SABATON, APOCALYPTICA, AMARANTHE - Frankfurt
09.02.2020 | 10:5931.01.2020, Festhalle
Drei Bands, drei Stile, eine tolle gemeinsame Zusammenarbeit.
Als wir gegen halb sechs zur SABATONs "The Great Tour" an der Festhalle ankommen, ist der Vorplatz und die Treppe schon dicht belagert. Endlich öffnet auch der Kartenschalter und das festhallenübliche Zeremoniell der Pressekarten kann beginnen. Leider klappt natürlich wieder mal nicht alles reibungslos, was besonders ärgerlich ist, weil wir noch einen Inteviewtermin mit Perttu von APOCALYPTICA haben. Jedenfalls können wir hier nicht stundenlang warten und so machen wir uns nach telefonischer Anweisung auf den Weg, um pünktlich beim Interview zu sein. Dazu müssen wir einmal um das ganze Gebäude herum (die Festhalle ist ein sehr weitläufiger Komplex!), bis wir von Tourmanager Mike "eingefangen" werden. Ein total netter Mensch, der uns in den unterirdischen Teil der Festhalle führt, wo wir mit einem ausgesprochen gut gelaunten, liebenswürdigen Perttu ein unterhaltsames Interview führen. Das Problem ist, dass wir leider keine Eintrittskarten haben und sich der Fotopass nur auf APOCALYPTICA beschränkt. Und jetzt kommt das ganz dicke Lob für Lisa. Ihr habe ich die Sachlage erklärt und dass mein Fotopass höchstwahrscheinlich noch vorne an der Kasse liegt. Ein Blick auf ihre Liste, auf der wir NICHT draufstehen, ein kurzes Telefonat – und weg ist sie. Wir haben gar nicht lange Zeit, verwirrt zu sein, da taucht sie auch schon wieder auf und drückt mir alle erforderlichen Unterlagen in die Hand (die natürlich tatsächlich an der Kasse lagen). Da ist das Aufatmen groß und der Show steht nichts mehr im Weg. Ein weiteres Lob geht übrigens an die ausgesprochen netten und entspannten Leute von der Security, ebenso an die tolle Koordination für die Fotografen, sogar mit Tipps von Nick, wann es wo zum Beispiel gute Aufnahmemöglichkeiten der Pyroshow gibt.
Die Stimmung in der gut gefüllten, wenn nicht sogar ausverkauften, Festhalle ist bereits klasse, als AMARANTHE auf die Bühne geht. So ganz verstehe ich zwar nicht, warum Elize und ihre Mannen als Melodic-Death-Metal-Band bezeichnet werden, ich würde sie eher in den elektronischen-Pop-Power-Metal-Bereich einordnen, Growls hin oder her. Wie auch immer, sie liefern auf jeden Fall eine tolle Show ab und Elize kann nicht nur singen, sondern ist auch ein absoluter Hingucker. Das Frankfurter Publikum weiß dies zu schätzen und geht ordentlich mit. AMARANTHE hat übrigens einen Song von SABATON gecovert, sozusagen als Tribut an ihren Tourpartner: '82nd All The Way'. Dazu gibt es auf youtube ein nettes Video.
Setliste: Helix (Intro); Maximize; Digital World; Hunger; Amaranthine; GG6; Helix; That Song; Call Out My Name; The Nexus; Drop Dead Cynical
Kurze Umbaupause, dann ist auch schon APOCALYPTICA auf der Bühne und hat sowohl einige der neuesten als auch ein paar ältere Stücke im Gepäck. Es ist immer wieder faszinierend, was die Finnen auf der Bühne mit ihren Celli so alles anstellen. Da kommt es auch schon einmal vor, dass Perttu im Liegen spielt. Und so hören wir unter anderem 'Ashes Of The Modern World' und 'En Route To Mayhem' von der neuen CD "Cell-0", bevor Elize Ryd sich noch einmal im schicken, hochgeschlitzten, schwarzen Kleid die Ehre gibt, um noch zwei weitere Songs aus dem großen Apocalyptica-Fundus zu zelebrieren: Das Rammstein-Cover 'Seemann' - der eine oder andere mag sich noch an die Nina Hagen-Version erinnern, die mir immer wieder Gänsehaut bereitet - außerdem 'I Don't Care' vom "Worlds Collide"-Album, damals gesungen von Adam Gontier. Wenn man ganz genau hinschaut und hinhört stellt man fest, dass es sich sogar um ein kleines Duett zwischen Elize und Eicca handelt... auf jeden Fall kommt es beim Publikum gut an. Natürlich darf METALLICA im Repertoire nicht fehlen und so grölen alle beim wilden 'Seek And Destroy' so richtig mit, bevor es dann mit einem im wahrsten Sinne des Wortes Klassiker weitergeht. Perttu macht kleine Einstiegsspäße und intoniert zuerst ein bisschen 'Ode an die Freude', bevor wir uns in die Halle des Bergkönigs begeben dürfen. Wer das Stück kennt, weiß, wie fetzig dieses Klassik-Cover von Edvard Grieg daherkommt, wer es bisher noch nicht gehört hat, weiß spätestens jetzt, dass ein Cello ein Instrument für alle musikalischen Gegebenheiten sein kann. Den Schlusspunkt setzt 'Nothing Else Matters', ohne den ein APOCALYPTICA-Konzert nicht vorstellbar ist. Und die Besucher der Festhalle sind textsicher, es braucht nur eine kleine Geste von der Bühne aus und gefühlt alle singen mit. "Zugabe"-Rufe muss APOCALYPTICA leider ignorieren, denn da steht eine schwedische Band in den Startlöchern, die natürlich schon sehnlichst erwartet wird.
Setliste: Ashes Of The Modern World; Rise; En Route To Mayhem; Seemann (Rammstein Cover, mit Elize Ryd); I Don't Care ( mit Elize Ryd); Grace; Seek And Destroy (Metallica Cover); Hall Of The Mountain King (Edvard Grieg Cover); Nothing Else Maters (Metallica Cover)
Diesmal hat SABATON Sandsäcke und Stacheldraht an der "Front" (der Bühne) aufgebaut, was das Fotografieren nicht unbedingt vereinfacht, weil ständig irgendwo der Stacheldraht im Weg ist. Der Panzer mit Schlagzeugaufbau ist auch wieder dabei und in ein rotes Flugzeug, das jenes des Roten Barons symbolisieren soll, ist eine Hammond-Orgel eingebaut. Natürlich kommen auch die "Pyromanenfreunde" voll auf ihre Kosten, ebenso wie die "Noch ein Bier!"-Gröler. Es wird den ganzen Abend geklatscht, gehüpft und lauthals mitgesungen und während ein Vorhang noch die Bühne verhüllt, stimmen 'In Flanders Fields' und das Intro zu 'Ghost Divion' die Meute auf den Verlauf des Abends ein, was allerdings nicht besonders schwierig ist. Der Vorhang fällt und mit den Worten: "All right Frankfurt, we're Sabaton and this is Ghost Division!", dem ersten lauten Knall, den ersten Pyros und jeder Menge Rauch und schon stürmt Joakim auf die Bühne und fetzt direkt los. Ziemlich heiß (pyrotechnisch gesehen) geht es dann weiter mit 'The Great War', bevor bei 'The Attack Of The Dead Men' die Bühne in giftgrünes Licht getaucht wird und Joakim mit einem Mantel, einer Art "Gaswerfer" und einer Gasmaske auftaucht und damit auch singt! Gestärkt durch das erste "Noch ein Bier!" begibt sich die Band mit Herrn Lawrence zu den sieben Säulen der Weisheit, lässt uns am Tagebuch des unbekannten Soldaten teilhaben, bevor sie von dem verlorenen Bataillon erzählt. Schließlich darf Herr Broden noch ein wenig auf den im Flugzeug versteckten Tasten herumklimpern (das ist nicht despektierlich gemeint, kann er doch hervorragend Klavier spielen), bevor jemand seinen Klavierpart übernimmt und er vom Roten Baron berichtet. Über 'The Last Stand' und '82nd All The Way' zeigt Sirenengeheul an, dass die "Nachthexen" unterwegs sind. Auch hier wird mit Pyrotechnik nicht gerade gegeizt und zum Schluss gerät noch der arme Hannes am Schlagzeug unter "Beschuss".
Bei den nun folgenden sechs Songs beteiligen sich die Herren von APOCALYPTICA am Geschehen auf der Bühne. Eingeleitet wird der Block von 'Angels Calling', das es auch als Videoclip gibt, während das folgende 'Fields Of Verdun' von den Celloherren als Coverversion herausgebracht wurde, bevor die CD "The Great War" auf dem Markt war. Bei 'The Price Of A Mile' gesellt sich noch Drummer Mikko als "Kriegstrommler" dazu, was den Song noch eindringlicher macht und bei mir wieder Gänsehaut hervorruft. Während sich die Herren von SABATON in blaue Uniformmäntel gekleidet haben, leiten die Celli mit zuerst ruhigen Tönen 'The Lion From The North' ein, bevor es auch hier rasant und mit Feuer weitergeht. Zwischendurch streicht Eicca mal die Saiten von Chris' Gitarre und zum Ende des Blocks kommt auch Mikko wieder mit seiner Trommel zum Einsatz, wenn wir die Geschichte von 'Carolus Rex' hören. Mit dem Satz "Es ist schon ganz schön spät und wir müssen jetzt ins Bett" gehen alle unter lautstarkem Protest von der Bühne. Okay, natürlich nur ein paar Minuten, dann erscheint auf der Leinwand ein Uraltfernseher mit Livebildern zu Ereignissen zum WWII als Überleitung zu den Zugaben, beginnend mit 'Primo Victoria'. Nach 'Bismarck' kommt mal wieder das obligatorische "Noch ein Bier", das ich die ganze Zeit ein bisschen ignoriert habe, während Joakim das gewünschte Bier an Tommy weitergibt, aufzählt, was sie alles gespielt haben und meint, dass aber irgendetwas noch fehlt. Die Frage, ob das Publikum "ready for Swedish Pagans" sei, ist natürlich rein rhetorisch gemeint – das ist sowas von "ready"! Aber damit ist das Konzert auch leider fast vorbei. Ein letztes Bier aus schicken SABATON-Bechern – die anschließend ins Publikum befördert werden und bei den glücklichen Fängern vermutlich ein verzücktes Grinsen auslösen – beendet die Rückschau auf fünfzehn Jahre hier in Deutschland und gibt die Hoffnung auf weitere fünfzehn Jahre. Lassen wir uns überraschen, was kommen wird. Zum Schluss geht es noch einmal mit viel Pyro in die Hölle und zurück, was die gesamte Festhalle noch ein letztes Mal zum Hüpfen, Klatschen und Mitgrölen animiert. Während 'Dead Soldiers March' und 'Masters Of The World' erklingt und Pär eine Deutschlandfahne schwenkt, werden noch ein paar letzte Plekten und Setlisten ins Publikum geworfen, dann verabschiedet sich SABATON endgültig.
Auch wenn ich etwas wehmütig auf Veranstaltungen in kleinen Orten mit überschaubaren Locations - wie beispielsweise die Stadthalle von Langen – zurückblicke, also quasi SABATON zum Anfassen, so gönne ich den sympathischen Schweden ihren Erfolg sehr und wünsche ihnen, dass sie noch eine lange Zeit größere Hallen und Stadien füllen können. Am heutigen Abend haben alle drei Bands eine mehr als gute Figur gemacht und die Art der gemeinsamen Zusammenarbeit ist schon besonders und erfreulich, davon hätte ich gerne mehr. So wie es aussieht und sich anhört, hat auch der Publikumsmeute der Abend gefallen, denn man sieht jede Menge grinsender Gesichter und die Nachwirkung dieses tollen Konzertes macht selbst die mehr als langwierige Ausfahrt aus dem Parkhaus erträglich...
Setliste: In Flanders Fields (Intro); Intro zu Ghost Division; Ghost Divison; Great War; The Attack Of The Dead Men; Seven Pillars Of Wisdom; The Diary Of An Unknown Soldier; The Lost Battalion; The Red Baron; The Last Stand; 82nd All The Way; Night Witches; mit Apocalyptica: Angels Calling; Fields Of Verdun; The Price Of A Mile; Dominium Maris Baltici; The Lion From The North; Carolus Rex; Zugaben: WWII Intro; Primo Victoria; Bismarck; Swedish Pagans; To Hell And Back; Outro: Dead Soldiers March; Masters Of The World
- Redakteur:
- Hannelore Hämmer