SLAYER, ANTHRAX - Leipzig

29.06.2019 | 19:35

13.06.2019, Arena

Sag zum Abschied NICHT leise Servus!

Die "Big Four" des Thrash-Metals müssen in Zukunft ohne SLAYER auskommen, denn die Band befindet sich auf ihrer ausgiebigen Abschiedstournee von ihren Fans. Danach wollen sich die Musiker in den Ruhestand verabschieden. Ob der nun wirklich so konsequent durchgezogen wird, das wird die Zukunft zeigen. Aber wie dem auch sei, das Konzert in Leipzig ist erst einmal das vorletzte der Thrash-Legende in Deutschland, bevor im August in Stuttgart der letzte Vorhang fällt.


ANTHRAXWährend am gleichen Tag RAMMSTEIN das zweite Konzert in Dresden gibt, pilgern die SLAYER-Fans in die Arena nach Leipzig. Die ist an dem Abend jedoch nicht ausverkauft. Neben zahlreich genutzten Sitzplätzen ist der Stehbereich zu drei Vierteln der Kapazität gefüllt. Hier und da bleiben auch Lücken, die die Besucher später sehr gut zur Bewegung nutzen können. Doch zuvor gibt sich mit ANTHRAX eine weitere Band aus der angesprochenen Riege die Ehre, dem Publikum einzuheizen. Als gegen 19:00 Uhr das Licht in der Arena erlischt und 'The Number Of The Beast' von IRON MAIDEN erklingt, macht sich eine gewisse Unruhe breit. Kommt jetzt etwa noch etwas anderes zum Abschied? Nein, es ist quasi das Intro für die New Yorker. Die fackeln auch nicht lange und geben vom ersten Ton an ordentlich Gas. Joey Belladonna wuselt wie gewohnt mit seinem Mikrofon über die ganze Bühne und hält nur selten inne. Mit 'Caught In A Mosh' vom 1987er Album "Among the Living" geht es in den Konzertabend und die Besucher vor der Bühne machen auch gleich ordentlich mit. Tempo ist bei dem Gig angesagt und wenn man sich so das Durchschnittsalter der Bandmitglieder anschaut, dann kann man nur sagen: Respekt! Die Arena ist gut zur Hälfte gefüllt und in den vorderen Reihen geht es toll zur Sache. Der etwas leere Saal scheint wohl auch dem Umstand geschuldet zu sein, dass es offenbar auf den Karten unterschiedliche Angaben zum Beginn gab. Wer eine mit 20:00 Uhr erwischt hatte und auch so da war, der hatte das Nachsehen und bekam ANTHRAX so gut wie gar nicht mehr mit. Dieser Umstand schlägt sich leider auch im Sound nieder, denn der ist scheinbar für eine vollere Halle ausgelegt und so klingt es weiter hinten nicht wirklich schön. Davon bekommen die Fans in den ersten Reihen zum Glück nicht viel mit und können sich über zahlreiche Klassiker des erwähnten Albums freuen. Die applaudieren auch sehr gut nach den Songs, so dass vor und auf der Bühne eine tolle Stimmung herrscht. Viel Zeit zum Luft holen zwischen den Liedern bleibt meist nicht, denn es wird sich zügig durch das Set gezockt, sehr zur Freude der Fans! Doch auch wenn mit ANTHRAX eine weitere Band der "Big Four" auf der Bühne steht, so warten doch viele auf SLAYER. Also verabschiedet sich die Band nach gut einer Stunde von den Gästen in Leipzig und wünscht natürlich viel Spaß mit den Herrschaften. Die Besucher bedanken sich noch einmal mit viel Beifall und ab geht es in die Umbaupause.

Setliste: Caught In A Mosh; Got The Time; Madhouse; I Am The Law; Now It's Dark; In The End; Efilnikufesin (N.F.L.); A.I.R.; Antisocial; Indians

SLAYERDiese erweist sich als recht kurz, denn für 20:30 Uhr ist bereits der Gig von SLAYER angekündigt. Der Saal der Arena hat sich nun etwas mehr gefüllt, dennoch ist noch gut Luft. Sehr zur Freude der Fans, denn die können jetzt ordentlich moshen. Doch zuerst fällt der Vorhang auf der Bühne, ehe es in die Vollen geht. Vor und auf der Bühne versteht sich. Doch während das Publikum sich bewegt, stehen die Protagonisten fast stoisch an ihren Plätzen. In dieser Form können die beiden Gigs kaum gegensätzlicher sein, doch am Ende reißen sie, jeder auf seine Art, die Zuschauer mit. Das aktuelle 'Repentless' eröffnet den Abend und während auf der Bühne die umgedrehten Kreuze zu sehen sind, wird das Ganze mit einer toll abgestimmten Licht- und Feuershow bestens in Szene gesetzt. Flammen schießen längs und quer über die Bühne. Das ist dann schon die meiste Bewegung, die es auf der Bühne gibt. Während der Sänger seine fiesen Vocals in die Gehörgänge der Fans prügelt, malträtiert Kerry King seine Gitarre bis auf das Äußerste. Dazu ist er mit schweren Ketten behangen, die man, trotz der Lautstärke, im Fotograben rasseln hört. Bei diesem Szenario hilft nur eines: kollektives Durchdrehen. Und das tun die Besucher auch. Ein Blick in die Menge zeigt logischerweise einen hohen Altersdurchschnitt. Aber auch jüngere Besucher feiern ihre Helden zu 'Evil Has No Boundaries' vom Album "Show No Mercy" aus dem Jahre 1983 frenetisch ab, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal auf der Welt waren. Doch eines vereint sie an diesem Abend: SLAYER. Und so feiern alle zusammen, als wäre es die letzte Party.

Es ist die Wucht und die Intensität, mit der die Band die Songs dem Publikum um die Ohren haut, warum die Mannen um Tom Araya heute diesen Kultstatus genießen. 'War Ensemble' ist einer der Nackenbrecher, der das bestens unterstreicht. Die Setliste lässt kaum Wünsche offen. SLAYERGewohnt findet keine große Interaktion seitens der Band mit dem Publikum statt. Nur gibt es immer mal wieder eine kleine Pause, in welcher der Sänger kurz auf der Bühne verharrt, um die lautstarken "SLAYER!"-Rufe in sich aufzusaugen. Die Wehmut steht ihm in diesen Momenten deutlich ins Gesicht geschrieben. Doch schon kurz darauf wird sich weiter erbarmungslos durch das Set geknüppelt. Die Haare fliegen, die Menge tobt. Was will man mehr? Dass die Band nicht aufhört zu spielen natürlich! Doch das ist leider Wunschdenken, denn nach 'Dead Skin Mask' wird mit 'Angel Of Death' das ultimative Ende eingeläutet, was die Fans logischerweise nicht wahrhaben wollen. Als die letzten Töne verklungen sind, wird seitens des Publikums selbstredend eine Zugabe gefordert, doch weitere Songs erklingen leider nicht.

Während die Bandmitglieder die Bühne verlassen, verbleiben Tom Araya und Kerry King am Bühnenrand und genießen die nicht enden wollenden "SLAYER!"-Rufe. Es ist wohl eine Mischung aus Wehmut und Erleichterung, die die beiden in sich tragen. Große Redner waren beide noch nie. Und so kommt nur ein "I'll miss you guys!" über Toms Lippen. Und die Menge tobt und feiert die Band immer noch, auch als gar keiner mehr auf der Bühne ist. Erst als das Licht in der Arena angeht, verstummen die Rufe langsam.

Das war es also mit der Ära SLAYER. Zumindest für diejenigen, die nicht in Stuttgart dabei sein werden. Die Musiker haben genau das abgeliefert, was die Fans von ihnen erwartet haben. Eine komplexe und wunderbare Show, die der Band würdig ist. Nichts lief heute auf halber Kraft, um noch einmal ein wenig Ruhm einstreichen zu können. Im Gegenteil, es ist ein würdiger Abschied von den Fans, so wie es sich gehört. Ob es den Musikern in ein paar Jahren langweilig ohne Konzerte wird, das wird sich zeigen. Fest steht jedoch, dass die Anhänger der Band darüber mehr als erfreut wären. Auch wenn die Arena nicht ausverkauft ist, so ist es doch ein ganz besonderer Abend mit einer tollen und einzigartigen Stimmung. Und auch wenn die Wehmut ein Begleiter ist, so bleibt der Gig in bester Erinnerung. Die Veranstaltungsmacher der Arena können nun übrigens auch von sich behaupten, dass alle Formationen der "Big Four" einmal hier aufgetreten sind.

Setliste: Repentless; Evil Has No Boundaries; World Painted Blood; Postmortem; Hate Worldwide; War Ensemble; Gemini; Disciple; Mandatory Suicide; Chemical Warfare; Payback; Temptation; Born of Fire; Seasons In The Abyss; Hell Awaits; South of Heaven; Raining Blood; Black Magic; Dead Skin Mask; Angel of Death

Redakteur:
Swen Reuter

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