SUBWAY TO SALLY, WARKINGS, THE O'REILLYS AND THE PADDYHATS und HARPYIE - Stuttgart

24.12.2024 | 13:07

14.12.2024, Im Wizemann

Alle Jahre wieder kehren die Potdamer, nein, nicht auf die Erde nieder, sondern in die Konzerthallen der Republik für ihre traditionellen "Eisheiligen Nächte", zu denen sie immer ein kleines Festival auf Reisen schicken.

Nach einer längeren Fahrt als üblich erreichen wir das Wizemann in Stuttgart. Der Vorbereich ist bereits gut gefüllt und wir schlängeln uns hindurch, um einen Platz vor der Bühne zu finden. Dort fällt sofort das große Backdrop der ersten Band HARPYIE ins Auge und der SUBWAY TO SALLY-Merch-Stand, der auch gut besucht ist. Nach einem kurzen Umschauen betritt bereits Eric Fish die Bühne und begrüßt das Publikum zu den "Eisheiligen Nächten".



Dann macht er Platz für HARPYIE, die mit einem eindrucksvollen Auftakt ihr Set startet: Sänger Aello, die Windböe, betritt die Bühne mit einer imposanten Rabenmaske, die für begeisterte Blicke sorgt. (Ich blickte eher entgeistert, aus dem Fotograben und von unten sah der Schnabel aus, als hätte ihn jemand dem Sänger in die Stirn gerammt. Frank). Schon beim ersten Song animiert die Band das Publikum zum Mitmachen und als der Sänger die Maske abnimmt, gibt es kein Halten mehr. Beim Song 'Schildmaid' teilt die Band das Publikum in zwei Gruppen ein: Eine Seite ruft auf Aufforderung von Sänger Aello "Schild", die andere auf Aufforderung des Drehleierspielers Brian, der am Anfang etwas mit seinen langen Haaren zu kämpfen hat, die sich gerne in den Weg schlängeln, "Maid". So wird das Lied zu einem interaktiven Miteinander, wie man es auf einem Mittelalter-Markt erwarten würde.

Die Folk-Metal-Band bleibt ihrem Stil treu, spielt ihre mittelalterlich inspirierten Songs und lässt das Publikum kaum zur Ruhe kommen. Beim letzten Song, 'Löwenherz', setzt HARPYIE ein deutliches Statement: Inmitten der leuchtenden Handylichter des Publikums wird eine Regenbogenflagge geschwenkt. Ein kraftvoller Abschluss eines mal anderen Auftritts als gewohnt.



Nach einer kurzen Umbauphase, in der eines der vielen Schlagzeuge auf der Bühne abgebaut und ein anderes von seiner Abdeckung befreit wird, betritt THE O'REILLYS AND THE PADDYHATS die Bühne, in Begleitung von zwei Irischen Flaggen. Bereits beim ersten Lied wird hier auch das Publikum zum Mitmachen aufgerufen, aber eher in einem konzerttypischen Stil.

Doch auf der Bühne gibt es was zu sehen. So sind zwei Mitglieder mit einer Paddy-Kappe ausgerüstet und der Rest sieht eher aus, als wäre er gerade von der Arbeit gekommen. Ins Auge fallen die Violinistin, die sich schwarz und passend zur Bühne gekleidet hat, und der zweite Sänger, der wie ein Rockstar aus den 80er Jahren aussieht, mit einem Mikrofon, das auch aus der Zeit zu stammen scheint, sowie zu einem Iro zurückgegelte Haare, die grün-bläulich gefärbt sind, und dazu eine passende Sonnenbrille.

Neben dem kraftvollen Folk-Punk ruft die Band auch ihre Sympathie für LGBTQ+-Community und ihre Abneigung gegen Faschisten aus. Auch ein kleiner Circle Pit entsteht und eine Ballade darf auch nicht fehlen, zu der das Publikum diesmal aufgerufen wird, den Gegenüber in den Arm zu nehmen oder die eigene Mutter anzurufen. Daraufhin schauen sich zwei Frauen im Publikum vor mir an, eine die Mutter, die andere die Tochter. Die Mutter breitet für eine Umarmung die Arme aus, doch die Tochter scheint den Wink nicht ganz verstanden zu haben und fragt verwirrt, warum sie sie denn jetzt anrufen soll, sie sei ja bereits hier mit ihr.

Für eine Dreiviertelstunde herrscht frohgemute irische Saufsimplizität mit Bezügen zu dem St. Patricks-Day, ganzen 'Barrels Of Whiskey', typisch irischem 'Green Blood' und natürlich der ganzen "Auflehnung-gegen-die-Obrigkeit"-Romantik, die man hinter 'Yesterday's Rebels' vermuten könnte, das sich lyrisch aber im starken Kontrast zu den fröhlichen Tönen eher nachdenklich und bedrückt gibt. Das macht aber nichts, hier und jetzt wird gefeiert, nachdenklich ist morgen wieder.

[Katharina Jäger]



Das Kontrastprogramm geht weiter, so wie es Eric Fish bereits angekündigt hat. Allerdings erscheint der Kontrast in diesem Fall besonders groß zu sein, denn mit WARKINGS steht nun eine Band ins Haus, die neben Mummenschanz auch den besonders gerade so geförderten Metal spielt, der neben Schlagermelodien vor allem noch allgemein vermarktbare Härtegrade verträgt. In diesem Fall fehlen aber die so häufig hinzugefügten bombastischen Keyboardteppiche, gerne auch mit Samples verfeinert oder elektronischen Rhythmen verstärkt. Dafür hat WARKINGS etwas anderes als Alleinstellungsmerkmal und das hört auf den Namen Georg Neuhauser und steht am Mikrophon!

Georg ist mir ein Begriff durch seine ursprüngliche Band SERENITY, die den Weg von Progressive Metal hin zu bombastischem Melodic Metal gegangen ist, und ich halte ihn für einen absolut Großen im Genre. Wobei, hier müssen wir ihn natürlich "Tribune" nennen, da sich die Promoabteilung eine etwas gewöhnungsbedürftige Geschichte für die Kapelle ausgedacht hat. So sind die Vier alte Krieger aus verschiedenen Epochen, die sich in Walhalla (wieso Walhalla? Müsste der Drummer nicht im Hades, der Römer im Orkus, der Kreuzritter im Himmel und nur der Wikinger in Walhalla sein?) getroffen hätten und von Odin (warum Odin?) auf die Erde geschickt worden seien, um den Metal zu verbreiten. Nun ja...

Das ist aber egal, es geht um die Musik und die ist ja in den letzten Jahren durchaus erfolgreich. Ich habe WARKINGS in diesem Jahr bereits auf dem Summer Breeze gesehen, das wurde durchaus ordentlich gefeiert. Auch heute sehe ich im Publikum einige WARKINGS-Shirts, es scheint eine erhebliche Schnittmenge der Fangruppen der WARKINGS und des Headliners zu geben. Für eine gepflegte Livemusik-Party, die von den beiden ersten Bands angefacht wurde, ist auch Band Nummer drei gut geeignet, der Applaus ist groß, die Musiker können von Anfang an nur wenig falsch machen.

Apropos Anfang: Bevor es losgeht, setzt man mit dem letzten Song der Pausenmusik den Ton, der dann von vielen Kehlen bereits mitgesungen wird, denn 'Warriors Of The World' von MANOWAR passt natürlich thematisch perfekt. Die Lieder der Kriegskönige handeln auch von Schlachten, alten Helden und Sagen, sei es 'Spartacus', 'Maximus' oder der 'Gladiator', die dann auch als 'Morituri Te Salutant' grüßen oder mit dem griechischen Feuergott Hephaistos gemeinsame Sache machen. Ach ja, und mit Morgana Le Fay, besser bekannt als Secil Sen, die neuerdings fest für den gutturalen Gesang zuständig ist und 'Spartacus', 'Heart Of Rage', 'Sparta' und 'Gladiator' veredelt. Die war dann wohl auch bei Odin in Walhalla. Logisch.

Eingängige Refrains, die sofort ins Ohr gehen und beim ersten Hören des Liedes bereits mitgesungen werden können, dazwischen kraftvolle Metalsounds und manchmal auch Melodien wie 'Fight', das zusammen mit dem Publikum zum Besten gegeben wird. Die Stimmung ist jedenfalls gut, auch wenn man uns nicht gerade ein Gourmet-Dinner auftischt, sondern eher ein musikalisches Fast-Food-Menü, aber das hat ja auch seine Berechtigung. Das sieht man an den euphorischen Reaktionen im Laufe des einstündigen Auftritts, der für mich weiterhin darunter leidet, dass man die Gesichter der Musiker nicht sehen kann und so auch Frontmann Georg immer ein bisschen distanziert wirkt, egal wie sehr er das Publikum verbal mitzunehmen vermag.

Die kurzweilige Stunde geht dann aber doch irgendwann zu Ende und es ist dann endlich Zeit für den Headliner. Georg und seine wiedergekehrten Schwertschwinger verlassen unter großem Beifall und vereinzelten "Zugabe"-Rufen die Bühne. Ich bin immer noch erstaunt, dass WARKINGS beim Headliner-Publikum so gut ankommt. Aber das ist wohl der Zeitgeist.



Jetzt aber SUBWAY TO SALLY! Darauf hat das Publikum gewartet, jetzt geht die 'Eisheilige Nacht' wirklich los, natürlich mit dem gleichnamigen Song. Von den WARKINGS bereits stimmlich gut vorgewärmt geht auch das Publikum sofort von Null auf Hundert und wird mit Schaum aus kleinen Effektgeräten unter der Decke "eingeschneit". Da heißt es, Hand aufs Bier! Zum Aufwärmen gibt es bereits früh im Set 'Falscher Heiland' und 'Sieben', SUBWAY TO SALLY kann aus dem Vollen schöpfen und lässt den Abend immerhin dreizehn Alben umspannen, vom 1996er "Foppt Den Dämon" bis zum erst in der nächsten Woche erscheinenden "Post Mortem".

Die Band füllt die nicht zu große Bühne gut aus, alle Musiker sind in Aktion und man teilt sich das Rampenlicht, niemand hat eine feste Position, auf der er verharrt. Okay, Schlagzeuger Simon Schmitt natürlich schon, aber die anderen Jungs posen abwechselnd vorne und Geigerin Ally sowieso, sie durchmisst die Breite der Bühne regelmäßig. Bereits früh ertönt der Titelsong des kommenden Albums, 'Post Mortem', der verheißt, dass uns auch 2024 noch neues Qualitätsfutter der Potsdamer ins Haus steht, die aktuell wohl im Arbeitswahn sind, ist doch "Himmelfahrt" gerade einmal vor achtzehn Monaten erschienen.

Die "Eisheiligen Nächte" sind das ultimative Heimspiel für SUBWAY TO SALLY. Hier kann die Band machen, was sie will, hier wird sie gefeiert, egal ob sie mit 'Henkersbraut' in ihrer Diskographie weit zurück geht, oder ob sie Lieder ihres aktuellen Albums auswählt, wie das Doppel 'Was ihr Wollt' und 'Leinen Los' in der Mitte des Sets. Alle Stücke werden vom Publikum mit ähnlichem Enthusiasmus aufgenommen und begeistert mitgesungen. Ich freue mich, heute einige Lieder zu hören und zu sehen, die ich noch nie oder sehr lange nicht mehr live erleben durfte, es ist schön, wenn eine Band eben nicht auf Nummer sicher geht. Natürlich fehlen heute zahlreiche Hits, wie sollte SUBWAY TO SALLY das auch noch alle in einem Set unterbringen?

Für die Zugaben hat sich SUBWAY TO SALLY etwas Besonderes ausgedacht. Bereits vor zwei Wochen hatte man das Video und den digitalen Song zu 'Stahl auf Stahl' als Vorgeschmack auf das kommende Album veröffentlicht, das die Postdamer zusammen mit den WARKINGS eingespielt haben. Nun ist es Zeit, dass beide Bands zusammen das Lied spielen. Es ist eine ungewöhnliche Mischung, musikalisch deutlich näher an den WARKINGS, teilweise auf Deutsch, teils auf Englisch gesungen, aber die Feierlaune der Anwesenden kennt keine Grenzen. Noch getoppt wird das Ganze dann im 'Veitstanz', zu dem alle Bands zusammen auf die Bühne kommen und ein gemeinsames Finale rocken. Danach ist Schluss. Oder? Nein, natürlich nicht, SUBWAY TO SALLY kommt noch einmal raus und singt mit dem Publikum 'Julia und die Räuber'. Jetzt ist aber wirklich das Ende der "Eisheiligen Nacht" gekommen.

Wer SUBWAY TO SALLY mag, sollte die jährliche Winter-Tournee nicht verpassen. Die Mischung aus Festival-Tross, durchaus verdienter Selbstbeweihräucherung und Party ist begeisternd und zieht Jahr für Jahr STS-Fans genauso an wie Anhänger der Vorbands, sodass ein gemischtes, aber auf jeden Fall feierbereites Publikum alle Bands willkommen heißt und unterstützt. Nach einer Tour im Mai 2025 wird es auch im Winter wieder eine solche Rundreise geben, sicher wieder mit einer stark veränderten Setliste, sodass ich meine, es würden sich sogar beide Gelegenheiten zum Feiern mit STS lohnen.

[Frank Jäger]

Fotocredit: Frank Jäger

Redakteur:
Frank Jaeger

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