SPECTACULUM ROCKT - Parsberg
04.06.2017 | 12:0126.05.2017, Burg Parsberg
Ein idyllischer Ort ist die Burg Parsberg im Süden Deutschlands mit ihren ehrwürdigen Gemäuern. Seit acht Jahren wird es hier jedoch regelmäßig laut, wenn im Rahmen des Spectaculum Nordgavia die Mittelalterrocknacht "Das Spectaculum Rockt!" einlädt. In diesem Jahr breiteten neben irischen Folkern und den finnischen Partymetallern zwei geflügelte Speerspitzen der Mittelalterszene ihre Schwingen über der Veranstaltung aus...
Der Abend startet dabei bereits mit einem großen Knall, die Greifvögel sind zum Spielen aufgelegt: HARPYIE eröffnet den munteren Reigen und hat sich nicht nur optisch voll und ganz auf das neue Album "Anima" eingestellt. Ohrwurmverdächtig so beispielsweise der Titel 'Fauler Zauber', der begeistert mitgesungen wird. Währenddessen präsentieren sich die neueren Songs, aus deren Fundus sich Aello und Co für ihren Slot auch die beiden Auskopplungen für die Musikvideos, 'Berserker' und 'Schneeblind', ausgewählt haben, um einiges härter und ähm... animalischer eben. Für den gewissen Staunmoment sorgt HARPYIE jedoch mit der mittlerweile schon kulthaften Interpretation des EIFFEL 65-Hits 'I'm Blue'. Noch keine Stunde lang ist das Konzert eröffnet und schon jetzt ist das Partyfeeling auf dem Specatulum immens. Zur Eskalation bei dem letzten Song der Harpyien, 'Sturmvögel', hätte das Publikum daher gar nicht erst aufgefordert müssen. Die Stimmung kocht schon bei der ersten Band in Parsberg.
Auf dunklen Schwingen kommt auch die folgende Band daher: KRAYENZEIT schließt nahtlos an die ausgelassene, kraftvolle Performance der Ost-Westfalen an und hat sogar eine Überraschung mit nach Parsberg gebracht: Shir-Ran Yinon debütiert an diesem Tag als die neue Geigerin der Krähen! Von Anfang an fügt sie sich so stimmig ins Bandgefüge, als hätte sie bereits eine Tour mit den Mittelalterrockern hinter sich. Ob Headbangen mit Sänger Markus oder das grandiose Soli bei DEM Anheizer überhaupt, dem 'Fegefeuer' - das Tempo, welches die spielfreudige Band an diesem Tag vorlegt, weiß die ELUVEITIE-Session-Geigerin mühelos zu halten. KRAYENZEIT präsentiert sich in Parsberg mit einem erlesenen Potpourri der beiden Alben "Auf dunklen Schwingen" und "Tenebra" - angefangen beim 'Wüstenregen' bis hin zur obligatorischen 'Krayenzeit' erfüllt die Setliste so einige Wünsche und zieht bereits ein beachtliches Publikum vor die Bühne. Spätestens nach diesen ersten beiden Auftritten auf dem "Spectaculum Rockt" sollte Genre-Fans so langsam das Wasser im Mund zusammenlaufen, denke man nur an die bevorstehende Double-Headliner-Tour von KRAYENZEIT und HARPYIE im kommenden Jahr...
Nach diesem Start hat die Gruppe, die nun das Geschehen betrifft, keinen sonderlich leichten Stand: Zwar beeindruckt MR IRISH BASTARD schon beim Einzug mit Bass, Bouzuki, Akkordeon, E-Gitarre, Banjo, Schlagzeug, Flöte und Westerngitarre durch die instrumentale Vielfalt, doch das Klangbild bleibt hinter der opulenten Optik leider bisweilen weit zurück. Nach einem durchaus motivierten Start schaffen die sieben Folk-Punker aus Münster, die im vergangenen Jahr ihr zehnjähriges Bandjubiläum feierten, es leider nicht, den vorhandenen Schwung zu nutzen und verweilen konstant auf einem soliden Level. Nicht schlecht, jedoch fehlt bis zum Schluss die Kick-Your-Ass-Attitude, die dem Irish Folk der Jungs zum gewollten Punk-Moment verhelfen würde. Ein gewisser Partyfaktor für das "Spectaculum" ist MR IRISH BASTARD jedoch nicht abzusprechen. Den Vergleich mit Hochkarätern der Szene wie FIDDLER'S GREEN sollte man ihnen jedoch nicht antun.
Die Finnen KORPIKLAANI beweisen zum Ende des Abends eindrücklich, dass sie den Headliner-Status auf dem "Das Spectaculum Rockt!" zu Recht verdient haben. Zur letzten Band des Abends kann der Veranstalter stolz vermelden: Ausverkauftes Haus! Denn die Folkmetaller haben nach einer Phase der Desolation schon im vergangenen Jahr auf diversen Festival-Gigs gezeigt, dass "Practice What You Preach" auf der Bühne der Vergangenheit angehört. Natürlich werden alkoholische Getränke wie 'Vodka' oder 'Beer, Beer' auch weiterhin mit dem feierwütigen Publikum besungen, doch die Band selbst präsentiert sich auf Hochniveau. Mit jeder Menge Elan und einer präzisen musikalischen Leistung gewinnt KORPIKLAANI die heurigen Burgbewohner im Sekundenbruchteil für sich, die Begeisterung der Parsberger und Gäste ist auch weit über den Burghof auf dem ganzen Mittelaltermarkt zu hören. Besonders honoriert und gewürdigt gehört an diesem Punkt meiner Meinung nach die Fingerfertigkeit des Geigers Tuomas Rounakari. Zu später Stunde brilliert dieser mit virtuosen Soli. KORPIKLAANI sorgt damit zum Konzertabschluss für bombige Stimmung und lässt ein aufgeheiztes Publikum zurück.
Dieses wird schließlich wieder von den Spielleuten von TROLLFAUST abgeholt. Als Moderatoren und Einheizer bespielen sie zwischen den einzelnen Slots das wartende Publikum und verdienen sich mit ihrer Ausdauer bis in die Nacht hinein echte Hochachtung. Klassiker des Mittelalterrocks wie 'Ai Vis Lo Lop' interpretieren die Trolle auf ihre eigene wilde Art und sorgen mit einem ordentlichen Geräsuchpegel der Dudelsäcke dafür, dass ihre Musik bis in die letzte Ritze der Burg Parsberg dringt. Und zwar solange, bis der letzte Marktschreier verklungen ist und sich das achte "Spectaculum Rockt!" dem Ende zuneigt...
- Redakteur:
- Leoni Dowidat