Subway To Sally - Potsdam
03.01.2005 | 12:3730.12.2004, Lindenpark
Feuerfontänen explodieren, die Luft brennt, Hitze. Die Fans schwitzen. Auch SUBWAY TO SALLY-Frontmann Eric Fish ist schweißnass, als er den Song 'Die Schlacht' singt und dabei über die Bühne springt. "Schau die Feuer, hör die Trommeln, und ergib dich diese Nacht; schau die Feuer, hör die Trommeln, ich gewinne diese Schlacht", so heißt es in dem Stück, das auf so typische SUBWAY TO SALLY-Art traditionell-mittelalterliche Klänge mit neuzeitlich stampfendem Metal-Sound verbindet. Diese rockende Mischung wummert an diesem Donnerstagabend im Potsdamer Lindenpark gleich mehrere Stunden lang: SUBWAY TO SALLY geben ihr traditionelles Weihnachtskonzert.
Seit 14 Jahren gibt es die Band nun. In Deutschland sind sie schon lange ein feste Größe, inklusive Chartplatzierungen und Festival-Auftritten vor mehr als 30000 Leuten. Doch ihre Vergangenheit haben die sechs Musiker nicht vergessen: 1990 hatten SUBWAY TO SALLY ihren ersten Auftritt im Lindenpark. Nun kommen sie jedes Jahr an diesen Ort zurück und bringen hier die Die-Hard-Fans zum Glühen. Und wie alle zwölf Monate wird auch an diesem Abend nach dem Konzert niemand mehr an die Vorbands denken: Einmal hört die Halle unspektakulären Rock-Punk von GRENZTANZ, deren Mastermind und Sänger Uwe Nordig ein Roadie bei SUBWAY ist. Danach dürfen LACRIMAS PROFUNDERE noch zeigen, dass Napalm Records wirklich viele überdurchschnittlich nervige Gothic-Bands in ihrem Labelstall vereinen - besonders Sänger Christopher sieht mit seiner neuen Disko-Style-Frisur einfach Panne aus und nimmt der Band noch die letzten Sympathiepunkte. Also ein Bier, dann auf SUBWAY...
"Hallo Heimat", begrüßt ein gut gelaunter Eric Fish die ausverkaufte Halle. Die Menge jubelt und fordert gleich zu Beginn den größten SUBWAY TO SALLY-Hit, das 'Räuberlied'. Sie singen: "Blut, Blut, Räuber saufen Blut..." Was für Otto-Normalsterbliche in Zeiten von weltweitem Terror martialisch klingt, ist in Wirklichkeit pure Lebensfreude. An jeder Ecke des Saals tanzen die jungen und älteren Fans, die Leute in den ersten Reihen springen aufgedreht umher. Schnell steigt die Temperatur, egal ob bei Stücken wie 'Sag dem Teufel' oder 'Wenn Engel hassen'. Dazu spielen SUBWAY TO SALLY mit mittelalterlichen Instrumenten wie Dudelsack, Flöte oder Laute, in ihren neueren Stücken experimentieren sie dafür zunehmend mit elektronischen und modernen Klängen – nicht zur Freude ihrer eingeschworenen Ur-Fans, die bei Titeln des vergangenen Albums "Engelskrieger" nicht ganz so enthemmt tanzen wie bei den SUBWAY-Klassikern von Alben wie "Bannkreis" oder "Foppt den Dämon!".
Dennoch bleibt die Stimmung das gesamte Konzert über fantastisch, denn die meiste Zeit ertönen eben doch Stücke aus der Vor-"Engelskrieger"-Zeit. Fans und Band feiern sich gegenseitig, feiern das vergangene Jahr. Wichtiger wird für die Potsdamer Truppe trotzdem 2005. Im Frühjahr soll das nächste SUBWAY TO SALLY-Album kommen, herausgebracht über das neue Label Nuclear Blast. Doch die Zukunft schert an diesem Abend niemand. Es geht vornehmlich um Spaß, aber auch SUBWAY-typisch um ein bisschen Leid. Den Schmachtfetzen 'Kleid aus Rosen' soll das Publikum mitsummen, Eric steht mit den dornigen Blumen am Bühnenrand und setzt einen Blick der Marke "extraweinerlich" auf. Gleich darauf ist Eric wieder der energiestrotzende Live-Derwisch und tanzt entfesselt über die Bühne, auf Melancholie folgt Abenteuerlust. SUBWAY TO SALLY sind on stage eine Art Chamäleon, mühelos werfen sie ihre Zuschauer von einer Gefühlswallung zur nächsten, spielen mit ihnen. In Potsdam dürfen die Fans sich zum Beispiel als Träger auszeichnen. Zur Aufwärmung muss eine Torte mit Kerzen zum Mischpult durchgereicht werden, später lässt sich der japanische Bühnentechniker von SUBWAY auf dem Deckel einer Instrumentenbox über die Köpfe der Fans hinweg durch den Saal tragen und fällt dabei nicht herunter. Zur Belohnung für den Einsatz werden immer wieder große Becher mit Wasser ins Publikum gegeben, keiner soll in der drangvollen Enge des Lindenparks kollabieren. Auch die Musiker von SUBWAY TO SALLY leisten weiter Schwerstarbeit: Gitarrist Simon rennt ständig von einer Bühnenseite zur anderen, wirft seinen Glatzkopf im Takt nach vorn. Und Eric Fish und Gitarrist Bodenski heizen die Luft noch mehr an, spucken zu jeder Gelegenheit riesige Feuer-Fontänen. Zwischendrin fragt Eric schelmisch: "Haare alle noch dran...?!" Gitarrist Bodenski - als letzter SUBWAY-Musiker mit langen Haaren - kontert: "Das kannst du nicht verstehen! Haare sind wichtig!" Trotzdem bläst er weiter mit kräftig Feuer über die Köpfe des Publikums. Zum Beispiel bei dem Stück 'Veitstanz', dessen Text extra für den Abend geschrieben scheint. "Alles dreht sich um mich her, die Welt versinkt im Farbenmeer - wenn ich tanze, mit dir tanze." Die Fans toben, Schweiß tropft von der Decke. Zum Schluss dann endlich noch das 'Räuberlied'. Orgiastisch.
- Redakteur:
- Henri Kramer