Stagewar/In Fight - Nürtingen

12.10.2006 | 15:37

16.09.2006, Jab

Lange war die Litfasssäule vor dem JaB in Nürtingen mit Plakaten des Events bestückt; nun sollte es endlich stattfinden. Am 16.09.2006 traf eine Welle schwarzer Gestalten aus Hessen mit Equipment verspätet am Bahnhof ein. Ihr Ziel war das genannte kleine Jugendhaus am Bahnhof, wo die Hessener Musiker auftreten sollten.

Entspannt ging ich nun an den Ort des Geschehens und holte meinen Stempel von einem gemütlich auf der Treppe sitzenden Herren ab, welcher eher müde schien. Es war 19.00 Uhr. Das hieß, ich hatte noch eine halbe Stunde zu warten, bis die erste Band sich auf die Bühne begeben sollte. Leider wurde, wie abzusehen war, aus der halben eine volle Stunde. Daher machte ich es mir ruhig wartend gemütlich und beobachtete die immer länger werdende Besucherschlange vor dem Eingang. Anfangs war das Besucher-Band-Verhältnis noch fünfzig-fünfzig; dies sollte sich aber schnell ändern.

20.30 Uhr ging's endlich los. SERPENT'S TONGUE betraten die Bühne und grölten los, was das Zeug hielt. Treibende Gitarren suchten die Ohren des Publikums auf und versorgten diese mit einer interessanten Mischung aus Thrash und Heavy Metal. Unterstützt wurde das Ganze durch ein sehr Tom-lastiges Schlagzeug, welches mit thrashigen Beats zum Bangen anregte. Der selbstbewusste Sänger ging auf das wegen der "frühen" Stunde noch kalte Publikum ein und motivierte es, so gut es ging.

Die oben genannten treibenden Gitarren waren aber leider nur teilweise hörbar. Die Sologitarre war höchstens zu sehen, akustisch wahrnehmen konnte man diese kaum. Auch das Schlagzeug hätte für meinen Geschmack etwas mehr krachen können. Insgesamt war alles auch sehr schlecht abgemischt. Dieser Zustand zog sich leider fast bis zum Ende des Abends hin und sollte sich erst beim Headliner ändern.

Eine Sache hat mich ganz gewaltig gestört: die Stimme des Sängers. Diese war (bzw. ist es wohl heute noch) nicht ganz ausgereift, oder der Mikroträger hatte Halsprobleme. Denn diese Stimme erinnerte mich eher an ein Huhn als an Metal. Trotzdem lässt sich sagen, dass die Band einen guten Auftritt geliefert hat und viel Potenzial besitzt. Ich denke, dass das Stimmproblem noch gelöst werden kann.

Nach einem erfrischenden Bier bestiegen die Black-Metaller WOLFSBLOOD das Podium. Die Homepage der Truppe ließ klassische Pandas mit viel Taubenschutzdraht am Arm erwarten. Doch so kann man sich täuschen ... Das Trio bestand rein äußerlich aus einem Punk (Gesang, Bass), einem Cowboy (Schlagzeug) und einem Metaller (Gitarre), was den Anschein erweckte, WOLFSBLOOD spielten später.

Musikalisch wurden der schon anwachsenden Besucherschaft Black-Metal-typisch hoch gestimmte, sägende Gitarren und ein knüppelndes Schlagzeug, welches sehr dominant hervortrat, geboten. Die Songs waren insgesamt zwar gut, aber eher eintönig und boten für das Genre unübliche rockige Passagen, die dem eingefleischten Schwarzkohlfresser eher ein Graus waren, dem gelassenen Zuhörer aber interessant vorkommen konnten.

Untermalt wurde das Dargebotene durch die schön krächzende Stimme des Sängers, wobei man dem Sänger nicht bei seiner Arbeit zuschauen durfte, wenn man nicht gerade zum Schmunzeln aufgelegt war. Dieser verstand es nämlich wunderbar, all seine Gesichtsmuskeln gleichzeitig in alle Richtungen zu verziehen und dabei mehr albern und peinlich als "grim" und "frostbitten" auszusehen.

Eine Pause später, die Besucherzahl stagnierte langsam, ging ich nach einigem Zeitvertreib wieder vor die Bühne, um IN FIGHT zu sehen. Als jene Band loslegte, machte sie ihrem Namen sofort alle Ehre. Das musikalische Zusammenspiel erinnerte mehr an einen Kampf um das vorherrschende Instrument als an einen ruhigen Gig. Dies sollte aber nicht negativ aufgefasst werden, denn durch dieses "Verhalten" bekam der Auftritt eine machtvolle Nuance, welche dem letztendlichen Eindruck sehr zugutekam.

Die Jungs bezeichnen ihre Musik als Metal/Thrashcore, widmeten aber dem Thrash-Teil besondere Aufmerksamkeit. Deutlich wurde dies durch das typische Thrash-Geknüppel der Schießbude, und teilweise konnte man sogar Death-Metal-Einschläge beobachten. Die heftigen Gitarrenriffs trieben das Publikum kräftig an und animierten zum gemeinsamen Kopfschütteln des nun endlich warmen Publikums. Jenes wurde zwischendrin noch von dem selbstbewussten Sänger, welcher leider nur ein mittelmäßiges Shouting beherrschte, angefeuert. Interessant waren auch die düsteren Passagen zwischen den Songs, welche dem Ganzen noch eine besondere Note gaben. Gutes Zusammenspiel und Beherrschen der Instrumente rundeten den Gig noch ab. Mir persönlich kam dieser Auftritt wie eine Qualitätswende vor.

Leider bekam ich danach meine gewünschte Nackenmassage nicht, und so musste ich unbefriedigt wieder vor die Bühne, tröstete mich aber mit einem Bier in der Hand. STAGEWAR standen auf dem Programm und legten sogleich los. "Speed Metal" war auf dem Flyer zu lesen, und diesen bekam die Zuhörerschaft auch geboten: Speed Metal vom Feinsten.

Einige schienen sich wie im Traum zu fühlen, denn STAGEWAR erfüllten ihre Aufgabe so gut wie seinerzeit METALLICA. Das heißt aber nicht, dass hier wild kopiert wurde. STAGEWAR hatten eigenständiges Songmaterial, und ihr persönlicher Stil war klar rauszuhören. Hierbei wurde ein Nackenbrecher nach dem anderen geboten, und die Songs glänzten mit Abwechslungsreichtum. Die Drums gaben gnadenlos den Takt an und versorgten die bangende Masse mit gut gespielten Blastbeats. Auffällig war auch der schön rotzige Sound der Band. Diesmal hatte der Mischer ausnahmsweise ganze Arbeit geleistet.

Die Äxte (der Sänger von WOLFSBLOOD half am Bass aus) bereicherten das Gesamtwerk noch mit gekonnt gespielten Soli und sägten sich in teils hoher, teils rockiger Geschwindigkeit nach vorn. Gesanglich wurden auch wieder Erinnerungen an alte Zeiten wach.

Für mich war diese Band der Höhepunkt des Abends. Eklatante Fehler oder Probleme fielen mir hier nicht auf. Auch dem Publikum schien es gefallen zu haben, was viele Zerstrubbelte zeigten. Nun konnte ich endlich an die frische Luft und erledigt ins Bett gehen.

Abschließend sei aber noch gesagt, dass es insgesamt gesehen ein schönes kleines Konzert war, bei dem man auf jeden Fall seinen Spaß hatte. Die Atmosphäre war angenehm, stressfrei und freundlich, was wohl nicht nur geringfügig auf das freundliche Team zurückzuführen ist. Auch die Location war gut gewählt. Die Bühne war nah am Publikum, was eine gewisse Nähe zu den Bands ermöglichte. Pluspunkt waren auch die Preise. Ein Bier kostete zum Beispiel nur zwei Euro.

Negativ empfand ich die hohen Temperaturen, die ein extremer Schweißgarant waren, und die insgesamt sehr stickige Luft. Ich hätte gern den ganzen Abend die Fenster sperrangelweit offen gelassen, damit dieser ganze Qualm abziehen kann. Glücklicherweise wird zumindest an dem Temperaturproblem gearbeitet; eine Spendebox für eine Klimaanlage stand auf dem Tresen bereit. Wer's kälter will, kann also selber was dafür tun.

Auf ein nächstes Mal!

Gastautor Sebastian Schneider

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