SUBSIGNAL / ALIAS EYE - Rüsselheim
14.11.2009 | 20:3211.11.2009, Das Rind
Ein rundum gelungener Progabend, der durch Fannähe und Spielfreude überzeugt.
SUBSIGNAL wollen ihr Album bewerben und touren deshalb durch die Lande, allerdings üblicherweise im Vorprogramm von JANE. Diese relativ merkwürdige Kombination aus modernem Melodic Rock/Prog und Krautrock scheint aber gut zu funktionieren, sind sich doch Musiker und Management einig. Allerdings werden an einigen freien Tagen noch ein paar Gigs eingeschoben, so heute Abend im Cafe "Das Rind" in Rüsselsheim, einem feinen Club mit Schwerpunkt auf Rock und Jazz. Um nicht ganz allein dazustehen, wurden ALIAS EYE als Support verpflichtet.
Fast pünktlich um 20.30 Uhr geht es dann auch los. Die Mannheimer scheinen keinen besonders hohen Bekanntheitsgrad zu genießen, obwohl sie aus relativer Nähe stammen und bereits im Vorprogramm SAGAs unterwegs gewesen sind. So geht auch die erste Ansage des Sängers Philip ein wenig ins Leere, als er ein "Rockprogramm" ankündigt. Was die meisten Anwesenden nicht wissen, ist, dass sie nämlich auch anders können. Ihre drei Alben lassen sich eigentlich ganz gut charakterisieren: Das Harte ("Field Of Names"), das Frickelige ("Different Point Of You") und das Rockige ("In Focus"). In Anbetracht dessen, dass SUBSIGNAL nicht die allerfrickeligsten Songs im Repertoire haben, wird an diesem Abend das zweite und anspruchsvollste Werk nur mit einem Song gewürdigt, was sicher eine gute Entscheidung war. Auf der kleinen Bühne geben sich die fünf Musiker alle Mühe, das reservierte Publikum zu überzeugen, das sich verhält, wie es bei Prog und Jazz üblich ist. Man steht im hinteren Bereich, nickt anerkennend mit dem Kopf und tappt gelegentlich den Rhythmus mit dem Fuß mit. Sicher nicht das aufregendste Feedback für die Herren auf der Bühne, aber immerhin diffundiert der eine oder andere im Laufe des Sets durchaus weiter nach vorne. Es bleibt aber doch mehr etwas zum Anschauen als zum Ausrasten.
ALIAS EYES befinden sich gerade dabei, ein neues Album aufzunehmen. Da sowieso kaum jemand ihre Songs kennt, lassen sie sich die Gelegenheit nicht nehmen, gleich drei neue Stücke zu spielen. 'Winter’s Edge' und der Track mit dem Arbeitstitel 'Lui’s Knackidee', benannt nach einem musikalischen Einfall seitens des Schlagzeugers Ludwig Benedek, der aber laut Philip "höchstwahrscheinlich noch einen anderen Namen bekommen wird", gehen dabei gut ins Ohr, sind aber wiederum zu komplex, um sie nach einem solchen ersten Eindruck zu beurteilen. Später wird noch ein Song mit dem Arbeitstitel 'Faith' – "das wird nachher sicher auch noch anders heißen, 'Faithless' oder 'No Faith' oder 'No Face' oder so" - gespielt, der mir nicht ganz so gefällt, aber trotzdem auf hohem Niveau Prog Rock zelebriert. Und wer weiß, vielleicht ist das ja später auf dem Album ein echter Grower.
Matthias Wurm an der Gitarre setzt auf jeden Fall in den neueren Songs deutliche Akzente durch das differenzierte, aber zeitweise auch relativ hartes Gitarrenspiel, das einen schönen Gegenpol bildet zu Griffiths klarem, melodischem Gesang. Die Reduktion des Sounds auf dem dritten Album, das leider laut der Band die deutlich schwächsten Verkaufszahlen ausweist, dürfte stark auf seinen Einfluss zurückzuführen sein. Mit 'Falling' und 'In Denial' zeigen ALIAS EYE dann auch deutlich die Stärken dieses Werks auf, bevor sie ganz am Ende den Bogen zurück zum Debüt bzw. ihrer ersten EP schlagen und 'Premortal Dance' auspacken. Mittlerweile hat die Band auch größere Teile des Publikums überzeugt, so dass der Applaus am Ende des 45-minütigen Sets mehr als anerkennend auffällt. Ich persönlich habe meine Favoriten, die beiden Stücke, die ursprünglich mit einem sehr prominenten Akkordeon eingespielt wurden - nämlich 'Field Of Names' und 'Enlighten Them' - vermisst, aber dies ist sicher auch der Tatsache geschuldet, dass mit Tilmar Fischer ein neuer Mann an den Tasten die Band unterstützt. Dass Tilmar eine Verstärkung ist, kann ich nach den kurzweiligen Solo-Duellen zwischen ihm und Gitarrist Matthias bestätigen.
Die Aufnahmen zum neuen, noch unbetitelten Album sollen voraussichtlich im Februar beendet sein. Danach wird die Band auf Labelsuche gehen. Je nachdem, wie erfolgreich sie dabei ist, dürfen wir uns auf ein neues ALIAS EYE-Album im Laufe des nächsten Jahres freuen. Den heutigen Eindrücken nach darf ich Proggern und Jazz-Rock-Freunden ein potenzielles Jahres-Highlight ankündigen.
Setlist: History Lesson, Hybrid, Winter’s Edge, Fake The Right, Lui’s Knackidee, Falling, In Denial, Faith, Premortal Dance
Nach nur zwanzig Minuten geht das Licht wieder aus und SUBSIGNAL entern die Bühne. Zur Eröffnung des Sets erklingen die markanten Keyboard-Sounds von 'Where Angels Fear To Tread' und tatsächlich kommt schon beim ersten Ton so etwas wie Jubel auf. Klar, zahlreiche SIEGES EVEN Shirts deuten darauf hin, dass sich die meisten nicht zufällig hierher verirrt haben, aber wie es scheint, stimmen einige Anwesende meiner hohen Meinung von "Beautiful And Monstrous" durchaus zu. Der Sound ist hervorragend und klar und lässt die schönen Melodien wunderbar zur Geltung kommen. Arno Menses klingt ebenfalls ausgezeichnet, so dass im Anschluss an den Gig einige neugewonnene Fans die aktuelle CD erwerben. Dieser Abend wird zu einer guten Eigenwerbung, die die Band in Form des Album-Bonustracks 'Rain Is The Most Beautiful Color' fortsetzt.
Für etwas Irritation sorgen Arnos englische Ansagen - offensichtlich ist nicht allen bekannt, dass er Holländer ist, und der Zwischenruf "wir verstehen auch deutsch" geht ins Leere. Ich bin jedenfalls froh, dass er nicht auf holländisch ansagt. Nach meinem Albumhighlight 'The Sea' und 'The Trick Is To Keep Breathing' kommt der erste Song der alten Band, in der Arno und Gitarrist Markus Steffen gespielt haben. Gemeint ist natürlich SIEGES EVEN. Halb im Spaß, halb im Ernst versucht Arno, seinen Problemen mit der Endphase der deutschen Vorzeigeprogger Ausdruck zu verleihen und wird im Verlauf des Gigs immer wieder erneut versuchen, das Aussprechen des Bandnamens zu umgehen. Jetzt aber steht erstmal 'Unbreakable' auf dem Programm, das sich nahtlos in die SUBSIGNAL-Songs einfügt. Speziell die Keyboard-Unterstützung tut den SIEGES EVEN-Songs sehr gut: Sie wirken voller und intensiver. Im Verlauf des Sets werden noch weitere Stücke eingestreut, darunter 'Eyes Wide Open', das ursprünglich zwar auf einer SIEGES EVEN-Scheibe erschien, aber eigentlich ein reiner Steffen/Menses-Song ist. Wo er auf "Paramount" wie ein Fremdkörper wirkte, passt er nun vollständig ins Set.
Zwischen den Liedern kommuniziert Arno viel mit dem Publikum und macht Faxen - sei es eine Tanzeinlage auf der Bühne, ein beherzter Sprung von selbiger zu den überraschten Fans oder das Hinhalten des Mikrophons, so dass der verdutzte Bassist Ralf Schwager reflexartig den Gesang übernimmt, nur um nach wenigen Worten wieder ohne Mikro dazustehen. Seine Entertainerfähigkeiten stehen außer Frage und wenn er im Laufe des Sets Lieder in verschiedene Abstufungen der Fraueneignung einteilt als "This is a song for girls" oder "This is a song for boys. But also for girls" grinst der ganze Saal.
Nach über achtzig Minuten ist das reguläre Set beendet, das bis auf einen Song, nämlich 'The Last Days Of Summer', das ganze Debütalbum beinhaltete. Natürlich wird die Band noch einmal auf die Bühne zurückgeholt und zur Freude der Fans wird 'The Lonely Views Of Condors' ausgepackt, das ursprünglich auf der meisterlichen "The Art Of Navigating By The Stars" zu finden war. So spielt SUBSIGNAL einen kompletten, neunzigminütigen Headliner-Gig - wohl den ersten in ihrer noch relativ kurzen Karriere, aber man merkt den Musikern ihre langjährige Erfahrung an. Selbst gelegentliche Verspieler, die einmal Drummer Rob und einmal Sänger Arno verschulden, bringen sie nicht aus der Ruhe. Bei SUBSIGNAL in dieser Form fällt die Trauer um das Ende von SIEGES EVEN schwer, denn es gibt einen legitimen Nachfolger. Zumal die Tatsache, dass die Songs beider Bands im Set wie aus einem Guss klingen, ein deutliches Indiz dafür ist, wer die Lieder der letzten beiden SE Alben wohl hauptsächlich komponiert hat.
Da die Band bereits wieder dabei ist, Songs zu schreiben, hoffe ich auf ein neues Album des Duos Steffen/Menses nächstes Jahr. Vielleicht sollte ich alle drei, also "The Art Of Navigating By The Stars", "Paramount" und "Beautiful And Monstrous" daheim unter diesem Namen einordnen?
Das Album wird in Kürze auch in den USA und in England erscheinen. Zwar ist diese SUBSIGNAL- Tour jetzt erst einmal fast vorbei, aber mit ein wenig Glück folgen ja im nächsten Jahr noch ein paar Gigs oder Festival-Auftritte oder sogar noch ein Tournachschlag wegen des verzögerten Releases. In der Form des heutigen Abends ist die Band auf jeden Fall ein Muss, das man nicht verpassen sollte, wenn sie denn in der Nähe gastieren.
Setlist: Where Angels Fear To Tread, Rain Is The Most Beautiful Color, The Sea, The Trick Is To Keep Breathing, Unbreakable, Walking With Ghosts, I Go With The Wind, Eyes Wide Open, To Hope The Road Is Long, Beautiful And Monstrous, Tidal, Paradigm; Zugabe: The Lonely Views Of Condors
- Redakteur:
- Frank Jaeger