Rose Tattoo - Leipzig
29.05.2002 | 13:1525.05.2002, Hellraiser
Vorwort I:
Ich will ja eigentlich nicht meckern, vor allem dann nicht, wenn es um einen ROSE TATTOO-Gig geht, und die ein wirklich tolles Rock-Konzert zum Besten gegeben haben. Aber ein bisschen enttäuscht, ein winzig kleines bisschen, war ich schon, dass kein einziger (!) Song vom neuen Album "Pain" zum Besten gegeben wurde, obwohl diese Rundreise ja immerhin unter dem Namen "Pain-Tour" firmiert. Der Grund war höchstwahrscheinlich der, dass der Tag der Veröffentlichung erst der 3.6. ist (also eine gute Woche nach dem Konzert), und somit im Sinne der Fans, die die neue Scheibe ja noch nicht kennen dürften, lieber die alten Songs rausgekramt wurden. Trotzdem schade, denn "Pain" ist ein verdammt starkes Album, und so muss ich mich wohl noch bis zum W:O:A 2002 gedulden, um auch die neuen Songs live zu erleben. Aber natürlich ist die Entscheidung nachvollziehbar, nur bekannte Stücke zu spielen, denn ich wäre wahrscheinlich der Einzige gewesen, der die neuen Songs hätte mitsingen können...
Vorwort II:
Yeehaw, the boys are in town!!!
So, genug der Vorrede, nun aber rein ins Geschehen.
Der Laden war leider nur mittelmäßig gefüllt (auch noch bei ROSE TATTOO), und so war doch erstaunlich viel Platz in den vorderen Reihen. Man trat sich nicht gegenseitig auf die Füße, man bekam keine lange Haare ins Gesicht gewedelt, man wurde nicht zwischen verschwitzten Leibern eingequetscht - das alles fehlte so ein bisschen zum perfekten Feeling bei solch einem Konzert. Aber dafür ließen die Bands keine Wünsche offen.
Die Aufwärmposition nahmen MUSTASCH aus Schweden ein. Und die waren nicht nur hartnäckig, was es betraf, die Leute aufzufordern, näher vor die Bühne zu treten. Sie gingen auch sonst auf die Leute zu, animierten zum Mitmachen und hatten damit sogar erstaunlich viel Erfolg (verdientermaßen wohlgemerkt). Beim Abschlusssong bekamen sie sogar einen hübschen Chor im Publikum hin, der einige Durchläufe der Grundmelodie schaffte und die Band kurzzeitig arbeitslos machte. Wenn sie allerdings ranklotzten, dann gab's aggressive Metalsongs zu hören, die auch schon mal in coole Frickelorgien ausarteten. Deren aktuelles Album "Above All" sollte man sich jedenfalls im Hinterstübchen schon mal vormerken, wenn man das nächste Mal die Metal-CDs beim viel zitierten Händler des Vertrauens durchstöbert. Außerdem gab sich die Band viel Mühe, mit deutschen Ansagen ihre Wertschätzung gegenüber den größtenteils wohlgesonnenen Zuschauern auszudrücken, außerdem huldigten sie ausgiebig dem einzigen Typ im Publikum mit MUSTASCH-Shirt. Für eine Vorband konnten sie schon ziemlich beeindrucken, wobei es das willige Publikum der Band auch recht einfach machte. Die 40 Minuten gingen jedenfalls schnell vorüber, da sie mit abwechslungsreichen Songs und einer sympathischen Band gefüllt waren. Somit konnten MUSTASCH die schwierige Aufgabe, bei ROSE TATTOO im Vorprogramm aufzutreten, sehr gut lösen.
Als allerlei alkoholische Getränke rund um die Bühne aufgebaut wurden, war klar, dass es jetzt bald losgehen musste mit dem Hauptact. ROSE TATTOO kamen dann völlig relaxt auf die Bühne geschlenkert, ohne sich irgendwie feiern zu lassen, schnallten sich ihre Instrumente um (bzw. nahmen hinter ihnen Platz), hielten noch ein kurzes Schwätzchen und stimmten dann einfach mal "Out Of This Place" an. So kann man ein Rock-Konzert auch beginnen...
Die Besetzung war die selbe wie bereits bei den Albumaufnahmen, nämlich neben Angry und Pete, Paul DeMarco (Drums), Rob Riley (Gitarre) und Steve King (Bass). Die Songs waren, wie bereits erwähnt, allesamt älteren Kalibers, wobei man erwartungsgemäß das "Southern Stars"-Album außen vor ließ und sich auf die ersten drei Langeisen beschränkte. Und was da für Klassiker draufstehen - "The Butcher And Fast Eddie", "One Of The Boys", "Rock'N'Roll Outlaw", "Nice Boys"... (für die restlichen Songs sei hier einfach auf die unten stehende Setlist verwiesen) - einfach unschlagbar! Und natürlich ist es auch immer eine Augenweide, dieser Bande zuzusehen. Vor allem Angry's Stageacting lässt einen immer wieder zwischen Staunen und Schmunzeln schwanken und ist einfach unerreicht auf diesem Planeten. Dazu aulte Angry wie ein Lama durch die Gegend, ich hab schon einen der beiden Schränke (Steve King, Rob Riley) ausrutschen und den eher klein geratenen Angry unter sich begraben sehen. Passierte aber zum Glück nicht...
Bei "Bad Boy For Love" durfte Pete sich das erste Mal so richtig nach Herzenslust an der Slide-Guitar austoben - eine akustische Wohltat, ein Ohrenschmaus. Zwischen "One Of The Boys" und "Rock'N'Roll Is King" flog ein schwarzer BH auf die Bühne, den Angry aufhob um genüsslich daran zu schnüffeln. Irgendwie konnte er sich gar nicht mehr von dem Textil trennen und schob immer wieder seinen Riechkolben hinein. Er ließ den BH dann auch den ganzen Auftritt nicht mehr aus den Augen und nahm die Trophäe zum Schluss mit in intimere Gefilde der Konzerthalle.
Vorher hatte er aber noch ein Dutzend Songs (plus zwei Zugaben) intoniert und in den Pausen das Publikum an seinen teils tiefsinnigen Gedanken teilhaben lassen. Von den nuscheligen Ansagen Angry's hab ich zwar ungefähr so viel verstanden wie von einem kanadischen Baumumsäbler bei laufendem Arbeitsgerät, aber auch seine Gesten ließen erkennen, dass er mehr oder weniger grundsätzlichen Gedanken zum Thema Rock'n'Roll fröhnte. Das heftige "Remedy" läutete dann die heiße Phase des Konzertes ein und die Zuschauer bekamen quasi die zweite Luft und gaben noch einmal alles. Bei dem obligatorischen "Nice Boys" hielt der Publikumschor beachtlich lange durch - fünf Minuten waren es mindestens - mal mehr und mal weniger unterstützt von der Band. Doch wer sich jetzt erst warmgesungen hatte, war etwas spät dran und erwischte gerade noch den letzten Song des regulären Sets. Zu "We Can't Be Beaten" und "Suicide City" ließen sich die Australier noch hervorlocken, aber trotz lautstarker Proteste war danach der Käse gegessen. Dafür hatten sie ja auch alles geboten, was man nur von einem Rock-Konzert verlangen kann und dafür gebührt den alten Säcken wirklich tiefer Respekt. Aber der Auftritt war trotzdem in keiner Weise vergleichbar mit dem legendären Wacken-Konzert (2000), als die Live-Scheibe "25 To Life" mitgeschnitten wurde. Wahrscheinlich waren es einfach zu wenig Leute, so dass stimmungsmäßig noch ein ganzes Stück Luft nach oben war. Aber ich schätze mal, im Vergleich zum anstehenden Wacken-Auftritt dieses Jahr war das sowieso alles bloß Vorgeplänkel. Und bis es soweit ist, kann sich jeder auf's Beste mit der aktuellen Scheibe "Pain" trösten, denn das Teil ist echt 'ne Wucht (siehe Review http://www.powermetal.de/cdreview/review-1530.html). Go and get it!
Setlist:
Out Of This Place
Bad Boy For Love
Assault And Battery
Tramp
The Butcher And Fast Eddie
One Of The Boys
Rock N Roll Is King
Astra Wally
Scarred For Life
Remedy
Rock N Roll Outlaw
Nice Boys (Don't Play Rock N Roll)
-----
We Can't Be Beaten
Suicide City
- Redakteur:
- Stephan Voigtländer