bevor man für das finale 'Julia und die Räuber' mit Alexx (EISBRECHER) und Peavy (RAGE) zwei Gäste auf der Bühne begrüßen darf, die gemeinsam mit den Fans die Bandhymne in die dunkle und heiße Nacht schreien.

Somit endet das Rock Harz 2010 nach drei intensiven und schweißtreibenden Tagen. Viele tolle Bands und ein abwechslungsreiches Programm haben dieses Festival zu einem echten Highlight gemacht. Einziges Manko waren die überteuerten Getränkepreise (2,50 Euro für 0,3 Liter Bier) und das Wetter, wofür aber niemand etwas kann. Freuen wir uns auf 2011, wenn wieder Tausende von Fans den Harz zum Rocken bringen.

Redakteur:
Enrico Ahlig

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