STRYPER - Biel

21.01.2010 | 17:28

20.01.2010, Kongresszentrum

Vor ausverkauftem Haus rocken STRYPER durch die Bandgeschichte. Ein denkwürdiges Konzert.

Nach über 10 Jahren POWERMETAL.de und der damit verbundenen journalistischen Arbeit, kommt es leider viel zu selten vor, dass man sich auf ein Konzert schon wochenlang, ja sogar monatelang vorher freut. Oftmals hat man das Gefühl, die Bands schon hundertmal live gesehen zu haben – und durch den professionellen Blick auf die Bühne kommt oftmals auch das reine Fan-Sein zu kurz. Umso schöner, wenn es einen dann doch erwischt. Schuld daran sind STRYPER, welche in den 80er Jahren meinen Weg ins Metallertum geebnet haben. Leider war es mir nie vergönnt gewesen, sie zu der damaligen Zeit zu sehen. Entweder gab es Probleme mit den Fahrern oder Konzertabsagen und zu guter Letzt löste sich die Band auf. Nun, locker 20 Jahre später, konnte ich doch nachholen, was ich mir so lange erwünscht hatte.


Da das Konzert in Biel (Schweiz), Nähe Bern, stattfand und die Wetterverhältnisse in der Alpenrepublik für einen Deutschen nicht so gut absehbar sind, begaben wir uns um 14:00 Uhr auf den Weg und fanden dank Navi auch denselben und kamen gut voran. Da wir genug Zeit eingeplant hatten, ließen wir sie uns auch mit dem Ziel, gegen 18:00 Uhr dort aufzuschlagen. Ungefähr 60 km vor Biel begann dann ein Schneetreiben, so dass wir etwas später, aber dennoch rechtzeitig zur Türöffnung eintrafen. Pünktlich um 19:00 Uhr gingen dann auch die Türen auf und die Massen strömten gen Merchandise Stand oder reihten sich in die zwei Schlangen ein, die zum Saal führten. Kurz vor der Türe wurde man noch von freundlichen Mitarbeitern abgefangen, die einem ein neongelbes Leucharmband am Handgelenk anbrachten.

Gegen 19:30 Uhr nahm ich dann einen Platz in den vorderen Reihen ein und betrachtete erstmal die Bühne. Rund 80 Kannen hingen an den 4 Traversen, dazu noch 20 Laser und 10 weitere Lichteffekte. Auf der Bühne fanden sich 7 Marshall Boxen, 2 Bassboxentürme und vieles mehr. Und auch ein paar gelb-schwarz gestreifte Tücher sollten nicht fehlen. Mit dem Zählen der Lichtelemente war also die Zeit bis 20:00 Uhr überbrückt und jetzt sollte endlich mein großer Traum wahr werden. Doch es wurde 20:30 bis endlich zwei Mitarbeiter des Veranstalters auf die Bühne kamen und in Deutsch und Französisch sich für die Verspätung entschuldigten. Der Veranstalter wollte denjenigen, die aufgrund des Schneetreibens im Verkehr stecken geblieben waren, noch die Chance geben, das volle Konzert anzusehen. Als nächstes kamen Oz Fox und Robert Sweet auf die Bühne, begrüßten die anwesenden Fans und fingen auch schon mal an die obligatorischen STRYPER-Bibeln zu verteilen. Doch dann ging die Warterei, die durch diverse Fangesänge und Klatscheinlagen überbrückt wurde, weiter bis 20:55 Uhr.

Dann endlich stürmen Timothy Gaines, Robert Sweet, Oz Fox und Michael Sweet auf die Bühne. Robert Sweet saß an seinem um 90° gedrehten Schlagzeug für die Fans gut sichtbar (da der Blick nicht durch Hängetoms verdeckt war) auf seinem Stuhl und gab den Takt vor. Los ging es. Endlich! 'Soldiers Under Command' und die Halle sang mit, jedes Wort war nicht nur von der Bühne, sondern auch laut und deutlich von hunderten Kehlen gesungen zu vernehmen. Wahnsinn. Schöner konnte mein erstes Mal STRYPER gar nicht beginnen. Eine Gänsehaut jagte die andere und viel zu früh endete das Lied, um dem Titellied der aktuellen Scheibe "Murder By Pride" Platz zu machen. Danach nahm sich Michael erst einmal kurz Zeit, um auch die Fans in der ausverkauften Halle zu begrüßen und sich für das Kommen zu bedanken. Weiter ging es mit 'Loud 'n' Clear' vom 84er Debüt-Album "Yellow And Black Attack" und nachdem der Wechselgesang beim Refrain mit dem Publikum nicht optimal funktionierte, unterbrach die Band kurz und Michael erklärte noch einmal "erst singe ich "Loud" dann ihr, dann ich "Clear" und dann ihr, usw." Nochmal eingestiegen und alles passte zur Zufriedenheit der Band. Ein tausendstimmiger Chor, der nicht zum letzten Mal zu hören war. [Live-Video bei YouTube] Kaum fertig, stieg die Band in 'The Rock That Makes Me Roll' ein, welches ansatzlos in 'Reach Out' überging. Bei 'Reach Out' wurde natürlich ein weiteres Mal das Publikum animiert, die "oh reach out" Passage solo zu singen. Danach unterbrach Michael zum ersten Mal für eine etwas längere Ansage, in der er noch einmal zurückblickte: "Wir haben 83 angefangen und 84 unsere erste Platte herausgebracht. Auf dieser Tour feiern wir unser 25jähriges Bestehen." Und er bedankt sich bei den Fans für die Treue in all der Zeit. Und weiter geht’s mit 'Calling On You', zu dem die Halle erbebte, weil die Anwesenden das Lied "durchhüpften". Angesichts des doch deutlich höheren Altersdurchschnitts eine tolle Geschichte. Im Anschluss folgen 'Free' und 'More Than A Man' welches ich nicht auf der Rechnung gehabt hätte, wäre es nicht schon in Amerika auf der Tour-Setliste gewesen. Dann unterbrach Michael für die nächste Ansage: "Wir sind mit Bands wie SCORPIONS, IRON MAIDEN oder VAN HALEN groß geworden. Das waren unsere musikalischen Vorbilder!" Und auf einmal ertönen die Klänge des JUDAS PRIEST-Klassikers 'Breaking The Law' . Nach dem ersten Refrain beendet die Band dann allerdings auch die Reminiszenz und auf der Gitarre ist noch das Haupt-Thema von IRON MAIDENs 'The Trooper' zu vernehmen. Da Michael inzwischen wohl auch warm geworden ist, entledigt er sich seines Jackets, während der Rest der Band schon mal mit dem BOSTON-Klassiker 'Peace Of Mind' beginnt welches ebenso wie das darauf folgende '4 Leaf Clover' vom aktuellen Album "Murder By Pride" stammt. Im Anschluss kam es wie auf STRYPER-Konzerten üblich zu weiteren tieffliegenden Bibeln. Von Verletzungen wurde jedoch nichts berichtet.

Als nächstes wählte die Band die Schmachtballade 'Honestly', welche Michael auch an diversen Passagen vom Publikum alleine singen ließ. Ein weiterer Gänsehautmoment unter vielen. Im Anschluss wurde mit dem harten 'Open Your Eyes' das Reunion-Album "Reborn" bedacht. Und auch ihr letztes Album vor dem Split, "Against The Law", kam dank des Gassenhauers 'All For One' nicht zu kurz. Im Anschluss wurde es mit 'My Love (I'll Always Show)' noch einmal etwas ruhiger, bevor die Band mit 'The Way' das bisher 70 Minuten dauernde Spektakel beendete. Wow. Eine tolle Setliste bis dato und da die Band kaum Zeit mit Ansagen verschwendete, brachten sie bis dahin auch 16 Lieder unter.
Kurz ließ man nun die Fans warten, um dann mit dem 'Sing Along Song' nochmal die Sangesfähigkeiten des Publikums zu testen, und ein weiteres Mal ertönte der tausendstimmige Chor.[Live-Video bei YouTube] Und schwupps ging es für die Band wieder runter von der Bühne, das Licht erlosch und man hörte die Töne von 'Abyss', dem instrumentalen Openener vom "To Hell With The Devil"-Album. Natürlich war jedem Anwesenden klar, dass nun das Titellied dieses Albums folgen würde. Und so kam es. Ein weiteres Mal ertönte der ohrenbetäubende tausendstimmige Chor und schrie den Refrain mit. Noch ein kleines Gebet mit und für die Fans und dann war es wirklich zu Ende. Man wollte es noch gar nicht wahr haben. Hatte die Band doch zum Beispiel ihr kommerziell erfolgreichstes Album "In God We Trust" noch gar nicht bedacht gehabt. Aber es war so, das Hallenlicht ging an und man merkte dass ein denkwürdiger Augenblick zu Ende gegangen war. Was bleibt ist die Erinnerung an einen tollen Abend, an ein tolles Konzert, an eine spielfreudige Band, an ein erstklassiges Publikum – und an eine fünfstündige Heimreise im Schneetreiben während selbiger wir noch einmal die komplette Diskographie der Band durchgehen konnten.

1. Soldiers Under Command
2. Murder By Pride
3. Loud N' Clear
4. The Rock That Makes Me Roll
5. Reach Out
6. Calling On You
7. Free
8. More Than A Man
9. Breaking The Law (JUDAS PRIEST – angespielt)
10. Peace Of Mind
11. 4 Leaf Clover
12. Honestly
13. Open Your Eyes
14. All For One
15. My Love(I'll Always Show)
16. The Way
17. Sing Along Song
Abyss
18. To Hell With The Devil

Redakteur:
Georg Weihrauch
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