Soundattack Festival 2011 - Limburg an der Lahn

22.08.2011 | 21:23

29.07.2011, Freizeitgelände Eppenau

Kleinere Festivals gehören im Limburger Umland schon seit einigen Jahren zum festen Programm. Allerdings fanden Events wie das Tells Bells, das Mach1 oder auch das Kalkwerk Festival nie direkt in der Kreisstadt Limburg statt. Das Soundattack Festival, das nach 2009 zum zweiten Mal stattfindet, füllt somit eine bisher noch offene Lücke in der westhessischen Open-Air-Landschaft. Mit einem Mix aus lokalen Bands und internationalen Headlinern folgt die zweitägige Veranstaltung dem Beispiel anderer Festivals im Umkreis.

Den Anfang machen am späten Nachmittag JOY JUICE. Die Jungs aus der Region spielen Crossover mit viel Rap und Funk. Von etwas weiter erinnert das ein wenig an die rockigen Experimente von RUN DMC und verleitet auch die frühen Besucher sogar schon zu leichtem Kopfnicken.

Auf der Mainstage sorgen ab 16:30 Uhr FAR BENEATH mit ihrem gefühlvollen Grungesound für eine leichte Überraschung. Die Band überzeugt mit netten Gitarrenriffs und schockiert mit schrecklichem Bassound, der munter vor sich hin summt und knackt. Trotz allem ein netter Gig, doch um diese Uhrzeit sind gerade mal genug Leute da um die Absperrung zu verdecken, und weitere verteilen sich im Hintergrund über das Gelände, aber alles in allem ist das Publikum genau wie bei jedem der ersten Auftritte: In erster Linie nicht vorhanden.

Nicht viel besser geht es den Jungs von INSIGHT FOR THE BLIND, die mit Screamo versuchen, die Menge zu begeistern, aber am selben Problem doch recht schnell scheitern. Aber davon lassen sie sich den Spaß nicht verderben: Solide spielen sie ihre Songs und unterhalten dabei selbst die wenigen Zuschauer. Auch wenn ihre Musik nichts Besonderes ist, ist sie für Fans doch ganz nett.
Zum ersten Male ertönen härtere Riffs, als KAOCIDE die Bühne betreten, um mit ihrem groovigen Metalcore die Menge aufzumischen. Man merkt ihnen die Spielmotivation sichtlich an… oder zumindest vermittelt der Sänger Achim das Gefühl, denn dieser hüpft und schreit, als gäbe es kein Morgen mehr. Der Rest der Band steht mehr oder weniger nur rum, spielt dabei aber technisch einwandfrei und sehr rhythmisch. Vor allem die interessanten Basslines stechen heraus, der Rest eher weniger. Das größte Problem hierbei ist, dass alles wie ein langer Breakdown klingt. Fans des Genres  kommen auf ihre Kosten, Nicht-Verehrer allerdings auch, denn das Gehüpfe ist ein Recht spaßiger Anblick.
Ein echter Höhepunkt des Festivals sind die zu dieser Uhrzeit fehlplatzierten BLEED'EM. Der selbsternannte "Atombombeneinschlag bei Nacht" sticht aus dem Rest der Bands hervor, denn mit einem wilden Mix aus teilweise EXODUS-artigen Riffs und ALL SHALL PERISH-Allüren bangen sie sich in die Herzen und Genicke der Hörer. Vor allem die Gitarrensoli bleiben im Kopf. Aber was kann man mit Songtiteln wie 'Ave Maria Fistfuck Revival' schon falschmachen?
Nach dieser deftigen Portion Metal hat man nun eher Lust auf etwas Ruhigeres. Allerdings kommen da JIM TWENTY mit ihrem Ska-Screamo mehr als ungelegen. Die inzwischen gewachsene Menge feiert zwar das Dargebotene gebührend ab, aber jedem, der auch mal Musik ohne das Suffix "Core" im Genre hören will, fallen fast die Ohren ab. Es passt einfach nicht, dieses Gebrülle mit Trompeten zu mixen.
Glücklicherweise sind TRIBE da etwas anders und orientieren sich  bewusst mehr an  EKTOMORF und   SOULFLY. Die Hachenburger existieren schon seit 2004 und haben eine  postive Entwicklung durchgemacht. Im Vergleich zum Auftritt, den ich 2007 gesehen habe, sind sie zu einer souveränen Band gereift, die das Publikum auch tatsächlich mitreißen kann. Da wird auch schon mal Bass im Fotograben gespielt und aktiv mit dem Publikum interagiert. Eine alles in allem überraschend starke Darbietung.
STEVE RAWLES sind eine echte Abwechslung von verzerrten Gitarren und Geschrei. Das Akustikduo inklusive des gleichnamigen Steve Rawles spielt ruhig vor sich hin und lädt zum sanften Mitschwingen ein. Oder auch dazu, sich um den Biernachschub zu kümmern, und diese Gelegenheit ergreifen viele, die wohl hauptsächlich wegen des breiten Core-Angebots aufgetaucht sind. Die radioreife Musik kommt beim Publikum nicht wirklich an und ist zu seicht, um neue Zuhörer, die sich auf dem Gras austrecken, zu locken.
Nach dem Akustikausflug werden bei VISIONS ONLY wieder die Stromgitarren bemüht. Der Vierer aus Weilmünster spielt eine interessante Mischung aus Alternative, melodischem Punk und Rock'n'Roll. Natürlich ist das harten Metaller viel zu poppig, aber gerade das vorhandene Jungvolk kann sich gut mit diesem Mix aus THE BONES und SUM41 anfreunden.
"Screamo meets Techno", so beschreiben sich HIS STATUE FALLS. Das Resultat dieser unheiligen Verschmelzung soll Techcore sein, eine Vorstellung, bei der sich die Nackenhaare vieler Metalheads sicherlich aufstellen werden, und doch eine passende Beschreibung. Denn genau so klingen die fünfköpfigen Genrekreuzer und es scheint dem Publikum zu gefallen. Ab dieser Uhrzeit hat sich auch eine Menge zusammengefunden, die man wirklich als Publikum titulieren kann und nicht bloß als eine Ansammlung Leute, die versuchen, Zeit zu überbrücken. Sogar kleinere Moshpits und eine Wall of Death lassen sich im Publikum lostreten, während im Hintergrund die Sonne untergeht. Mit einem Mix aus Cleangesang und dem genreüblichen Quieken und Grunzen wird das Publikum in den Bann gezogen und bei den poppigen Elementen wird auch schon mal mitgeklatscht. Beim Cover RIHANNAs damaligen Sommerhits 'Umbrella' ist die Stimmung auf dem Höhepunkt und das wird mit einem breiten Grinsen der Band quittiert.
AS SECONDS BECOME CENTURIES locken mit ihrer EP-Releaseparty eine anständige Menge Leute an und fackeln auch nicht allzu lange: In üblicher Soundattack-Manier spielen sie einen Mix aus Metalcore und Post-Hardcore. Als Lokalhelden werden die Musiker vom ersten Moment an gefeiert und genießen das sichtlich. Die Menge grölt, die Band ist zufrieden.
Angereist aus dem schönen Italien beglücken um kurz vor zehn Uhr VANILLA SKY die Menge. Mit ihrem rockigen Alternativsound bringen sie die Menge zum Tanzen und bei ihrem Cover von 'Just Dance' des Vielleicht-Transvestiten LADY GAGA wird das Publikum sowohl einbezogen, als auch begeistert. Wieder mal ein Beweis, dass man viel zu häufig mit Popcovern auf Rockfestivals punkten kann. Allerdings ist der Anblick des auf der Bühne leicht verlorenen Publikumsauserwählten einen kleinen Lacher wert. Die anderen Songs der Rocker aus Rom klingen etwas wie GREEN DAY in sanft und lösen auch ungefähr denselben Effekt aus. Vor allem das jüngere Publikum scheint, daran Gefallen zu finden, und an den Bierständen sammeln sich Fans härterer Klänge.
Co-Headliner DESTINATION ANYWHERE spielen häufiger in
der Region und haben das Publikum, auf ihrer Seite. Allein schon, weil Ska hier immer funktioniert. Es gibt so auch kaum ein Festival im Limburger Raum, wo nicht wenigstens eine Ska-Band spielt. Da muss man sich als Kapelle auch gar nicht mehr groß anstrengen und liefert einfach das übliche Blechbläser-Gedudel, das man mit ausgelutschten Pop-Punk-Riffs mischt. Aber der Hauptakt der Zweitbühne geht noch einen Schritt weiter und hat auch noch einen Fronter mit quäkender Stimme dabei. Irgendwie habe ich den Verdacht, dass der junge Mann nie in den Stimmbruch gekommen ist. Tragisch. Genauso bemitleidenswert ist die DIE-KASSIERER-Coverversion von 'Das Schlimmste ist wenn das Bier alle ist'. Nicht weil der Song schlecht wäre, sondern weil er von jemandem gesungen wird, dem man maximal zutraut, dass er Milch trinkt. Zum Glück ist dann aber auch mit 'March For You' das Thema Ska für heute vorbei und man darf drei Kreuze machen.
Doch jeder, der bis zum Auftritt der letzten Band an diesem Abend ausharren konnte, soll belohnt werden. Denn es sind keine Geringeren als BORN FROM PAIN, die gegen 23 Uhr die Bühne entern. Trotz einiger Veränderungen im Line-Up der Band während den vergangenen Jahre haben sie nichts von ihrer Kraft verloren und sind live so stark wie eh und je. Die Kombination aus klassischem Hardcore und  einer leichten Kante Metal überzeugt mal wieder und zeigt den meisten, eher trendorientierten Vorbands, wo der Hammer hängt. Los geht es mit dem aktuellen Album "Survival", Songs wie 'Sons Of A Dying World' und 'State Of Mind' treffen bei vielen Fans auf  offene Ohren und man kann die Menge nach Kräften mitgrölen hören.
Nachdem sich die Fans nach einigen kleineren Moshgefechten warm gemacht haben, wissen auch die Holländer, welche Stunde es geschlagen hat, und hauen mit 'The New Hate' ihren wohl größten Gassenhauer raus. Die Menge tobt und der Eine oder Andere kann sogar mit voller Kraft den Refrain mitsingen, falls er im richtigen Moment das Mikrofon von Rob Franssen vors Gesicht gehalten bekommt. Auch nach diesem Song, der eines der Highlights dieses Auftritts darstellt, macht die Band unbeirrt weiter. Songs wie 'Relentless' und 'Stop At Nothing' gepaart mit den ehrlichen Ansagen des Frontmanns machen weiterhin Spaß. Wenn man etwas an diesem sehr gelungenen Auftritt kritisieren möchte, könnte man höchstens die etwas zu leisen Vocals und das doch sehr abrupte Ende der Vorstellung anführen.

Redakteur:
Adrian Wagner
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