SONATA ARCTICA - Hannover
16.12.2009 | 09:5108.12.2009, Capitol
Tony Kakko und seine Rasselbande entern die niedersächsische Hauptstadt. Und wir Entern mit!
Immer eine gute Idee – Niedersachsens Slogen könnt heute nicht besser passen. SONATA ARCTICA sind auf Tour und beehren die niedersächsische Landeshauptstadt. Also heißt es ab ins Auto und 260 km auf sich nehmen. Für Tony und seine Jungs kann man das schon mal machen. Mit "The Days Of Grays" haben sie eines der Album-Highlights des Jahre 2009 veröffentlicht, welches auch nach Monaten einfach nicht aus der Rotation verschwinden will. Genug der Vorrede – als wir kurz nach 20 Uhr am Capitol ankommen (dank gebührt der unglaublich schlechten Beschilderung) erhaschen wir leider nur noch die letzten Töne von WINTERBORN. Mist – "The Coldest Finnish Heavy Metal Band" hatten vergangenes Jahr mit "Farewell To Saints" ein prima Album aus den Hüften gejagt und ich wollte mich endlich von den Live-Qualitäten überzeugen. Laut den Worten einiger Besucher, haben die Jungs ordentlich Radau und Spaß erzeugt – na super – und ich steck im Dickicht der Innenstadt. Also wird kurz die Location inspiziert – hier das Klo, hier die Bar, dort ein wunderschöner Balkon und da der Raucherbereich mit Blick auf die Stage. Im Location-Check bekommt das Capitol eine glatte Eins.
Bevor SONATA ARCTICA die Bretter stürmen, sind zunächst noch die Niederländer von DELAIN an der Reihe. Bisher war mir die Formation nur vom Namen und der Tatsache bekannt, dass Roadrunner ordentlich Zeit und Geld investiert hat, um die Jungs und Sängerin Charlotte kräftig zu pushen. Heute hören wir den Grund dafür. Denn der bauchfreie Symphonic Rock macht sofort Laune und reißt das Publikum überraschend gut mit. Auch ich kann mir des Kopfnickens nicht erwehren. Songs wie 'Stay Forever' (inklusive schickem Gitarrensolo) oder 'The Gathering' (wunderbarer 80er Sound) begeistern und tun genau das, was man von einem Support erwartet: Die Stimmung aufheizen. Als Charlotte bei 'Virtue And Vice' mit einem neuen, netzartigen Oberteil auftaucht, wird es gleich noch einen Ticken wärmer im Capitol. Uff – auch 'Shattered', 'Control The Storm' und das abschließende 'Pristine' können nicht darüber hinwegtäuschen, dass hier eine verdammt gute Female-Fronted-Metal-Band am Start ist, die den alteingesessenen Vertretern verdammt viel Feuer unterm Hintern machen wird. Klasse!
Nach einer halben Stunde Umbaupause erlischt das Licht – es ist soweit: SONATA ARCTICA. Das Intro 'Everything Fades To Grey' ertönt, die Pommesgabeln gehen hoch, doch von den Finnen noch keine Spur. Als nach fast nicht enden wollenden drei Minuten, die Musik erlischt, sind alle bereit das Capitol zu rocken. Einzeln kommen die Jungs auf die Bühne, holen sich ihren Applaus ab, bis zum Schluss nur noch Tony fehlt, der hüpfend auf die Bühne springt und sofort mit 'Flag In The Ground' loslegt. Aber was ist das für ein Sound? Drums zu laut, Bass zu laut, Gitarre zu leise – auweia. Mit einem strahlenden Tony und 'Paid In Full' geht es sofort weiter – Stimmungskanone Tony hat die Fans sofort im Griff. Er hampelt, scherzt mit seinen Kollegen und treibt auch mit den ersten Reihen seine Späße. "Hello Hannover" – der Cheap Pop zieht immer. Jubel! "Shakespeare has his Romeo – we have Caleb" – und ab dafür. Langsam scheint auch der Soundmann aufgewacht zu sein, denn nun hört es sich wie Musik an. Dennoch kickt Tony den guten Mann mit einem imaginären Golfschläger nach Wolfsburg. Doch das ist nicht alles. Tony tanzt bei 'Caleb' den einsamen Walzer und schwenkt beim großen Finale gemeinsam mit den Hunderten von Fans die Arme. Nach 'The Last Amazing Grays' und einer Luftgitarreneinlage redet Tony über die schweren Zeiten im Leben: Job weg, Freundin weg und den gewünschten Studienplatz hat sich auch Hans von Nebenan geangelt. Was hilft? Ein guter Freund, der dir zeigt, dass das Leben nicht so schlimm ist, wie es sich im Moment anfühlt. Es menschelt in Hannover: 'As If The World Wasn't Ending'.
Tony hat sich gerade warm geredet, schnattert über dies und das, während im Hintergrund schon die Keyboard-Sounds von 'Full Moon' zu hören sind. Doch dann bricht die Musik ab, Tony jodelt, alles lacht. Neuer Versuch, wieder klappt der Einsatz nicht – Tony jodelt, alles lacht. Aller guten Dinge sind drei – 'Full Moon' rockt gehörig durch die Location und schon können wirklich alle mitsingen. Auch die Band wirkt bei den alten Songs etwas lockerer und gelöster. Klar, die Songs sind einfacher zu spielen, was der Bühnenpräsenz der Musiker auf keinen Fall schadet. Schaden können Frauen auch nicht, dachte sich wohl Tony und holt plötzlich Charlotte von DELAIN auf die Bühne, welche im Anschluss (zunächst ganz allein) 'Last Drop Falls' schmettert – und wie! Wahnsinn – Gänsehaut! Als dann Tony im letzten Drittel mit einsteigt, ist der absolute Höhepunkt der Show erreicht. Hand in Hand singen sie diese wunderschöne Ballade und bringen so manches Herz zum Schmelzen. Genau wie beim ultratraurigen 'Juliette'. Eigentlich müsste es von der Hallendecke regnen, so nah wie dieses Stück am Wasser gebaut ist. Danach ist aber erstmal Schluss mit Melancholie, denn Henkka setzt zum Keyboard-Solo an. Nett, aber ob man so die Mädels scharf macht? Besser sollte das bei einem zünftigen Gitarrensolo funktionieren, welches Elias im Anschluss zelebriert. Zeit für was Altes – 'Replica' treibt die Stimmung wieder hoch, genau wie das abschließende '8th Commandment'. Was, schon vorbei? Nach 65 Minuten soll alles Enden?
Natürlich schreit sich das Publikum die Lunge aus dem Leib, was die Finnen auch honorieren und zurück auf die Bühne klettern. Tony bedankt sich bei den Fans und stimmt mit ihnen 'We Will Rock You' an. Lustige Einlage, aber ein eigener Song wäre mir lieber. Den gibt es dann auch in Form von 'In Black And White' und dem finalen 'Don't Say A Word'. Die obligatorische 'Vodka'-Einlage darf natürlich nicht fehlen, bevor mit 'Everything Fades To Grey' noch kurz das Outro live gespielt wird. Das Licht geht an, die Fans feiern sich und die Band, während Tony sich selbst kuschelt und am liebsten jeden einzelnen Fans persönlich knuddeln wollen würde. "Merry Christmas To You All". Dem schließ ich mich an und verdrücke mich erneut in die Untiefen des hannoveraner Autobahndschungels. Brumm Brumm und gute Nacht.
Größten Dank gebührt Christin Kersten für die schicken Bilder :-)
Setlist SONATA ARCTICA:
01. Everything Fades To Grey (Intro)
02. Flag In The Ground
03. Paid In Full
04. Caleb
05. The Last Amazing Grays
06. As If The World Wasn't Ending
07. Full Moon
08. Last Drop Falls
09. Juliette
10. Replica
11. 8th Commandment
- - -
12. In Black & White
13. Don't Say A Word
14. Vodka
15. Everything Fades To Grey (Outro - Edit)
- Redakteur:
- Enrico Ahlig