SISTER BUTTERFLY - Berlin

21.04.2012 | 20:45

20.01.2012, White Trash

Glam Rock? Schwierig, die 70er Jahre als Thema an sich drehen öfters ihre Runden in der Modewelt, der Filmindustrie, turnusgemäß auch im Musikbusiness. Ab und an trauen sich Bands an das Thema unbekümmert ran. So auch die Berliner Band SISTER BUTTERFLY, die den 70er Jahre Glam Rock huldigt und sich ergeben vor den Großen dieser Epoche verneigt.

Die überreizte Generation Ü-40 wird sehnsüchtig in ihren LP-Sammlungen kramen, wenn das Thema "Glam Rock" aufkommt und schließlich Bands/Künstler rausfischen wie T-REX, DAVID BOWIE, ROXY MUSIC, IGGY POP, THE SWEET, der alte ALICE COOPER und so weiter. Glam Rock war und ist immer schrill, glitzernd, überdreht, einiges an Lidstrich und Make-Up, bunter Kleiderfummel, Schlaghosen, große Sonnenbrillen - eben total Rockstars-like. "Larger than life", würde der Amerikaner sagen. Betreffende Bands pflegten den übergroßen Lebensstil zu zelebrieren bis zur Selbstaufgabe, bis zum Tod. Freitod nicht einkalkuliert, aber stets allgegenwärtig. Nicht wenige Künstler dieses Genre spielen seit Dekaden in "heaven´s all-star-band". Sex, Drogen, Rock 'n' Roll - diese Klischees gehörten seinerzeit zum täglichen Brot, Vieles war nicht inszeniert. Die Koksline war für nicht wenige Frühstück, Mittag und Abendbrot.

SISTER BUTTERFLY lassen diese Zeiten wieder aufleben (ohne die Drogenexzesse), beackern seit einiger Zeit recht fleißig die Berliner Bühnen und haben sich eine rege Fanbasis erspielt mit ihrem recht Glam Rockigen Programm. Da stehen alles sehr bewährte Musiker auf der Bühne, wie L.A. Jesus (Gesang), Mark FreeMan (Gitarre, einst bei SIGUE SIGUE SPUTNIK), Tom Petersen (Drums, ehedem bei MARQUEE MOON), Lena Lonley (Bass), Mandy Wilsn (Gesang) sowie Marilyn Monroe Manson (Gesang). Schöne Künstlernamen, gut gewählt;  die "looks-that-kill" tragen die drei Frauen plus drei Männer zur Schau, die Bühnenshow macht auch Spaß; fehlt nur noch eine CD-Veröffentlichung. Dem soll bald Abhilfe geleistet werden, das eigenproduzierte Album soll bald erscheinen und dann kann der gute, alte Glam Rock aus der Mottenkiste entstaubt werden.

Das White Trash, einer der besseren Rockclubs in der Hauptstadt, ist jedenfalls rappelvoll, nicht zuletzt deshalb, weil Ende Januar die Modewelt zur "Fashion Week" in Berlin zu Gast war. Eine lustige "Vorgruppe" gibt es auch, nämlich DJ CRAFT sowie ANITA DRINK, die ziemlich gekonnt den Abend einläuten mit cooler Glam Rock/Hardrock-Musik wie zum Beispiel alte KISS, VAN HALEN und anderen. Pünktlich eine Stunde später als angekündigt kommen dann SISTER BUTTERFLY auf die kleine Bühne, Klaustrophobie darf keiner der sechs Künstler haben. Es wird eng, auch im Schritt, denn die Band sieht schon etwas sexy aus.

Jedenfalls reißt sogleich Sänger L.A. Jesus das Mikro an sich, startet tierisch aufgedreht das Set mit 'L.A. Jesus Loves You' und springt fast auf die vorderen Tische, wo die Modeleute an ihren Drinks wie gelangweilt nippen. Wenn Glam Rock kommt, sollte man den Tisch vor der Bühne räumen. Es könnte sein, dass Rockstars diesen als Podium benutzen oder sich mit anderen Tischen einen Laufsteg basteln. 'Why',  'Anastasia', 'Into The Sea', 'Deep Inside' folgen auf dem Fuße, die schwüle Hitze im Club breitet sich bedrohlich aus; die Leute blicken nun auch mal zur Bühne und bekommen gute Laune. SISTER BUTTERFLY rocken flockig durch ihr Programm, neben eigenen Nummern zollen sie der Glam Rock-Zeit ihren Tribut mit Songs wie 'Ziggy Stardust' oder 'Man In The Box', einem Gassenhauer par excellance. Trommler Tom drischt auf die Felle ein wie ein Berserker, seine Schweißperlen fliegen übers Drumkit, er hat offensichtlich großen Spaß. Etwas leicht bekleidet sind die Musiker auf jeden Fall besser dran ob der Hitze, Gitarrist Mark FreeMan wie immer im luftigen Generals-Look und die Girlies sowieso in Netzstrümpfen, kurzen Röcken und ähnlichem. Das Auge isst halt mit. Anyway, es dominiert Kurzweil und die SISTERs machen Spass, die Bandmitglieder grinsen sich auch desöfteren einen, auf der Bühne zu stehen tut halt gut. Für was schindet sich sonst eine Band jahrelang im Proberaum? Rampensäue sind sie alle. Wär auch schade wenn nicht. GENE SIMMONS und PAUL STANLEY will auch keiner wirklich im Anzug und ohne Schminke an den Gitarren sehen.

Ziemlich zum Schluss bastelt sich Frontmann L.A. Jesus dann doch noch seinen Laufsteg aus Tischen - die Modepüppchen flüchten erschrocken - rockt wie wild und wischt die Cocktailgläser einfach mal lässig weg. Das ist Rock, das ist unterhaltsam; SISTER BUTTERFLY  sprengen jede langweilige Party. Cool. Mal schaun, wohin der Schmetterling fliegt.

Redakteur:
Dirk Ballerstädt

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