SETYØURSAILS, RISING INSANE, VINTA und FRIENDS DON'T LIE - Karlsruhe
01.06.2024 | 10:2318.05.2024, Die Stadtmitte
Der totale Abriss in der Fächerstadt!
Unter dem Motto "Unite & Conquer" bereisen die deutschen Metalcore-Hopefuls SETYØURSAILS und RISING INSANE im Rahmen einer Co-Headliner-Tour die Republik und sorgen vielerorts für ausverkaufte Clubs und ausgelassene Stimmung. Der Headliner-Slot wird im Wechsel besetzt und als Special-Guest hat man VINTA mit an Bord. Am vorletzten Tag der Tour macht der Tross Halt in der badischen Metropole Karlsruhe. Ort des Geschehens ist die Kultureinrichtung "Die Stadtmitte", die ca. 250 Besuchern Platz bietet. Dieser wird leider ein wenig mehr als sonst eingeschränkt, da offenbar jede Band ein eigenes Mischpult am Start hat.
Als Verstärkung agiert am heutigen Abend die dreiköpfige Punk-Formation FRIENDS DON'T LIE, die gegen halb acht die Bühne erklimmt. Das Trio aus Frankfurt wurde im Jahr 2020 während der Pandemie eigentlich nur so zum Zeitvertreib gegründet. Im November 2021 veröffentlicht man online die ersten Singles, ehe 2022 mit "Year Zero" die erste EP das Licht der Welt erblickt. Anfänglich verfasst FRIENDS DON'T LIE die Texte noch in Englisch, ehe man sich im Jahr 2023, im Entstehungsprozess zur neuen EP "Was lange währt, wird auch nicht gut", dazu entscheidet bzw. erstmals traut, die Songs in der deutschen Muttersprache zu komponieren.
Der locker, flockig vorgetragene Pop-Punk orientiert sich an den Genrekollegen BLINK 182 bzw. SUM 41. Im Vordergrund steht der charismatische Sänger und Gitarrist Markus Ziesch. Obwohl aufgrund der Pandemie die Jungs nicht gerade viel Möglichkeiten hatte, sich konzerttechnisch auszuzeichnen, hat man bereits Auftritte bei "Rock Am Ring/Rock Im Park" oder beim "Reload-Festival" in seiner Vita stehen. Inhaltlich setzen sich FRIENDS DON'T LIE mit den zeitgemäßen Themen Mobbing, Rassismus ('Halt Dein Maul!') und Unterdrückung ('Love & Solidarity') auseinander. Mir gefällt die Band am besten, wenn sie in bester BAD RELIGION-Manier das Gaspedal durchtritt und Vollgas gibt. Ein guter Einstieg in den Abend, nach dem es erstmal etwas frische Luft braucht.
Setliste: Bleib doch Noch; Friends Don't Lie; Gegen Euch; Solange das Hilft; Alles leicht; Halt Dein Maul!; Gedankenspiel; Love & Solidarity
Schon nach zwanzig Minuten Umbaupause geht es mit VINTA weiter. Das Quintett stammt aus Köln und ist so gar kein typischer Newcomer. Ehe man sich im Jahr 2022 dazu entschied, als neue Formation unter dem Banner VINTA sein Glück zu versuchen, waren die Bandmitglieder zehn Jahre lang in unterschiedlichen Formationen (u.a. DICKES GEBÄUDE) unterwegs und haben schon etliche Clubs und Festivals gerockt. Doch was bedeutet VINTA? Eigenen Angaben zufolge steht VINTA für Energie, Lust und Rausch, aber auch Liebe, Wut, Glück und Schmerz. Auch die Kölner verfassen ihre Texte in ihrer Muttersprache.
Zugegebenermaßen habe ich mich im Vorfeld nicht großartig mit dem Material des Quintetts auseinandergesetzt und bis auf die aktuelle Single 'Gift' und der Nummer 'Durch die Nacht' gab es bisher noch nicht allzu viele Berührungspunkte mit dem Schaffen von VINTA, was sich aber nach dem heutigen Abend ändern sollte. Der Auftritt hat mich vollends überzeugt. Da es auf der Bühne kuschelig eng zugeht, stehen sich die Akteure fast auf den Füßen, im Mittelpunkt steht auch hier Sänger Jakob, der mal sanft, mal hart singt und deutlich sichtbar jede Sekunde auf der Bühne genießt. Das Publikum nimmt die Vorlage dankbar an und eskaliert ein ums andere Mal mit. Am meisten überzeugt haben mich die Stücke 'Kopf zu laut', 'Durch die Nacht' und 'Schon okay'. Selbst die TOKIO HOTEL-Nummer 'Durch den Monsum' wird lautstark mitintoniert. Im Herbst geht es erstmals für VINTA unter dem Motto "Kaputt für immer" auf eine eigene Headliner-Tour, die man keinesfalls verpassen sollte.
Setliste: Intro; Schon okay; Durch die Nacht; Durch den Monsun; Allein; Du fragst nicht mehr; Gift; Kopf zu laut
Eine Nummer härter wird es bei RISING INSANE aus dem Oldenburger Land, die mit zu den erfahrensten Akteuren am heutigen Abend zählt und schon seit 2012 gemeinsam aktiv ist. Insgesamt veröffentlichte man bislang vier EPs und drei Alben, wobei die neue Scheibe "Wildfires" schon in den Startlöchern steht und Ende August erscheinen wird.
Ein kleiner Vorgeschmack wird gleich zu Beginn der Show in Form von 'Burn' und 'Reign' und später noch mit 'Malicious' gereicht. Erwartungsgemäß fügt sich das neue Material nahtlos ins Programm ein und finden einen guten Anklang beim Publikum. Das Fotografieren aus dem Publikum wird immer schwieriger, denn anstatt Fotograben gibt es heute einen Circle-Pit. Also ist Ellenbogen raus und Draufhalten angesagt.
Frontmann Aaron Steineker delegiert das Publikum nach Belieben und die Menge lässt sich widerstandslos anleiten. Die ganz feine Klinge wird heute Abend nicht geschwungen, sondern eher die grobe Kelle. Macht aber auch nichts, dem tobenden Volk gefällt's. Man könnte fast meinen, RISING INSANE will den Laden auseinandernehmen. Gnadenlos wird nachgeladen und einzig bei den Covernummern 'Maniac' und 'Blinding Lights' wird das Tempo etwas rausgenommen.
Die Luft im Club ist zum Schneiden dick und schmeckt nach Schweiß. Klatschnass aber zufrieden, ringe ich nach der Show nach Luft und nutze die kurze Umbaupause, um im Außenbereich meine Akkus wieder aufzuladen.
Setliste: Burn; Reign; Drag Me Under; Chemicals; Maniac (MICHAEL SEMBELLO- Cover); Malicious; High Hopes; Something Inside Of Me; Breakout; Meant To Live; Zugaben: When My Anger Burns; Blinding Lights (THE WEEKND-Cover)
Den Abschluss macht heute SETYØURSAILS und in diesem Fall trifft die Weisheit zu, dass das Beste zum Schluss kommt. Das Kölner Quartett, welches sich selbst einer Frischzellenkur unterzog - für Bassist Dominic Ludwig kam Nicolei Hoch und für Schlagzeuger Pascal Schnitzler fand man Ersatz in Henrik Kellershohn - brennt förmlich darauf, endlich das neue, wesentlich melodischere Material, live der Fanbase vorzustellen. Laut Sängerin Jules Mitch war es eine Art Befreiung und es ist jetzt an der Zeit den nächsten Schritt zu gehen. Wie eine Raubkatze springt die stimmgewaltige Powerfrau auf der Bühne umher. Die Songs auf "Bad Blood" sind vielfältiger und man hat mehr Wert auf einprägsame Melodien und Hooks gelegt. Für die Texte ist Jules Mitch verantwortlich, die Themen verarbeitet, die sie im Allgemeinen beschäftigen. Beim vorherigen Album "Nightfall" befand sie sich mental in einem Loch, was sich auch auf das Songwriting niederschlug. Aus diesem scheint sie mittlerweile ganz gut rausgekommen zu sein.
Auf "Bad Blood" waren die Themen eher zerbrochene Freundschaften oder zwischenmenschliche Beziehungen. Bei mir läuft "Bad Blood" schon seit Tagen in der Dauerrotation und auch live funktioniert das Material bestens. Alle Bedenken, die man im Vorfeld der Tour hatte, ob alles überhaupt funktionieren kann oder ob man gar einzelne Shows absagen muss, dürften sich spätestens nach dem ersten Gig der Tour in Luft aufgelöst haben. So bedankt sich Jules bei jedem Einzelnen, der zu den Shows gekommen ist und mit dazu beiträgt, dass die Band die nächste Stufe auf der Leiter nach Oben erklimmen kann.
Dass SETYØURSAILS mit Herzblut bei der Sache ist, spürt jeder der 250 Anwesenden. Authentischer geht es eigentlich nicht mehr und das Publikum zahlt es der Band auch gleich zurück. Immer wieder bilden sich Circle Pits vor der Bühne, was Bassist Nicolei dazu verleitet, runter von der Bühne zu steigen und dann inmitten des Pits weiterzuspielen. Die totale Eskalation! Jules bittet wenig später die Fans um ein wenig Einhalt, da die Musizierenden schon alle über dreißig sind. Nach einem Schluck Kräuterlikör, den ihr ein Fan anreicht, geht ist mit vollem Elan weiter. Unglaublich was die Dame alles aus sich herausholt!
Zu den Höhepunkten des Abends zählen für mich eindeutig die neuen Stücke 'Bad Blood', 'Halo', 'Best Of Me' und 'Bad Company'. Da ich mittlerweile auch schon eine fünf vornedran stehen habe, ziehe ich glückselig und völlig ausgepowert nach gut einer Stunde Zirkeltraining von dannen. Ich bin mir sicher, auf der nächsten Tour sieht man sich auf jeden Fall in größeren Clubs wieder. Sehr geil oder wie man heute sagt: MEGA!
Setliste: Bad Blood; Halo; Nightfall, Into The Storm, Dangerous, Best Of Me; Why; Bad Company; Lately; T.F.M.F.; Eternally; Zugaben: Ghosts; Mirror; Fck Off
- Redakteur:
- Frank Hameister
